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E-Book, Deutsch, 836 Seiten

Reihe: Forschung für die Praxis – Hochschulschriften

Fangerau / Dreier-Horning / Hess Leid und Unrecht

Kinder und Jugendliche in Behindertenhilfe und Psychiatrie der BRD und DDR 1949 bis 1990

E-Book, Deutsch, 836 Seiten

Reihe: Forschung für die Praxis – Hochschulschriften

ISBN: 978-3-96605-045-6
Verlag: Psychiatrie-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Im Oktober 2017 beauftragte die Stiftung Anerkennung und Hilfe eine Forschungsgruppe damit, Leid und Unrecht zu untersuchen, das Kinder in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie in West- und Ostdeutschland nach 1945 erfahren haben. Die Ergebnisse der Untersuchung auf Basis von schriftlichen Quellen und Zeitzeugenaussagen werden in diesem Band entlang von 17 Fallstudien vorgestellt.
Deutlich wird, dass adäquate Einrichtungen für Minderjährige mit psychischen Erkrankungen und/oder Behinderungen in beiden deutschen Staaten nur unzureichend vorhanden waren. Auch wurde der individuelle Förderbedarf von Kindern und Jugendlichen vernachlässigt. Ein defizitorientierter Blick auf die Minderjährigen mit geistigen Behinderungen und psychischen Erkrankungen verhinderte zu großen Teilen der Untersuchungszeiträume in beiden deutschen Staaten eine angemessene Förderung. Die Einrichtungslandschaft in Ost und West war bis in die 1970er Jahre durch dauerhafte Unterfinanzierung, Personalmangel, Raumnot, ausbleibende Sanierungen und Überbelegungen gekennzeichnet. Während sich für die BRD insgesamt eine Verbesserung dieser Verhältnisse im Kontext von Reformbemühungen ab den 1970er Jahren nachweisen lässt, blieben diese Mängel in der DDR im Prinzip bis mindestens 1990 bestehen. Pädagogisch begründete Zwangs- und Strafmaßnahmen sowie demütigende Erfahrungen gab es in allen untersuchen Einrichtungen – wenn auch in unterschiedlichen Ausmaß. Als leidvoll erlebte oder ungerechtfertigte medizinische bzw. therapeutische Maßnahmen lassen sich vor allem in Kinder- und Jugendpsychiatrien feststellen.
Die prekären Zustände in den Einrichtungen konnten die genannten Formen von Leid und Unrecht begünstigen, wenngleich die Bedingungen, unter denen das damalige betreuende und therapeutisch arbeitende Personal tätig war, niemanden von begangenen Unrechtstaten entlastet und das Leid der Betroffenen nicht rechtfertigen kann.
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Teil 1: Abschlussbericht
1 Einleitung 10
1.1 Einführung 10
1.2 Bisherige Forschungen als Ausgangspunkt 13
1.3 Grundlage der Beschreibung und Bewertung von Leid- und Unrechtserfahrungen 18
1.3.1 Beschreibung von Leid und Unrecht 18
1.3.2 Moralische Rechte von Kindern 21
1.3.3 Recht auf Erziehung 22
1.3.4 Instrumentalisierungsverbot und Zuwendungsgebot 22
1.4 Quellen und methodisches Vorgehen 24
1.4.1 Einrichtungsstudien 24
1.4.2 Zeitzeuginnen- und Zeitzeugenerfahrungen 29
1.4.3 Interviewdurchführung 29
1.4.4 Zeitzeuginnen- und Zeitzeugenportal 31
1.5 Gliederung des Berichts 32
1.6 Danksagung 34
2 Die institutionelle Landschaft zur Unterbringung von Minderjährigen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der stationären Behindertenhilfe 36
(Nils Löffelbein)
2.1 BRD 36
2.1.1 Die Entwicklung der Kinder- und Jugendpsychiatrie 37
2.1.2 Einrichtungslandschaft der stationären Behindertenhilfe 43
2.1.2.1 Historische Entwicklung 43
2.1.2.2 Abgrenzungsprobleme und Bezeichnungsvielfalt 46
2.1.2.3 Die katholische Behindertenhilfe 48
2.1.2.4 Die evangelische Behindertenhilfe 51
2.1.2.5 Sonderschulen mit Internatsanbindung 54
2.1.3 Personalentwicklung in Psychiatrie und Behindertenhilfe nach 1945 55
2.2 DDR 61
2.2.1 Zentrale Erfassung 62
2.2.2 Kinder- und Jugendpsychiatrie 64
2.2.3 Sonderschuleinrichtungen 67
2.2.4 Einrichtungen zur Betreuung geistig behinderter Kinder und Jugendlicher 71
2.2.4.1 Heilpädagogische Institute 71
2.2.4.2 Konfessionelle Einrichtungen 72
2.2.4.3 Fördereinrichtungen 73
2.2.5 Pflegeeinrichtungen und Kinderpsychiatrien 75
2.3 Zusammenfassung 76
3 Rechtliche Aspekte der Einweisung und Unterbringung 81
3.1 BRD 1949 – 1975 81
(Nils Löffelbein/Uwe Kaminsky)
3.1.1 Einleitung 81
3.1.2 Einweisung aufgrund der Reglungen des BGB 83
3.1.3 Fürsorgeerziehung nach dem RJWG/JWG 86
3.1.3.1 Rechtslage bis 1962 86
3.1.3.2 Rechtslage seit der Novellierung des JWG 1961 (Einführung 1962) 91
3.1.4 Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung zur Beobachtung 92
3.1.4.1 Einweisung nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) und den Unterbringungsgesetzen der Länder 97
3.1.5 Unterbringung von Kindern mit geistigen Behinderungen in Einrichtungen der stationären Behindertenhilfe 98
3.1.5.1 Rechtslage bei der Unterbringung bis 1961 98
3.1.5.2 Reform durch das Bundessozialhilfegesetz 1961 102
3.1.5.3 Unterbringung geistig behinderter Minderjähriger 103
3.1.6 Individuelle Rechte der Minderjährigen während der Unterbringung 105
3.1.7 Externe Kontrollen der Einrichtungen 110
3.2 DDR (1949 – 1990) 117
(Karsten Laudien)
3.2.1 Forschungsstand 117
3.2.2 Hinweise zur Vorgeschichte in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ)
vor Gründung der DDR (1945 – 1949) 119
3.2.3 Das Rechtsverständnis in der DDR 120
3.2.3.1 Sozialistische Persönlichkeitsrechte 122
3.2.3.2 Die Einheit von Individual- und Kollektivrechten 123
3.2.3.3 Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen bzw. für 'geschädigte' Menschen in der DDR und abschließende Bemerkungen 126
3.2.4 Rechte von Menschen mit Behinderungen in der DDR 126
3.2.4.1 Das Recht auf Bildung 128
3.2.4.2 Das Recht auf Arbeit 131
3.2.5 Rechtsschutz und Rechtssicherheit 135
3.2.5.1 Verfahrensrechte und Verwaltungsgerichtsbarkeit 136
3.2.6 Elternrechte 137
3.2.7 Die Meldung und Erfassung von Behinderungen bei Kindern und Jugendlichen 139
3.2.7.1 Früherfassung 139
3.2.7.2 Reihenuntersuchungen 141
3.2.7.3 Meldepflichten 142
3.2.8 Rechtsgrundlagen der psychiatrischen Einweisung von Minderjährigen 145
(Laura Hottenrott)
3.2.8.1 Die Zeit vor dem 'DDR-Einweisungsgesetz' von 1968 145
3.2.8.2 Das Einweisungsgesetz der DDR von 1968 150
4 Pädagogische Gewalt und Lebensalltag 153
(Anke Dreier-Horning)
4.1 Einführung 153
4.2 Das Bild vom psychisch kranken und/oder behinderten Kind 157
4.2.1 Überhöhung der menschlichen Vernunft 157
4.2.2 Kontinuitäten nach 1945 158
4.2.3 Die 1960er und 1970er Jahre 159
4.2.3.1 BRD 159
4.2.3.2 DDR 161
4.2.4 Idealvorstellungen und Normabweichungen 163
4.2.5 Erklärungsansätze 166
4.3 Pädagogische Mittel und Erziehungsmethoden 168
4.3.1 Angst und Demütigung 168
4.3.2 Physische Gewalt 171
4.4 Analyse struktureller Faktoren pädagogischen Handelns 172
4.4.1 Die Begrenztheit sozialer Erfahrungen und Handlungsmöglichkeiten 172
4.4.2 Selbstverständnis der Einrichtung 173
4.4.3 Hospitalisierung 175
4.4.4 Mangelhaftes Fachwissen 178
4.4.5 Ein Kind, das auf die Anstalt hin erzogen wird 180
4.4.5.1 Arbeit in den Einrichtungen 181
4.4.6 Kontrolle und Überwachung 182
4.4.6.1 Umgang mit Sexualität 185
4.4.7 Psycho-soziale Isolation 187
4.5 Zusammenfassung 189
5 Medizinische und therapeutische Gewalt 192
(Christof Beyer)
5.1 Einführung 192
5.2 Medizinische Lehrmeinung und medizinische Gewalt 194
5.3 Rechtliche Rahmenbedingungen 199
5.4 Invasive Diagnostik: Pneumenzephalographien, Lumbalpunktionen 201
5.5 Invasive Therapien: Elektrokrampftherapie, Insulinschock, Cardiazolschock 205
5.6 Fixierungen und Isolierungen 206
5.7 Stationsverlegungen 213
5.8 Fazit 214
6 Arzneimittel und klinische Studien 216
(Laura Hottenrott)
6.1 Psychopharmaka in stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie 216
6.1.1 Forschungsstand – Problematik der rückblickenden Bewertung 216
6.1.2 Arzneimittelsicherheit und klinische Erprobungen an Kindern 1949 – 1989 217
6.1.3 Informierte Einwilligung – ethisch-rechtlicher Rahmen 220
6.1.4 Psychopharmaka in der Kinder- und Jugendpsychiatrie – historischer Abriss 225
6.2 Medikationspraxis 228
6.2.1 Vorgehen, Quellen 228
6.2.2 Entwicklung und Dimension 231
6.2.2.1 Medikation in den 1950er Jahren 235
6.2.2.2 Schocktherapie und Dämmerschlaf – andere somatische Verfahren 240
6.2.2.3 Medikation in den 1960er Jahren 241
6.2.2.4 Medikation in den 1970er Jahren 245
6.2.3 Hinweise auf eine missbräuchliche Medikation 249
6.2.3.1 Therapieren, Disziplinieren, Strafen 250
6.2.3.2 Überdosierung, Dauermedikation, Polypragmasie 255
6.2.3.3 Therapieren und Forschen 257
6.2.3.4 Einwilligungsfragen 260
6.3 Zusammenfassung 265
7 Fazit und abschließende Bewertung 269
7.1 Forschungsziele 269
7.2 Analytischer Zugriff, Vorgehen 270
7.3 Faktoren der Lebensbedingungen in Ost und West 271
7.3.1 Institutionelle Unterversorgung und materieller Mangel 271
7.3.2 Defizitäre Personalsituation und mangelnde Bildungschancen 274
7.3.3 Rechtlosigkeit während der Einweisung und Unterbringung 277
7.3.4 Einstellungen und Werthaltungen 280
7.4 Individuelle Unrechts- und Gewalterfahrungen 281
7.4.1 Verweigerung von Individualität und Lebensgestaltungsmöglichkeiten 281
7.4.2 Formen pädagogischer Gewalt 285
7.4.3 Medizinische Gewalt 286
7.4.4 Arzneimittelmissbrauch 289
7.5 Entwicklungen seit den 1970er Jahren: Reform versus Stagnation 293
7.6 Ausblick und Perspektiven 296
8 Abkürzungsverzeichnis 300
9 Archive 302
10 Liste der im Zeitzeuginnen- und Zeitzeugenportal genannten Einrichtungen 303
11 Literaturverzeichnis 310
Teil 2: Einrichtungsstudien 331
Autorinnen und Autoren 834


Rotzoll, Maike
Prof. Dr. med. Maike Rotzoll, Akademische Direktorin, ist Facharztin fur Psychiatrie und Medizinhistorikerin. Sie ist Autorin zahlreicher Forschungsarbeiten zur Medizin der Fruhen Neuzeit, zur Psychiatriegeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, zur Medizin im Nationalsozialismus und zur Geschichte der Kunst aus psychiatrischem Kontext. 1991 – 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin im der Psychiatrischen Universitatsklinik Heidelberg, 2001 – 2005 Mitarbeiterin im DFG-Projekt zu den Opfern der nationalsozialistischen Krankenmorde, seit 2005 im Institut fur Geschichte und Ethik der Medizin.

Laudien, Karsten
Prof. Dr. Karsten Laudien lehrt Ethik an der Evangelischen Hochschule Berlin und ist Leiter des Deutschen Instituts fur Heimerziehungsforschung. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Beitrage zur Ethik, Jugendhilfe und Sozialgeschichte. Vorstandsvorsitzender des DIH – Deutsches Institut fur Heimerziehungsforschung gGmbH, Vorstand im Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft.

Fangerau, Heiner
Prof. Dr. Heiner Fangerau ist Direktor des Instituts fur Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Heinrich-Heine-Universitat Dusseldorf. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte und Ethik der Neurologie und Psychiatrie im 19. und 20. Jahrhundert, die Geschichte des biomedizinischen Modells sowie der medizinische Kinderschutz.

Dreier-Horning, Anke
Dr. des. Anke Dreier-Horning ist Erziehungswissenschaftlerin, Co-Geschaftsfuhrerin des Deutschen Instituts fur Heimerziehungsforschung und Lehrbeauftragte fur Ethik und Geschichte der Sozialen Arbeit an der Ev. Hochschule Berlin. Ihre Veroffentlichungen umfassen die Themen DDR-Heimerziehung, DDR-Jugendhilfe und sowjetische Padagogik der 1920er/30er Jahre.

Hess, Volker
Prof. Dr. Volker Hess ist Direktor des Instituts fur Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Charite Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte medizinischer Praktiken und Techniken im 19. und 20. Jahrhundert, die Geschichte biologischer Arzneimittel und Arzneimittelregulation sowie die Kulturgeschichte der Psychiatrie.

Prof. Dr. Heiner Fangerau ist Direktor des Instituts fur Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin der Heinrich-Heine-Universitat Dusseldorf. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte und Ethik der Neurologie und Psychiatrie im 19. und 20. Jahrhundert, die Geschichte des biomedizinischen Modells sowie der medizinische Kinderschutz.
Dr. des. Anke Dreier-Horning ist Erziehungswissenschaftlerin, Co-Geschaftsfuhrerin des Deutschen Instituts fur Heimerziehungsforschung und Lehrbeauftragte fur Ethik und Geschichte der Sozialen Arbeit an der Ev. Hochschule Berlin. Ihre Veroffentlichungen umfassen die Themen DDR-Heimerziehung, DDR-Jugendhilfe und sowjetische Padagogik der 1920er/30er Jahre.
Prof. Dr. Volker Hess ist Direktor des Instituts fur Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin der Charite Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Geschichte medizinischer Praktiken und Techniken im 19. und 20. Jahrhundert, die Geschichte biologischer Arzneimittel und Arzneimittelregulation sowie die Kulturgeschichte der Psychiatrie.
Prof. Dr. Karsten Laudien lehrt Ethik an der Evangelischen Hochschule Berlin und ist Leiter des Deutschen Instituts fur Heimerziehungsforschung. Er ist Autor zahlreicher wissenschaftlicher Beitrage zur Ethik, Jugendhilfe und Sozialgeschichte. Vorstandsvorsitzender des DIH – Deutsches Institut fur Heimerziehungsforschung gGmbH, Vorstand im Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft.
Prof. Dr. med. Maike Rotzoll, Akademische Direktorin, ist Facharztin fur Psychiatrie und Medizinhistorikerin. Sie ist Autorin zahlreicher Forschungsarbeiten zur Medizin der Fruhen Neuzeit, zur Psychiatriegeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, zur Medizin im Nationalsozialismus und zur Geschichte der Kunst aus psychiatrischem Kontext. 1991 – 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin im der Psychiatrischen Universitatsklinik Heidelberg, 2001 – 2005 Mitarbeiterin im DFG-Projekt zu den Opfern der nationalsozialistischen Krankenmorde, seit 2005 im Institut fur Geschichte und Ethik der Medizin.


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