Perrar / Sirsch / Kutschke | Gerontopsychiatrie für die Pflege | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 552 Seiten

Reihe: Krankheitslehre

Perrar / Sirsch / Kutschke Gerontopsychiatrie für die Pflege

E-Book, Deutsch, 552 Seiten

Reihe: Krankheitslehre

ISBN: 978-3-13-241195-1
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Die Gerontopsychiatrie widmet sich den Besonderheiten des psychisch kranken alten Menschen. Die 3. komplett überarbeitete Auflage dieses Buches vermittelt das gesamte gerontopsychiatrische Fachwissen für Pflegende, die in diesem Bereich und mit psychisch erkrankten älteren Patienten arbeiten – von der gerontopsychiatrischen Pharmakotherapie bis zur Palliativpflege.

- Ideal für die Fachweiterbildung in der Gerontopsychiatrie
- Viele Praxistipps schlagen eine Brücke von Theorie zur Praxis
- Mit authentischen Fallgeschichten, die auf spezielle Pflegesituationen fokussiert sind

Das Plus: Umfangreiche Inhalte zu nichtmedikamentösen Behandlungsstrategien wie z. B. Aromapflege, Basale Stimulation und 10-Minuten Aktivierung.
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Zielgruppe


Medizinische Fachberufe

Weitere Infos & Material


Quelle: © K. Oborny/Thieme Group | 2 Gerontologische Grundlagen
2.1 Altern und Alterungsprozesse
2.1.1 Alter
Alter oder das Altern sind keine eindeutig festlegbaren Begriffe. Meistens wird allgemein zwischen dem chronologischen Alter, also der Lebenszeit ab dem realen Geburtsjahr, und dem biologischen Alter unterschieden. Auch die subjektive Zuschreibung wird bemüht: „Man ist so alt, wie man sich fühlt“ ( ? Abb. 2.1). Etymologisch hat das Adjektiv „alt“ die Bedeutung „gewachsen“ bzw. „erwachsen“ (Kluge 2011) und erinnert eher an die positiven Aspekte der „Reife“ des Alters. Unsere Wahrnehmung des Alters unterliegt subjektiven Verzerrungen: Für einen 10-Jährigen kann der 30-Jährige schon „steinalt“ sein, der 70-Jährige für den 90-Jährigen jedoch relativ jung. Die demografische Entwicklung in den Industrieländern mit der deutlichen Zunahme des relativen und absoluten Anteils älter werdender Menschen lässt es ratsam erscheinen, das Alter weiter zu differenzieren. Eine einheitliche Sprachregelung für das Alter steht allerdings noch aus. Gewöhnlich findet sich die Unterteilung in junge Alte (60/65 bis 75/80/85 Jahre) und alte Alte/Hochbetagte (über 75/80/85 Jahre). Eine weitere Einteilungsmöglichkeit gliedert auf in ältere Menschen (55/60 bis 70 Jahre), alte Menschen (über 70 bis 75 Jahre), betagte Menschen (über 75 bis 80 Jahre), hochbetagte Menschen (über 80/90 bis 100 Jahre) und Langlebige (über 100 Jahre). Die Zuordnung erscheint teilweise sprachlich nicht konsistent – warum sind „ältere Menschen“ jünger als „alte Menschen“? – und gestaltet sich je nach medizinischer, psychologischer oder soziologischer Perspektive unterschiedlich. Manche psychiatrischen Kliniken unterscheiden in ihren Abteilungen folglich nur noch zwischen Patienten in der 1. (unter 50) oder 2. Lebenshälfte (über 50). Seniorentreff. Abb. 2.1 Wann fühlt man sich „alt genug“, um einen Seniorentreff zu besuchen? (Quelle: © K. Oborny/Thieme Group) 2.1.2 Alterungsprozesse
Alterungsprozesse sind allen lebenden Systemen gemeinsam – allerdings mit erheblich unterschiedlichen Zeitspannen. Der Ablauf der einzelnen Lebensphasen hängt in ihrem natürlichen Verlauf von der jeweiligen genetischen Disposition sowie von zahlreichen Existenzbedingungen der Individuen ab. Dabei lassen sich physiologische Alterungsprozesse von pathologischen nicht immer scharf abgrenzen. Merke Allgemein wird das 30. Lebensjahr als Wendepunkt angenommen, bei dem Reifung und Wachstum ihren Höhepunkt überschritten haben und ein Prozess des Abbaus beginnt (Ding-Greiner u. Lang 2004). Menschen verspüren ab dem 30. Lebensjahr die Abnahme ihrer „Vitalität“ und speziell eine Verringerung der physischen und körperlichen Leistungsfähigkeit. Ihr Vermögen, sich an verändernde Anforderungen ihrer Umwelt anzupassen, sinkt bzw. die Anpassungsdauer nimmt zu. 2.1.3 Theorien des Alterns
Es gibt zahlreiche Theorien über die Ursachen des Alterns bzw. der Alterungsprozesse (nach Prinzinger 1996, Behl u. Moosmann 2008): Stoffwechseltheorie nach Rubner (1908): Das Altern eines Organismus ist abhängig von der Intensität und dem Umfang seines Stoffwechsels. Abnutzungstheorie nach Pearl (1924): Der Gebrauch von Organen führt zu deren Verschleiß und Abnutzung. Theorie der freien Radikale nach Harman (1954): Hoch reaktionsfähige Zwischenprodukte des biochemischen Stoffwechsels führen zu Schäden im Organismus. Mutationstheorie nach Failla und Szilard (1958/59): Erbliche Veränderungen der Körperzell-DNA treten spontan oder aber auch durch äußere Faktoren auf. Katastrophentheorie nach Orgel (1963): Die Zunahme von Fehlinformationen bei der Zellteilung überschreitet die Reparaturfähigkeit des Organismus. Immuntheorie nach Walford (1969): Die Fähigkeit des Organismus, gegen Fremdkörper Antikörper zu bilden, nimmt ab. Zellteilungstheorie nach Hayflick (1969): Zellen teilen sich nicht beliebig oft, sondern unterliegen einem Programm des Alterns. Oxidativer Stress (Sies 1986): Werden sog. „freie Radikale“ nicht in genügendem Ausmaß in der Zelle abgebaut, so führt dies zu „oxidativem Stress“. Telomertheorie nach Chech (2004): Bei jeder Teilung der Chromosomen geht ein Teil ihrer Endstücke verloren. Eine einheitliche Alternstheorie steht weiterhin aus. Die zuvor genannten Annahmen beeinflussen jedoch die Grundlagenforschung bzw. die Suche nach therapeutischen Zugängen, das Altern zu verlangsamen. Zu diesem Zweck wurden in den letzten Jahren zahlreiche Institute (z.B. das Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns) gegründet. 2.1.4 Entwicklungspsychologische Konzepte
Aus entwicklungspsychologischer Sicht wird Altern als lebenslanges Lernen mit altersspezifischen Anpassungsprozessen beschrieben. Es ist geprägt durch die Auseinandersetzung mit bzw. der Bewältigung von kritischen Lebensereignissen (Erikson 1998, Oerter u. Montada 2002). In diesem Konzept wird dem alten Menschen eine eigene Weisheit zugesprochen, die v.a. aus der umfangreichen individuellen Lebenserfahrung resultiert. Nach den Psychologen und Gerontologen Margret M. Baltes und Paul B. Baltes und deren Mitarbeitern (1999) ist ein erfolgreiches Altern entwicklungspsychologisch verknüpft mit 3 zentralen Entwicklungsprozessen, der Selektion (S), der Optimierung (O) und der Kompensation (K). 2.1.4.1 Selektion Definition Selektion steht im entwicklungspsychologischen Kontext für die Entwicklung, Auswahl und Priorisierung geeigneter Ziele, die einer Person subjektiv erreichbar scheinen, auch wenn die eigenen Ressourcen als begrenzt wahrgenommen werden. Dabei werden der jeweilige Lebenskontext und die individuellen Voraussetzungen berücksichtigt. Durch elektive Selektion wird zwischen unterschiedlichen, aber prinzipiell noch erreichbaren Zielen ausgewählt. Die verlustbasierte Selektion bezieht sich auf die Umstrukturierung von Zielen, wenn diese aufgrund von Verlusten oder Einschränkungen nicht aufrechterhalten werden können. Hierzu zählen das Setzen neuer Prioritäten, die Konzentration auf zentrale Ziele und die Anpassung von Zielen an neue Gegebenheiten. Werden z.B. lange Reisen mit dem eigenen Auto zu anstrengend, so werden eben nähere Ziele ausgesucht oder Pauschalreisen gebucht. Die Festlegung bestimmter, noch zu erreichender Ziele ermöglicht die Fokussierung auf die für die Person noch vorhandenen Ressourcen. Es wird das angestrebt, was noch möglich ist und zur Lebensqualität beiträgt. Fragen, die sich im Prozess der Selektion stellen, sind z.B.: Was oder welche Ziele sind für mein derzeitiges Leben oder meine derzeitige Situation wichtig? Was möchte und kann ich noch gut erreichen und verwirklichen? Was kann ich nicht mehr verwirklichen und sollte auch nicht mehr von mir verfolgt werden? Fällt die Fortbewegung aufgrund körperlicher Gebrechen immer schwerer, so werden die Wege angepasst bzw. andere damit beauftragt, z.B. Einkäufe zu tätigen. Die dadurch gewonnene Zeit wird dann z.B. zur digitalen Kommunikation mit Freunden oder Verwandten genutzt. 2.1.4.2 Optimierung Sind die noch zu erreichenden Ziele pragmatisch an die altersbedingten Verluste angepasst bzw. selektiert, dienen Optimierungsprozesse dem Erwerb neuer Fertigkeiten oder Ressourcen. Teilprozesse dabei sind das (oft zeitintensive und anstrengende) Einüben der Fertigkeiten sowie die Integration derer in größere Handlungsabläufe. So werden die zur Verfügung stehenden Ressourcen auf die konkrete Zielauswahl konzentriert, gepflegt oder ggf. trainiert. Fragen, die sich im Prozess der...


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