E-Book, Deutsch, 220 Seiten
Reihe: Grundlagen der Kriminalistik
Berthel / Lapp Kriminalstrategie
2., neu bearbeitete Auflage 2024
ISBN: 978-3-7832-4059-7
Verlag: Kriminalistik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Konzepte zur Verbrechensbekämpfung
E-Book, Deutsch, 220 Seiten
Reihe: Grundlagen der Kriminalistik
ISBN: 978-3-7832-4059-7
Verlag: Kriminalistik Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
- das Wissen über Kriminalstrategie als Teil der Kriminalistik ab,
- greift die mannigfaltigen Anforderungen an die Planung und Umsetzung konkreter Strategien zur Vorbeugung und Bekämpfung von Kriminalität auf und
- stellt die Inhalte erfolgreicher Kriminalstrategie dar.
Dem Leser wird ein praxistauglicher Instrumentenkasten zur Entwicklung solcher Strategien an die Hand gegeben. Besonderes Augenmerk widmen die Autoren deren Wirkungen und ihrer Nachhaltigkeit.
Über die Darstellung einer Vielzahl von Beispielen für erfolgreiche kriminalstrategische Konzepte bietet das Buch neben dem theoretischen Rahmen auch eine Fülle an Praxistipps. Der Titelzusatz „Konzepte zur Verbrechensbekämpfung“ soll das verdeutlichen.
Das Buch wendet sich an alle, die sich, ob auf örtlicher, regionaler, nationaler oder internationaler Ebene, in Theorie und Praxis, Studium bzw. Ausbildung mit dem Erkennen, Aufdecken, Verhüten, Aufklären und Bekämpfen von Kriminalität, befassen.
Zielgruppe
Das Buch wendet sich an alle, die sich in Theorie und Praxis, Studium und Lehre konzeptionell mit dem Erkennen, Aufdecken, Verhüten, Aufklären und Bekämpfen von Kriminalität befassen.
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III. Kriminalstrategie als Teildisziplin der Kriminalistik (Begriffsbestimmungen)
1. Grundsätzliches
Den Ausführungen zur Kriminalstrategie und zur Entwicklung kriminalstrategischer Konzepte werden wesentliche Begriffsbestimmungen vorangestellt. Dabei ist es nicht das Ziel, die Vielfalt der existierenden Definitionen abzubilden. Vielmehr sollen die für das Verständnis der nachfolgenden Darstellungen erforderlichen Begriffe kurz erläutert werden. Für die Verfasser sind Kriminalistik und Kriminologie eigenständige Wissenschaftsdisziplinen, die sowohl im akademischen Bereich wie auch in der Praxis der Verbrechensbekämpfung und -verhütung eine Vielzahl von Wechselwirkungen und Bezugnahmen auf einander aufweisen.[1] Auch wird das Verhältnis von Kriminalistik und Polizeiwissenschaft dargestellt werden. Betont sei nochmals die Überzeugung der Autoren, dass Kriminalistik nicht auf die Anwendung durch Strafverfolgungsbehörden oder gar nur die Polizei begrenzt ist. Vielmehr wird Kriminalistik z. B. auch durch private oder auch andere staatliche Akteure angewandt und zumindest hinsichtlich ihrer praktischen Ausgestaltung weiterentwickelt. Mit der Eröffnung des Studienganges Master of Arts Criminal Investigation (Kriminalistik) an der School CIFoS, der School of Criminal Investigation & Forensic Science der Steinbeis Hochschule Berlin, hatte die Kriminalistik im privaten Bereich sogar eine Verankerung in der Hochschullandschaft erfahren.[2] Nicht allein wegen dieser breiten Anwenderpalette ist die Anwendung der Kriminalistik keineswegs auf das Strafverfahren beschränkt. Auch wenn in der Folge meist von polizeilichen Aufgabenfeldern die Rede sein und regelmäßig auf polizeiliches Handeln Bezug genommen werden wird, sind die Ausführungen gleichermaßen auf alle anderen Akteure, die Kriminalistik in ihrer strategischen Ausprägung anwenden, zu beziehen. In diesem Buch werden die Begriffe Strategie und Konzeption regelmäßig synonym verwendet. Weder für den Begriff Strategie noch für Konzept als Begriff existieren allgemein anerkannte, fächerübergreifende Definitionen. Der Duden beschreibt Strategie etwa als: „genauen Plan des eigenen Vorgehens, der dazu dient, ein militärisches, politisches, psychologisches, wirtschaftliches o. ä. Ziel zu erreichen, und in dem man diejenigen Faktoren, die in die eigene Aktion hineinspielen könnten, von vornherein einzukalkulieren versucht.“[3] Auch andere Definitionsversuche nehmen auf das Planen von Vorhaben Bezug.[4] Es geht also um einen Plan, mit dessen Hilfe man Ziele erarbeiten und verfolgen kann. Funktionen eines Konzeptes werden u. a. wie folgt definiert:[5] • eine Richtung angeben • Grundfragen klären • eine Orientierungshilfe bieten • ein bewusstes Arbeiten garantieren • gemeinsame Vorstellungen über die Arbeit und Zusammenarbeit vermitteln Das alles ist letztlich nichts anderes als das Planen des Vorgehens. Daher werden in der Folge beide Begriffe synonym verwendet. Der Erläuterung von Begriffen wird zunächst die Einordnung der Kriminalistik in das System der Wissenschaften vorangestellt, wie es der Überzeugung der Autoren entspricht. 2. Die Kriminalwissenschaften im System der Wissenschaften
Die nachfolgende Darstellung verdeutlicht die Einordnung von Kriminologie und Kriminalistik in das System der Wissenschaften und stellt zugleich deren Verhältnis als eigenständige Wissenschaftsdisziplinen untereinander dar. Es wird dabei nicht verkannt, dass es dazu in der wissenschaftlichen Diskussion unterschiedliche Auffassungen gibt. Das hier dargestellte Verhältnis von Kriminologie und Kriminalistik wird insbesondere im englischen Sprachraum anders gesehen. Dort schließt der Begriff Kriminologie auch jene Inhalte ein, die hier der Kriminalistik zugeordnet werden. Auch im deutschen Sprachraum definieren Vertreter der beiden Wissenschaftsdisziplinen die Überschneidungen und Grenzen unterschiedlich. In der deutschsprachigen Literatur wurde lange Zeit die Eigenständigkeit der Kriminalistik als Wissenschaft in Frage gestellt. So ordnete Mergen noch 1983 die Kriminalistik unter dem Begriff „Diagnostik“ („Diagnostik stellt fest und beschreibt, was ist.“) der sog. klinischen (angewandten) Kriminologie zu. All diese Versuche vernachlässigen, dass Kriminalistik fraglos die Anforderungen an eine Wissenschaft erfüllt, nämlich • dass sie einen Gegenstandsbereich besitzt, • der mit einer eigenen Theorie beschrieben wird, • mit eigener Methodik untersucht und • in Praxis und Lehre verankert ist; mithin ein geordnetes Wissen über einen Gegenstandsbereich vorweisen kann.[6] Betrachtet man die in diesem Buch genutzte Definition von Kriminologie werden jedenfalls Schnittmengen mit den Inhalten der meisten Kriminalistik-Definitionen deutlich. So finden etwa die Begriffe „Verbrechenskontrolle“ bzw. „Verbrechensverhütung“ Verwendung. Die Autoren bekennen sich zu dem bereits im Jahr 2005 in den Lehr- und Studienbriefen Kriminalistik/Kriminologie vorgestellten System (Abbildung 2). Abb. 2: Kriminalwissenschaften im System der Wissenschaften (© Berthel, R., 2005)[7]
[Bild vergrößern] Kriminalistik wie auch Kriminologie zählen zu den Kriminalwissenschaften, jenen Wissenschaften, die sich primär mit dem kriminellen Verhalten von Menschen befassen.[8] Innerhalb der Kriminalwissenschaften unterscheidet man in juristische und nichtjuristische Kriminalwissenschaften. Unter den juristischen Kriminalwissenschaften werden die Strafrechts- und die Strafprozessrechtswissenschaft, sowie andere rechtswissenschaftliche Teildisziplinen mit kriminalwissenschaftlichem Bezug verstanden. Die Strafrechtswissenschaft befasst sich mit materiellrechtlichen Voraussetzungen für Strafbarkeit menschlichen Handelns und bestimmt die Rechtsfolgen und Strafandrohungen. Die maßgeblichen Bestimmungen, die Gegenstand dieser Wissenschaftsdisziplin sind, finden sich im Strafgesetzbuch und einer Vielzahl strafrechtlicher Nebengesetze. Die Strafprozessrechtswissenschaft befasst sich mit den Regularien des Strafverfahrens. In der kriminalistischen Praxis stellen die prozessrechtlichen Erfordernisse – insbesondere manifestiert durch die Bestimmungen der Strafprozessordnung – nicht selten die rechtsstaatlichen Grenzen kriminalistisch erforderlichen bzw. wünschenswerten Handelns dar. Andere rechtswissenschaftliche Disziplinen mit Bezug zu kriminalistischem Handeln sind z. B. das Polizei-, Verwaltungs- oder Ordnungswidrigkeitenrecht. So erlangt etwa im Umweltrecht die sog. Verwaltungsakzessorietät[9], also der Abhängigkeit vom Nachweis der vorangegangenen Verletzung von Verwaltungsrechtspflichten, Bedeutung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit und somit auch für die kriminalistische Herangehensweise. Polizeirechtliche Bestimmungen erlangen z. B. bei Einsatz verdeckter Mittel der Datenerhebung für kriminalistisches Handeln Bedeutung. Andere Rechtsgebiete sind z. B. das Strafvollzugs-, das Therapie- und das Medienrecht. Da Strafverfahren häufig mit einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Täter/der Täterin und den Opfern zur Schadensregulierung verbunden sind, sind in der Praxis nicht selten Überschneidungen mit dem Zivilprozessrecht und dem Bürgerlichen Recht zu konstatieren. Zu den nichtjuristischen Kriminalwissenschaftsdisziplinen zählen Kriminologie[10] und Kriminalistik sowie die forensischen[11] Wissenschaften. Zu den forensischen Kriminalwissenschaften werden die Gerichts- oder Rechtsmedizin und die forensische Psychiatrie und Psychologie gerechnet. Kriminalistik ist eine angewandte Wissenschaft. Das bedeutet, dass die Praxisrelevanz maßgeblichen Einfluss auf die Ausbildung und die Entwicklung der Wissenschaften hat. Sie greift auf eine Vielzahl von Geistes- und Naturwissenschaften zurück. So werden sowohl rechtswissenschaftliche, als auch humanmedizinische, biologische, chemische, physikalische, informationstechnische u. a. Erkenntnisse für die Kriminalistik nutzbar gemacht und spezifisch fortentwickelt. Kriminologie bezieht sich überwiegend auf rechts- und sozialwissenschaftliche Disziplinen und setzt insbesondere Methoden der empirischen Sozialforschung ein.[12] 2.1 Kriminalistik
Etymologisch ist der Begriff „Kriminalistik“ ebenso wie Kriminalität oder Kriminologie auf den lateinischen Wortstamm „crimen“ (Beschuldigung, Anklage, Verbrechen, Straftat[13]) zurückzuführen. Für die meisten Autoren steht Kriminalistik für die Anwendung aller technischen, taktischen und strategischen Mittel, die der Verhinderung, Aufdeckung sowie Aufklärung von Straftaten dienen. In Kapitel IV (Zur Geschichte der Kriminalstrategie in Deutschland) wird dargestellt werden, dass Kriminalstrategie...