E-Book, Deutsch, 400 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm
Reihe: Start ins Rechtsgebiet
Dörr / Schwartmann / Mühlenbeck Medienrecht
7., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2023
ISBN: 978-3-8114-8814-4
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Presse, Rundfunk, Digitale Medien
E-Book, Deutsch, 400 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm
Reihe: Start ins Rechtsgebiet
ISBN: 978-3-8114-8814-4
Verlag: C.F. Müller
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zielgruppe
Studierende an Universität und Fachhochschule, Praktiker
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1. Teil Einführung
1 Das Medienrecht ist eine juristische Disziplin, in der – wie in kaum einem anderen Bereich – hergebrachte Inhalte mit neuen Anforderungen der Lebenswirklichkeit in Einklang gebracht werden müssen. Der Medienjurist denkt nicht mehr nur in den Kategorien des Presse-, Rundfunk- und Filmrechts. Heute haben das Datenschutzrecht, das Telekommunikationsrecht und das Telemedienrecht als Recht der neuen Medien im Zusammenhang mit dem Internet[1] und dem Einsatz sozialer Netzwerke in Zeiten der Digitalisierung eine ebenso hohe Bedeutung gewonnen. Hinzu kommen zahlreiche bereichsspezifische Regelungen wie das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) und die Regelungen zu Medienintermediären und Medienplattformen im neuen Medienstaatsvertrag (MStV). Perspektisch ist allerdings bereits an dieser Stelle der Hinweis wichtig, dass sich insbesondere durch den Digital Services Act wichtige Veränderungen ergeben werden. Das betrifft insbesondere die Regulierung der digitalen Medien. Sowohl das NetzDG, als auch das Recht der Telemedien ist EU-rechtlich überformt und das nationale Medienrecht wird sich dem anpassen müssen.[2] Die Besonderheit des Medienrechts liegt darin begründet, dass sich die überkommenen Rechtsquellen keineswegs überleben. Sie beanspruchen aber nicht mehr nur in ihrem ursprünglichen Normzusammenhang Geltung, sondern auch in neu entstehenden Anwendungsgebieten. Technische Entwicklungen lassen die Grenzen zwischen Massenkommunikation und Individualkommunikation verschwimmen und es entstehen immer neue Verbreitungswege. Beispiel: Dies veranschaulicht etwa der Einsatz sozialer Medien. Nahezu jedes Kind verwendet heute Smartphones und verbreitet darüber Medieninhalte, die häufig als Bewegtbildaufnahmen selbst erzeugt oder von Dritten übernommen sind. Dabei sind Verstöße gegen Persönlichkeitsrechte – am eigenen Wort oder am eigenen Bild – ebenso an der Tagesordnung wie Konflikte mit dem Urheber-, Datenschutz-, dem Telemedien- und dem Wettbewerbsrecht. 2 Diese von den Nutzern eröffneten Verbreitungswege befinden sich aber nicht im rechtsfreien Raum, sondern haben aufgrund ihrer Rundfunkähnlichkeit und Massenwirksamkeit rechtliche Relevanz und müssen rechtlich erfasst und bewertet werden. Dies ist oft schwierig, weil die vorhandenen rechtlichen Maßstäbe sich auf die neuen wirtschaftlichen und technischen Lebenssachverhalte nicht ohne weiteres übertragen lassen. A. Die Aufgabe des Medienjuristen
3 Die Dynamik der Entwicklung in diesen Bereichen – insbesondere vor dem Hintergrund der Möglichkeiten des Internet – führt dazu, dass der naturgemäß schwerfällig agierende internationale und nationale Gesetzgeber strukturell bedingt hinter der Entwicklung herhinkt. Diese Tatsache stellt für den Rechtsanwender eine große Schwierigkeit dar, birgt aber zugleich Chancen und Herausforderungen. Ungelöste Rechtsfragen in einer inhomogenen Gemengelage verschiedener Bereiche schaffen Raum für kreative Lösungen und neue Ansätze mit eigenen Gestaltungsmöglichkeiten. Diese existieren in einem breiten und teilweise neuen Spektrum medienrechtlicher Berufe eines ständig expandierenden Marktes. Dies gilt unabhängig davon, ob man als Rechtsanwalt oder Rechtsberater, als Mitarbeiter in Medienunternehmen der verschiedenen Gattungen, in Aufsichtsbehörden oder Aufsichtsgremien, im Staatsdienst oder Verbänden arbeitet, die sich durch sämtliche Branchen innerhalb der Medien ziehen. 4 Neben den klassischen juristischen Betätigungsfeldern in Medienunternehmen drängen neue Aufgaben in den Vordergrund, denkt man an Nutzungsrechte von Streamingdiensten, an Versandrechte beim Online-Handel, an den Schutz des geistigen Eigentums bei Software oder digitalen Dokumenten. Unabhängig davon, ob ein Jurist in einem Presseunternehmen, bei einem öffentlich-rechtlichen oder privaten Rundfunkveranstalter, bei einem Kabelnetzbetreiber, bei einem Unternehmen der neuen Medien – etwa einem Online-Dienst –, bei einem Telekommunikationsunternehmen oder beim Film arbeitet, muss er die Grundzüge des Medienrechts sicher beherrschen. Von dieser Basis aus sind Spezialisierungen möglich und angesichts des Facettenreichtums im Medienbereich unerlässlich. So entwickeln sich im Medienbereich etwa spezielle Berufsbilder, wie das des Informations-[3] oder Medienjuristen[4], als Fachleute für rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Herstellung, Vertrieb und Nutzung digitaler Güter insbesondere mit dem Internet. Solche Studiengänge können zusätzlich oder an Stelle eines juristischen Studiums belegt werden[5]. 5 Mit der voranschreitenden Digitalisierung hat sich das Berufsbild des Medienjuristen aufgrund der Datengetriebenheit insbesondere der über Internet und Soziale Netzwerke zusammenfließenden Geschäftsmodelle deutlich verändert und wird das auch künftig tun. Der Rundfunk löst sich vom Anbieter von Live-Fernsehen und setzt in Konkurrenz zu Diensten wie Spotify und Netflix zunehmend auf datengeleitete und datengetriebene Geschäftsmodelle, wie Mediatheken, Streamingdienste und Onlineportale. Hier kommt es insbesondere auf datenbasierte Profilbildung und Kundenansprache über Datenkanäle an. Auch Angebote von Presseunternehmen setzen zunehmend auf datenbasierte Kundenansprache. Die Lösungen finden sich hier nicht im klassischen Presse- oder Medienrecht, sondern im Recht der Digitalisierung, etwa DS-GVO/BDSG, TTDSG und §§ 327 ff. BGB. Dies veranschaulicht folgendes Beispiel. Fallbeispiel: Club-O-Mat: Die Zeitschrift DIE ZEIT bietet im Rahmen ihres Online-Auftritts als digitales Spielzeug – vergleichbar dem Wahl-O-Mat – einen Club-O-Mat an, mit dem man herausfinden kann, welcher Fußballverein zu einem passt. Anhand von 15 Fragen findet die Anwendung den Lieblings-Fußballclub heraus. Die Fragen lauten etwa „Wie geht es Ihnen?“, „Sind sie treu?“, „Ihr Kleidungsstil?“, „Werden Sie gerne gemocht?“ „Frauenfußball?“, „Ergreifen Sie gerne die Initiative?“, „Vervollständigen Sie diesen Satz: Der menschengemachte Klimawandel ist…“ und „Wie fair sind Sie?“. Am Ende liefert die Anwendung als Ergebnis den Fußball-Club, den sie aufgrund der gegebenen Antworten als passenden Verein ermittelt hat. Weder der Algorithmus noch die Datenverarbeitungen sind den Nutzer/innen im Einzelnen bekannt. Was ist zu beachten?[6] Lösung: Zunächst ist die Zulässigkeit des Zugriffs des Anbieters des Dienstes auf das Endgerät der Nutzer/innen nach dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz Gesetz (TTDSG) zu prüfen. Nach § 25 Abs. 1 TTDSG bedarf es einer informierten Einwilligung in die Nutzung der Daten zu Zwecken, die in der Datenschutzerklärung für die Onlinenutzung transparent und verständlich erklärt sein müssen. Dazu dürfte es gehören, den Club-O-Mat und seinen Zweck kurz zu beschreiben. Die Einwilligung selbst gibt man bei den gebräuchlichen „Pur-Modellen“ durch den Klick auf den Button: „Ich will nutzen ohne mit Geld zu zahlen und lasse deshalb Tracking zu. Das heißt ich zahle mit Daten.“ Das ist nach Umsetzung der Digitalen Inhalte-Richtlinie in den § 327 ff. BGB nach den dort genannten Regeln erlaubt. Die Prüfung in diesem Bereich ist komplex. Sie beginnt bei der Frage, ob Durchschnittsnutzer beim Nutzen des Digitalen Angebots Vertragswillen besitzen. Sodann muss man Preis, Leistung und Gegenleistung definieren. Was genau ist denn die Leistung des Nutzers beim Zahlen mit der Antwort auf die Frage nach der Treue? Hier ist eine Argumentation erforderlich. Im Ergebnis zahlen die Nutzer/innen mit ihren personenbezogenen Daten für die Inanspruchnahme des Dienstes. Zudem ist das Verhältnis des BGB zur Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) zu klären. Die Datenverarbeitung müsste auch nach der DS-GVO zulässig sein. Dafür müsste die DS-GVO zunächst anwendbar sein. Die Anwendbarkeit bestimmt sich nach Art. 2 DS-GVO. Entscheidend ist, ob eine Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO vorliegt. Die Antworten der Nutzerinnen geben Aufschluss über persönliche Vorlieben durch Auswertung der Daten und sind damit eindeutige Informationen über eine spezifische natürliche Person i.S.v. Art. 4 Nr. 1 DS-GVO. Die DS-GVO ist somit anwendbar. Die Datenverarbeitung müsste auch im Einzelnen rechtmäßig sein. Die Rechtmäßigkeit bestimmt sich nach den Art. 5 ff. DS-GVO. Nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO besteht ein grundsätzliches Verarbeitungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Eine Datenverarbeitung ist also untersagt, wenn nicht ein Erlaubnistatbestand nach Art. 6 Abs. 1 lit. a bis f DS-GVO eingreift. Fraglich ist an dieser Stelle das Verhältnis des BGB zur DS-GVO, insbesondere, ob neben der abgegebenen Willenserklärung im Rahmen des Vertragsschlusses noch eine eigene Einwilligungserklärung nach der DS-GVO erforderlich ist (Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO) oder ob die Datenverarbeitung aufgrund des Vertragsschlusses zulässig sein kann (Art. 6 Abs. 1 lit. b DS-GVO). Wenn man Daten über den Gemütszustand oder nach persönlichen Haltungen wie Treue erhebt, dann braucht man eine informierte Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a DS-GVO dafür. Fraglich ist, ob auch eine Vermarktung und Weitergabe von Daten nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO...