E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Alberg-Seberich / Feldmann Das neue Corporate Social Mind
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-96267-397-0
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Warum Haltung alles ist – und wie Unternehmen sozialen Wandel berücksichtigen
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-96267-397-0
Verlag: REDLINE
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Es wird erwartet, dass Unternehmen heute ihre soziale Rolle in der Gesellschaft annehmen. So ist etwa Purpose das Schlagwort der Stunde. Wie sich das strategisch im Unternehmensalltag realisieren und wie sich ein »soziales Mindset« etablieren lässt, zeigt dieses Buch. Möchte man mit seinem Unternehmen positiv auf die Gesellschaft einwirken und die Verbraucher zu mehr sozialem Engagement bewegen, so bedarf es viel mehr als nur einer guten Umwelt- oder Social-Responsibility-Strategie. Wenn es darum geht, Unternehmensziele nachhaltig zu verändern und den sozialen Wandel voranzutreiben, so müssen Unternehmer und Führungskräfte innovativer an sozialen Themen arbeiten. Wie das gelingt und was hierzu nötig ist, beschreiben Feldmann und Alberg-Seberich anhand vieler Beispiele und Interviews. Sie schaffen mit ihrem Buch einen praktischen Ansatz für Führungskräfte und Marketing, um die richtigen Strategien zu entwickeln, die entscheidenden Teams zusammenzubringen, soziale Inhalte in die tägliche Arbeit einzubetten und Ressourcen positiv für den sozialen Fortschritt einzusetzen.
Derrick Feldmann ist ein gefragter Redner, Autor und Forscher. Als Geschäftsführer von INFLUENCE/SG berät er Unternehmen zum Thema soziales Engagement. Seine Arbeiten werden regelmäßig von Zeitungen wie Forbes, Fast Company und The Wall Street Journal zitiert.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
KAPITEL 1
Merkmal 1:
Ein die gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmendes Unternehmen denkt bei Entscheidungen das Gemeinwohl mit
In einem sozial denkenden Unternehmen stellt das Management sicher, dass der gesellschaftliche Nutzen bei allen Entscheidungen mitgedacht wird. Vor jeder Entscheidung wird diese Frage gestellt: Wie wirkt sich diese Entscheidung auf das Unternehmen, die Menschen, die Gesellschaft und die Umwelt aus? Adam Smith, der als Vater des Kapitalismus gilt, erkannte, dass moralisches Handeln dem Menschen eigen ist. »Wie selbstsüchtig der Mensch auch immer eingeschätzt werden mag«, schrieb er, »so liegen doch offensichtlich bestimmte Grundveranlagungen in seiner Natur, die ihn am Schicksal anderer Anteil nehmen lassen«.1 Smith würde sich sicher über die große Zahl von Unternehmenschef:innen freuen, die ihm zustimmen. Aber wie viele von ihnen setzen ihre sozialen Prinzipien wirklich in die Praxis um? Ein kritischer Blick auf die eigenen Entscheidungsprozesse ist unabdingbar, um eine echte soziale Haltung im Unternehmen zu verankern. FOKUS Führungskräfte können in diesem Kapitel erfahren, wie gesellschaftliche Belange in Managementmethoden einfließen. Insbesondere werden folgende Fragen geklärt: Wie können gesellschaftliche Belange in die Entscheidungsfindung eines Teams einfließen und gefördert werden? Wie können wir bei Entscheidungen bezüglich der besten Strategie zur Erreichung von Unternehmenszielen dafür sorgen, dass andere verstehen, in welcher Weise die Gesellschaft mitgedacht wurde? Wie sieht ein wirksamer Entscheidungsfindungsprozess für ein sozial denkendes Unternehmen aus? MERKMAL 1 IN DER PRAXIS Jede Unternehmerin und jeder Unternehmer, jede Führungskraft muss schwierige Entscheidungen in Bezug auf Arbeitsabläufe, Belegschaft und Möglichkeiten zur Erreichung der wichtigsten Zielindikatoren (KPI) im Unternehmen treffen. Sich diesen Herausforderungen erfolgreich zu stellen, erweitert den eigenen Erfahrungshorizont, der nötig ist, um führen zu können und die Unterstützung von Mitarbeiter:innen, Partnern und Kundschaft zu gewinnen. Mit Ihren Entscheidungen können Sie auch Wünsche und zukunftsgerichtete Anliegen der Menschen in Ihrem Umfeld unterstützen. Jede Entscheidung, die im Silo des Unternehmens ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der Gesellschaft getroffen wird, steht im Widerspruch zu der symbiotischen Beziehung, die Unternehmen zur Umwelt haben. Schließlich sind Unternehmen auf das Geld von Verbraucher:innen angewiesen, um die meisten ihrer eigenen KPIs zu erreichen. Die Bedürfnisse der Gesellschaft mitzudenken, erfordert Einfühlungsvermögen, so die Autoren von The Role of Social Cognition and Decision Making in The Royal Society: »Um in einem sozialen Kontext eine erfolgreiche Entscheidung treffen zu können, muss man in der Lage sein, die Absichten, Gefühle und Überzeugungen anderer zu verstehen. Durch Spiegeln ist es möglich, die motorischen Handlungen und Handlungsabsichten anderer Menschen zu begreifen. ›Empathie‹ ermöglicht es uns, Gefühle und Empfindungen anderer zu verstehen und uns in sie hineinzuversetzen. Diese Mentalisierungsfähigkeit, auch bekannt als ›Theory of Mind‹, ermöglicht es uns, abstraktere Konzepte wie Einstellungen oder Wünsche anderer zu verstehen. Ein wichtiges Merkmal der Entscheidungsfindung in einem sozialen Umfeld ist das Zusammenspiel von Vernunft und Emotion.«2 Ich kann mich noch gut an eine Situation erinnern, die die Bedeutung dieser Art von tiefem Verständnis verdeutlicht. Meine Assistentin schrieb mir eine Nachricht, dass eine der führenden Marken des Landes angefragt habe, ob ich zu einem vertraulichen Gespräch an die Westküste der USA fliegen könne – und zwar so schnell wie möglich. Zufälligerweise hatte ich ohnehin einen Termin in der Region, also sagte ich zu. Aber da ich öfter Unternehmen bei der Einbindung gesellschaftlicher Gruppen (allen voran die Generation Y) berate, wusste ich, dass mit großer Wahrscheinlichkeit irgendetwas schiefgelaufen war: Entweder war das Unternehmen in ein Fettnäpfchen getreten oder gesellschaftliche Akteure stellten einen Aspekt der Unternehmenspolitik an den Pranger oder zweifelten das Vorgehen des Unternehmens bei der Beschaffung, Herstellung oder Vermarktung eines Produkts an. Auf jeden Fall war man sich nicht sicher, wie das Unternehmen am besten reagieren sollte, um die Marke zu schützen. Ich lag mit meiner zweiten Annahme richtig. Das Unternehmen hatte die ablehnende Reaktion der Öffentlichkeit auf eine Kampagne für ein neues Produkt unterschätzt. Folgendes war passiert: Das Unternehmen verkaufte ein Produkt, das damit beworben wurde, die Gesundheit von Männern zu fördern. Die Firma verpflichtete sich, für jedes verkaufte Produkt eine Spende an eine gemeinnützige Organisation zur Förderung von psychischer Gesundheit zu leisten, wohinter sich der verschleierte Versuch verbarg, den Absatz anzukurbeln. Junge Menschen waren skeptisch – und das zu Recht. Diese Art der Spende und öffentliches Anliegen standen im Widerspruch zueinander. Damit gespendet wurde, mussten Verbraucher:innen das Produkt kaufen. In den Augen der Kund:innen nutzte das Unternehmen ein Problem zum eigenen Vorteil aus. Als ich im Rahmen meiner Beratertätigkeit gemeinsam mit der Chefetage erörterte, wo Fehler gemacht wurden und welche Folgen die Entscheidungsfindung ohne Einbeziehung der Begünstigten – in diesem Fall psychisch kranke Menschen – hatte, wurden dem Management zwei wichtige Dinge klar: Erstens ist es einfach, falsche Entscheidungen zu treffen, wenn eine kreative Idee, hier aus dem Marketing, losgelöst ist vom sozialen Kontext. Zweitens – und noch wichtiger – können Entscheidungen ohne Berücksichtigung öffentlicher und privater Interessen (wobei die Gesellschaft immer an erster Stelle stehen sollte) gute Absichten schnell zunichtemachen. EINE KRITISCHE FRAGE FÜR JEDES TEAM Sich den Auswirkungen der eigenen Entscheidungen auf die Gesellschaft bewusst zu sein, bedeutet, betroffene Menschen (Mitarbeiter:innen wie Verbraucher:innen) und Gemeinschaften an den Tisch zu holen. Bei der Entscheidungsfindung sollten Führungskräfte die Gesellschaft und den gesellschaftlichen Nutzen im Auge behalten und dabei folgende bereits bekannte Frage stellen: Welche Auswirkungen hat die Entscheidung auf das Unternehmen, die Menschen, die Gesellschaft und die Umwelt? Entscheidungen haben Konsequenzen, die über die vorher festgelegten Ziele eines Unternehmens hinausgehen. Die obige Frage hilft dem Management, die Folgen von Handlungen zu erkennen, die aus rein wirtschaftlichen Erwägungen getroffen werden. Im Entscheidungsprozess muss zunächst die obige Frage auf der Grundlage von Erkenntnissen und Daten beantwortet werden. Das heißt: Unternehmen müssen die Folgen ihrer Entscheidungen vollumfänglich verstehen. Dazu müssen mögliche (Aus-) Wirkungen bewertet werden. Darauf kommt es an, wenn ein Unternehmen wirklich eine soziale Haltung, das neue Corporate Social Mind, einnehmen will. Um zu gewährleisten, dass Entscheidungen gesellschaftlichen Fortschritt bei wichtigen Themen nicht ausbremsen, ist es wichtig, Verständnis für die Gesamtwirkung und Reichweite eines Unternehmens zu entwickeln. Für Unternehmen, die sich intern sozialer Verantwortung und gesellschaftlichem Engagement verschrieben haben, ist dies eine echte Chance, ihre Analyse- und Forschungsfähigkeiten zu verstärken, um ihre gesellschaftliche Wirkung zu beleuchten. In Abteilungen, die sich traditionell mit Fragen der sozialen Verantwortung und Spendentätigkeit von Unternehmen beschäftigen, konzentriert man sich in der Regel eher auf neue Initiativen oder die Bewertung der Wirkung der Arbeit des Unternehmens anhand weltweit anerkannter Praktiken und Indikatoren. Das ist zwar ein Anfang, allerdings ein rückwärtsgewandter. Ein zukunftsorientierter Bewertungsansatz rückt die Frage nach den Auswirkungen auf die Gesellschaft bei der Entscheidungsfindung in Echtzeit in den Fokus. Zur guten Unternehmensplanung gehört es, Folgen der eigenen Entscheidungen auf die Gesellschaft im Hier und Jetzt zu verstehen und nicht mit Blick auf die Vergangenheit, nachdem Entscheidungen bereits Folgen gezeitigt haben und es zu spät ist, gegenzusteuern. Historisch gewachsene Verhaltensweisen und Abläufe in Unternehmen zu ändern, die sich eingespielt haben, ist oft ein schwieriges und mühsames Unterfangen, das in der Regel auf größten Widerstand stößt. Um die Risiken für Belegschaft, Gemeinschaft und Gesellschaft zu verringern, müssen Führungskräfte in Unternehmen neue Entscheidungsfindungsabläufe im Rahmen innovativer Praktiken einführen, die schnellen, responsiven und iterativen Lern-, Gestaltungs-, Mess-, Verbesserungs- und Skalierungsmethoden entsprechen. Manchmal stellen sich solche Verfahren als Risikobewertung für Produkte,...