E-Book, Deutsch, 169 Seiten
Bartels Aktivierend-therapeutische Pflege in der Geriatrie
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-17-039602-9
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Band 4: Versorgungsstrukturen und Entwicklung der ATP-G
E-Book, Deutsch, 169 Seiten
ISBN: 978-3-17-039602-9
Verlag: Kohlhammer
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In diesem Band 4 werden die Entwicklung der Aktivierend-therapeutischen Pflege sowie die aktuellen Versorgungsstrukturen inkl. der Ausgliederung der Pflegepersonalkosten aus den DRGs mit den Folgen für die Geriatrie aufgegriffen.
Wir werden immer älter, "kränker" und der Anteil der "Mehrheimischen" aus vielen verschiedenen Kulturen wird die Pflege herausfordern und demnach auch die Anwendung von ATP. (Pflege-)WissenschaftlerInnen und TheoretikerInnen mit praktischen geriatrischen Kenntnissen schreiben über die Entwicklungen der ATP und ihre Anwendungsmöglichkeiten, z. B. die Bedeutung von Zielen im Rahmen der ATP. PraktikerInnen greifen theoretische Ansätze auf und berichten von ihren Erfahrungen und Anwendungen. Berücksichtigt werden hier u. a. beschriebene Begriffe, die Einzug in die Anwendung der ATP halten, z. B. Pflegerische Befundung oder Subjektives Rehabilitationsziel.
Autoren/Hrsg.
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1 Die geriatrischen Versorgungsstrukturen und die Ausgliederung des Pflegepersonalbudgets
Agnes Hartmann
1.1 Einführung
Die mit der GKV-Gesundheitsreform 2000 gelegte gesetzliche Grundlage zur Einführung eines »durchgängigen, leistungsorientierten und pauschalierten Vergütungssystems« (§ 17b Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz, KHG) zielte in erster Linie auf eine »Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausversorgung« ab. Seit dieser Reform gilt für die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen ein durchgängiges, leistungsorientiertes und pauschalierendes Vergütungssystem. Es bildet Komplexitäten und Komorbiditäten bundeseinheitlich ab und hat einen praktikablen Differenzierungsgrad, mit dem die allgemeinen voll- und teilstationären Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall vergütet werden. Die bundeseinheitliche Kalkulation der Fallpauschalen (G-DRG2) erfolgte auf Grundlage von Echtkosten der an der Kalkulationsstichprobe teilnehmenden Krankenhäuser. Diese verpflichteten sich, die Erhebung der Kosten auf Grundlage eines eigens dafür erstellten Kalkulationshandbuchs durchzuführen, welches die Betriebskosten von den investiven Kosten getrennt darstellt. Hieraus entstand der Fallpauschalen-Katalog, der – vereinfacht dargestellt – über Bewertungsrelationen multipliziert mit dem Landesbasisfallwert die Erlöse der Krankenhausbehandlung aufzeigt. Gesetzlich ist dies in § 17b KHG geregelt. 2020 wurde erstmals die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten von dieser pauschalen Vergütung eingeführt. Die Kostenerhebung der Kalkulationsteilnehmer folgt, wie bereits seit 2001, den Vorgaben des Kalkulationshandbuchs mit einer Kostenträgerrechnung, die auf Fallebene dem 100-%-Ansatz folgt (siehe Vereinbarung von Grundsätzen der Systementwicklung 2020 gem. § 4 Absatz 4 Pflegepersonalkostenabgrenzungsvereinbarung). Ziel war es, die Pflegepersonalkosten für die unmittelbare Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen auszugliedern. Aus dem bisher gültigen G-DRG-System wurde das künftige aG-DRG-System3. Der bislang bekannte Fallpauschalen-Katalog wurde um eine zusätzliche Spalte, in der die tagesbezogenen Bewertungsrelationen des Pflegeerlöskataloges ausgewiesen werden, ergänzt. Erstmals berechnet sich somit der Gesamterlös einer symptombezogenen Behandlung zum einen aus dem verweildauerabhängigen Relativgewicht einer Fallpauschale multipliziert mit dem Landesbasisfallwert und zum anderen aus dem Produkt der Anzahl der Behandlungstage, dem Pflegeerlös Bewertungsrelation/Tag (erstellt vom InEK4) und dem hausindividuellen Pflegeentgeltwert. Das hausindividuelle Pflegeentgelt ist ein Ergebnis der jährlichen Budgetverhandlungen zwischen Klinik und Kassen. Um die Liquidität bei fehlender Budgetverhandlung auf Ortsebene zu sichern, wurde im KHEntgG § 15 Abs. 1 Satz 2a folgende Regelung getroffen: »Kann der krankenhausindividuelle Pflegeentgeltwert nach § 6a Absatz 4 aufgrund einer fehlenden Vereinbarung des Pflegebudgets für das Jahr 2020 noch nicht berechnet werden, sind für die Abrechnung der tagesbezogenen Pflegeentgelte nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6a die Bewertungsrelationen aus dem Pflegeerlöskatalog nach § 17b Absatz 4 Satz 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes mit 146,55 Euro zu multiplizieren.« 1.2 DRG-Kalkulation – Report Browser
Der DRG-Browser zeigt, welche mittleren Kosten (Summe der Kosten dividiert durch die Anzahl der Inlier5) je Kostenmodul herangezogen wurden. Die Kosten werden getrennt nach Personalkosten, Sachkosten und Infrastrukturkosten ausgewiesen (InEK GmbH 2018). Tab. 1.1 zeigt am Beispiel der B44A6, dass für diese DRG für die Pflege insgesamt Kosten in Höhe von 3.363,88 € ausgewiesen werden ( Tab. 1.1, Abb. 1.1). Dies entspricht 50 % der gesamten Personalkosten für die Berufsgruppen Pflege, Ärztlicher Dienst und Medizinisch-Technischer Dienst (MTD). Auf den Ärztlichen Dienst entfallen über alle Kostenstellen (Normalstation, Intensivstation, OP …) 31 % und auf den MTD 19 %. Von den Gesamtpflegekosten entstehen auf der Kostenstelle Normalstation 2.254,27 €, was wiederum einem Anteil von 67 % der Gesamtpflegepersonalkosten entspricht (InEK GmbH 2018). Es zeigt sich also, dass die Kosten der geriatrischen DRG – hier am Beispiel der B44A – in ihrer Höhe sehr durch die Pflegekosten getriggert werden. Schaut man sich die B44A–D im Jahr 2019 über die Schweregradsplits A–D an, so werden die Kostenunterschiede, die durch den Anteil der Pflege entstehen, sehr schnell deutlich. Die Pflegekosten waren somit bis 2019 der Hauptkostentrenner der B44A–D (InEK GmbH 2018). Durch die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten wurden die Kostenunterschiede minimiert und die Fälle werden im Jahr 2020 in die DRG B44A bis B44C gruppiert (InEK GmbH 2019). Gliedert man zur besseren Darstellung die Pflegepersonalkosten komplett aus und setzt diese auf 0 €, finden sich zwei weitere Kostenunterschiede. Es wird deutlich, dass sich in den Sachkosten des medizinischen Bedarfs (ohne Arzneimittel, Implantate und Transplantate) in der Rubrik 6a ein Unterschied abbildet sowie im Medizinisch-Technischen Dienst, worunter im Großteil die therapeutischen Verfahren fallen. Hier wird zwischen der B44A und der B44D im Jahr 2019 ein Kostenunterschied von rund 600 € ausgewiesen ( Abb. 1.2, InEK GmbH 2018). Tab. 1.1: Kostenmodule am Beispiel der B44A (InEK GmbH (2018) G-DRG-Report-Browser 2019, hier B44A, modifizierte Darstellung) Abb. 1.1: Kostenvergleich B44A, B44B, B44C und B44D7 im Jahr 2019 (eigene Darstellung, basierend auf InEK GmbH (2018) G-DRG-Report-Browser 2019) Abb. 1.2: Kostenvergleich B44A, B44B, B44C und B44D im Jahr 2019, ohne Pflegepersonalkosten (eigene Darstellung, basierend auf InEK GmbH (2018) G-DRG-Report-Browser 2019) Bei genauerer Betrachtung der Kosten der therapeutischen Verfahren, welche die Therapieeinheiten gem. OPS 8-550 abbilden, stellt man fest, dass der Kostentrenner zwischen den DRG B44A mit einem Anteil von 55,2 % sowie B44B mit einem Anteil von 56,3 % und der B44C mit einem Anteil von 72,3 % sowie der B44D mit einem Anteil von 72,0 % jeweils nur gering ist ( Abb. 1.3, InEK GmbH 2018). Abb. 1.3: Kostenvergleich B44A, B44B, B44C und B44D im Jahr 2019, Personalkosten MTD und Anteil der therapeutischen Verfahren (eigene Darstellung, basierend auf InEK GmbH (2018) G-DRG-Report-Browser 2019) Es gilt also abzuwarten, wie sich der Umbau des DRG-Systems in den nächsten Jahren entwickelt. Die Ausgliederung der Pflegepersonalkosten im Jahr 2020 war sicherlich erst der Beginn einer zukünftigen starken Veränderung der DRG-Kataloge. 1.3 Logik der DRG-Eingruppierung
Die Eingruppierung in die jeweiligen DRG erfolgt über eine Abfrage-Reihenfolge, gestuft nach den mittleren Kosten der Inlier. Hierbei sind die DRG, die auf A enden, z. B. B44A, höher bewertet als eine B44B. Bisher waren in den Gesamtkosten die Pflegekosten enthalten und die Reihenfolge wurde unter Berücksichtigung der Gesamtkosten festgelegt. Da aus den DRG mit der Umstellung nun verschieden hohe Pflegeentgelte herausgerechnet wurden, erfolgt – dieser Logik folgend – eine Umsortierung der DRG im System, wordurch sich mitunter die Abfrage-Reihenfolge veränderte und verschiedene DRG, die in den mittleren Kosten keinen Kostentrenner mehr aufwiesen, in anderen DRG aufgingen. Abb. 1.4: Auswirkungen auf die DRG-Klassifikation. Beispiel zur Umsortierung. Unterschiedliche Anteile der »Pflege am Bett« in den einzelnen DRGs mit ggf. entsprechend veränderter Abfragereihenfolge (Heimig (2019) Entgeltsystem im Krankenhaus 2020. »Entwicklung des G-DRG-Katalogs für das Jahr 2020«. Hrsg. von der InEK GmbH, S. 53) Abb. 1.5: Auswirkungen auf die DRG-Klassifikation. Beispiel zur Umsortierung. Im aG-DRG-System Abfragereihenfolge orientiert an den mittleren Kosten der Inlier ohne Pflege am Bett (Heimig (2019) Entgeltsystem im Krankenhaus 2020. »Entwicklung des G-DRG-Katalogs für das Jahr 2020«. Hrsg. von der InEK GmbH, S. 54) 1.4 aDRG 2020 ohne Pflegepersonalkosten
Die DRG 2020 folgen, in Bezug auf die Pflegepersonalkosten 2020, dem Selbstkostendeckungsprinzip. Hierbei gibt es keine Deckelung der Vergütung, solange sich die zugrunde gelegten Pflegepersonalkosten innerhalb der tariflichen Grenzen bewegen. Die Vergütung der sonstigen Betriebskosten (sog. Rumpf-DRG) erfolgt weiterhin als Pauschale, die wie bisher auch...