E-Book, Deutsch, 208 Seiten
Berger Die Anti-Erschöpfungs-Strategie
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-451-82954-3
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
7 Wege zu innerer Kraft
E-Book, Deutsch, 208 Seiten
ISBN: 978-3-451-82954-3
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erschöpfung wird immer mehr zur Volkskrankheit. Doch statt jetzt nach langen Pandemiejahren zu erholen, befinden wir uns schon inmitten der nächsten Krise(n). Kein Wunder, dass die Menschen sich nichts sehnlicher wünschen, als wieder Ruhe und Kraft zu finden. Um dann so weiterzumachen wie bisher? Bitte nicht. Die Erschöpfung hat uns Wichtiges zu sagen: Wir haben nicht so gelebt, wie es uns entspricht. Wir haben den falschen Menschen und unabänderlichen Umständen Macht über unser Leben gegeben. Wir haben sich von dem abschneiden lassen, was uns lebendig und glücklich macht. Jörg Berger kennt den Weg, der aus der Erschöpfung hinausführt, hinein in ein Leben, das leichter, sinnerfüllter und kraftvoller ist. Ein Leben, das sich unabhängig von den äußeren Umständen verwirklichen lässt. Mit vielen Übungen aus der psychotherapeutischen Praxis zur leichten Selbstanwendung.
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Einleitung: Warum der Tiger
keine Selbstdisziplin braucht
Vielleicht wissen Sie noch nicht, was Sie brauchen, um sich wieder kraftvoll zu fühlen. Doch Sie wissen, was Sie auf keinen Fall brauchen: eine weitere Anstrengung. Deshalb zeige ich Ihnen einen Weg, auf dem Sie keine Selbstdisziplin benötigen. Die meisten meiner Patientinnen und Patienten sind nicht besonders diszipliniert. Ich bin in der Verhaltenstherapie ausgebildet und dort stehen therapeutische Hausaufgaben im Mittelpunkt: Symptomtagebücher, das Aufschreiben von negativen Gedanken und positiven Gegengedanken oder Konfrontationsübungen, zum Beispiel mit dem, was Angst macht. Doch meine Patienten machen ihre Hausaufgaben nicht. Das heißt, sie machen sie, aber nur, wenn wir sie gut vorbereiten und ich im nächsten Gespräch auch nachfrage. Sobald meine Aufmerksamkeit nachlässt, geraten auch die Übungen in Vergessenheit. Ich kann es gut verstehen. Denn ich bin selbst nicht besonders diszipliniert. Deshalb frage ich zum Beispiel nicht konsequent genug nach den Hausaufgaben. Wenn aber sowohl meine Patienten als auch ich mit der Disziplin überfordert sind, gibt es dann nicht einen anderen Weg? Es geht auch ohne Disziplin. Meine Patienten finden aus der Erschöpfung heraus und zeigen dabei eine Stärke, einen Einfallsreichtum und einen Mut, die mir selbst zum Vorbild werden. Sie beschäftigen sich auch zwischen den Gesprächen mit ihren Therapiethemen. Sie tun es aber, weil eine Neugier geweckt ist, weil sie sich gerne weiterentwickeln und ihre Probleme lösen, wenn sie nur geeignete Werkzeuge haben. Menschen sind von sich aus unglaublich motiviert und gehen fast jeden Weg, wenn er an eine natürliche Motivation anknüpft. Aus diesem Grund lege ich Ihnen ein Buch mit über 200 Seiten vor, obwohl eigentlich eine halbe Seite reichen würde. Denn was Sie aus der Erschöpfung führt, ließe sich mit wenigen Empfehlungen sagen: Beginnen Sie einen Ausdauersport. Reduzieren Sie Stress. Schlafen Sie regelmäßig und ausreichend. (Wenn Sie nicht schlafen können, siehe 2., 5., 6., 7. und 8.) Ernähren Sie sich gesund. Achten Sie auf ausreichend Pausen und Erholungszeiten. Erlernen und praktizieren Sie ein Entspannungsverfahren wie zum Beispiel Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung. Wenn Sie emotional belastende Lebensumstände haben, erlernen und praktizieren Sie Übungen zur Gefühlsregulation. Identifizieren Sie Ihre inneren Antreiber und gegebenenfalls ungünstige Lebensmuster, die Sie in Ihrer Kindheit erlernt haben. Ersetzen Sie diese durch positive, selbstfürsorgliche Gedanken und einen ausgewogenen Lebensstil. Bauen Sie Aktivitäten auf, die Sie entspannen und befriedigen wie schöne Unternehmungen mit Freunden, ein kreatives Hobby, Zeit in der Natur, ein Bad mit Duftkerzen und Musik. Dass diese Empfehlungen gegen Erschöpfung wirken, ist durch wissenschaftliche Studien belegt. Es gibt nur ein kleines Problem. Auch Menschen, die nicht erschöpft sind, wären mit dieser To-do-Liste überfordert. Deshalb werden die Empfehlungen gewöhnlich durch eine Hintertür ergänzt: 10. Falls es Ihnen zu schlecht geht, um die Empfehlungen umzusetzen, wenden Sie sich an eine Ärztin oder einen Psychotherapeuten. Was wird die Ärztin tun? Sie kann ja auch nicht die Kraft und Disziplin herbeizaubern, die für die Punkte 1–9 erforderlich wären. Sie wird etwas anbieten, das keine Disziplin erfordert: ein Antidepressivum oder einen Klinikaufenthalt. (In einer Klinik funktionieren die Punkte 1–9 übrigens ohne Selbstdisziplin. Denn wer würde nicht gerne bei einer netten Therapeutin in einer angenehmen Gruppe ein Entspannungsverfahren erlernen, wenn er Zeit dafür hat und es auf dem Programm steht?) Was wird ein Psychotherapeut tun? Er wird Menschen einen Weg führen, der an ihre natürliche Motivation anknüpft. Oft kommt dann am Ende etwas heraus, was den wissenschaftlichen Empfehlungen nahekommt. Genau das biete ich Ihnen in diesem Buch an. Ich habe in den unterschiedlichen Kapiteln den Weg nachgezeichnet, den die meisten meiner Patientinnen und Patienten in ihrer Therapie gehen. Jeder macht dabei eigene Entdeckungen. Doch in einer Hinsicht ähnelt sich das Happy End: Menschen leben am Ende im Einklang mit sich selbst und ihrer Umwelt. Dafür steht der Tiger auf dem Cover. Er ist die Ruhe selbst, ob er döst oder in seinem geschmeidig-wiegenden Gang umherstreift. Wir ahnen dennoch seine Kraft. Auch wenn er gähnt und sich seine Lippen leckt, ist er präsent. Seine beweglichen Ohren folgen jedem Geräusch. Keinen Augenblick würden wir zweifeln, ob uns sein waches Auge entdeckt, wenn wir in seiner Nähe wären. Ein Tiger ist zu Höchstleistungen fähig. Bis zu 100 Kilometer legt er am Tag zurück. Bis zu 52-mal am Tag paart er sich und kann fast 30 Kilometer weit schwimmen. Doch all das tut er nur, wenn es nötig wird, in beutearmen Revieren, bei knappen Paarungsgelegenheiten oder nach einer Überflutung. Sonst setzt er seine Kräfte maßvoll ein. Seine Beute verfolgt er höchstens 200 Meter weit. Dann gibt er einfach auf.1 Der Tiger macht sich keinen Druck: „Was man anfängt, bringt man auch zu Ende.“ Er beschämt sich nicht selbst: „So ein Muskelpaket und nach 200 Metern schlapp machen. Wie peinlich.“ Er folgt stattdessen seinen Instinkten, die ihn in ein Gleichgewicht von Entspannung und beeindruckender Aktivität bringen. So lebt er in Einklang mit sich selbst und seiner Umwelt. Wann immer Ihr Blick auf das Cover fällt, könnte Sie dieser Gedanke entspannen. Ein Tiger kennt keinen Burnout. Er kennt auch keinen Stress, solange kein Mensch in sein Revier eindringt. Doch der Mensch greift nicht nur verhängnisvoll in das Gleichgewicht anderer Lebewesen ein. Er ist selbst nicht besonders gut darin, im Einklang mit sich und seiner Umwelt zu leben. Darin liegt der tiefste Grund von Erschöpfung. Wer gegen die eigenen Bedürfnisse lebt, überanstrengt sich und muss die Frustration bewältigen, die ungestillte Grundbedürfnisse hervorrufen. Menschen können das eine Weile aushalten, doch irgendwann gehen ihnen die Kräfte aus. Wenn wir uns in einem passenden Umfeld bewegen, sind wir voller Lebensfreude, Kreativität und Kraft. Auch das begegnet uns in der Tierwelt. Wenn wir Pinguine auf dem Land beobachten, schmunzeln wir über ihre Unbeholfenheit. Doch unter Wasser schießen sie pfeilschnell davon und beeindrucken mit akrobatischer Beweglichkeit. Es kommt ganz auf die Umwelt an, welche Figur wir machen und wie viel Kraft wir freisetzen können. Mir fällt kein Tier ein, das ich mit Selbstdisziplin in Verbindung bringen würde. Tiere mögen bienenfleißig sein, ausdauernd wie Zugvögel oder mutig wie Bärenmütter. Aber diszipliniert? Sie folgen doch nur ihrer Natur und müssen gar nicht gegen sich selbst arbeiten. Das sollte doch auch für uns Menschen möglich sein. Eine Anti-Erschöpfungsstrategie führt in einen Einklang mit sich selbst und seiner Umwelt. Dabei machen sich Menschen mehr bewusst, welches Umfeld sie für sich wählen. In allen Aufgaben, Beziehungen und Aktivitäten gibt es einen Spielraum, wo, wie und mit wem wir unser Leben verbringen. Mehr als wir denken, können wir unser Umfeld beeinflussen und es für uns passender machen. Schließlich bestimmt auch unsere innere Haltung, was geschieht, wenn unsere Bedürfnisse und unsere Umwelt einmal nicht zueinander passen. Unsere innere Haltung können wir beeinflussen. Diese Schritte gehen Menschen, die aus ihrer Erschöpfung herausfinden und wieder Kraft spüren. Dann passt ihr Leben immer besser zu ihrer Persönlichkeit und sie fühlen sich mehr in Übereinstimmung mit ihrer Umwelt, manche zum ersten Mal in ihrem Leben. In den folgenden sieben Kapiteln entdecken Sie, was erschöpft und was wieder zu Kraft führt. Sie können dabei dem Aufbau des Buches folgen oder zuerst in die Kapitel springen, deren Überschrift Sie am meisten anspricht. Bevor Sie das tun, stimme ich Sie noch mit einigen Hinweisen ein: Sie finden in den Kapiteln eine Fülle von Übungen, Checklisten und Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Nach dieser Einleitung dürfen Sie mir glauben: Sie müssen nicht alles abarbeiten. Verstehen Sie die Übungen als eine Einladung, die Sie nur da annehmen, wo Sie neugierig werden. Sehen Sie sie als Werkzeuge, die Sie da ausprobieren, wo es Ihnen gerade vielversprechend erscheint. Einige Übungen, bei denen Sie das Buch vielleicht beiseitelegen möchten, gibt es zusätzlich als Audio-Datei für Sie zum Anhören. Sie sind mit einem gekennzeichnet. Folgen Sie einfach diesem Link: www.herder.de/extras oder scannen Sie diesen QR-Code. x Ihr Zugangscode ist die ISBN dieses Buchs (978-3-451-60125-5). Alle Fallbeispiele dieses Buches habe ich durch die Änderungen von Namen und Lebensumständen anonymisiert. Das Buch kann keine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung ersetzen, wo diese nötig sind. Es kann jedoch eine Wartezeit auf die Therapie überbrücken helfen und ein...