Beutel / Barthel / Haselbacher Depressive Störungen bei Krebserkrankungen

Psychodynamische Therapie
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8409-2658-7
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Psychodynamische Therapie

E-Book, Deutsch, Band 7, 110 Seiten

Reihe: Praxis der psychodynamischen Psychotherapie - analytische und tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie

ISBN: 978-3-8409-2658-7
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Depressive Störungen stellen die häufigste psychische Begleiterscheinung bei Krebserkrankungen dar. Dieser Band stellt ein manualisiertes Behandlungskonzept vor, das zur psychotherapeutischen Behandlung von Krebspatienten mit einer depressiven Erkrankung entwickelt wurde. Das einleitende Kapitel gibt grundlegende Informationen über Besonderheiten depressiver Erkrankungen bei Krebspatienten, depressive Störungsbilder, Epidemiologie, Verlauf und Prognose sowie Differenzialdiagnose und Komorbidität. Die weiteren Kapitel gehen auf Störungsmodelle und Risikofaktoren ein und stellen vorhandene psychotherapeutische Behandlungsansätze vor, die bei onkologischen Erkrankungen angewendet werden können.
Das in diesem Band beschriebene Behandlungskonzept orientiert sich an dem supportiv-expressiven Ansatz von Luborsky. Im Zentrum steht die Identifikation des zentralen Beziehungskonflikt-Themas (ZBKT) des Patienten, auf das bei der Behandlung mithilfe deutender (expressiver) und stützender (supportiver) Interventionen fokussiert wird. Der Ablauf der Therapiephasen und die Behandlungsprinzipien werden anhand von Fallbeispielen erläutert. Die Behandlung ist als Kurzzeittherapie mit einer Behandlungsdauer von 25 Sitzungen konzipiert, und ihre Wirksamkeit konnte in einer empirischen Studie nachgewiesen werden.

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1;Depressive Störungen bei Krebserkrankungen;1
1.1;Inhaltsverzeichnis;9
1.2;Einleitung;11
2;1Beschreibung der Störung;14
2.1;1.1Besonderheiten depressiver Erkrankungen bei Krebskranken;14
2.2;1.3Epidemiologische Daten;22
2.3;1.4Verlauf und Prognose;22
2.4;1.5Differenzialdiagnose;22
3;2Störungstheorien und -modelle;29
3.1;2.1Risikofaktoren für depressive Störungen bei Krebskranken;29
3.2;2.2Psychodynamische Störungsmodelle der Depression;31
4;3Zur psychotherapeutischen Depressionsbehandlung bei Krebskranken;36
4.1;3.1Wirksamkeit psychoonkologischer Interventionen;36
4.2;3.2Manualisierte psychodynamische Behandlungen für fortgeschrittene Krebserkrankungen;37
5;4Behandlung mit der psychodynamischen Kurzzeittherapie der Depression bei Krebskranken;40
5.1;4.1Indikation;40
5.2;4.2Modell der supportiv-expressiven Therapie (SET);41
5.3;4.3Ablauf der psychodynamischen Kurzzeittherapie auf Grundlage der supportiv-expressiven Therapie;52
5.4;4.4Behandlungstechnik und spezifische Elemente für die Depressionsbehandlung;64
6;5Wirksamkeit der psychodynamischen Kurzzeittherapie der Depression bei Krebskranken;71
7;6Erfahrungen bei der Durchführung der Behandlung;77
7.1;6.1Barrieren gegenüber der Behandlung;77
7.2;6.2Anforderungen an Therapeuten;77
7.3;6.3Kooperation mit somatischen Kollegen im Rahmen eines Gesamtbehandlungsplans;79
7.4;6.4Kombination mit Psychopharmaka;80
7.5;6.5Umgang mit der Therapiedauer;81
8;7Fallbeispiele;82
8.1;7.1Fallbeispiel 1;82
8.2;7.2Fallbeispiel 2;86
9;8Ausblick;91
10;9Literatur;94
11;Anhang;103
11.1;Spezielle Information fu?r Patientinnen und Patienten mit einer Depression in Folge einer Krebserkrankung;105
11.2;Weiterfu?hrende Informationen;106
11.3;Die Autorinnen und Autoren des Bandes;108


2 Störungstheorien und -modelle (S. 19-20)

2.1 Risikofaktoren für depressive Störungen bei Krebskranken

In den letzten Jahren hat sich die Sichtweise von Depression und chronischer Krankheit gewandelt. Beispielsweise bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes geht man inzwischen von einem bidirektionalen Zusammenhang aus, d.?h. dass beispielsweise eine koronare Herzerkrankung nicht nur mit einem erhöhten Depressionsrisiko einhergeht, sondern umgekehrt auch Depressionen auf vielfältige Weise zur Entstehung bzw. einem ungünstigen Verlauf von Herzerkrankungen beitragen. Bei Krebskranken ist der Weg von onkologischen Erkrankungsfaktoren zur Depression gut gesichert; zu umgekehrten Einflussmöglichkeiten sind die Kenntnisse lückenhaft bzw. strittig. Abbildung 1 gibt einen Überblick über Risikofaktoren für die Entstehung von Depressionen bei Krebskranken.

Wie Abbildung 1 zeigt, zeichnen sich depressive Störungen bei Krebskranken durch einen multifaktoriellen Hintergrund aus, dem bei der diagnostischen Abklärung Rechnung zu tragen ist. So wirken psychosoziale, krankheitsbezogene und medizinische Faktoren eng zusammen und rufen ein Kontinuum von Depressionen hervor, das von subsyndromalen Belastungen (deutlicher Distress, der aber die diagnostischen Schwellenkriterien nicht erfüllt), Anpassungsstörungen bis hin zu schweren depressiven Episoden oder auch chronisch verlaufenden depressiven Verstimmungen im Sinne der Dysthymie reicht.

Wichtig ist es, bei dem Verdacht auf eine Depression bei einem Krebskranken eine möglichst genaue Abklärung der genannten Faktoren durchzuführen und in der Behandlungsplanung die erhobenen Risiko- bzw. Schutzfaktoren zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Belastung durch die Erkrankung (vgl. Abb. 1) sind (1) psychosoziale und anamnestische Faktoren, (2) krankheitsbezogene und (3) medizinische Behandlungsfaktoren:

1.Psychosoziale und anamnestische Faktoren: Ein erhöhtes Depressionsrisiko findet sich allgemein bei jüngeren, weiblichen, sozial isolierten Patienten und Personen mit einem geringeren Bildungsstand bzw. Sozialstatus (Schwarz et al., 2008). Dies gilt insbesondere auch für Patienten, die in der familiären Vorgeschichte oder in der eigenen Anamnese psychische Vorerkrankungen (vor allem frühere Depressionen, Angststörungen, substanzgebundene Suchterkrankungen) und/oder frühere unverarbeitete soziale Isolation, Einsamkeit oder auch schädliche oder verunsichernde soziale Interaktionen ganz wesentlich zur Entstehung einer Depression beitragen. Ähnliches gilt für Bindungsunsicherheit oder -vermeidung (vs. sichere Bindung) in Form von mangelndem Vertrauen, in kritischen Situationen den erforderlichen Rückhalt zu bekommen, und für die Ausprägung des Selbstwertgefühls.

2.Krankheitsbezogene Faktoren: Es finden sich unterschiedliche Depressionsraten bei verschiedenen Tumorentitäten (Pankreas-, Magen-, Lungenkrebs) und in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung (Li et al., 2012). Einer der stärksten und konsistentesten Prädiktoren für Depressionen ist die körperliche Krankheitslast, besonders die Zahl und Schwere von Körpersymptomen und assoziierten Behinderungen (Li et al., 2012). Biologische Mechanismen sind noch wenig geklärt. Depression ist vermutlich assoziiert mit der Tumorzelllast und behandlungsinduzierter Zelldestruktion, die wiederum zu einem erhöhten Anfall von proinflammatorischen Zytokinen führen (sog. „zytokininduzierte Depression“). Einige Tumoren produzieren ihrerseits Hormone und hormonähnliche Substanzen (sog. „Paraneoplasien“) wie z. B. das Carcinoid, die zu Depressionen beitragen können.

3.Medizinische Behandlungsfaktoren: Chemotherapie, radioaktive Bestrahlungen und Hormontherapien können auf vielfältigsten Wegen Depressionen auslösen (Schwarz et al., 2008); ein wichtiges Beispiel ist das Interferon, das – in Einklang mit der Hypothese der zytokininduzierten Depression – dafür bekannt ist, dass es neben grippeähnlichen Nebenwirkungen auch Depressionen auslösen kann. Umgekehrt kommt der Symptomkontrolle von Schmerz, Schlafstörungen, Gewichtsverlust, Übelkeit u. a. eine immense Rolle zu bei der Vorbeugung bzw. Behandlung von Depressionen. Letztlich spielt die Qualität der Kommunikation und des Umgangs mit Patienten eine Schlüsselrolle für deren Krankheitsbewältigung; im Gesamtkontext der medizinischen Behandlung ist eine adäquate psychoonkologische Unterstützung eine wesentliche Komponente.

Krankheitsbewältigung

Sah man lange chronisch Kranke als Opfer einer bedrohlichen oder überwältigenden Krankheitsrealität, so rückte die sogenannte Copingforschung die subjektive Einschätzung und Bewältigung der Erkrankung und damit einhergehender Belastungen in den Vordergrund. Damit erschienen Kranke vielmehr als aktive Gestalter einer erträglichen Realität, deren Bewältigungsbemühungen es psychotherapeutisch zu unterstützen galt (Schwarz & Singer, 2008; Beutel & Muthny, 1988). Klinisch hat sich das Modell von Lazarus und Folkman (1984) bewährt, nach dem Reaktionen von Kranken maßgeblich durch ihre Einschätzung der vorliegenden oder antizipierten Belastungen geprägt sind.



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