Böker / Hoff / Seifritz | Psychosomatik heute | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 376 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

Böker / Hoff / Seifritz Psychosomatik heute

Psychosomatik in Klinik und Forschung
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-456-95628-2
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Psychosomatik in Klinik und Forschung

E-Book, Deutsch, 376 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm

ISBN: 978-3-456-95628-2
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Der Begriff „Psychosomatik“ wird aus unterschiedlichen Perspektiven oft ganz anders akzentuiert. In 21 Kapiteln haben Experten herausgearbeitet, was Psychosomatik nach aktueller Forschung und aus klinischer Sicht für ihre jeweiligen Spezialgebiete bedeutet. > - Welchen Stellenwert haben psychosomatische Zusammenhänge bezüglich unserer Hirnfunktion, der hormonellen Regulation und des Immunsystems? - Welche unterschiedlichen Komponenten beeinflussen somatoforme Schmerzstörungen, das Burnout-Syndrom, den Schlaf oder die Sexualität. - Wo können Psychotherapien bei Depression, Angststörungen oder Schwindelsyndrome ansetzen? - Welche Relevanz haben psychosomatische Störungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie? - Gesundheitsökonomische sowie sozialversicherungs- und haftungsrechtliche Fragen werden sowohl aus Sicht der Konsiliar- und Liaison-Psychiatrie wie auch der Hausarztmedizin dargestellt.

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Zielgruppe


Psychiater, Ärzte für Psychosomatische Medizin

Weitere Infos & Material


1;Inhaltsverzeichnis und Vorwort;7
2;1 Historische Entwicklung der Psychosomatischen Medizin;15
2.1;1.1 Begriffe und Gegenstand;15
2.2;1.2 Aus der Geschichte;17
2.3;1.3 Psychosomatische Perspektiven der Neuzeit;19
2.4;1.4 Psychosomatische Medizin heute;21
3;2 Krankheitsbegriffe der Medizin und Psychiatrie im historischen Wandel;23
3.1;2.1 Die retrospektive Diagnose;23
3.2;2.2 Die historische Bedingtheit von Krankheitsbegriffen;25
3.3;2.3 Die historische Dynamik psychiatrischer Diagnosen;26
3.4;2.4 Zusammenfassung;28
4;3 Hysterien, Konversionen, Psychosomatosen: Zur Bedeutungdes Körpers im kulturellen Wandel;31
4.1;3.1 Von der Hysterie zur Psychosomatik: Körpergeschichten;31
4.2;3.2 Von der Gynäkologie zur Nervenheilkunde;33
4.3;3.3 Konversion und Objektbeziehungen;42
4.4;3.4 Psychosomatosen;49
4.5;3.5 Embodiment;60
4.6;3.6 Aktuelle Forschungsansätze in der Psychosomatik und psychosomatisches Denken in der Psychotherapie;60
4.7;3.7 Zusammenfassung;65
5;4 Psychosomatik aus der Perspektive eines integrativen Modells der Hirnfunktionen, welche die Biographie kreieren;69
5.1;4.1 Einleitung;69
5.2;4.2 Warum brauchen wir ein Modell?;70
5.3;4.3 Das integrative, systemtheoretisch orientierte Modell der Hirnfunktionen, welche die Biographie kreieren (Koukkou & Lehmann);70
5.4;4.4 Die menschliche Entwicklung;73
5.5;4.5 Die Bausteine des menschlichen Gedächtnisvermögens; die Inhalte des autobiografischen Gedächtnisses;74
5.6;4.6 Die Entstehung der Emotionen aus der Perspektive des Modells der Hirnfunktionen, welche die Biographie kreieren;75
5.7;4.7 Die Modi der informationsverarbeitenden Hirnprozesse;76
5.8;4.8 Die Entstehung der Psychosomatik aus der Perspektive des Modells der Hirnfunktionen, welche die Biographie kreieren;78
5.9;4.9 Der Stellenwert der Vorschläge des Modells der Hirnfunktionen, welche die Biographie kreieren, fu?r die moderne Psychosomatik;79
6;5 Die Psyche im Spiegel der Hormone;85
6.1;5.1 Hintergrund;85
6.2;5.2 Östrogene und Hirnfunktion;85
6.3;5.3 Weiblicher Lebenszyklus;86
6.4;5.4 Östrogene und Depression;86
6.5;5.5 Östrogene und schizophrene Psychosen;89
6.6;5.6 Vorzeitige Menopause bei psychisch kranken Frauen;90
6.7;5.7 Therapeutische Konsequenzen;90
6.8;5.8 Forschungsbedarf;92
6.9;5.9 Schlussfolgerungen;93
7;6 Oxytocin und soziales Gehirn: Perspektiven fu?r eine psychobiologische Therapie?;99
8;7 Psychoneuroimmunologie – zur Rolle des Immunsystems bei psychischen Störungen;105
8.1;7.1 Psychoneuroimmunologie: Grundlagen und historische Aspekte;105
8.2;7.2 Immunologische Grundlagen und das immunologische Gedächtnis;106
8.3;7.3 Methodische Aspekte der Psychoneuroimmunologie;108
8.4;7.4 Zytokine – Mediatoren des Immunsystems;108
8.5;7.5 Interaktion von Zytokinen und Neurotransmittern;110
8.6;7.6 Neuroendokrines System und Immunsystem;111
8.7;7.7 Zur Rolle der Blut-Hirn-Schranke;112
8.8;7.8 Immungenetik und psychische Störungen;113
8.9;7.9 Zelluläres Immunsystem und psychische Störungen;113
8.10;7.10 Psychische Störungen und Autoimmunerkrankungen;115
8.11;7.11 Schizophrenie und Immunsystem;116
8.12;7.12 Depression und Immunsystem;121
8.13;7.13 Immunologische Effekte von Psychopharmaka;122
8.14;7.14 Antientzu?ndliche Therapie bei depressiven Störungen;124
8.15;7.15 Ausblick;124
9;8 Die Depression bei Autoimmunerkrankungen;131
9.1;8.1 Einleitung;131
9.2;8.2 Depressive Symptome beim systemischen Lupus erythematodes;132
9.3;8.3 Depressive Symptome bei der rheumatoiden Arthritis;134
9.4;8.4 Depressionsähnliches Verhalten in Mausmodellen von Autoimmunerkrankungen;136
9.5;8.5 Verändertes Clockgen-System bei Autoimmunerkrankungen und bei der Depression;137
9.6;8.6 Abschließende Bemerkungen;140
10;9 Depressionen als Psychosomatosen der Emotionsregulation: Zur Bedeutung der Psychotherapie in der Depressionsbehandlung;145
10.1;9.1 Einleitung;145
10.2;9.2 Herausforderungen in der Depressionsbehandlung;146
10.3;9.3 Depressionen als Psychosomatosen der Emotionsregulation;147
10.4;9.4 Psychotherapie der Depression;155
10.5;9.5 Top-down- und Bottom-up-Effekte als Funktion therapeutischer Interventionen;159
10.6;9.6 Kasuistik;160
10.7;9.7 Ergebnisse der Psychotherapieforschung bei depressiv Erkrankten;162
10.8;9.8 Neuropsychodynamische Perspektiven in der Depressionsbehandlung und Depressionsforschung;167
10.9;9.9 Zusammenfassung;169
11;10 Psychotherapie bei Alexithymie: Grundlagen und Praxis am Beispiel des psychosomatischen Schwindels;173
11.1;10.1 Grundlagen zur Alexithymie;173
11.2;10.2 Alexithymie und Psychotherapie am Beispiel des psychosomatischen Schwindels;175
11.3;10.3 Zusammenfassung;182
12;11 Angststörungen: Was trägt zur Effektivität von Psychotherapie bei?;185
12.1;11.1 Wirksamkeit von Psychotherapie bei Angststörungen;185
12.2;11.2 Raum zur Verbesserung der Psychotherapie bei Angststörungen;189
12.3;11.3 Personenzentrierte Medizin und Psychotherapie von Angststörungen;191
12.4;11.4 Translationale Forschung zur Steigerung der Effektivität von Psychotherapie bei Angststörungen;193
13;12 Somatoforme Schmerzstörungen: Theorie und Praxis;199
13.1;12.1 Einfu?hrung;199
13.2;12.2 Definitionen;199
13.3;12.3 Diagnostik;201
13.4;12.4 Häufigkeit chronischer Schmerzen;205
13.5;12.5 Kosten chronischer Schmerzzustände;206
13.6;12.6 Verlauf und Prognose somatoformer Schmerzstörungen;206
13.7;12.7 Schmerzmodelle – eine Auswahl;207
13.8;12.8 Therapeutischer Zugang;208
13.9;12.9 Begutachtung und versicherungsrelevante Aspekte;210
14;13 Burnout: psychiatrisches Leiden oder Modewort?;215
14.1;13.1 Einleitung;215
14.2;13.2 Begriffsbestimmung;216
14.3;13.3 Epidemiologie;217
14.4;13.4 Burnout aus medizinischer Sicht;218
14.5;13.5 Klinische Präsentation von Burnout;220
14.6;13.6 Risikofaktoren fu?r Burnout;222
14.7;13.7 Therapiestrategien;224
15;14 Schlafstörungen;233
15.1;14.1 Einfu?hrung;233
15.2;14.2 Methoden der schlafmedizinischen Diagnostik;234
15.3;14.3 Symptomatik und Therapie wichtiger Formen der Insomnie;237
15.4;14.4 Therapieprinzipien insomnischer Störungen;245
15.5;14.5 Symptomatik und Therapie wichtiger Formen der Hypersomnie;247
15.6;14.6 Symptomatik und Therapie wichtiger Formen der Parasomnien;250
15.7;14.7 Symptomatik und Therapie wichtiger Formen schlafbezogener Bewegungsstörungen;252
15.8;14.8 Zirkadiane Rhythmusstörungen;255
15.9;14.9 Zusammenfassung;256
16;15 Sexualtherapie – Sexualität im Fokus der psychotherapeutischen Behandlung;259
16.1;15.1 Sexualität – ein psychosomatisches Phänomen?;259
16.2;15.2 Wie Sexualität in den Fokus der Behandlung ru?ckt;260
16.3;15.3 Indikationsgebiete der Sexualtherapie;262
16.4;15.4 Die sexualtherapeutische Abklärung;265
16.5;15.5 Sexualtherapeutisches Vorgehen;271
16.6;15.6 Chancen und Grenzen somatischer Therapien;275
16.7;15.7 Zusammenfassung;276
17;16 Innen und Außen: Zur Psychosomatik und zur Bedeutung des Körpers fu?r die Kontrolle seelischer Spannungen bei Kindern und Adoleszenten;279
17.1;16.1 Neuroanatomie;279
17.2;16.2 Dynamisch-stukturale versus dimensionale versus kategoriale Diagnostik;280
17.3;16.3 Entwicklungsanalytische Überlegungen zum Innen und Außen (in Anlehnung an Winnicott);281
17.4;16.4 Alterität;284
17.5;16.5 Psychophysische Übergangsbereiche;284
17.6;16.6 Fallbeispiel;285
17.7;16.7 Fazit;286
18;17 Dissoziation bei Jugendlichen;287
18.1;17.1 Einleitung;287
18.2;17.2 Historische Perspektive: Von der Hysterie zur Dissoziation;287
18.3;17.3 Theoretische Modelle;288
18.4;17.4 Neurophysiologische Befunde;289
18.5;17.5 Dissoziative Störungen in der Klassifikation nach ICD-10 und DSM-5;290
18.6;17.6 Komorbidität und Differenzialdiagnose;292
18.7;17.7 Fallbeispiele;293
18.8;17.8 Behandlungsansätze;296
18.9;17.9 Fazit;299
19;18 Zwischen Psyche und Soma: Konsiliar-und Liaisonpsychiatrie als integrative Schnittstelle;303
19.1;18.1 Einleitung;303
19.2;18.2 Die Konsiliar- und Liaisonpsychiatrie: ein Modell fu?r die Zukunft;303
19.3;18.3 Konsiliar- und Liaison-Psychiatrie: Epidemiologie;307
19.4;18.4 Wichtige Krankheitsbilder im psychiatrischen Konsiliar- und Liaison-Dienst;307
19.5;18.5 Zusammenfassung;316
20;19 Psychosomatik: Schnittstelle zwischen Hausarztmedizin und Psychiatrie;321
20.1;19.1 Der „psychosomatische“ Patient in der hausärztlichen Sprechstunde;321
20.2;19.2 Der „psychosomatische“ Patient: Ein „schwieriger“ Patient?;324
20.3;19.3 Die Hausarztmedizin – Steckbrief einer medizinischen Fachrichtung;324
20.4;19.4 Der Hausarzt als Lotse;325
20.5;19.5 Der Hausarzt als geduldiger Motivator;326
20.6;19.6 Der Hausarzt als Arzt und Psychotherapeut fu?r psychosomatische Patienten;328
20.7;19.7 Die Psychosomatik in der Hausarztmedizin;330
21;20 Die gesellschaftlichen Kosten der psychosomatischen Krankheiten;335
21.1;20.1 Einleitung;335
21.2;20.2 Unterschiedliche Dimensionen der Krankheitskosten;336
21.3;20.3 Definitionen von psychosomatischen Krankheiten im Kontext von Krankheitskostenstudien;339
21.4;20.4 Kosten der psychosomatischen Krankheiten;341
21.5;20.5 Zusammenfassung;344
22;21 HWS-Distorsion aus dem Blickwinkel des Sozialversicherungs- und Haftungsrechts;347
22.1;21.1 Einleitung;347
22.2;21.2 Unfallversicherung;347
22.3;21.3 Invalidenversicherung;350
22.4;21.4 Haftpflichtrecht;353
22.5;21.5 Private Versicherungen;355
22.6;21.6 Beweisrechtliche Überlegungen;356
22.7;21.7 Entwicklungen;358
22.8;21.8 Konklusions-/Handlungsempfehlung;358
23;Sachwortregister;359


1 Historische Entwicklung der Psychosomatischen Medizin
Wolfgang Senf 1.1 Begriffe und Gegenstand
Der Begriff „psychosomatisch“ setzt sich aus den griechischen Worten psyche (Hauch, Atem, Seele) und soma (Körper, Leib) zusammen und kennzeichnete allgemein die leib-seelische Ganzheit des Menschen. Als wichtiger Gegenstand vieler Wissenschaften, insbesondere jedoch der Philosophie und Theologie, geht es dabei in der Heilkunde um die Dynamik der wechselseitigen Beziehungen zwischen den psychischen, körperlichen und sozialen Vorgängen in ihrer Bedeutung für Gesundheit und Krankheit. Psychosomatik erfasst somit nicht nur die somato-psychischen oder die psycho-somatischen Dimensionen von Krankheit und Gesundheit, sondern mit den sozialen Vorgängen ebenso die interpersonalen Beziehungen und damit auch die spezifischen Interaktionen zwischen Arzt und Patient. Gegenstand der Psychosomatische Medizin ist somit nicht alleine das psycho-somatische oder somato-psychische Geschehen im Subjekt, sondern auch ebenso seine Bezogenheit zu seiner Umwelt. 1.1.1 Holistisch und psychogenetisch
In der Psychosomatischen Medizin werden eine holistische und eine psychogenetische Perspektive unterschieden. In der holistischen Perspektive ist Psychosomatische Medizin eine prinzipielle Betrachtungsweise in allen Disziplinen der Medizin, die, so alt wie die Heilkunde selbst, nicht dem Körperlichen weniger, sondern dem Seelischen mehr Beachtung schenkt (Weiss & English 1943). Der Begriff holistisch geht zurück auf das griechische holos, das Ganze. Nach der holistischen psychosomatischen Auffassung sind bei j e d e r körperlichen Krankheit, also bei Krebs wie bei der Organtransplantation, bei Herzinfarkt wie bei Diabetes etc. die Krankheitsentstehung sowie der Krankheitsverlauf i m m e r auch von der psychischen Verfassung und von der psychischen Krankheitsverarbeitung des kranken Menschen abhängig. Aus der holistischen Perspektive ist Psychosomatische Medizin eine Wissenschaft von den Beziehungen biologischer, psychologischer und sozialer Determinanten, sowohl in Gesundheit wie auch bei jeder Krankheit, ein Zugang zur medizinischen Praxis, der den Einfluss psychosozialer Faktoren bei der Untersuchung, Prävention, Diagnostik und Behandlung aller Erkrankungen einbezieht eine klinische Tätigkeit im Zwischenbereich von Medizin und Verhaltenswissenschaft, was den Status einer Grundlagenwissenschaft beansprucht mit einem bestimmten Zugang zum Kranken, der für alle medizinischen Disziplinen von Bedeutung ist. Der psychogenetische Ansatz ist die Krankheitslehre von der psychischen (Mit-)Verursachung bestimmter Erkrankungen, bei denen psychische Faktoren maßgeblich und regelhaft für die Entstehung der Krankheit verantwortlich gemacht werden. Es liegen dann keine erkennbaren organischen Befunde (z.B. Infektion, Durchblutungsstörung am Herzen, Labor) vor, welche die Krankheitsentstehung aus dem somatischen Befund erklären. Ursache der Krankheit sind objektivierbare Störungen der psychischen Erlebnisverarbeitung, die zu gestörten körperlichen Funktionsabläufen und dadurch zu körperlichen Symptombildungen führen. Die krankhafte Störung der Erlebnisverarbeitung entsteht durch innerpsychische, meist unbewusste Konflikte und Fehlhaltungen infolge gestörter Entwicklungs- und Lernprozesse aus der gesamten lebensgeschichtlichen Entwicklung, die durch akute Konfliktsituationen aktiviert werden. Von einer seelischen Verursachung wird bei den folgenden Voraussetzungen ausgegangen: Es liegen keine organischen Ursachen vor, welche die Erkrankung in Entstehung und Verlauf erklären könnten. Ursachen der Erkrankung sind objektivierbare krankhafte Störungen der innerseelischen Erlebnisverarbeitung, die zu gestörten körperlichen Funktionsabläufen bzw. zu psychischen Symptombildungen führen. Ursachen für die krankhafte Störung der innerseelischen Erlebnisverarbeitung sind innerpsychische unbewusste Konflikte und Fehlhaltungen als Folge gestörter Entwicklungs- und Lernprozesse aus der gesamten lebensgeschichtlichen Entwicklung, die durch aktuelle auslösende Situationen aktiviert werden. Die Erkrankung ist nur durch psychotherapeutische Behandlungen ggf. in Verbindung mit somatischer Therapie zu beeinflussen. 1.1.2 Integriert oder eigenständig
Primär ist die Psychosomatische Medizin eine interdisziplinäre Perspektive in allen medizinischen Fachbereichen eben mit dem besonderen Fokus auf die Dynamik der wechselseitigen Beziehungen zwischen den psychischen, körperlichen und sozialen Vorgängen bei Gesundheit und Krankheit. Die psychosomatische Perspektive kann – oder sollte – von allen Ärzten in allen medizinischen Fachbereichen eingenommen werden. Insoweit gibt es auch die internistische, die gynäkologische, dermatologische etc. Psychosomatik mit eigenen Organisationsstrukturen. Erst sekundär bezeichnete der Begriff Psychosomatische Medizin auch ein mehr oder weniger eigenständiges medizinisches Fachgebiet. Hier bestehen sehr unterschiedliche Entwicklungen und aktuelle Strukturen in den Gesundheitssystemen verschiedener Länder. In Deutschland ist die Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ein eigenständiges medizinisches Fachgebiet, verankert in der Approbationsordnung für Ärzte zur Ausbildung von Medizinstudenten und in der Weiterbildung zum Erwerb des Fachgebietes Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. In den meisten anderen Ländern wird die Psychosomatik – wie sie dann oft bezeichnet wird – überwiegend von der Psychiatrie vertreten und von dieser als eines ihrer Teilgebiete reklamiert. Daraus entstehen vielfältige Konflikte, zumal heute auch die Psychologie mit der psychologischen Psychotherapie die psychosomatische Kompetenz in der medizinischen Versorgung für sich beansprucht. Ein wesentliches Argument ist dabei, dass die Psychotherapie eine wesentliche therapeutische Methode in der psychosomatischen Medizin. Merke Gegenstand der Psychosomatischen Medizin ist die leib-seelische Ganzheit des Menschen und dabei die Dynamik der wechselseitigen Beziehungen zwischen den psychischen, körperlichen und sozialen Vorgängen in ihrer Bedeutung für Gesundheit und Krankheit. Dabei geht es nicht nur um die psychisch verursachten körperlichen Erkrankungen (psychogenetische Perspektive), sondern um die innerpsychische und die soziale Dimension bei jeder Krankheit (holistische Perspektive). In Diagnostik und Therapie kommen psychotherapeutische Methoden zum Einsatz. Im Zentrum steht die Beziehung zwischen dem Kranken und dem Arzt. 1.1.3 Psychotherapie
Die Psychotherapie in allen ihren Ausprägungen ist die spezifische diagnostische und Behandlungsmethode für die Psychosomatische Medizin und ist deswegen eng mit ihr verbunden. Insoweit kann die Entwicklung der Psychosomatischen Medizin nicht unabhängig von der Entwicklung der Psychotherapie gesehen werden. Die Psychotherapie stellt wie die Psychosomatische Medizin eine Besonderheit in der Medizin dar, da Diagnostikum und Behandlungsmethode („Medikament“) die gezielte Anwendung von Kommunikation im Rahmen einer strukturierten psychotherapeutischen Beziehung ist (Senf et al. 2013), oder, in den treffenden Worten von Sigmud Freud, sind Worte das wesentliche Handwerkszeug der Seelenbehandlung. 1.2 Aus der Geschichte
Auch wenn es so scheint, als habe es die psychosomatische Perspektive, so wie wir Psychosomatische Medizin heute verstehen, in irgendeiner Weise schon immer in der Medizin gegeben, gibt es medizinhistorisch dafür keine belastbaren Belege. 1.2.1 Vorzeit
Zwar ließe sich für die leib-seelische Ganzheit des Menschen in Krankheit und Gesundheit schon Plato bemühen, der Sokrates im Dialog Charmides einen jungen Mann, der an Kopfschmerzen leidet, fordern lässt, dass, wenn es den Augen gut werden solle, man den ganzen Kopf und wenn es dem Kopf wieder gut gehen solle, man den ganzen Leib, und wenn es diesem wieder gut gehen solle, den Leib nicht ohne die Seele behandeln soll. Das gründet auf der Vorstellung, von der Seele gehe alles, also sowohl Gutes als auch Böses für den Körper und den ganzen Menschen aus. Auch die Psychotherapie kommt schon ins Spiel, da die Seele nur durch die guten Reden (logoi kaloi) zu heilen sei, wodurch Besonnenheit in den Seelen erwachse. (Nach Bräutigam 1992). Dass es aber im Altertum wirklich eine Psychosomatische Medizin gab, ist zu bezweifeln. Die Auseinandersetzung um das Leib-Seele-Problem ist von der Antike bis in die Neuzeit eine Domäne der Religion und...



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