E-Book, Deutsch, 656 Seiten
Böker / Seifritz Psychotherapie und Neurowissenschaften
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-456-95047-1
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Integration - Kritik - Zukunftsaussichten
E-Book, Deutsch, 656 Seiten
ISBN: 978-3-456-95047-1
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Kritische Integration der Sichtweisen von Neurowissenschaften und etablierten psychotherapeutischen Verfahren Die beeindruckenden Erkenntnisse der Neurowissenschaften ermöglichen einen vertieften Einblick in das Gehirn und beleuchten insbesondere zunehmend die Funktionsweise der Psychotherapie. Diese Entwicklung erweckt hohe Erwartungen auch bei praktisch tätigen Psychotherapeuten. Auf der anderen Seite mehren sich kritische Stimmen, die die Deutungskraft der 'farbigen Bilder' skeptisch hinterfragen. In diesem Spannungsfeld vermittelt dieses Buch einen Überblick über den aktuellen Dialog zwischen Psychotherapie und Neurowissenschaften. International anerkannte Experten stellen den Stand der bisherigen Forschung zu verschiedenen Psychotherapieverfahren vor und überprüfen die Ergebnisse im Hinblick auf ihre klinische Relevanz: Wo liegen die erkenntnistheoretischen Gründe für unterschiedliche Sichtweisen von Psychotherapie und Neurowissenschaften? Wie wirkt Psychotherapie auf neurobiologischer Ebene? Führen spezifische therapeutische Interventionen zu spezifischen Hirnveränderungen? Können mittels neurowissenschaftlicher Befunde Voraussagen über die Wirksamkeit von Therapien bei bestimmten Störungsbildern oder im Einzelfall gemacht werden? Welche therapeutischen Implikationen haben neurowissenschaftliche Erkenntnisse? Das Handbuch schlägt eine Brücke und bietet eine Plattform kritischer Auseinandersetzungen um Psychotherapie und Neurowissenschaften. Es zeigt erste Ansätze der Umsetzung neurowissenschaftlicher Erkenntnisse in der Psychotherapie auf, befördert einen sachlich-nüchternen Umgang mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen und endet mit einem Plädoyer für eine verantwortlich durchgeführte Neurowissenschaft, die ihre klinischen Folgewirkungen bedenkt.
Zielgruppe
Psychiater, Psychotherapeuten, Neurologen
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Psychiatrie, Sozialpsychiatrie, Suchttherapie
- Interdisziplinäres Wissenschaften Wissenschaften Interdisziplinär Neurowissenschaften, Kognitionswissenschaft
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Klinische und Innere Medizin Neurologie, Klinische Neurowissenschaft
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie
Weitere Infos & Material
1;Psychotherapie und Neurowissenschaften;1
2;Inhalt;6
3;Geleitwort;8
4;Vorwort;12
5;1 Einleitung;14
5.1;Literatur;49
6;Sichtweisen und Kontroversen;52
6.1;2 Neurobiologische Grundlagen psychotherapeutischer Prozesse;54
6.1.1;2.1 Entwicklung und Reifung;55
6.1.2;2.2 Neuroplastizität, Modularität, Repräsentation;62
6.1.3;2.3 Unbewusste Prozesse;66
6.1.4;Literatur;73
6.2;3 Die Psychoanalyse aus Sicht der Hirnforschung;74
6.2.1;3.1 Der Aufbau des Psychischen im Gehirn;75
6.2.2;3.2 Störungen in der psychosozialen Entwicklung und ihre neuronalen Korrelate;77
6.2.3;3.3 Was geschieht in der Psychotherapie?;79
6.2.4;3.4 Die Hanse-Neuro-Psychoanalyse-Studie (HNPS);80
6.2.5;Literatur;81
6.3;4 Möglichkeiten und Grenzen neurowissenschaftlicher Ansätze in der Psychiatrie: Eine neuropsychologische Perspektive;83
6.3.1;4.1 Neurowissenschaften und Psychologie – die historischen Wurzeln;83
6.3.2;4.2 Psychologie und Psychiatrie;86
6.3.3;4.3 Die neuen Inhalte;86
6.3.4;4.4 Mensch-Maschine-Interaktion;89
6.3.5;4.5 Probleme der Bildgebung;90
6.3.6;4.6 Quo vadis Bildgebung in Psychologie und Psychiatrie?;99
6.3.7;Literatur;101
6.4;5 Das Menschenbild zwischen Hermeneutik und Naturalismus;104
6.4.1;5.1 Infragestellungen des Subjekts;105
6.4.2;5.2 Die Hermeneutik des Selbst;109
6.5;6 Metaphern der Seele;116
6.5.1;6.1 Was meinen wir mit Es?;119
6.5.2;6.2 Theoriebildende Metaphern der Psychoanalyse und Metaphern in der therapeutischen Praxis;120
6.5.3;6.3 Der Analytiker als Bewässerungsingenieur;122
6.5.4;6.4 Die Quelle;122
6.5.5;6.5 Nicht Hölle, sondern Wüste: Neubewertung durch eine Metapher;123
6.5.6;6.6 Intuitives Verstehen;124
6.5.7;6.7 Die Suche nach der lebensgeschichtlichen Bedeutung von Metaphern in der Psychotherapie;126
6.5.8;Literatur;127
6.6;7 Ich bin depressiv – Ich habe eine Depression: Überlegungen zum epistemischen, experientiellen und therapeutischen Gehalt solcher Gegenüberstellung;129
6.6.1;7.1 Epistemologie;130
6.6.2;7.2 Die Position des Ich-Selbst zum Depressivsein;131
6.6.3;7.3 Therapie-Implikationen;132
6.6.4;Literatur;133
7;Zusammenhänge und Erklärungen;134
7.1;8 Evolution und Sozialorganisation;136
7.1.1;8.1 Darwins epochale Idee;136
7.1.2;8.2 San Marco und die evolutionäre Medizin;138
7.1.3;8.3 Sozialverhalten;143
7.1.4;8.4 Altruismus ohne Verwandtschaft;148
7.1.5;8.5 Soziobiologie – die Biologie sozialer Arten;149
7.1.6;Literatur;150
7.2;9 Prä- und postnatale Stresserfahrungen und Gehirnentwicklung;151
7.2.1;9.1 Sensitive Phasen und Entwicklungszeitfenster während der Gehirnentwicklung;152
7.2.2;9.2 Adaptive strukturelle Plastizität des Gehirns;153
7.2.3;9.3 Perinataler Stress als Ursache für veränderte oder «defekte» neuronale Netzwerke?;153
7.2.4;9.4 Epigenetische Mechanismen: Eine Ursache für stressinduzierte neuronale Fehlentwicklungen?;156
7.2.5;9.5 Wie können stress- und deprivationsinduzierte hirnfunktionelle Veränderungen wieder umgekehrt bzw. normalisiert werden?;157
7.2.6;9.6 Perinataler Stress und ADHS;158
7.2.7;Literatur;161
7.3;10 Beziehungserfahrungen, Bindung und seelische Gesundheit;166
7.3.1;10.1 Psychopathologie – ein Geschenk der Liebe?;166
7.3.2;10.2 Grundlagen der Bindungstheorie;166
7.3.3;10.3 Bindung, Empathie und Mentalisierungfähigkeit;170
7.3.4;10.4 Neurobiologie von Bindung und Empathie;171
7.3.5;10.5 Bindung und seelische Gesundheit;175
7.3.6;10.6 Bedeutung der Konstrukte für die therapeutische Beziehung;176
7.3.7;Literatur;180
7.4;11 Empathie: Wie können klinische Erfahrungen und Neurowissenschaften in Beziehung gesetzt werden?;182
7.4.1;11.1 Begriffsklärung Empathie;182
7.4.2;11.2 Einfühlungsvermögen in der Psychotherapie;185
7.4.3;11.3 Empathie in den Neurowissenschaften;193
7.4.4;11.4 Die gegenseitige Befruchtung und Ausblicke;198
7.4.5;Literatur;200
7.5;12 Selbstwahrnehmung und Emotionsregulation;202
7.5.1;12.1 Depressive Informationsverarbeitung;203
7.5.2;12.2 Emotionsregulation;206
7.5.3;12.3 Emotionen und Selbstreferenz;209
7.5.4;Literatur;214
7.6;13 Endophänotypen in der psychiatrischen Forschung – Brückenschlag zwischen Genetik und Psychopathologie?;217
7.6.1;13.1 Die Geschichte der Endophänotypen;218
7.6.2;13.2 Genetik der Schizophrenie;218
7.6.3;13.3 Endophänotypen der Schizophrenie;221
7.6.4;13.4 Erhoffter Nutzen des Endophänotypenkonzeptes;225
7.6.5;13.5 Kritik am Endophänotypenkonzept;225
7.6.6;Danksagung;230
7.6.7;Literatur;230
7.7;14 Belohnungssystem und Psychopathologie;235
7.7.1;14.1 Das Belohnungskonzept;235
7.7.2;14.2 Einfluss von Belohnung auf das Verhalten;236
7.7.3;14.3 Das zerebrale Belohnungssystem;239
7.7.4;14.4 Störungen des Belohnungssystems und Psychopathologie;241
7.7.5;Literatur;248
7.8;15 Psychotherapie und Neuroökonomie;254
7.8.1;15.1 Das neuronale Bewertungssystem;255
7.8.2;15.2 Substitution;256
7.8.3;15.3 Erwartung;258
7.8.4;15.4 Unsicherheit;260
7.8.5;15.5 Soziale Präferenzen;262
7.8.6;15.6 Zeitliche Präferenzen;265
7.8.7;15.7 Bekundete und wahre Präferenzen;269
7.8.8;Literatur;272
7.9;16 Das «Social Brain»;276
7.9.1;16.1 Vom Wurm zum sozialen Gehirn;277
7.9.2;16.2 Von primitiven Affekten und Trieben zu komplexen Emotionen;278
7.9.3;16.3 Verhaltensebene: Der Mensch, ein kooperativer, einfühlsamer Egoist;281
7.9.4;16.4 Neuronale Korrelate des sozialen Gehirns;283
7.9.5;Literatur;288
7.10;17 Die neuralen Korrelate von Psychotherapie;291
7.10.1;17.1 Methodik;292
7.10.2;17.2 Studien zur Untersuchung der neuralen Korrelate von Therapieeffekten;293
7.10.3;Literatur;305
8;Störungsbilder und Therapie;308
8.1;18 Emotion und Kognition bei depressiv Erkrankten;310
8.1.1;18.1 Kognitive Störungen bei Depressionen;311
8.1.2;18.2 Hirnstrukturelle Veränderungen bei depressiv Erkrankten;314
8.1.3;18.3 Hirnfunktionelle Veränderungen bei depressiv Erkrankten;315
8.1.4;18.4 Die zerebralen Korrelate von Psychotherapie und Psychopharmakotherapie:Top-down und Bottom-up;332
8.1.5;18.5 Die Bedeutung neurowissenschaftlicher Befunde für die Psychotherapie depressiv Erkrankter;333
8.1.6;Literatur;345
8.2;19 Stress und Depression;353
8.2.1;19.1 Neuroendokrine und genetische Grundlagen von Stress;353
8.2.2;19.2 Neuroendokrinologische und genetische Grundlagen der Depression;362
8.2.3;19.3 Therapeutische Perspektiven;369
8.2.4;Literatur;377
8.2.5;Abkürzungsverzeichnis;388
8.3;20 Neuronale Korrelate von Bindungsmustern bei depressiv Erkrankten;389
8.3.1;20.1 Bildgebung und Psychotherapie bei depressiven Patienten;389
8.3.2;20.2 Bildgebung und Bindungsforschung;394
8.3.3;20.3 Klinische Bindungsforschung und Depression;400
8.3.4;20.4 Entwicklung eines individualisierten Bindungsparadigmas zur Untersuchung depressionsrelevanter Veränderung im Kontext einer psychoanalytischen Behandlung;403
8.3.5;Literatur;412
8.4;21 Neurobiologische Effekte der Psychotherapie depressiver Störungen;415
8.4.1;21.1 Depressive Störungen;415
8.4.2;21.2 Psychotherapie der Depression;416
8.4.3;21.3 Wirksamkeit von Psychotherapie;417
8.4.4;21.4 Neurobiologie der Affektregulation;418
8.4.5;21.5 Neurobiologie und Psychotherapie;419
8.4.6;Literatur;423
8.5;22 Früherkennung psychotischer und bipolarer Störungen;425
8.5.1;22.1 Identifikation der Personen mit erhöhtem Psychoserisiko;426
8.5.2;22.2 Stellenwert der therapeutischen Beziehung;429
8.5.3;22.3 Gruppentherapeutische Ansätze in der präventiven Behandlung;430
8.5.4;22.4 Bipolare Störung oder Psychose – Gemeinsamkeiten und Unterschiede;432
8.5.5;Literatur;434
8.6;23 Bipolaritäten bei Schizophrenie;439
8.6.1;23.1 Einführung;439
8.6.2;23.2 Wernicke, Kleist und Leonhard;443
8.6.3;23.3 Das affektiv-bipolare Spektrum;455
8.6.4;23.4 Intermediäre Formen zwischen «bipolar» und «schizophren»;457
8.6.5;23.5 Neurobiologie und Dichotomie;459
8.6.6;Literatur;467
8.7;24 Neurobiologie und Psychotherapie der Borderline-Persönlichkeitsstörung;473
8.7.1;24.1 Symptomatik, Diagnostik und Klassifikation;473
8.7.2;24.2 Neurobiologische Befunde;477
8.7.3;Literatur;484
8.8;25 Neurobiologie und Psychotherapie der Angst- und Zwangsstörungen;487
8.8.1;25.1 Neurobiologie und Psychotherapie der Zwangsstörung;488
8.8.2;25.2 Neurobiologie und Psychotherapie der Angststörung;492
8.8.3;25.3 Chancen und Risiken der neurobiologischer Forschung und Sichtweisen für die Psychotherapie und vice versa;497
8.8.4;25.4 Psychotherapie und neurowissenschaftliche Grundlagenforschung: Verhaltenstherapeutische Exposition in Kombination mit D-Cycloser;498
8.8.5;Literatur;501
8.9;26 Neurobiologie und Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung;505
8.9.1;26.1 Stress, Trauma und physiologische Reaktionen;505
8.9.2;26.2 Trauma und Posttraumatische Belastungsstörung;507
8.9.3;26.3 Genetische und neurobiologische Befunde bei PTBS;509
8.9.4;26.4 Therapie der Posttraumatischen Belastungsstörung;515
8.9.5;Literatur;521
8.10;27 Neurobiologie und Therapie der Insomnie;525
8.10.1;27.1 Diagnostische Kriterien;525
8.10.2;27.2 Komorbidität von Depression und Insomnie;527
8.10.3;27.3 Neurobiologische Konzepte der Insomnie;528
8.10.4;27.4 Das kognitiv-behaviorale Modell der Insomnie;533
8.10.5;27.5 Neurobiologie der Regulation von Wachen und Schlafen;534
8.10.6;Literatur;537
8.11;28 ADHS bei Erwachsenen;539
8.11.1;28.1 ADHS bis gegen Ende des vergangenen Millenniums;539
8.11.2;28.2 ADHS nach dem Jahr 2000;542
8.11.3;28.3 Behandlungsansätze;544
8.11.4;Literatur;548
8.12;29 Neurobiologie und Psychotherapie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie;551
8.12.1;29.1 Lese-Rechtschreibstörung (LRS);552
8.12.2;29.2 Neurofeedbacktraining bei ADHS;555
8.12.3;29.3 Verhaltenstherapeutische Intervention bei Zwangsstörung im Kindes- und Jugendalter;557
8.12.4;Literatur;561
9;Perspektiven;566
9.1;30 Psychopathologie und die Identität des Faches Psychiatrie;568
9.1.1;30.1 Psychiatrie: Eine Geschichte von Kontroversen;568
9.1.2;30.2 Psychopathologie: Von der Grundlagenwissenschaft zur Randerscheinung?;571
9.1.3;30.3 Die fragile Identität der Psychiatrie heute;576
9.1.4;Literatur;580
9.2;31 Individualisierte Experimente in der neurowissenschaftlichen Psychotherapieforschung;582
9.2.1;31.1 Das Individuum in der Psychotherapie;582
9.2.2;31.2 Das Individuum in der Neurobiologie;584
9.2.3;31.3 Die Hanse-Neuro-Psychoanalyse-Studie;586
9.2.4;31.4 Weiterführung der Hanse-Neuro-Psychoanalyse-Studie;590
9.2.5;Literatur;591
9.3;32 Tiermodelle und translationale Forschung bei der Depression;594
9.3.1;32.1 Psychopathologien der Depression;595
9.3.2;32.2 Depressionsrelevantes Tierverhalten;597
9.3.3;32.3 Herangehensweisen an die Depressionsbehandlung;601
9.3.4;32.4 Anwendung von Tiermodellen der Depression in der Psychotherapie;605
9.3.5;Literatur;609
9.4;33 Neurowissenschaftlich basierte Therapie psychischer Störungen;612
9.4.1;33.1 Störungen der dopaminergen Neurotransmission bei Alkoholabhängigkeit und weiteren Suchterkrankungen;613
9.4.2;33.2 Dopaminerge Dysfunktion bei schizophrenen Patienten und ihre therapeutische Relevanz;616
9.4.3;33.3 Serotonerge Dysfunktion und affektive Störungen;618
9.4.4;33.4 Pharmakologische Augmentation der Expositionstherapie bei Angsterkrankungen;621
9.4.5;Literatur;623
9.5;34 Psychotherapie und Neurowissenschaften: Ein Blick in die Zukunft;626
9.5.1;34.1 Die Zukunft der neurobiologischen Erforschung von Psychotherapieeffekten;630
9.5.2;34.2 Personale versus neuronale Ebene;633
9.5.3;34.3 Erste-Person-Perspektive versus Dritte-Person-Perspektive;635
9.5.4;Literatur;637
10;Autorenverzeichnis;639
11;Sachregister;643
Allen Warnungen zum Trotz wurden diese Substantive immer wieder reifiziert, wodurch das psychoanalytische Es mit einer Fülle von Eigenschaften ausgestattet worden sei und «zum Homunkulus wurde». Trotz Freuds physikalistischer Sprache hätten ihn die anthropomorphisierenden Metaphern und sein Festhalten an der psychoanalytischen Untersuchungsmethode als einer rein tiefen-psychologischen Methode davor bewahrt, «dem substantivierten Es eine körperliche Substanz zu geben». Grundsätzlich seien theoriebildende Metaphern der Psychoanalyse von Metaphern in der therapeutischen Praxis zu unterscheiden. Der besondere Stellenwert der Metapher innerhalb des Kontextes von Psychoanalyse und psychoanalytischer Psychotherapie bestehe darin, dass durch das Einbringen einer Metapher ein gemeinsames – sprachliches, kontextbezogenes und kulturspezifisches – Hintergrundwissen aktiviert werde, das es PatientInnen und TherapeutInnen ermögliche, die spezifische Situation genauer zu explizieren und zu verstehen. So zeigte auch die empirische Psychotherapieforschung (anhand von Tonband-aufgezeichneten Stundenprotokollen), dass Therapeut und Patient im Unterschied zur Alltagskommunikation nicht der manifesten Bedeutung der metaphorischen Bilder verhaftet bleiben, sondern gemeinsam die latenten Bedeutungsgehalte, insbesondere auch die lebensgeschichtliche Bedeutung von Wörtern, Metaphern und Bildern herausarbeiten. Christian Scharfetter stellt Überlegungen an zum epistemischen, experientiellen und therapeutischen Gehalt der Gegenüberstellung: «Ich bin depressiv – Ich habe eine Depres sion». Er geht dabei aus von zwei kontrastierten Positionen des Subjektes, des «Ich-Selbst» zum eigenen Depressivsein: Mit der Aussage «Ich bin depressiv» wird das Depressivsein als – temporäre oder dauerhafte – Eigenschaft des eigenen Selbst erlebt. Mit der Aussage «Ich habe eine Depression» distanziert sich das erkennende Subjekt vom erkannten Objekt «Depression» (im Sinne einer «objektivierenden» Selbstund/oder Fremd-Diagnostik).
Ausgehend von der grundlegenden epistemologischen Unterscheidung von Erster-Person-, Zweiter-Personund Dritter-Person-Perspektive setzt sich Scharfetter insbesondere auch kritisch mit den impliziten Vorannahmen des jeweiligen Untersuchers auseinander, die auf unterschiedlichen erworbenen Schemata und Paradigmata (z.B. Kausalitätszuschreibungen statt Anerkennung von Korrelationen, Kulturrelativität von Normenvorstellungen) beruhen, gelegentlich als Doktrin übernommen werden und deren Kulturrelativität nicht bedacht oder hinterfragt wird. Im Hinblick auf die «mesokosmische» Alltagswirklichkeit hält Scharfetter die Anerkennung eines epistemischen Dualismus von Gehirn und Psyche für brauchbar und notwendig, um unzulängliche Prioritätensetzungen (z.B. «das Gehirn denkt, entscheidet, ist gestimmt ...») zu überwinden. Im Mittelpunkt steht dabei insbesondere auch die Frage der Erkenntnis und der Nähe des Erkennenden zum Erkannten: Die mit der Entwicklung von Kultur und Wissenschaften einhergehende Distanz von Subjekt und Objekt wirke sich dabei nicht zuletzt auch auf die Position des Ich-Selbst zum Depressivsein aus. Je besser der betroffene Mensch sich selbst kenne, um so eher sei er in der Lage, sein Depressivsein als zum Ich/Selbst gehörig – ego-synton – einzuschätzen. Somit ergeben sich zwei polare Positionen des Subjektes zum Depressivsein: Die Integration der Gestimmtheit als zum eigenen Wesen und zur individuellen Identität gehörig versus die Distanzierung des Depressivseins als fremdes Objekt.
Die solchermaßen skizzierte Polarität geht mit therapeutischen Implikationen einher: Sowohl Selbsthilfestrategien wie auch die Übernahme der Krankenrolle werden von der Einstellung zum Depressivsein mitbestimmt und sind abhängig von kulturellen Deutungen. Die Bereitschaft, leidvolle Lebensabschnitte (mit depressiver Verstimmung und Antriebsmangel) als Bestandteil individueller Lebenswirklichkeit zu akzeptieren, öffne das Subjekt für die integrierende Verarbeitung (Selbstakzeptanz inklusive Annehmen eigener Schwächen und Gefährdungen, Selbststeuerung und Selbstverfügung im Sinne eines Empowerments). Eine mitfühlend-verstehende-klärende Therapie könne schließlich auch zu einem «Lebenlernen» des Subjektes beitragen.
Paul Schmid-Hempel setzt sich zu Beginn des nächsten Kapitels («Zusammenhänge und Erklärungen») mit dem Zusammenhang von Evolution und Sozialverhalten in einer evolutionsbiologischen Perspektive auseinander. Er unterstreicht, dass die Vielfalt der Lebewesen und die teilweise erstaunlichen Anpassungsleistungen der Organismen an ihre Umwelt Resultat des Prozesses der Evolution durch natürliche Selektion (im Sinne Darwins) sind. Eine evolutionsbiologische Konstante des sozialen Lebens besteht dabei in der Balance zwischen Konflikt und Kooperation der jeweiligen Gruppenmitglieder. Enge Verwandtschaft erhöht die Wahrscheinlichkeit des Soziallebens, bestimmt dieses aber nicht ausschließlich. So kann insbesondere auch altruistisches Verhalten ohne Verwandtschaft evoluieren. In diesem «reziproken Altruismus» spielt Verwandtschaft keine direkte Rolle. Die große Bedeutung dieser evolutionsbiologischen Voraussetzungen der Entwicklung von Sozialverhalten trägt nicht zuletzt auch zu der Vermutung bei, dass diese Art des Altruismus und der Kooperation ein wesentlicher Grund für die Entwicklung des Bewusstseins im Laufe der Evolution gewesen sein könnte.
Schmid-Hempel streift die SoziobiologieDebatte, in deren Rahmen die Erkenntnisse zur Biologie sozialer Arten in ideologisierender Weise verzerrt wurden. Er unterstreicht, dass Sozialverhalten und Kooperation in der Folge überlappender Generationen die Tradierung von Informationen an die nächsten Generationen außerhalb der «klassischen Vererbung durch Gene» ermöglicht. Das Grunddilemma jeder Sozialorganisation bestehe in der notwendigen Balance zwischen Kooperation und Konflikt, die sich durch die gesamte belebte Welt und alle ihre Stufen hindurch ziehe. An dieser Stelle lässt sich auch an das Prinzip der Bipolarität denken, das auf verschiedene Weise konzeptualisiert wurde (vgl. den Beitrag von Strik und Müller in diesem Buch oder den Antagonismus von Autonomie und Abhängigkeit in der Schizophrenie bzw. das Dilemma von Selbstwerthaftigkeit und Objektwerthaftigkeit in der affektiven Psychose im Sinne von Mentzos, 2009).
Der evolutionsbiologische Exkurs von Schmid-Hempel unterstreicht, dass die Wirkungsweise der natürlichen Selektion nicht automatisch nur zu aggressiver Konkurrenz führt, sondern zu einem «filigranen Netzwerk sozialer Interaktionen». Im Hinblick auf die Konzeptualisierung komplexer Phänomene (wie z. B. Angst und Depression) ist es wichtig, das Bewusstsein offen zu halten für die evolutionsbiologische Dimension der Entwicklung sozialer Interaktionen.
Jörg Bock und Katharina Braun gehen dem Einfluss präund postnataler Stresserfahrungen auf die funktionelle Entwicklung des Gehirns nach. Auf der Grundlage tierexperimenteller Studien untersuchen sie die Frage, wie die Bildung und Reifung von Nervenzellen mit ihren komplexen synaptischen Verschaltungen von perinatalen Umwelteinflüssen, insbesondere präund postnatalen Stresserfahrungen, beeinflusst wird. Im Verlauf der funktionellen Hirnreifung sind für jede Hirnregion charakteristische «sensible» oder «kritische» Zeitfenster von Bedeutung. Erfahrungsinduzierte synaptische Veränderungen sind demnach nicht nur von der Qualität und Dauer der jeweiligen Erfahrungen abhängig, sondern insbesondere auch vom Zeitpunkt, an dem diese Erfahrungen gemacht werden. Akute und chronische Stresserfahrungen führen zu strukturellen neuronalen Veränderungen (z.B. Abnahme der Länge und Komplexität neuronaler Dendriten, Abnahme der Synapsendichte und gestörte Neuroneogenese) insbesondere in den Regionen des limbischen Systems und im Präfrontalkortex. Eine Phase verminderter Responsivität auf Stress («stress hyporesponsive period», SHRP) der HPA-Achse (Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren [hypothalamus pituitary adrenal] Achse) dient dabei offensichtlich dazu, das noch unreife Hirn in frühen Entwicklungsphasen vor den schädigenden Einflüssen hoher Konzentrationen an Stresshormonen zu schützen. Bei den beschriebenen Befunden zur erfahrungsgesteuerten synaptischen Reorganisation handelt es sich sehr wahrscheinlich um ein allgemeines Entwicklungsprinzip bei Säugetieren.
Von herausragendem Interesse sind die geschilderten epigenetischen Mechanismen (d.h. stabile, erbliche Veränderungen der Genexpression, die nicht in der DNA-Sequenz selbst kodiert sind) als mögliche Ursache für stressinduzierte neuronale Fehlentwicklungen. Im Hinblick darauf, dass epigenetische Prozesse im Zusammenhang stehen mit neurodegenerativen Erkrankungen und verschiedenen psychiatrischen Störungen, eröffnet sich ein bedeutsames Forschungsfeld, nicht zuletzt auch hinsichtlich der Frage, ob und inwieweit die mit steigendem Lebensalter nachlassende Synapsenplastizität noch Korrekturmöglichkeiten eines durch frühe Stresserfahrungen fehlentwickelten neuronalen Netzwerks zulässt. Zahlreiche Befunde weisen darauf hin, dass z. B. mittels einer Behandlung mit Antidepressiva die stressinduzierte dendri tische Atrophie hippocampaler Neurone ausgeglichen werden kann. Kompensatorische Interventionen im Tierversuch (Handling der Jungtiere) führen zudem zu einer teilweisen Normalisierung sowohl des Verhaltens wie auch der neuronalen Parameter (z.B. Dendritenlänge und Spinesynapsendichte). Auf dieser Grundlage lässt sich vermuten, dass ein günstiges psychosoziales Umfeld wie auch geeignete psychotherapeutische Interventionen zu einer Normalisierung bzw. Umkehrung stressund deprivationsinduzierter hirnfunktioneller Veränderungen beitragen können. Die Bedeutung von perinatalem Stress und die Möglichkeit therapeutischer Interventionen werden anhand eines neuen Tiermodells exemplarisch dargestellt. Positive wie auch negative Umwelteinflüsse während perinataler Entwicklungsphasen sind von wesentlicher Bedeutung für die funktionelle Reifung des Gehirns und somit auch für die Entwicklung geistiger und psychischer Fähigkeiten. Ungünstige Umweltbedingungen (Stress, emotionale Deprivation) lassen sich als hirnbiologische Basis für die spätere Entstehung psychosozial induzierter psychischer Erkrankungen(Depression,Angsterkrankungen, ADHS) auffassen. Die Ergebnisse entwicklungsneurobiologischer Studien, welche die Wechselwirkungen zwischen den endogenen, genetisch determinierten und den exogenen, umweltinduzierten Faktoren mit Blick auf die neuronale Modulation des synaptischen Plastizitätspotenzials genauer untersuchen, sind auch im Kontext von Gesundheitsund Sozialpolitik von großer Relevanz. Dabei lässt sich beispielsweise an die sozialmedizinischen Konsequenzen der Untersuchungen des Ehepaares Robertson in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Großbritannien denken: Die damals objektivierten Folgen der Trennungsvulnerabilität von Kleinkindern trugen nicht zuletzt auch zu konkreten gesetzlichen Konsequenzen und der Forderung kontinuierlicher Betreuung von Kleinkindern…