Bogenstahl / Junge | Datengrab | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 493 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 190 mm

Reihe: Pegasus ermittelt

Bogenstahl / Junge Datengrab

Pegasus ermittelt
Veränderte Neuauflage 2021
ISBN: 978-3-947848-37-9
Verlag: Ruhrkrimi-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Pegasus ermittelt

E-Book, Deutsch, 493 Seiten, Format (B × H): 120 mm x 190 mm

Reihe: Pegasus ermittelt

ISBN: 978-3-947848-37-9
Verlag: Ruhrkrimi-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Machtmissbrauch, Datensicherheit, Universitätsfilz
– das Fernsehteam PEGASUS ermittelt wieder.
Für Kameramann Klaus-Ulrich Mager kommt es doppelt hart. Im ehemaligen Kleingarten seiner Eltern wird eine skelettierte Leiche gefunden und sein Vater ist der Hauptverdächtige. Das schädigt nicht nur den Ruf der Familie, sondern sorgt vor allem für Probleme im Job. Magers Mitarbeit beim Fernsehteam PEGASUS steht vor dem Aus.
Zeitgleich ermittelt Sohn Kalle mit Freundin und IT-Expertin Simone am Kopula-Institut der Uni Duisburg-Essen: Wo ist die Doktorandin Lea Bennsdorf? Schnell zeigt sich, dass an dem renommierten Institut nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Beim Fleddern alter Datengräber schrecken Kalle und Simone einen mächtigen Gegner auf – und plötzlich müssen sie um ihr eigenes Leben fürchten.

Bissig, witzig, hintergründig!

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Montag
1
»Fleißiger Mann!« Ächzend richtete sich Matthias Kestermann zu seiner vollen Größe von eins dreiundneunzig auf, rieb sich den schmerzenden Rücken und sah seiner Frau entgegen, die über den Gemeinschaftsrasen des Vierfamilienhauses zu ihm heranstiefelte. In der schmalen Furche, die das heilige Grün hinter der Pulverstraße 13 vom privaten Grabeland trennte, blieb sie stehen und begutachtete sein Zerstörungswerk. Zwischen den Obstbäumen, an denen sich zögernd die ersten Blättchen entfalteten, türmten sich die Reste einer altersschwachen Laube. Hier stapelten sich schiefe Gartenmöbel aus Holz, Draht und Plastik, dort sah man zwei Regale, die noch auf die Säge warteten, ein Stückchen weiter häuften sich alte Zeitungen aus den Sechzigern und Siebzigern. Gleich daneben gab es rostige Spatenblätter und Harken, die an morschen Stielen hingen, halb verrottete Arbeitsschuhe und lehmige Stiefel. Behalten würde er lediglich die drei alten Ölfässer, in denen bereits die Vorgänger das vom Dach tropfende Regenwasser gesammelt hatten. Den größten Stapel bildeten die Bretter, Latten und Balken des Daches und der Seitenwände, aus denen Kestermann noch jede Menge verbogene Nägel ziehen musste. Und daneben ruhten ein ausgedienter Toilettentopf aus Porzellan und etliche Streifen geteerter Dachpappe. »Mein lieber Scholli«, sagte Caro. »Da hat morgen aber jemand einen richtigen Muskelkater. Möchtest du ein Bier?« Zögernd musterte Kestermann die dargebotene Flasche. Das würde ganz schön zischen. Doch dann schüttelte er den Kopf. »Lieber nicht. Nach dem ersten Schluck falle ich tot um. Und das da muss ich noch schaffen, bevor es dunkel wird.« Er deutete auf ein leicht buckliges Rechteck, das von mehreren Schichten Linoleum bedeckt war. »Darunter liegt noch der alte Bretterboden. Jede Menge morsches Holz. Mit einem Brecheisen ist das aber ein Klacks!« »Was ist mit den Fliederbüschen?« »Die bleiben stehen. Die Obstbäume natürlich auch. Sind kerngesund und tragen noch.« Nachdenklich blickten die Eheleute auf den Garten. Die Bretterbude war die Flickschusterei eines ungeübten Handwerkers, aber Bäume, Büsche und Beete zeugten von einer gärtnerisch durchdachten Anlage. »Meine Güte«, sagte Caro. »Wie viele Tausend Stunden Arbeit stecken wohl in diesem Stückchen Land?« Matthias Kestermann nickte, drehte sich zu dem Wohnhaus um und musterte den Balkon im ersten Stock, der nun ihnen gehörte, genau wie der Garten, in dem sie standen. Das Ehepaar, das über vierzig Jahre dort gewohnt und fast die ganze Zeit über diesen Boden bearbeitet hatte, war tot – und sie selbst hatten das Glück gehabt, die Wohnung mieten und den Garten pachten zu können. Ob die wirklich von oben zusehen können, was wir heute mit ihren Hinterlassenschaften anfangen? Er lächelte und deutete auf die anderen Parzellen Grabeland, die sich nach Süden bis zur Hauptstraße und nach Norden bis zu einem alten Bauernfriedhof aneinanderreihten. In einigen von ihnen sah man die gebeugten Rücken mehrerer Hobbygärtner, die wie er bei den ersten schönen Tagen des Jahres 2012 mit der Frühjahrsarbeit begonnen hatten. Hin und wieder hatten sie neugierige Blicke herübergeworfen und sein Tun verfolgt. »Wie auch immer«, sagte er. »Die Nachbarn passen schon auf, dass der Garten nicht verwildert. Und in einer Stunde ist es dunkel.« »Ich koche uns was Schönes«, sagte sie, küsste leicht seinen kurzen schwarzen Urlaubsbart und ging zum Haus zurück. Sein Blick folgte ihr, bis erst ihre immer noch schlanken Beine, danach ihre etwas fülligeren Hüften und zum Schluss ihre braunen Locken auf der Treppe zum hinteren Kellereingang verschwunden waren. Seine Frau! Ein tolles Weib. Dann spuckte Kestermann in die Hände und nahm den Fußboden in Angriff. Mit einem Teppichmesser zerlegte er das brüchige Linoleum in annähernd gleich große Stücke, die er dann von der nächsten Schicht des Belags und endlich vom Fußboden abreißen und zur Seite werfen konnte. Die Bretter bestanden, wie erwartet, aus morschem Holz verschiedener Sorten, Längen und Stärken. Flickwerk wie der gesamte Bau. Endlich griff er zum Brecheisen und löste die Dielen von den fünf, nein sechs Querbalken, auf denen die gesamte Hütte geruht hatte. Die lehmige Erde in den Hohlräumen war mit einer Unzahl von Mäusekötteln überzogen, zwischen denen ein paar Kieselsteine glänzten. Die Katzen aus den nahen Wohnhäusern verloren gerade eines ihrer schönsten Jagdreviere. Schon wollte er sich abwenden, als ihm etwas auffiel: Die Kieselsteine lagen insgesamt zwar wie zufällig ausgestreut auf dem lehmigen Boden, bildeten aber bei genauerer Betrachtung zwischen den mittleren Balken ein schmales, fast zwei Meter langes Rechteck. Eine düstere Vision schlich sich in seinen Kopf. »O nein, bitte nicht!« Sein Ausruf lockte eine betagte Frau aus dem Nachbargarten herbei. Der gekrümmte Rücken und die Falten in ihrem Gesicht deuteten auf ein Leben voller Arbeit hin, das schmantige Weißhaar auf mangelnde Pflege. Doch geistig war sie immer noch hellwach. Aufmerksam sah sie zu, wie der junge Nachbar den Kies zur Seite schaufelte. Nach und nach tauchten die Reste eines Müllsacks und ein paar Stofffetzen auf. Und dann …   Vorsichtig stieg die Frau über die Balken und schaute in das Loch. »Ach, du lieber Gott«, rief sie und presste erschrocken die Hand aufs Herz. »Wenn das mal nicht die Silke ist!« 2
Es war jetzt zwei Tage her, aber Simone Olsok war noch immer sauer. Sie hatte im Kellergang gestanden und den nassen Aufnehmer zurück in den Wischeimer geklatscht. »Frau Langmann. Ihnen auch einen wunderschönen guten Tag. Was habe ich diesmal Schlimmes verbrochen?« Vor ihr stand eine der Nachbarinnen aus dem Erdgeschoss und hielt ihr ein kleines Holzschild mit der Aufschrift Schneeräumdienst vor die Augen. »Frau Olsok, können Sie lesen?« »Sogar in Ihrem Gesicht, Frau Langmann. Sie sind mal wieder zornig, stimmt’s?« »Wütend bin ich. Sehr wütend sogar! Wie können Sie es wagen, mir jetzt schon dieses Schild an die Tür zu hängen?« Grundgütiger, dachte Simone, spinnt die? Sie fragte zur Sicherheit noch einmal nach: »Hätte ich bis zum Mittag warten sollen?« Eine Sekunde rang die Xanthippe um ihre Fassung, aber dann spuckte sie ihr Anliegen aus: »Sie haben weder gestern noch heute Schnee geräumt!« »Stimmt. Ich habe gestern vor der Arbeit und heute an meinem freien Tag jeweils um sieben Uhr morgens Salz gestreut, weil der Weg vor diesem schönen Haus mit einer dünnen Eisschicht …« »Sie geben es also zu!«, triumphierte die Alte. »Es war gar kein Schnee da. Sie haben auch nichts geräumt, sondern nur gestreut! Das reicht aber nicht!« Sim war nun ernsthaft verwirrt. »Nicht?« »Nein. Das könnte Ihnen wohl so passen, wenn Sie mit fünf Minuten Salzstreuen davonkämen. Und wir sollen dann Ihren Schnee wegschippen, wenn es wieder richtig schneit, stimmt’s? Eine Unverschämtheit ist das. Eine Unverschämtheit!« »Verstehe ich Sie richtig: Wenn es mal einen ganzen Winter lang nicht schneit, sondern immer nur etwas Eis vor der Tür liegt, soll ich jeden Morgen raus – bis es endlich mal …?« Die Alte ließ sie gar nicht ausreden, sondern stemmte, ihre vom Ohnsorg-Theater abgeschaute Lieblingspose, die dünnen Arme in ihre Hüften. »Hören Sie, Frau Olsok: Wir alle hier im Haus haben viel, nein, sehr viel Geduld mit Ihnen gehabt. So geht das nicht. Jeder Mieter hat seinen Anteil an Pflichten zu erledigen. Auch Sie!« Die Alte stach ihren knochigen Zeigefinger in Simones Brust. »Sie, Sie sind …« Sim trat einen Schritt zurück, doch die Gegnerin ging wie mit einem Florett zur Attacke über. Ihr war, als hätte sie eine Ohrfeige bekommen. Im Reflex schlug sie die Hand der Hexe von ihrem Busen weg. Dabei flog das Holzschildchen, das die Angreiferin noch in den Fingern hielt, gegen eine Wand und landete mit einem vorwurfsvollen Klappern auf dem grauen Beton. »Geht’s noch?«, schrie Simone. »Fassen Sie mich nicht noch einmal an. Sonst hacke ich Ihnen die Hand ab!« Schockiert wich die Alte zurück. Das hatte es in diesem Haus noch nicht gegeben. Sie flüchtete zu ihrer Wohnungstür und rief mit zeternder Stimme durch den Hausflur: »Das hat ein Nachspiel! Das sag ich alles dem Gregor!« Dann schlug die Tür mit einem Krachen zu. Simone hatte einen Puls von zweihundert und zitterte vor Wut. Die können mich alle mal, dachte sie. Dann kippte sie entschlossen das Wischwasser in den Ausguss. Es reichte. Das war nun gerade zwei Tage her – aber so ähnlich waren schon die letzten sechs Jahre verlaufen, die Simone in diesem ehrenwerten Haus wohnte. Keine Woche verging, ohne dass eines der vertrockneten Weiber ihr das Leben schwer machte. Und seitdem Kalle häufig bei ihr übernachtete, verspritzten sie ihr Gift fast täglich. Anfangs war es noch halbwegs witzig gewesen, über diese unfruchtbaren Ziegen zu lästern oder sie mit einer ironischen Bemerkung geistig zu überfordern. Doch es war, als ob Simone und Kalle gegen Windmühlen kämpften, und der anfängliche Spaß war dem Frust gewichen. Denn im Hintergrund lauerte Gregor, der Hauswirt, der seinen Kampfhunden jede Unterstützung gab. Als Simone von der Arbeit nach Hause kam, steckte ein neuer Brief von Gregor im Kasten. Sie widerstand der Versuchung, ihn sofort zu lesen, sondern packte erst die Einkäufe in den Kühlschrank, setzte Teewasser auf, zog sich etwas Bequemes an und gönnte sich ein Schlückchen feinsten Portweins. Nun war sie bereit. Sehr geehrte Frau...


Junge, Reinhard
Der Autor wurde 1946 in Dortmund geboren: Er studierte in Bochum und machte sein Referendariat in Hattingen. Trotz Berufsverbot wurde er per Arbeitsgerich und dank großer Solidarität als Angestellter in den Schuldienst übernommen und arbeitete von 1979 bis 2012 an einer Schule in Wattenscheid.
Er schrieb 13 Kriminalromane, 6 zusammen mit Leo P. Ard und zwei mit Christiane Bogenstahl. Hinzu kommen zahlreiche Kriminalstorys und Hörspiele.

Bogenstahl, Christiane
Die Autorin wurde 1973 in Bochum-Wattenscheid geboren und studierte Deutsch und Pädagogik in Bochum. Nach dem 1. Staatsexamen schulte sie zur Fachinformatikerin um. Nach mehreren Jobs im Bereich der IT wurde sie 2013 IT-Projektleiterin.
Seit 2014 schriftstellerische Tätigkeiten, davon 2 Romane zusammmen mit Reinhard Junge.



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