Braun | Das Feuer des Eros | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Braun Das Feuer des Eros

Platons Erbe und die Leidenschaft des Fortschritts
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7407-5550-8
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Platons Erbe und die Leidenschaft des Fortschritts

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-7407-5550-8
Verlag: TWENTYSIX
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Mit viel Humor wirft Bernhard Braun einen flotten und anekdotenreichen Blick auf die Entstehung der modernen Welt: Demokraten gegen Aristokraten, Tyrannen und Diktatoren mit ihren Problemen, die Aufklärung und ihre Verächter, die Ingredienzien von Fortschritt und Globalisierung - dies alles spielte sich bereits im antiken Athen ab. Das Buch über den Rausch des Fortschritts ist zugleich eine kurzweilige Einführung in das Denken des großen Philosophen Platon.

Bernhard Braun, geboren 1955, arbeitet am Institut für Christliche Philosophie an der Universität Innsbruck und in der Erwachsenenbildung. Seine Arbeitsgebiete sind Philosophie- und Ideengeschichte, Kunstphilosophie und Ästhetik.

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EROS AUS DEM ORIENT
Woher kommt denn dieser Eros, von dem hier die Rede sein soll? Gewiss, es gibt die Erzählung, Eros sei das geflügelte pausbäckige Bürschchen, das der Verbindung von Ares und Aphrodite entsprang. Aber das ist eine späte Geschichte. Sie ist durch die Hände von Redakteuren der Zeitungen mit den großen Lettern gegangen und da bleibt von den Sachen, wie sie wirklich sind, bekanntlich nicht mehr viel übrig – als eben ein paar große Flecken von Druckerschwärze auf unschuldigem Papier. Solcher Boulevardversion bedienten sich viele Maler vor allem jene des Barock und machten aus diesen Eroten christliche Engel, die wohlgenährt in verspielter Zweideutigkeit die Wolken des Himmels bevölkern. Eros vielleicht aus der Hand des Praxiteles aus dem 4. Jh. v. Chr. in einer röm. Kopie aus dem 2. Jh. n. Chr.
Museo Archeologico Nazionale di Napoli Nein, spannend an der ursprünglichen Figur des Eros ist, dass sie zurückreicht in die Anfänge des Griechentums. Sagen wir einmal, in die Zeit, als die Träger einer indogermanischen Sprache in jene Wohnsitze einwanderten, die wir heute als griechisch bezeichnen. Das ereignete sich so gegen 2000 bis 1500 vor Christus. Dann verlieren sich die Spuren im dunklen Nebel. Aber keine Kultur hat sich konstituiert wie eine Ges.m.b.H. mit Eintragung ins Handelsregister und gleichzeitiger Wahl von Vorsitzendem, Schriftführer und Kassier. Eros mit Opferschale und einem Korb, der für Demeter- und Athena-Feste verwendet wurde. 4./3. Jh. v. Chr.
Museo Archeologico Nazionale di Taranto Zudem sind durchaus nicht alle Forscher davon überzeugt, dass der Eros eine so alte Herkunft hat. Ich gehe die Geschichte daher etwas vorsichtiger an und orientiere mich an einer Erzählung über die Entstehung von Welt und Göttern, man nennt das Kosmogonie (von ???es??/genesis, das Werden des Kosmos), wie sie uns aus Textfragmenten eines alten Mysterienkultes, der Orphik, überliefert ist. Die Orphik beruft sich auf den legendären Sänger und Mysten Orpheus. Er soll aus Thrakien stammen, einem Gebiet an der Nordküste des Schwarzen Meeres. Obwohl die Thraker Indogermanen waren, hatten sie bei den Griechen immer ein wenig den Geruch des Orientalischen. Das rief gleichermaßen Schaudern wie heimliche Bewunderung hervor. Das Orientalische war das Fremde und Andere, von dem man sich als eigene Kultur abgrenzen wollte. Andererseits waren die Thraker alt, viele Erbstücke flanierten in der griechischen Kultur herum und aus den alten Mythen spricht eine unverhohlene Nostalgie zur guten alten Zeit zu uns. Die Einstellung zum Orient war so ambivalent, dass sie die Gesellschaft regelrecht spaltete. Unter den gebildeten, wohlhabenden und weltläufigen Schichten gab es viel Bewunderung für die große Kultur. Besonders geschätzt wurden die Luxusprodukte aus dem Orient in Ionien, also in den Koloniegebieten an der Westküste Kleinasiens. Dort pflanzte man schon um 600 vor Christus Pfirsichbäume aus China (seit der Ausgrabung eines Pfirsichsteins in Samos wissen wir das!). Der Pfirsich war als malum Persicum, als «persischer Apfel», über Persien ins Land gekommen. Die Damen in den ionischen Städten rissen sich nach den orientalischen Parfüms. Durch einen bunten süßen Obstgarten konnte man sich da an einer Bushaltestelle hindurchschnuppern. Diese Parfüms waren auch in Athen begehrt, ebenso wie die bunten Farben der zeitgenössischen Mode. Zudem gab es in Ionien einen neuen Baustil mit verspielten Säulen-Kapitellen (man sprach von der ionischen Säulenordnung) und viel Schmuck an den Bauwerken – ähnlich bunt bemalt wie die Farbe der Kleidung. Orpheus singt den wilden Tieren. Tischaufsatz aus Ägina. 4. Jh. v. Chr.
Byzantine & Christian Museum Athen Damit hier kein Missverständnis entsteht: Die Griechen kannten keinen Begriff des Orients in unserem Sinn. Sehr wohl sprach man aber von «Asien» und meinte damit Persien. Das war nun besonders heikel. Die Perser waren die Erzfeinde der Griechen. Trotzdem bewunderten nicht wenige in den griechischen Städten ihre feine Kultur. Doch die öffentliche Zur-Schau-Stellung des als luxuriös und hedonistisch verschrienen Lebensstil des Orients war nicht unproblematisch und wurde durchaus als Anschlag auf die patriotische Strategie der eigenen griechischen Identität gewertet. Dem Pausanias, spartanischer Oberbefehlshaber des vereinigten griechischen Heeres bei der siegreichen Schlacht von Platää über die Perser im Jahr 479 v. Chr., fiel der gesamte Hausrat des persischen Großkönigs Xerxes I. in die Hände. Er ließt prompt von den persischen Köchen ein reichhaltiges Mahl zubereiten, es auf dem goldenen Geschirr servieren, das Xerxes auch auf seinen Kriegszügen dabei hatte, rief dann die Griechen zusammen und führte ihnen den Luxus vor Augen: Hellenen! Seht her, weshalb ich euch rufen ließ. Ich wollte euch dieses Perserhäuptlings Torheit zeigen, der so üppig lebt und doch zu uns kommt, um uns Arme zu berauben. Berichtet hat uns das Herodot. Alkibiades wurde durch einen Ostrakismos (was das ist, erkläre ich später) von der Bevölkerung ins Exil geschickt, unter anderem deshalb, weil er seine Hochschätzung der Kultur der Perser geradezu provokant vorlebte. Als ein Jahrhundert später die Makedonen Griechenland beherrschten, gab es in allen größeren Städten perserfreundliche Fraktionen und Alexander bekam es bei seinem Zug nach Osten, der zunächst der «Befreiung» ionischer Städte aus dem persischen Joch diente, mit Tausenden von griechischen Söldnern in persischen Diensten zu tun. So manch einer in Athen mag insgeheim gehofft haben, dass die Perser mit den Griechen in ihren Reihen den Erfolgstrip des Makedonen stoppen können. Aber diesen Gefallen ließ Alexander nicht zu. Noch in römischer Zeit konnte es Ärger geben, wenn man Zeitgenossen einen asiatischen Lebensstil vorwarf. Heute ist es andersrum. Die erzkonservativen Priester der orthodoxen Kirche in Russland (die nie eine Aufklärung, nicht einmal eine Scholastik aushalten musste) schauen fassungslos auf die aufgeklärte Gesellschaft im Westen und polemisieren gegen diese Ausgeburt von Dekadenz, Luxus und Atheismus. Daher konnten sie, ohne Scham zu empfinden, die Waffen segnen, mit denen Russland auf ukrainischem Boden gegen «den Westen» ins Feld zog. Doch zurück zu Orpheus. Er kam also aus zwielichtiger Gegend und es kursierte eine Menge von Geschichten über ihn. Er soll mit seiner Musik wilde Tiere besänftigt, Steine zum Weinen und Flüsse zum Rückwärts-Fließen gebracht haben. Sein offenbar friedensstiftendes Wesen hat ihn in frühchristlicher Zeit zu einem Typus für Christusdarstellungen gemacht. Bekannt ist die Geschichte, wie Orpheus seine Eurydike aus dem Hades zurückholen wollte, was aber in letzter Minute misslang, weil er sich verbotenerweise um sie umdrehte. Aber auch da sind wir wieder bei Boulevardversionen, allerhand Geschichten, die ihm nachträglich angedichtet wurden und die dann Künstler und Komponisten reich ausgestalteten. Orpheus mit Lyra und phrygischer Mütze. Fußbodenmosaik aus dem 5. Jh. v. Chr., das 1901 beim Damaskus-Tor in Jerusalem gefunden wurde.
Archäologisches Museum Istanbul Bleiben wir daher möglichst nahe am Ursprung und wenden uns wieder dem orphischen Mysterienkult zu, auch wenn die Texte dazu spärlich sind. Solche Kulte, die mit den Erfahrungen der Zyklen des Lebens und damit auch der Sesshaftwerdung zu tun haben, gab es mehrere. Anliegen war stets die Pflege der Seele für eine gute Reise ins Jenseits. Bei Homer, der in seinen frühen Epen Kultur- und Religionsstiftung betrieb, sah das Jenseits aus wie ein muffiger, verschimmelter Keller voll von Spinnweben und Ratten. Die Mysterienkulte gestalteten die Sache doch deutlich freundlicher und hoffnungsvoller. Mit der Einweihung in die Mysterien konnte man sich das Weiterleben der Seele sichern und das ist doch immerhin etwas. Der im Alter unbarmherzig dahinsiechende Körper wird ohnehin eher eine Last als dass er noch eine Quelle der Freude wäre. Von einem Mysten von Eleusis, einem Mysterienkult der Erd- und Getreidegöttin Demeter nahe Athens, ist uns aus dem 7. vorchristlichen Jahrhundert der Spruch überliefert: Selig, wer dies geschaut hat unter den irdischen Menschen; wer aber an den Weihen nicht teilhat, hat niemals gleiches Los im modrigen Dunkel. Es ging also bei den Mysterien um nichts Geringeres als eine Art Auferstehung, um ein neues Leben (der Seele!) nach dem Tod. Die Orphiker pflegten ihren Verstorbenen kleine Goldblättchen mitzugeben, die sie ihnen in die Hand und in den Mund legten oder um den Hals hängten. Auf ihnen waren beschwörende Heilssprüche eingeritzt, Reisepässe für das Jenseits sozusagen. Solche Goldblättchen hat man einige gefunden, ein besonders schönes können Sie in dem kleinen Museum von Vibo Valentia (dem antiken Hipponion) in Kalabrien bewundern, wenn Sie einmal in der Nähe sind. Auf der Krim fand man ähnliche Texte auf Knochenstückchen geritzt. Die meisten dieser Funde datieren aus dem 5....



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