Burbach / Heckmann | Übergänge – Annäherungen an das eigene Sterben | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 252 Seiten

Burbach / Heckmann Übergänge – Annäherungen an das eigene Sterben


1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-647-67015-7
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 252 Seiten

ISBN: 978-3-647-67015-7
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht
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Frauen und Männer, die professionell mit Tod und Sterben umgehen, geben hier Einblicke in Ihre innere Welt. Die Autorenschaft der Beiträge setzt sich aus Therapeutinnen und Mediziner, PhilosophInnen und TheologInnen, PastorInnen, Sozialarbeitern und Pflegenden sowie Vertretern verschiedener Religionen wie Judentum, Christentum und Bahá’i zusammen. Ebenso finden sich Beiträge, die in unterschiedlichen weltanschaulichen Horizonten zuhause sind. Allen BeiträgerInnen gemeinsam ist die berufliche Konfrontation mit Sterben und Tod, Leben und Trauer. Die Beiträge sind nach den verschiedenen Lebens- und Arbeitswelten der Autorinnen und Autoren gruppiert. So ordnen sich die Texte nach den fünf Lebens- und Arbeitsorten: Lebenskunst in Psychotherapie und Seelsorge, Hospiz und Altersheim, Krankenhaus, Hochschule sowie religiöse Lebenskunst. Verschiedene Motive ziehen sich querdurch die Beiträge unterschiedlicher Religionen, Weltanschauungen und Lebens- und Arbeitswelten. Mutig ist es in jedem Fall, sich einem so sensiblen Thema zu stellen, das einen persönlich und existentiell angeht wie kein zweites. Ziel der Beiträge ist es, ihre Leserschaft einzuladen, sich ihrerseits der Frage nach dem eigenen Ende und seiner Bedeutung für das Leben, die Gestaltung der eigenen Beziehungen, dem eigenen Glauben und dem eigenen Weltbild zu stellen.Entstanden ist ein ausgesprochen ermutigendes und tröstliches Buch, selbstverständlich auch ein sehr nachdenkliches: Jeder der Beiträge enthält Passagen, die die Ernsthaftigkeit der Konfrontation wahrnehmen lässt. Dennoch durchzieht viele der Texte eine besondere Heiterkeit, die diesem wie keinem anderen Thema anhaftet. Einer der unabweisbaren Eindrücke bei der Lektüre dieses Bandes wird voraussichtlich sein zu erkennen, dass das Bedenken des eigenen Endes einhergeht mit dem Ende der Eitelkeit.

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Weitere Infos & Material


1;Inhaltsverzeichnis;6
2;Vorwort;10
3;Christiane Burbach Die Mündung des Flusses in das Meer;18
4;Theodor Seifert Aufbruch im Vertrauen ;28
5;Ang Lee Seifert Einfach leben ;37
6;Wolf Büntig Sterben lernen, leben lernen;46
7;Jürgen Holland Das Wesentliche findet im Verborgenen statt. Es ist „der kostbare Moment“! – eine Erinnerung;57
8;Verena Begemann Hospizarbeit als prägende Erfahrung für das eigene Sterben;64
9; Ruth Lödel Sterben wir, so sterben wir dem Herrn – Leben im Angesicht des Todes. Oder: Leben wir, so leben wir dem Herrn – Sterben im Angesicht des Lebens ;74
10;Renate Otte Fragment Leben – wo Leben in einem Moment sich entfaltet und vergeht;85
11;Ari Van Buuren „Stark wie der Tod ist die Liebe“;91
12;Simone Jungebauer Sterbeszenarien;118
13;Klaus P. G. Gahl … als seien wir nur am Ende sterblich;130
14;Anne Steinmeier „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen“(Joh 14,2);137
15;Andras Urs Sommer Das eigene Sterben denken;149
16;Dieter Weber Die Gabe des Lebens als die Auf-Gabe meiner Selbst. Eine Meditation über mein eigenes Sterben? ;157
17;Gunda Schneider-Flume Leben und Sterben in Gottes Geschichte. Die Grenze des Lebens zwischen Widerfahrnis und Selbstbestimmung;178
18;Jonah Sievers Mein Sterben;189
19; Heinz Rüegger Memento mori. Von der Bedeutung einer zeitgemässen ars moriendi;192
20;Nossrat Peseschkian Alle wollen in den Himmel, aber keiner will sterben. Was meine Vorstellungen vom eigenen Ende prägt: Positiver Umgang mit dem eigenen Tod und mit Verlust unter dem transkulturellen Gesichtspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .;202
21;Friedrich Heckmann Einüben in mein Sterben – theologische Existenz und biographische Spurensuche oder von der Not, über Auferstehung und Ewiges Leben zu sprechen;224
22;Verzeichnis der Autorinnen und Autoren ;250
23;Back Cover;254


Die Mündung des Flusses in das Meer (S. 17-18)

Christiane Burbach
Es können nur Annäherungen an ein eigentlich grundsätzlich unbekanntes Land sein, wenn ein Mensch versucht, sich mit seinem Ende auseinanderzusetzen. Sollte man deshalb zu diesem Thema lieber schweigen? Sicher ist der Vorbehalt angebracht, sich darauf einzurichten, dass alles im Ernstfall doch noch einmal ganz anders sein kann oder wird. Dennoch erscheint es als ein wichtiger, weil konzentrierender Akt, sich dem eigenen Ende zu stellen.

Sollte man dies aber auch aufschreiben, aus der Hand geben, um andere an diesen Gedanken partizipieren zu lassen? Sind das nicht gedankliche Grenzgänge, die man besser unter Verschluss hält? Zweifellos stellt das Veröffentlichen solcher Vorstellungen ein gewisses Wagnis dar, das hier eingegangen wird, um mit anderen Menschen in ein Gespräch einzutreten.

Kindheitserinnerung: Die Erzählungen vom Tod im Krieg
Dass die Menschen sterblich sind, habe ich durch die Erzählungen der Erwachsenen schon beim Spielen erfahren. Als Nachkriegs- und Flüchtlingskind geboren, habe ich erlebt, wie die Eltern ihre Verwandten nach dem Zweiten Weltkrieg wieder trafen und sich gegenseitig berichteten, wie es ihnen ergangen war auf der Flucht aus Ostpreußen, in der russischen oder britischen Gefangenschaft, auf welchen verschlungenen Pfaden sie hierher nach Norddeutschland kamen. Ich habe gehört, während ich mit meinen Cousins und Cousinen spielte, wer alles umgekommen ist auf der Flucht, dass meine Großeltern nicht auf das Schiff wollten, das Ostpreußen als letztes verließ und dass sie in Königsberg umgebracht wurden oder gestorben sind. Andere waren erfroren, verhungert etc. Manchmal musste ich die Ohren ziemlich spitzen, weil die Stimmen immer leiser wurden, denn die Kinder sollten ja nicht erschreckt werden.

Dennoch hat sich dem kleinen Mädchen eingeprägt, wie bedrückend es für die Eltern und Verwandten war, überlebt zu haben. Der Tod ist bedrückend, ungerecht und brutal, das war von Kindheit an klar. Er zerschneidet Lebensbande, macht Hoffnungen zunichte, lässt Menschen ohnmächtig ins Leere, wenn nicht gar in das Grauen starren. Dennoch lebten meine Eltern, die Verwandten, andere Flüchtlinge, mit denen meine Eltern befreundet waren. Dennoch wurden Kinder geboren und das Leben ging weiter. Sie waren froh, am Leben geblieben zu sein, eine neue Chance zu leben bekommen zu haben. Aber auch die Trauer um die, die zurück gelassen werden mussten, die es nicht geschafft haben und doch eigentlich dazu gehörten, blieb. Das Überleben war mit einem Aber versehen. So hat das Leben für mich als Flüchtlings-Kind immer die Konnotation von „dem Tod entkommen sein“ gehabt.

Das eigene Sterben in Phantasiereisen und Imaginationen
In meiner Seelsorgeausbildung, in Weiterbildungen, Seminaren und auch in meiner pastoralpsychologischen Arbeit habe ich öfter mein eigenes Sterben, meine Beerdigung und meinen Tod imaginiert.

Die Imagination des Flusses meines Lebens ist vital. Schon die Quelle ist springlebendig, der Fluss fließt kraftvoll durch die Landschaft. Am Rande spielen sich verschiedene Szenen ab, die mein Leben in verschiedenen Situationen zeigen. Schließlich soll imaginiert werden, wie der Fluss ins Meer fließt. Es ist ein ungeheures Gefühl von Glück, Freude und Freiheit. Zu Ende sind die Begrenzungen, das Formhalten sollen und müssen, abfallen können die Konditionierungen, das ist körperlich spürbar. Sterben ist freikommen, heimkommen, ankommen in der Unendlichkeit.

Die Phantasie über die eigene Beerdigung ist bestimmt von heiterer Atmosphäre. Es ist Sommer, Sonne durchflutet die Friedhofkapelle, die Frauen sind in bunten Sommerkleidern gekommen, die Männer ebenfalls in Sommerkleidung, es wird Paul Gerhardts „Geh aus mein Herz und suche Freud“ gesungen, das ich immer sehr geliebt habe. Der Traueransprache liegt 1Kor 13, besonders V.13 zugrunde:

Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei
aber die Liebe ist die größte unter ihnen.
Von irgendwo her höre ich das Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis aus Mozarts Requiem (wahrscheinlich ergänzt und bearbeitet durch Franz Xaver Süßmayr), das ich als 23jährige Studentin zum ersten Mal in der Jakobikantorei in Göttingen gesungen habe.

Die Tränen, die dabei fließen, sind eine Mischung aus Trauer, dieses Leben nun verlassen zu müssen und der Gewissheit: ja, so ist es richtig, so ist es wahr. Das Leben wird weitergehen, jetzt ohne mich. Die Wahrheit dieser Texte hat schon vor meiner Existenz Gültigkeit gehabt, wird bleiben über meinen Tod hinaus. Diese Texte werden die Lebenden und die Toten umfassen. Während die anderen auf der Erde bleiben, werde ich sie verlassen, aber irgendwo werde ich sein. Werde ich sein? Was von mir wird wo sein? Es gibt aber die Gewissheit, ich werde irgendwo sein.


Dr. theol. Friedrich Heckmann ist Professor für Theologie, Sozial- und Wirtschaftsethik an der Hochschule Hannover.



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