Buch, Deutsch, 749 Seiten, Format (B × H): 160 mm x 232 mm
Ein Fachbuch für Studium und Praxis
Buch, Deutsch, 749 Seiten, Format (B × H): 160 mm x 232 mm
ISBN: 978-3-00-070103-0
Verlag: Zahn, Andreas, Dr.
Wettbewerbs- und Kartellrecht, der Fusionskontrolle und dem Verbot staatlicher Beihilfen dargestellt. Außerdem enthält der Grundlagenteil einen Überblick über die Rechtsbereiche des nationalen privaten Wirtschaftsrechts und führt in die Rechtsanwendung der Gesetze nach der juristischen Methodenlehre ein.
Das Allgemeine Privatrecht wird im zweiten Teil mit dem BGB-AT, Schuld- und Sachenrecht beschrieben. Es umfasst die Rechtsgeschäftslehre und schuldrechtlichen Regeln über Verträge, die typischen Verträge wie Kauf, Darlehen, Miete, Pacht, Dienstvertrag und Werkvertrag sowie aus der Vertragspraxis Factoring, Leasing und Franchising. Neue Verbraucherschutzregeln gelten für Verträge über digitale Produkte und den Warenkauf aufgrund europäischer Richtlinien und Maßnahmen nationalen Rechts, Die Darstellung beinhaltet die Änderungen im neuen BGB-Schuldrecht sowie im UWG-Wettbewerbsrecht. Enthalten sind auch die neuen Regeln über elektronische Wertpapiere mit Eintragung in ein zentrales Register oder Kryptowertpapierregister auf Basis der Blockchain-Technologie und die künftige Vereinheitlichung des Stiftungszivilrechts mit Eintragung in ein Stiftungsregister.
Im Sachenrecht wird in die rechtliche Behandlung von Besitz und Eigentum an beweglichen Sachen und Grundstücken sowie die beschränkt dinglichen Rechte (Mobiliar- und Grundpfandrechte) eingeführt.
Das Handels- und Gesellschaftsrecht umfasst das Recht der Kaufleute und Handelsgeschäften sowie der Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften. Dazu erläutert der Autor im dritten Teil die Prinzipien des Handelsrechts, Kaufmannseigenschaft, Handelsregister, Handelsgeschäfte und Handelskauf. Zudem behandelt er die Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften von ihrer Gründung bis zur Vollbeendigung mit den wichtigen Kapital- und Haftungsregeln. Erläutert wird auch die Modernisierung des Personengesellschaftsrechts mit den Neuregelungen (ab 2024) der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und des Beschlussmängelrechts bei OHG und KG.
Damit erhalten Studenten und Praktiker im Bereich Recht und Wirtschaft in prägnanter Form eine Kombination aus rechtlicher Grundlagendarstellung und den einschlägigen Regeln des Wirtschaftsrechts. Praxisbeispiele und viele Abbildungen unterstützen den Anwendungsbezug.
Zielgruppe
Studenten der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften
Entscheidungsträger in Wirtschaft, Handel, Industrie
Unternehmensgründer, Existenzgründer, Start-ups
Rechtsanwälte, Syndikusanwälte, Rechtsabteilungen
Hochschulen, Fachhochschulen, Fachschulen, IHK
Erwachsene, Schüler mit Schwerpunkt Recht/Wirtschaft
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Inhaltsübersicht (S. VII ff)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung 1
1. Teil. Grundlagen
A. Völkerrecht
I. Staaten
II. Internationale Organisationen
III. Supranationale Organisationen
IV. Sonstige Organisationen
B. Nationales Recht
I. Privatrecht
II. Öffentliches Recht
III. Rechtsanwendung
C. Europarecht
I. Europäische
II. Mitgliedstaaten
III. Unionsrecht
2. Teil. Allgemeines Privatrecht
A. BGB Allgemeiner Teil
I. Rechtsfähigkeit
II. Geschäftsfähigkeit
III. Willenserklärung
IV. Vertragliche Einigung
V. Formerfordernisse
VI. Stellvertretung
VII. Anfechtung
VIII. Zustimmung
IX. Anspruch
B. BGB Allgemeines Schuldrecht
I. Inhalt des Schuldverhältnisses
III. Gegenseitiger Vertrag
C. BGB Besonderes Schuldrecht
I. Kaufvertrag
II. Darlehensvertrag
III. Miete, Pacht, Leasing
IV. Dienstvertrag
V. Werkvertrag
VI. Auftrag
VII. Geschäftsbesorgung ohne Auftrag
VIII. Bürgschaft
IX. Bereicherungsrecht
X. Unerlaubte Handlungen
D. BGB Sachenrecht
I. Grundsätze
II. Besitz
III. Eigentum
IV. Ansprüche des Eigentümers
V. Beschränkt dingliche Rechte
3. Teil. Handels- und Gesellschaftsrecht
A. Handelsrecht
I. Allgemeines
II. Kaufmann
III. Handelsregister
IV. Handelsfirma
V. Handelsgeschäfte
B. Gesellschaftsrecht
I. Allgemeines
II. Personengesellschaften
III. Kapitalgesellschaften
Stichwortverzeichnis
B. BGB Allgemeines Schuldrecht (S.245 ff)
Das Recht der Schuldverhältnisse ist im zweiten Buch des BGB (§§ 241–?853 BGB) geregelt. Es besteht aus den Vorschriften des Allgemeinen Schuldrechts (§§ 241–?432 BGB) und des Besonderen Schuldrechts (§§ 433?–?853 BGB). Das Allgemeine Schuldrecht enthält Regelungen, die denen des Besonderen Schuldrecht vorangestellt sind und für alle Schuldverhältnisse gelten (Klammertechnik). Geregelt werden der Inhalt der Schuldverhältnisse (§§ 241–?304 BGB), die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeines Geschäftsbedingungen (§§ 305?–?310 BGB), die Schuldverhältnisse aus Verträgen (§§ 311–?360 BGB), das Erlöschen der Schuldverhältnisse (§§ 362?–?397 BGB), die Übertragung einer Forderung (§§ 398?–?413 BGB), die Schuldübernahme (§§ 414?–?418 BGB) sowie die Mehrheit von Schuldnern und Gläubigern (§§ 420?–?432 BGB).
Schuldrechtsreform 2002
Der Bundesgesetzgeber hat das Schuldrecht bereits durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts (BGBl. 2001 I, S. 3138) zum 01.?01.?2002 grundlegend reformiert. Dabei wurden die unionsrechtlichen Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, Zahlungsverzugsrichtlinie sowie Teile der E-Commerce-Richtlinie umgesetzt. Die Reform beschränkte sich aber nicht auf die Richtlinienumsetzung („kleine Lösung“), sondern integrierte auch Nebengesetze wie das Verbraucherkreditgesetz, AGB-Gesetz, Fernabsatzgesetz, Teilzeitwohnrechtegesetz und das Haustürwiderrufsgesetz im Bürgerlichen Gesetzbuch („große Lösung“).
Schuldrechtsreform 2022
Das Schuldrecht wird im Allgemeinen und im Besonderen Teil durch Neuregelungen aufgrund europäischer Richtlinien wesentlich geändert. Die Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Digitale-Inhalte-Richtlinie, DIRL) harmonisiert das Vertrags-recht, um Hindernisse für die Entwicklung eines grenzübergreifenden elektronischen Handels im EU-Binnenmarkt (digitaler Binnenmarkt) zu beseitigen. Sie bezweckt, den Verbraucherschutz zu stärken und die Transaktionskosten für kleinere und mittlere Unternehmen zu senken. Die Richtlinie zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften (Modernisierungsrichtlinie) bildet mit der Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher (Kollektivrechtsschutzrichtlinie) ein Paket (Paket-Richtlinien). Dies beruht auf den „Neuen Rahmenbedingungen für Verbraucher“ (New Deal for Consumers) der EU-Kommission. Die Modernisierungsrichtlinie („Omnibusrichtlinie“) ändert vier Verbraucherschutzrichtlinien. Das Richtlinienpakt ist Teil des Programms der EU-Kommission zur Gewährleistung der Effi-zienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT-Programm). Außerdem erfolgen Änderungen im Allgemeinen Schuldrecht aufgrund des Gesetzes über faire Verbraucherverträge.
Digitale-Inhalte-Richtlinie
Durch das Gesetz zur Umsetzung der Digitale-Inhalte-Richtlinie vom 25.06.2021 (BGBl. 2021 I, S. 2123) wer-den die Verträge über digitale Produkte im Allgemeinen Schuldrecht erstmals in einem neuen Abschnitt 3, Titel 2?a in den §§ 327–?327?u BGB geregelt. Diese Neuregelungen sind mit Wirkung zum 01.?01.?2022 in Kraft getreten. Sie betreffen Verbraucherverträge über digitale Produkte (§§ 327–?327?s BGB) und enthalten besondere Bestimmungen für Verträge über digitale Produkte zwischen Unternehmen (§§ 327?t?–?327?u BGB). Die Neuregelungen über Verbraucherverträge (§§ 327–?327?s BGB) gelten (ausgenommen § 327?r BGB) auch für Verträge über die Bereitstellung eines digitalen Produkts, die bereits vor dem 01.?01.?2022 abgeschlossen wurden. Dazu muss die vertragsgegenständliche Bereitstellung ab dem 01.?01.?2022 erfolgt sein (Art. 229 § 57 Abs. 1–?3 EG-BGB). Die besonderen Bestimmungen für Verträge über digitale Produkte zwischen Unternehmen (§§ 327?t und 327?u BGB) sind auf Verträge über digitale Produkte anzuwenden, die ab dem 01.?01.?2022 abgeschlossen wurden (Art. 229 § 57 Abs. 4 EGBGB).
Modernisierungsrichtlinie
Das Gesetz zur Änderung des BGB und EGBGB in Umsetzung der Modernisierungsrichtlinie vom 10.?08.?2021 (BGBl. 2021 I, S. 3483) tritt mit Wirkung zum 28.?05.?2022 in Kraft. Es regelt im Allgemeinen Schuldrecht insbesondere allgemeine Informationspflichten u. a. für Betreiber von Online-Marktplätzen (§ 312?l BGB n. F., Art. 246?d EGBGB n. F.) und Änderungen beim Widerruf von Fernabsatzverträgen (§ 357?f BGB n. F.).
Gesetz für faire Verbraucherverträge
Das Gesetz für faire Verbraucherverträge vom 10.?08.?2021 (BGBl. 2021 I, S. 3433) ändert und ergänzt im All-gemeinen Schuldrecht Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen bei den Klauselverboten ohne und mit Wertungsmöglichkeit. Bereits zum 01.?10.?2021 ist das Verbot des Abtretungsausschlusses von Geldansprüchen und sonstigen Verbraucherrechten gegen den Unternehmer (§ 308 Nr. 9 BGB) in Kraft getreten. Eine weitere Einschränkung automatischer Vertragsverlängerungen bei Dauerschuldverhältnissen über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Werk- oder Dienstleistungen gegenüber Verbrauchern (§ 309 Nr. 9 BGB n. F.) tritt am 01.?03.?2022 in Kraft. Eine weitere Neuregelung gilt für Verträge, die auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses im elektronischen Geschäftsverkehr über eine Website gerichtet sind und die einen Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung gegenüber einem Verbraucher verpflichten. Danach muss der Unternehmer auf der Website dem Verbraucher ab 01.?07.?2022 für die Kündigungserklärung einen Kündigungsbutton und eine automatische Eingangsbestätigung einrichten. Dies gilt aber nicht, wenn für die Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist (§ 312?k n. F. BGB).
I. Inhalt des Schuldverhältnisses
1. Allgemeines
a. Begriff des Schuldverhältnisses
Das Schuldverhältnis ist in § 241 BGB geregelt. Danach ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern (Forderung). Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen (§ 241 Abs. 1 BGB). Der Gläubiger des Forderungsrechts und der Schuldner der Leistungspflicht können jeweils eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen sein. Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Dabei handelt es sich um Verhaltens- und Schutzpflichten (Nebenpflichten), deren Verletzung ebenso wie die Verletzung einer (Haupt-)Leistungspflicht einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280?ff BGB begründen kann.
b. Schuldverhältnis als relatives Recht
Das Schuldverhältnis begründet ein relatives Recht zwischen Gläubiger und Schuldner, jedoch kein absolutes Recht, wie z. B. das Eigentum, das gegenüber jedermann gilt. Es berechtigt und verpflichtet grundsätzlich nur die am Schuldverhältnis beteiligten Personen (inter partes). Ein Schuldverhältnis im engeren Sinne beschreibt die einzelne Leistungsbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner als Zustand, in dem sich ein Anspruch und eine entsprechende Schuld gegenüberstehen.
Beispiel:
Beim Kaufvertrag (§ 433 BGB) sind der Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer auf Übereignung (§ 433 Abs. 1 BGB) sowie der Anspruch des Verkäufers auf Kaufpreiszahlung und Abnahme der Kaufsache (§ 433 Abs. 2 BGB) jeweils eigene Schuldverhältnisse im engeren Sinne.
Ein Schuldverhältnis im weiteren Sinne bezeichnet die Gesamtheit der zusammenhängenden (konnexen) Leis-tungsbeziehungen zwischen Gläubiger und Schuldner.
Beispiel:
Der Kaufvertrag gem. § 433 BGB ist das Schuldverhältnis im weiteren Sinne, welcher die einzelnen Ansprüche, also die Schuldverhältnisse im engeren Sinne, als Ganzes umfasst.
c. Einheit von Gläubiger und Schuldner
Eine anfängliche Einheit von Gläubiger und Schuldner in einer Person ist ausgeschlossen. Dies ist nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt, da ein Schuldverhältnis begrifflich voraussetzt, dass Gläubiger und Schuldner (mindestens zwei) verschiedene Personen sind, so dass es zwischen denselben Personen nicht entstehen kann. Das Schuldverhältnis erlischt grundsätzlich durch Konfusion, wenn sich Gläubiger und Schuldner einer Forderung nachträglich in einer Person vereinigen. Dies kann sich aus rechtsgeschäftlicher Handlung etwa durch Abtretung einer Forderung vom Gläubiger an den Schuldner (§ 398 BGB) oder kraft Gesetzes etwa infolge der gesetzlichen Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) ergeben, wenn der Schuldner zugleich Erbe des Gläubigers ist, weil mit dem Erbfall auch die Forderung auf den Erben übergeht.
Beispiel:
Ein Mietverhältnis kann nicht wirksam entstehen, wenn auf Gebrauchsnutzerseite eine Person beteiligt ist, die zugleich eine Vermieterstellung einnimmt, und es erlischt durch Konfusion, wenn der Mieter nachträglich das mit dem Recht zur Gebrauchsnutzung verbundene Eigentum an der Mietsache erwirbt (BGH v. 27.?04.?2016 – VIII ZR 323/14).
d. Entstehung des Schuldverhältnisses
Ein Schuldverhältnis entsteht in der Regel durch rechtsgeschäftliches Handeln. Es kann durch zweiseitiges Rechtsgeschäft als Vertrag (§ 311 Abs. 1 BGB), unvollkommen zweiseitiges Rechtsgeschäft, z. B. Leihe (§§ 598 BGB), einseitiges Rechtsgeschäft, z. B. Auslobung (§§ 657?ff BGB), aufgrund geschäftsähnlicher Handlungen (§ 311 Abs. 2 und 3 BGB) oder kraft Gesetzes, z. B. GoA (§§ 677), Bereicherung (§§ 812?ff BGB) oder Delikt (§§ 823?ff BGB), entstehen.
e. Grundsatz von Treu und Glauben
aa. Allgemeines
§ 242 BGB verpflichtet den Schuldner, die Leistungen so zu erbringen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (Grundsatz von Treu und Glauben). Der Grundsatz von Treu und Glauben ergänzt die in §§ 243?ff BGB enthaltenen Einzelvorschriften über die Verpflichtung zur Leistung. Es handelt sich zudem um einen das gesamte Rechtsleben beherrschenden Grundsatz, dass jedermann in Ausübung seiner Rechte und Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat. Als Generalklausel enthält § 242 BGB keinen Rechtssatz, aus dem durch Subsumtion bestimmte Rechtsfolgen abgeleitet werden können. Der Inhalt der Generalklausel ist aber von Rechtsprechung und Lehre durch Funktionskreise und Fallgruppen präzisiert worden. Dadurch wird der Rechtsausübung dort eine Schranke gesetzt, wo sie zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit offensichtlich unvereinbaren Ergebnissen führt. Dagegen enthält § 242 BGB keine generelle Ermächtigung zur Rechtsfortbildung nach Billigkeitsgrundsätzen. Die Anwendbarkeit des § 242 BGB setzt nach überwiegender Meinung eine rechtliche Sonderverbindung voraus. Dafür ausreichend ist ein qualifizierter sozialer Kontakt. Erfasst werden neben vertraglichen und gesetzlichen Schuldverhältnissen v. a. auch durch ein nichtiges Rechtsgeschäft (§ 125 BGB) oder einen Wettbewerbsverstoß entstandene Rechtsbeziehungen, vorvertragliche Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 BGB) sowie dauernde Geschäftsverbindungen und Nachwirkungen eines Vertrags.
bb. Art und Weise der Leistung
§ 242 BGB regelt nach seinem Wortlaut die Art und Weise der Leistung. Der Schuldner hat seine Verbindlichkeit so zu erfüllen, wie es dem Sinn und Zweck des Schuldverhältnisses entspricht. Eine Leistung zur Unzeit ist unzulässig, ebenso eine Leistung am unpassenden Ort. Ist die Erfüllung am vertraglichen oder gesetzlichen Erfüllungsort unmöglich oder unzumutbar, tritt an die Stelle ein angemessener Ort. Auch der Gläubiger muss auf schutzwürdige Interessen des Schuldners Rücksicht nehmen. Er kann zur Annahme von Teilleistungen (§ 266 BGB) oder Ratenzahlungen (§ 507 BGB) verpflichtet sein. Unerhebliche Abweichungen der Leistungen vom vertraglichen oder gesetzlichen Leistungsprogramm sind unschädlich, wenn der gleiche wirtschaftliche Erfolg herbeigeführt wird.
cc. Pflichten im Schuldverhältnis
Nebenpflichten
Die Hauptleistungspflichten im Schuldverhältnis werden durch Nebenpflichten ergänzt. Diese können sich aus vertraglicher Vereinbarung oder besonderen gesetzlichen Vorschriften (z. B. §§ 404, 618, 666 BGB) ergeben. Die Auslegung von Verträgen muss so erfolgen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern (§§ 133, 157 BGB). Danach sind die Parteien gehalten, eine sinnvolle Durchführung des Vertrags zu ermöglichen und den anderen Teil vor Schädigungen zu bewahren. Die ergänzende Vertragsauslegung führt regelmäßig zur Begründung vertraglicher Nebenleistungspflichten und Rücksichtspflichten (§ 241 Abs. 2 BGB). Die Rücksichtspflichten umfassen insbesondere Aufklärungs-, Beratungs-, Auskunfts-, Anzeige-, Mitwirkungs-, Unterlassung-, Fürsorgepflichten, Obhuts- und Schutzpflichten.
Im Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht folgt aus § 242 BGB eine umfassende Treuepflicht. Auch die Begründung vorvertraglicher Pflichten i. S. v. § 311 Abs. 2 und 3 BGB kann sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben. Nach Beendigung eines Vertragsverhältnisses gelten nachwirkende Treuepflichten (culpa post contractum finitum).
dd. Unzulässige Rechtsausübung
Nach der Rechtsprechung bilden Treu und Glauben eine allen Rechten, Rechtslagen und Rechtsnormen immanente Inhaltsbegrenzung (Innentheorie). Danach ist die gegen § 242 BGB verstoßende Rechtsausübung oder Ausnutzung einer Rechtslage als Rechtsüberschreitung rechtsmissbräuchlich und daher unzulässig (Verbot unzulässiger Rechtsausübung). Nach der Gegenmeinung berührt die unzulässige Rechtsausübung den Bestand des Rechts nicht, sondern ist eine von außen an das Recht herantretende Ausübungsschranke (Außentheorie). Die sich aus Treu und Glauben ergebenden Anforderungen für eine unzulässige Rechtsausübung sind unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles zu entscheiden.
Die Ausübung eines individuellen Rechts ist unredlich und damit unzulässig, wenn mit ihr nicht die durch Ver-trag oder Gesetz geschützten Interessen verwirklicht werden, sondern das Recht zweckwidrig verwendet wird (individueller Rechtsmissbrauch).
Darüber hinaus müssen die sich aus einem Rechtsinstitut oder einer Rechtsnorm ergebenden Rechtsfolgen u. U. dann zurücktreten, wenn sie zu einem mit Treu und Glauben unvereinbaren, schlechthin untragbaren Ergebnis führen (institutioneller Rechtsmissbrauch). Er kann sich auf den Missbrauch der Vertragsfreiheit (Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln), der Rechtsform der juristischen Person (Durchgriffshaftung), der Gestaltungsformen (Einwendungsdurchgriff?), vgl. § 359 BGB, der Formnichtigkeit (§ 125 BGB) und der Nichtigkeit gem. §§ 134, 138 BGB beziehen.
Einwendung
Der Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) begründet eine den Rechtserwerb (rechts)hindernde oder sonst eine rechts-vernichtende Einwendung. Für das Verbot der unzulässigen Rechtsausübung haben sich typische Fallgruppen herausgebildet.
Unredlicher Erwerb der eigenen Rechtstellung
Die Ausübung eines Rechts ist rechtsmissbräuchlich, wenn der Berechtigte es gerade durch ein gesetzes-, sitten- oder vertragswidriges Verhalten erworben hat. Dafür genügt ein objektiv unredliches Verhalten, ohne dass Arglist oder Verschulden erforderlich sind. Es bedarf aber einer umfassenden Abwägung aller Umstände des Einzel-falls, wenn das treuwidrige Verhalten nicht zielgerichtet war.
Verletzung eigener Pflichten
Die Rechtsausübung kann ausnahmsweise dann unzulässig sein, wenn dem Berechtigten eine Verletzung eigener Pflichten zur Last fällt. Es gibt aber keinen allgemeinen Grundsatz, dass nur derjenige Rechte geltend machen kann, der sich selbst rechtstreu verhalten hat.
Fehlen eines schutzwürdigen Eigeninteresses
Die Rechtsausübung ist unzulässig, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt. Dieser Fall-gruppen zugeordnet werden die nutzlose Rechtsausübung, die Ausübung eines Rechts als Vorwand für die Erreichung vertragsfremder oder unlauterer Zwecke und die Fälle des § 226 BGB. Ein schutzwürdiges Interesse fehlt auch, wenn eine Leistung gefordert wird, die alsbald zurückzugewähren wäre (dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est).
Geringfügige Interessenverletzung
Auch geringfügige Interessenverletzungen bleiben grundsätzlich nicht ohne Rechtsfolgen. Ein Rechtsmissbrauch liegt nur dann vor, wenn an einem geringfügigen, im Ergebnis folgenlos gebliebenen Verstoß, weitreichende eindeutig unangemessene Rechtsfolgen geknüpft werden oder wenn der Gläubiger wiederholte Verstöße toleriert hat und dadurch für den Schuldner ein Vertrauenstatbestand entstanden ist.
Unverhältnismäßigkeit
Die Rechtsfolgen einer Pflichtverletzung müssen nicht grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zu deren Schwere stehen. Sind aber bei Pflichtverletzungen mehrere Reaktionen möglich, kann jedoch § 242 BGB, vor allem bei Dauerschuldverhältnissen oder einer besonders engen Bindung, dazu verpflichten, die mildere Reaktion zu wählen. So ist z. B. der Ausschluss aus einer Gesellschaft oder die Entziehung der Geschäftsführung missbräuchlich, wenn eine weniger weitreichende Maßnahme möglich und zumutbar ist.
Widersprüchliches Verhalten
Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsmeinung ändern, sich auf die Nichtigkeit einer abgegebenen Erklärung berufen oder ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft angreifen. Missbräuchlich ist ein widersprüchliches Verhalten, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand entstanden ist oder andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treu-widrig erscheinen lassen würden. Dazu muss das objektive Gesamtbild eines widersprüchlichen Verhaltens vor-liegen, weil das frühere Verhalten mit dem späteren unvereinbar ist und die Interessen der Gegenpartei im Hin-blick hierauf vorrangig schutzwürdig sind (venire contra factum proprium). Ein Verschulden ist dabei nicht erforderlich.
Verwirkung
Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens, bei welcher der Verstoß gegen Treu und Glauben in der illoyalen Verspätung der Rechtsausübung liegt. Sie setzt voraus, dass seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, eine längere Zeit verstrichen ist (Zeitmoment), was sich nach den Umständen des Einzelfalles richtet. Zusätzlich ist erforderlich, dass sich der Verpflichtete auf-grund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat, dieser werde sein vermeintliches Recht nicht mehr geltend machen. Weiter muss sich der Verpflichtete aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes in seinen Maßnahmen so eingerichtet haben, dass ihm durch die verspätete Geltendmachung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde (Umstandsmoment). Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Schuldner im Hin-blick auf die Nichtgeltendmachung des Rechts Vermögensdispositionen getroffen hat.
2. Leistungspflicht
a. Allgemeines
Die Leistungspflicht bestimmt die Art und Weise der Bewirkung der geschuldeten Leistung. Nur wenn die ge-schuldete Leistung bewirkt wird, erlischt das Schuldverhältnis durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) gegenüber dem Gläubiger. Die Leistung ist nicht bereits mit der Vornahme der Leistungshandlung, sondern erst mit dem Eintritt des Leistungserfolgs bewirkt. Welcher Leistungserfolg geschuldet wird, ist abhängig vom Inhalt des Schuldverhältnisses.
Beispiele:
Dienstvertrag/Arbeitsvertrag
Bei Dienstvertrag (§ 611 BGB) und Arbeitsvertrag (§ 611?a BGB) tritt Erfüllung mit Leistung der versprochenen Dienste oder Arbeitsleistung ein. Die geschuldete Leistung ist lediglich das Tätigwerden für den Dienstherrn oder den Arbeitgeber. Mit Vornahme der Leistungshandlung tritt deshalb zugleich der Leistungserfolg ein und damit Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB).
Werkvertrag
Beim Werkvertrag (§ 631 BGB) tritt die Erfüllung erst mit Herstellung und Beschaffung des versprochenen Werks ein. Die Leistungshandlung als Prozess der Herstellung des Werks führt noch nicht zum Eintritt des Leistungserfolgs. Erst mit Herstellung und Verschaffung des Werks durch den Unternehmer an den Besteller tritt der Leistungserfolg ein und damit Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB).
Der Leistungserfolg ist das Ergebnis der Leistungshandlung. Diese muss am richtigen Ort und zur richtigen Zeit vorgenommen werden. Die Vornahme der Leistungshandlung am Leistungsort zur Leistungszeit ist nicht nur für die Erfüllung (§ 362 BGB) und die Vermeidung des Schuldnerverzugs (§ 286 BGB), sondern auch für die Begründung des Gläubigerverzugs (§§ 293?ff BGB) und die Konkretisierung bei der Gattungsschuld (§ 243 BGB) maßgeblich. Für den Leistungsort gelten §§ 269?f BGB und für die Leistungszeit § 271 BGB.
b. Leistungsort
Der Leistungsort ist der Ort, an dem der Schuldner die Leistungshandlung vorzunehmen hat. Nach § 269 Abs. 1 BGB entscheidet in erster Linie die Parteivereinbarung über den Leistungsort. Sie kann sich durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung ergeben, bei Alltagsgeschäften durch die Verkehrssitte. Eine einseitige Erklärung nach Vertragsschluss genügt dafür allerdings nicht. Es handelt sich dann vielmehr um ein zustimmungsbedürftiges Angebot zur Änderung des Vertrages. Ansonsten ist der Leistungsort aus den Umständen, insbesondere der Natur des Schuldverhältnisses zu entnehmen, sofern nicht gesetzliche Vorschriften Sonderregeln für den Leistungsort enthalten.
Beispiel:
Bei der Verwahrung hat die Rückgabe der hinterlegten Sache an dem Ort zu erfolgen, an welchem die Sache aufzubewahren war; der Verwahrer ist nicht verpflichtet, die Sache dem Hinterleger zu bringen (§ 697 BGB).
Bei gegenseitigen Verträgen ist der Leistungsort für die beiderseitigen Leistungen einzeln zu bestimmen und nicht einheitlich. Bei Kaufverträgen (§ 433 BGB) sind in der Regel getrennte Leistungsorte anzunehmen. So-fern der Leistungsaustausch nach ausdrücklicher vertraglicher Abrede Zug um Zug in der gewerblichen Niederlassung des Verkäufers erfolgen soll oder das CISG anzuwenden ist, wird von der Rechtsprechung der Ort der Niederlassung als einheitlicher Leistungsort angenommen. Getrennte Leistungsorte sind bei Werkverträgen (§ 631 BGB) die Regel.
Ist der Leistungsort von den Parteien nicht bestimmt und auch nicht aus den Umständen zu entnehmen oder in einer Sonderregelung enthalten, hat die Leistung an dem Ort zu erfolgen, an dem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Ist die Forderung im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes (§ 269 Abs. 2 BGB).
Der Leistungsort als Ort der Leistungshandlung ist von dem Ort zu unterscheiden, an dem der Leistungserfolg eintritt (Erfolgsort). Beide Orte können zusammenfallen, was aber nicht zwingend ist. Die Bestimmung des Leistungsortes bei gegenseitigen Verträgen hängt immer auch davon ab, um welche Art von Schuld es sich handelt, was also genau geschuldet wird. Es gibt drei verschiedene Arten von Schulden: Holschuld, Bringschuld und Schickschuld.
aa. Holschuld
Eine Holschuld besteht, wenn Leistungsort und Erfolgsort am Wohnsitz des Schuldners sind. Dieser schuldet die Bereitstellung der Leistung zur Abholung. Dafür muss der Schuldner den Leistungsgegenstand aussondern und bereitstellen und den Gläubiger darüber unterrichten, falls ein Abholtermin nicht vereinbart wurde. Der Gläubiger muss die Leistung, z. B. die Kaufsache, beim Schuldner holen. Der Schuldner muss diese dann dem Gläubiger für die Übertragung des Eigentums übergeben und die Willenserklärung zur dinglichen Übereignung der Kaufsache dem Gläubiger gegenüber abgeben (§ 929 BGB). Im Zweifel folgt aus § 269 BGB, dass nicht nur der Leistungsort, sondern auch der Erfolgsort am Ort des Schuldners ist. Am Leistungsort tritt dann auch der Leistungserfolg ein, so dass Leistungsort und Erfolgsort identisch sind.
bb. Bringschuld
Bei der Bringschuld hat der Schuldner dem Gläubiger die Leistung an seinem Wohnsitz oder Ort seiner gewerblichen Niederlassung zu erbringen. Leistungsort und Erfolgsort liegen also beim Gläubiger. Dort muss der Schuldner seine Schuld erfüllen. Der Schuldner muss also z. B. die Kaufsache aussondern, den Transport zum Gläubiger übernehmen und dort alles tun, was zur Herbeiführung des Leistungserfolgs notwendig ist. Folglich trägt der Schuldner zwischen dem Vertragsschluss und der Erfüllung beim Gläubiger die Gefahr des zufälligen Untergangs der Kaufsache (Leistungsgefahr) und die Gefahr, die Gegenleistung (Preis) nicht zu erhalten (Gegenleistungsgefahr oder Preisgefahr). Dies ist der Regelfall etwa bei Kauf (§ 433 BGB) und Darlehen (§ 488 BGB). Zu beachten ist aber, dass nach der Regelung des § 269 Abs. 3 BGB die Übernahmen von Versendungs-kosten durch den Schuldner nicht allein dazu führt, dass der Ort der Versendung auch der Leistungsort sein soll. Durch eine solche Absprache wird also ohne weitere Umstände noch keine Bringschuld begründet.
cc. Schickschuld
Bei der Schickschuld liegt der Leistungsort beim Schuldner und der Erfolgsort beim Gläubiger. Leistungsort und Erfolgsort fallen also auseinander. Das gilt z. B. für den Versendungskauf (§ 447 BGB), bei denen die Parteien nicht persönlich aufeinandertreffen, wie etwa für den Fernabsatzvertrag (§§ 312?c ff BGB) im E-Commerce Handel (Online Shopping). Die Leistungshandlung des Verkäufers und Schuldners ist auf die Übergabe der Kaufsache an eine ordnungsgemäß ausgewählte Transportperson beschränkt. Der Leistungserfolg tritt erst mit der Übergabe der Sache am Wohnsitz oder Ort der gewerblichen Niederlassung des Käufers und Gläubigers ein. Mit Übergabe der Sache an die Transportperson erfolgt aber ein Übergang der Leistungsgefahr (Gefahrübergang). Eine gemäß § 243 Abs. 1 BGB (nur) der Gattung nach bestimmte Sache (Gattungsschuld) wird durch Konkretisierung zur Stückschuld (§§ 447 Abs. 1, 243 Abs. 2 BGB). Bei Untergang der Sache nach Gefahrübergang wird der Schuldner von seiner primären Leistungspflicht wegen Unmöglichkeit nach § 275 BGB frei. Allerdings gilt dies beim Verbrauchgüterkauf nur dann, wenn der Käufer die Transportperson mit der Ausführung beauftragt hat und der Verkäufer dem Käufer diese nicht zuvor benannt hat (§ 475 Abs. 2 BGB). Die Transportperson ist kein Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) des Schuldners, da der Transport nicht mehr Teil der Leistungshandlung des Schuldners ist.
dd. Geldschuld
Leistungsort für Geldschulden ist in der Regel der Wohnsitz des Schuldners zum Zeitpunkt der Entstehung des Schuldverhältnisses (§§ 270 Abs. 4, 269 Abs. 1 BGB). Ist die Forderung im Gewerbebetrieb des Schuldners entstanden, tritt, wenn der Gläubiger seine gewerbliche Niederlassung an einem anderen Ort hat, der Ort der Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes (§ 270 Abs. 2 BGB). Der Schuldner ist verpflichtet, das Geld auf seine Gefahr und Kosten an den Wohnsitz des Gläubigers zu übermitteln (§ 270 Abs. 1 BGB). Nach bisherigem Verständnis des § 270 BGB ist die Geldschuld aufgrund der gesetzlichen Regelung als qualifizierte Schickschuld einzuordnen. Danach trägt der Schuldner nur die Gefahr der Übermittlung, nicht jedoch die Gefahr der Verzögerung.
Zahlungsverkehrsrichtlinie
Die Geldschuld ist bei richtlinienkonformer Auslegung des § 270 BGB im Anwendungsbereich der EU-Zahlungsverkehrsrichtlinie (2011/7/EU) indes eine Bringschuld. Insoweit trägt der Schuldner auch die Gefahr der Verzögerung. Die Richtlinie gilt für Geldschulden zwischen Unternehmen oder Unternehmen und öffentlichen Auftraggebern sowie für die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Zahlung von Verzugszinsen nur rechtzeitig, wenn der Gläubiger den Geldbetrag innerhalb der Zahlungsfrist erhalten hat (EuGH NJW 2005, 1935 „Telekom“) Das gilt aber nicht nur für Banküberweisungen, sondern für alle Arten der Geldübermittlung. Bei Banküberweisungen muss der Schuldner den Überweisungsauftrag (vgl. § 675?f BGB) so rechtzeitig vornehmen, dass der Geldbetrag bei üblicher Abwicklung dem Gläubigerkonto innerhalb der Zahlungsfrist gutgeschrieben werden kann. Außerhalb der EU-Zahlungsverkehrsrichtlinie, also insbesondere gegenüber Verbrauchern, genügt für die Rechtzeitigkeit der Leistung dagegen die rechtzeitige Veranlassung des Zahlungsauftrags wie z. B. der Banküberweisung.
c. Leistungszeit
aa. Allgemeines
Die Leistungszeit legt die Fälligkeit und Erfüllbarkeit der Leistung fest und kann durch Vertrag oder gesetzliche Regelung bestimmt sein. Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen (Fälligkeit), der Schuldner sie sofort bewirken (Erfüllbarkeit). Ist eine Zeit bestimmt, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit verlangen, der Schuldner sie aber vorher bewirken kann (§ 271 BGB).
Bei Handelsgeschäften kann die Leistung nur während der gewöhnlichen Geschäftszeit bewirkt und gefordert werden (§ 358 HGB). Ist als Zeit der Leistung das Frühjahr oder der Herbst oder ein in ähnlicher Weise bestimmter Zeitpunkt vereinbart, so entscheidet im Zweifel der Handelsbrauch des Ortes der Leistung (§ 359 Abs. 1 HGB).
Die Nichteinhaltung der geschuldeten Leistungszeit ist eine Pflichtverletzung des Schuldners, die den Gläubiger berechtigen kann, nach § 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung zu verlangen, nach § 323 BGB vom gegen-seitigen Vertrag zurückzutreten sowie ggf. nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB Schadensersatz wegen Verzöge-rung der Leistung zu verlangen.
bb. Stundung
Die Fälligkeit der Forderung kann bei Bestehenbleiben der Erfüllbarkeit durch eine Stundung (Stundungsvereinbarung) hinausgeschoben werden. Diese kann bereits bei Vertragsschluss vereinbart werden (anfängliche Stundung), z. B. Zahlungsaufschub (§ 506 BGB). Bei einer nachträglichen Stundung handelt es sich um einen Schuldänderungsvertrag (§ 311 Abs. 1 BGB), der bei formbedürftigen Verträgen dem Formzwang unterliegt (z. B. § 311?b Abs. 1 BGB). Eine stillschweigende (konkludente) Stundung kommt beim Stillhalten des Gläubigers in Betracht, der insbesondere keine Mahnung vornimmt. Nach Ansicht der Rechtsprechung kann sich eine nachträgliche Stundung aber auch aus einer ergänzenden Vertragsauslegung ergeben (BGHZ 86, 102).
In der Praxis enthält die Stundungsvereinbarung i. d. R. eine bestimmte Frist mit der Änderung der Leistungs-zeit. Wird jedoch auf eine unbestimmte Zeit gestundet, so hat der Gläubiger dennoch die Möglichkeit, gem. §§ 315, 316 BGB die Leistungszeit nach billigem Ermessen festzusetzen. Im Übrigen endet die Stundung mit der Besserung, also sobald und soweit der Schuldner in der Lage ist, die Leistung zu erbringen. Er muss dann unaufgefordert zahlen.
Rechtsfolgen der Stundung
Die Stundung verhindert den Beginn des Schuldnerverzugs (§ 286 BGB) und begründet eine materiell-rechtliche Einrede des Schuldners gegen das Anspruchsbegehren des Gläubigers. Diesem obliegt am Bilanzstich-tag nach § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB die Pflicht, auch diejenigen Forderungen in seiner Bilanz zu bewerten, bei denen eine Stundung ausgesprochen ist. Die anfängliche Stundung fällt nicht unter die Vorschrift des § 205 BGB über die Hemmung der Verjährung, weil sie die Fälligkeit und damit den Verjährungsbeginn hinausschiebt (§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die nachträgliche Stundung nach Entstehung des Anspruchs begründet in der Regel einen Neubeginn der Verjährung (§ 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und fällt unter § 205 BGB.
Abgrenzung zum Stillhalteabkommen
Im Unterschied zur Stundungsvereinbarung ist das Stillhalteabkommen (pactum de non petendo) eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, einen Anspruch, gleichgültig aus welchem Grund, zeitweilig nicht gel-tend zu machen. Damit hat der Schuldner i. d. R. ein vorübergehendes Leistungsverweigerungsrecht, das ihm eine Einrede gegen die prozessuale Geltendmachung des ursprünglichen Anspruchs gibt. Das Stillhalteabkommen kann außerdem eine materiell-rechtliche Einrede gegen die Fälligkeit der Leistung enthalten, dass ebenso wie die Stundung den Eintritt des Verzugs hindern soll, was durch Auslegung der Vereinbarung (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln ist. Solange der Schuldner aufgrund des Stillhalteabkommens die Leistung verweigern kann, tritt nach § 205 BGB eine Hemmung der Verjährung ein.
cc. Kaufverträge
Bei Kaufverträgen (§ 433 BGB) ergibt sich die Leistungszeit im Regelfall aus den Lieferungs- und Zahlungsbedingungen (AGB). Ansonsten sind gemäß § 271 Abs. 1 BGB die Leistungen sofort zu erbringen, und zwar Zug um Zug (§ 320 Abs. 1 BGB). Beim Verbrauchsgüterkauf gilt eine abweichende Regelung der Leistungszeit. Verbrauchsgüterkäufe sind Verträge, durch die ein Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) eine Ware kauft (§ 474 Abs. 1 S. 1 BGB). Ist eine Zeit für die nach § 433 BGB zu erbringenden Leistungen we-der bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der Verbraucher (Gläubiger) diese Leistungen abweichend von § 271 Abs. 1 BGB nur unverzüglich verlangen. Darauf muss der Unternehmer die Sache spätestens 30 Tage nach Vertragsschluss übergeben. Die Parteien können die Leistungen sofort bewirken (§ 475 Abs. 1 BGB).