E-Book, Deutsch, 254 Seiten
Esser Schicksalsschwur
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7546-3065-5
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz
Ein Aachen Krimi (Hansens 5. Fall)
E-Book, Deutsch, 254 Seiten
ISBN: 978-3-7546-3065-5
Verlag: tolino media
Format: EPUB
Kopierschutz: PC/MAC/eReader/Tablet/DL/kein Kopierschutz
Erst wird der Juwelier Michael Pfeiffer erschossen, dann stirbt ein Obdachloser unter mysteriösen Umständen. Kriminalhauptkommissar Karl Hansen arbeitet mit seinem Team unter Hochdruck daran, die Taten aufzuklären. Zu allem Überfluss sitzt ihnen auch noch der Aachener Bürgermeister im Nacken, der angesichts der anstehenden Reit-WM wegen der Morde einen Imageschaden für die Stadt befürchtet. Eine Entdeckung im Rahmen der Ermittlungen versetzt Hansen in Alarmbereitschaft und lässt ihn vermuten, dass die Morde möglicherweise nicht das einzige Problem sind, mit dem sie es zu tun haben ...
Frank Esser, Jahrgang 1974, absolvierte nach dem Abitur eine Ausbildung zum Industriekaufmann und arbeitet seitdem in der Medienbranche. Er lebt in der Nähe von Aachen. Seine Liebe zu Krimis inspirierte ihn, seinen ersten Regionalkrimi zu schreiben, der in der Aachener Domstadt spielt und 2017 veröffentlicht wurde. Mittlerweile veröffentliche er neben seiner Aachen-Krimi-Reihe weitere Krimis und Thriller sowohl als Selfpublisher als auch im Empire-Verlag.
Autoren/Hrsg.
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5. Kapitel
Das Team der Mordkommission und die Mitglieder der Spurensicherung wurden bereits von vier Kollegen der Bereitschaftspolizei und gut zwei Dutzend Schaulustigen erwartet. »Na, das kann ja heiter werden«, meinte Riedmann genervt, als er den Motor abstellte. »Kollege Friering hat jedenfalls alle Hände voll zu tun«, erwiderte Hansen und deutete zu dem übergewichtigen Polizeiobermeister. Mit hochrotem Kopf und mit der Hilfe seines spindeldürren Partners Sebastian Schmidtke sowie eines weiteren Kollegen, dessen Namen Hansen nicht kannte, versuchte Friering, die neugierige Meute in Schach zu halten. »Und so, wie’s aussieht, sind ’ne Menge Hobbyfilmer darunter. Da können wir später den ganzen Mist wieder auf Youtube finden«, ärgerte er sich, als er aus dem Wagen stieg. Zu viert gingen sie zielstrebig auf die Menschentraube zu, die vor dem rotweißen Absperrband vor den drei Beamten stand. Die Meute reckte die Köpfe und die Smartphones, es herrschte ein wildes Durcheinander. Hansen wollte gerade etwas sagen, als sich Laura Decker, die den Hochhausring fast zeitgleich mit ihrem Team erreicht hatte, aus dem Hintergrund bemerkbar machte. »Wer nicht Hildegard Bruns heißt oder sonst irgendetwas mit dem Fund der Leiche zu tun hat, sollte sich jetzt ganz schnell vom Acker machen. Ansonsten werden meine Kollegen gezwungen sein, euch alle wegen Behinderung polizeilicher Ermittlungen festzunehmen«, brüllte sie. Hansen glaubte, sich verhört zu haben, hatte sie das tatsächlich gerade gesagt? Doch ihre Worte zeigten Wirkung, diverse Leute drehten sich zu ihr um. »Die Alte kann uns gar nix«, bemerkte schließlich ein Jugendlicher in Jogginghose und Achselshirt, der sich zu Wort meldete. »Die Alte labert doch nur Scheiß! Hab noch nie in der Glotze gesehen, dass die Leute am Tatort einkassiert haben, weil sie da abgehangen haben«, fuhr er mit einem dümmlichen Grinsen fort. »Reäht hat d'r Jong«, pflichtete ihm eine ältere Frau mit Haarnetz bei, woraufhin weiteres Gemurmel in der Gruppe einsetzte. »Hör zu, du Klugscheißer. Falls du tatsächlich der Meinung bist, dass alles, was im Fernsehen oder im Internet zu sehen ist, der Realität entspricht, muss ich dich leider enttäuschen«, ergriff Riedmann das Wort. »Schon mal was von Paragraf 164 Strafprozessordnung gehört?« Der Jugendliche schüttelte den Kopf. Sein Grinsen war verschwunden. »Dachte ich mir. Da geht’s um Störung einer Amtshandlung, kannste gern nachlesen. Der Paragraf gibt uns das Recht, bei einer vorsätzlichen Behinderung hoheitlicher Maßnahmen den oder die Störer vorläufig festzunehmen, sofern ein Beamter – schließt natürlich auch eine Beamtin ein – das als notwendig erachtet«, rezitierte Riedmann den Passus. Er hatte in der Zwischenzeit seine Handschellen aus dem Holster genommen und ließ sie demonstrativ vor dem Gesicht des Jungen hin- und herbaumeln. »Wenn du also scharf drauf bist, eine Lektion in der realen Welt zu erhalten, bitte.« Der Halbstarke kaute unsicher auf der Unterlippe. Wieder setzte Gemurmel ein. Vereinzelt steckten die ersten Leute ihre Handys ein. »Scheiße, Mann«, sagte der Jugendliche schließlich und rotzte auf den Boden. »Bullenstaat, verdammter«, fuhr er fort, bevor er sich aus dem Pulk löste und wutentbrannt an Riedmann vorbei zum Haus stürmte. »Ach, noch was, Leute«, ergriff Laura Decker wieder das Wort. »Sollte auch nur eine einzige Aufnahme von euch im Internet landen, wird das ein Bußgeld nach sich ziehen. Wir finden schnell raus, wer von euch dafür verantwortlich war«, erklärte die Leiterin der KTU. Noch ein Wirkungstreffer, wie unschwer an den Gesichtern der Leute zu erkennen war. Sie grinste zufrieden. Langsam zogen sich die Schaulustigen zurück. Lediglich ein uniformierter Kollege unterhielt sich abseits des Geschehens mit einer Frau mittleren Alters und einem Mann. Hansen tippte darauf, dass es sich um Familie Bruns handelte, die den Leichenfund gemeldet hatte. »Klasse Vorstellung, danke für die Unterstützung«, meinte Friering und tupfte sich mit einem Stofftaschentuch den Schweiß von der Stirn. Es war schwülwarm, wie schon die letzten Tage. »Dünnes Eis zwar, auf dem ihr euch da bewegt, aber trotzdem beeindruckend«, sagte er anerkennend, als der Mob endgültig außer Hörweite war. »Man muss die Bullenkarte auch mal ausspielen«, meinte Riedmann gereizt, der noch nie viel für sensationsgeile Gaffer übrig hatte. »Zum Glück war kein Anwalt unter den Schaulustigen. Und jetzt sollten wir uns endlich mal an die Arbeit machen, wir haben weiß Gott schon genug Zeit durch diesen Aufstand verloren.« »Wohl wahr. Was genau ist passiert?«, wollte Hansen von Polizeiobermeister Friering wissen. »Leiche, männlich, weiß, Ende dreißig, vielleicht Anfang vierzig. Todesursache auf den ersten Blick nicht eindeutig zu erkennen, vermutlich wurde der Mann erstochen. Liegt dort vorn im Gebüsch.« Er deutete mit dem Taschentuch in die Richtung. »Beim Opfer dürfte es sich um einen Obdachlosen handeln.« »Wieso glaubst du das?«, fragte Hansen. »Schau dir den Mann an, dann weißt du, warum. Es besteht kaum ein Zweifel daran«, erörterte Friering. Der Chefermittler duckte sich unter dem Absperrband hindurch, er wollte sich selbst ein Bild vom Fundort der Leiche machen. Ein Tross, bestehend aus den drei anderen Kollegen der Mordkommission sowie dem Team der Spurensicherung und Lutz Friering, schloss sich ihm an, hielt aber Abstand. Schmidtke und dessen Kollege blieben zurück und sicherten weiterhin den abgesperrten Bereich. »Sind das Hildegard Bruns und ihr Mann?«, fragte Hansen den Polizeiobermeister und zeigte in die Richtung, wo sich die beiden mit dem uniformierten Kollegen unterhielten. Friering nickte. »Was in drei Teufels Namen ist denn hier passiert?«, rief Laura Decker, als sie sich dem Teil der Kirschlorbeerhecke näherten, in dem die männliche Leiche kurz zuvor entdeckt worden war. Eine angekokelte Hand ragte aus dem Gebüsch heraus, daneben lag ein undefinierbarer Klumpen. In unmittelbarer Nähe stand ein kleiner Handfeuerlöscher. Reste von Löschschaum bedeckten die grünen Blätter des Kirschlorbeers und auch den Boden. Es sah aus wie Schnee im Sommer. »Wurde der arme Mann etwa angezündet?« Sie starrte Friering mit zusammengekniffenen Augen an. »Nee, das haben wir Frau Bruns zu verdanken«, antwortete der Polizeiobermeister. »Wie habe ich das zu verstehen?«, hakte Hansen nach. »Sie war auf dem Weg zu den Müllcontainern, als sie die Hand des Toten entdeckt hat. Beim Anblick der Leiche hat sie dann den Müllbeutel fallen lassen, den sie noch in der Hand hielt. Blöderweise hat sie die Zigarette, die sie geraucht hat, gleich hinterhergeschickt – die Kippe ist auf den Müllbeutel gefallen. Und in der Zeit, als sie ins Haus rannte, um ihren Mann zu informieren und die Polizei anzurufen, hat das Ding Feuer gefangen. Einer der Anwohner hat den kleinen Brand gelöscht. Personalien haben wir bereits aufgenommen«, erklärte Friering. »Na wunderbar. Das dürfte die Spurenlage nicht unbedingt verbessert haben«, seufzte Laura und gab daraufhin ihren beiden Kollegen Anweisungen, um mit der Sicherung des Leichenfundortes zu beginnen. Sie bahnte sich ein paar Meter abseits von der Leiche einen Weg durch die Hecke, um sich von der anderen Seite des Gebüschs dem liegenden Leichnam zu nähern und ihn begutachten zu können. Viel Platz gab es zwischen der Hecke und der dahinterliegenden mannshohen Backsteinmauer nicht, die den Wohnblock von der Straße abtrennte. Es reichte gerade, um sich wenigstens einigermaßen bewegen zu können. »Wer auch immer den Mann hier entsorgt hat, wusste, dass man die Leiche schnell finden würde«, stellte Hansen fest. Er warf einen Blick über die Schulter Richtung Hochhaus und zählte neun Etagen. Eine Menge potenzielle Zeugen, die vermutlich nichts gesehen haben, dachte er. »Fangt schon mal an, die Bewohner zu befragen. Vielleicht ist jemand dabei, der irgendwas Ungewöhnliches gesehen oder gehört hat«, sagte er schließlich an Riedmann, Beck und Marquardt gewandt. »Friering und Schmidtke werden euch dabei unterstützen, dann geht’s schneller. Den Bereich hier können dann die beiden anderen Kollegen sichern«, erklärte Hansen. »Ich geb nur kurz in der Zentrale Bescheid«, erwiderte Friering, der sich sofort in Bewegung setzte. Die drei Ermittler der Mordkommission folgten ihm. »Papiere hat der Mann keine bei sich«, rief Laura plötzlich. »Na wunderbar«, stöhnte Hansen auf. »Dann können wir nur hoffen, dass ihn irgendjemand vermisst oder wir einen Treffer in der Datenbank haben«, fuhr er fort. »Da brauchen wir vermutlich ’ne gehörige Portion Glück, denn wenn du mich fragst, hat Friering recht, bei dem Opfer handelt sich’s mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Obdachlosen. Die Schuhe sind durchgelatscht und haben Löcher vorn, die abgewrackten Klamotten dieser armen Seele haben auch schon bessere Zeiten erlebt. Das Gesicht wirkt ziemlich ausgemergelt, der Bart ist zerzaust. Und mit Verlaub gesagt: Der Typ stinkt nach Urin und was weiß ich sonst noch. Der hat schon länger kein Badezimmer mehr von innen gesehen.« »Was denkst du, wie ist der Mann gestorben?«, fragte Hansen und steckte nun den Kopf an der Stelle durch die Hecke, an der Laura Decker kurz zuvor hindurchgeschlüpft war, um selbst aus sicherer Entfernung einen Blick auf den Leichnam zu werfen. Da durch das Feuer und den anschließenden Einsatz des Löschschaums die Arbeit für die SpuSi ohnehin schon ein schwieriges Unterfangen war und es zwischen Hecke und Mauer kaum Platz gab, wollte er nicht auch noch dort rumtrampeln....