E-Book, Deutsch, 789 Seiten
Feldt / Klün / Brutscheidt Mehrwertsteuerrecht europäischer Staaten und wichtiger Drittstaaten
3. Auflage 2014
ISBN: 978-3-482-72962-1
Verlag: NWB Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
28 Länder im Überblick
E-Book, Deutsch, 789 Seiten
ISBN: 978-3-482-72962-1
Verlag: NWB Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Belgien
Allgemeines
Die belgische Umsatzsteuer (Belasting over de Toegevoegde Waarde – BTW, Taxe sur la Valeur Ajoutée – TVA) entspricht in wesentlichen Punkten den Vorgaben der MwStSystRL. Einige Besonderheiten, insbesondere für ausländische Unternehmer, werden nachfolgend erläutert. Unternehmer/Organkreis
Der Unternehmerbegriff entspricht der Definition laut MwStSystRL. Eine Gruppenbesteuerung/Organschaft ist auf Antrag möglich. Allerdings besteht die Einschränkung, dass es sich um in Belgien ansässige Unternehmen handeln muss. Ausländische Unternehmen sind somit jeweils gesondert zu registrieren. Nicht-Unternehmer müssen sich registrieren lassen, wenn die Erwerbschwelle (für den Bezug aus anderen EU-Staaten) den Wert von 11.200 EUR übersteigt. Die zu einer Registrierung führende Lieferschwelle (Versandhandelsumsätze) für nicht im Land ansässige Unternehmer beträgt 35.000 EUR. In Belgien ist keine Kleinunternehmergrenze anwendbar, d. h. jeder Unternehmer, der steuerbare Umsätze in Belgien tätigt, für die nicht die Steuerschuld auf den Kunden verlagert wird, muss sich umsatzsteuerlich registrieren lassen. Eine freiwillige Registrierung ist jedoch nicht möglich, wenn die Voraussetzungen zur Registrierungspflicht nicht vorliegen. Lieferung/sonstige Leistung
Die Definition der Begriffe Lieferung und sonstige Leistung entspricht in Belgien grundsätzlich den Vorgaben der MwStSystRL. Danach setzt eine Lieferung die Verschaffung der Verfügungsmacht an einem Gegenstand voraus. Der Ort der Lieferung liegt dann in Belgien, wenn sich der verkaufte Gegenstand zum Zeitpunkt der Verschaffung der Verfügungsmacht in Belgien befindet oder die Beförderung oder Versendung des Gegenstands in Belgien beginnt. Abweichungen können sich bei Lieferungen im Rahmen von Reihengeschäften ergeben. Auch im belgischen Umsatzsteuerrecht ist der Begriff der sonstigen Leistung negativ definiert, d. h. alle steuerbaren Vorgänge, die nicht als Lieferungen gelten, sind sonstige Leistungen. Die Vorschriften zur Bestimmung des Ortes der sonstigen Leistung entsprechen den seit 1. 1. 2010 EU-weit gültigen Regeln. Eine sonstige Leistung, die an einen Unternehmer erbracht wird, gilt somit grundsätzlich als dort ausgeführt, wo der empfangende Unternehmer seinen Sitz hat. Ausnahmen von diesem Grundsatz existieren bei sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit einem Grundstück, Personenbeförderungen, Restaurationsleistungen, und der kurzfristigen Vermietung von Beförderungsmitteln. In Belgien entsteht keine Steuerschuld, wenn eine Transportdienstleistung oder eine Nebenleistung zu einer Transportleistung tatsächlich im Drittland erbracht und genutzt wurde (Use and Enjoyment). In der Vergangenheit konnten Lagerdienstleistungen in Belgien als grundstücksbezogene Dienstleistungen angesehen werden und unterlagen somit der belgischen Umsatzsteuer. Seit Januar 2014 gilt dies nur noch dann, wenn der Kunde ein genau begrenztes Lager zur ausschließlichen Nutzung anmietet. Alle anderen Lagerdienstleistungen sind als klassische B2B-Dienstleistungen anzusehen und gelten als am Sitz des Leistungsempfängers erbracht. Werklieferung/Werkleistung/Bauleistung
Werklieferungen
Werklieferungsverträge sind im belgischen Umsatzsteuerrecht entsprechend der MwStSystRL als Lieferung zuzüglich Montage oder Installation definiert. Die Werklieferung wird als einheitliche Leistung betrachtet, die nach der Übergabe des fertigen Werkes als Umsatz zu erfassen ist. Als Ort der Lieferung bei Werklieferungen ist auch in Belgien der Ort der Übergabe des fertigen Werkes festgelegt. Daher unterliegen in Belgien erbrachte Werklieferungen der belgischen Umsatzsteuer. Bauleistungen
Bei Werklieferungen/Werkleistungen ergeben sich darüber hinaus Besonderheiten, wenn der leistende Unternehmer zusätzlich als Bauunternehmer anzusehen ist, weil er unbewegliche Gegenstände (Immobilien im weiteren Sinne) liefert oder Arbeiten an unbeweglichen Gegenständen erbringt. Als Bauleistungen gelten alle Werklieferungen von Gegenständen, die fest mit dem Boden verbunden sind und nicht wieder entfernt werden können, ohne Schäden am Grund und Boden oder Gebäude zu hinterlassen. In der Vergangenheit war für die Erbringung von Bauleistungen zwingend eine Bauunternehmerregistrierung erforderlich, diese Registrierung ist heute nur noch optional und für in der EU ansässige Unternehmer nicht mehr zwingend erforderlich. Verlagerungsverfahren/Reverse-Charge
Das belgische Umsatzsteuerrecht sieht bereits seit dem 1. 1. 2002 umfassende Regelungen zur Verlagerung der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger vor, wenn der leistende Unternehmer nicht in Belgien ansässig ist. Im Einzelnen ist für die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens für jeden Umsatz zu unterscheiden, ob jeweils der leistende Unternehmer und der Leistungsempfänger in Belgien ansässig sind über feste Geschäftseinrichtung bzw. umsatzsteuerliche Betriebsstätte verfügen über einen Fiskalvertreter registriert sind direkt (ohne Fiskalvertreter) registriert sind überhaupt nicht registriert sind Zusammengefasst und vereinfacht ergeben sich die folgenden Konstellationen und umsatzsteuerlichen Auswirkungen: (ohne Besonderheiten bei Bauleistungen) Für die Erbringung von Bauleistungen gilt ein generelles Reverse-Charge-Verfahren, auch wenn die Leistung zwischen zwei in Belgien ansässigen Unternehmen erbracht wird. In Belgien ansässige Unternehmen und ausländische Unternehmen, die über eine um-satzsteuerliche Betriebsstätte verfügen, sind immer verpflichtet, zuzüglich belgischer Umsatzsteuer abzurechnen. Auf den Status des Leistungsempfängers kommt es nicht an. Entsprechend den Vorgaben der EU wird eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte in Belgien dann angenommen, wenn es sich um eine feste Geschäftseinrichtung handelt und ausreichend personelle und finanzielle Ressourcen verfügbar sind, um die Geschäfte der Betriebsstätte selbstständig zu führen. Eine handelsrechtlich eingetragene Niederlassung wird in der Regel als umsatzsteuerliche Betriebsstätte angesehen. Die im Rahmen von Werklieferungen häufig entstehenden und für Ertragssteuerzwecke relevanten reinen Montagebetriebsstätten werden aus umsatzsteuerlicher Sicht üblicherweise nicht als Betriebsstätte betrachtet. Ist das ausländische Unternehmen über...