Friedl | Systemisches Coaching | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Friedl Systemisches Coaching


1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7495-0354-4
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

ISBN: 978-3-7495-0354-4
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Einführung ins systemische Coaching Systemisches Coaching ist als Beratungsformat in unterschiedlichsten Bereichen hoch erfolgreich. Viele systemische Coaches sind am Markt aktiv, noch mehr interessieren sich für eine Ausbildung. Aber was macht systemisches Coaching im Detail aus? Und vor allem, wie kann man es erlernen und anwenden? Dieses Buch hilft Ihnen, den systemischen Ansatz in Theorie und Praxis zu verstehen und entsprechende Coachingtechniken anzuwenden. Es umfasst: • einen detaillierten Überblick über die Theorieentwicklung im systemischen Feld in Abgrenzung zu anderen Theorien, • eine Beschreibung der Charakteristika des systemischen Coachings wie Haltungen und Coaching-Formate, • eine ausführliche Zusammenstellung von Coaching-Instrumenten für Anfänger und Fortgeschrittene, • konkrete Anleitungen zum Einüben der einzelnen Coaching-Instrumente sowie • Ideen, wie systemisches Coaching im Führungsalltag hilfreich sein kann.

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2. Eckpfeiler systemischen Denkens und Handelns
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über wichtige systemische Grundlagen – wobei sich die Theorie ständig weiterentwickelt. Die hier erwähnten Konzepte werden immer wieder diskutiert und angepasst. Neue Theorien kommen hinzu und werden integriert. Viele Konzepte wurden zuerst im Rahmen der systemischen Familientherapie erprobt und dann nach und nach auf den Coaching-Kontext übertragen. 2.1 System, Systemtheorie und systemisches Handeln
Als System bezeichnet man eine beliebige Gruppe von Elementen, die einerseits durch Beziehungen miteinander verbunden und andererseits nach bestimmten Kriterien von ihrer Umwelt abgrenzbar sind. Solche Systeme finden sich überall – bei Fröschen im Teich, bei Seminargruppen, in Zellen eines Organismus, bei Verschaltungen im Computer oder bei der Kommunikation innerhalb einer Familie, eines Teams oder einer Organisation (v. Schlippe & Schweitzer, 2016). Der Ursprung des Wortes liegt im Griechischen: Der Wortstamm systein bedeutet „zusammenfügen, zusammenstellen“. Essenziell ist hier also das aktive Element: Systeme existieren nicht einfach so. Systeme entstehen erst durch Beobachter*innen, die Unterscheidungen treffen. Das heißt, man entscheidet, welche Elemente und welche Beziehungen auf Basis bestimmter Kriterien zum System gehören und welche nicht und daher die Umwelt des betreffenden Systems bilden. Auf manche Systeme und ihre Unterscheidungsmerkmale hat sich die Gesellschaft geeinigt (z.B. die Zugehörigkeit zu einem Staat), andere Unterscheidungen treffen Menschen täglich ganz subjektiv (z. B. wer Teil eines Freundeskreises oder wer Teil eines Konfliktgeschehens ist). Durch solche Unterscheidungen strukturiert der Mensch sein (aktuelles) (Problem-)Erleben. Manchmal ist schon das eine wichtige Intervention im Coaching: die Zuordnungen sichtbar zu machen und den Blick für die Veränderbarkeit von Systemen zu öffnen. Als Systemtheorie bezeichnet man alle Versuche, adäquate Beschreibungen für die Fülle der gleichzeitig oder nacheinander ablaufenden Prozesse innerhalb von und zwischen Systemen zu entwickeln. Begriffe der Systemtheorie sind damit notwendigerweise abstrakt, weil sie auf ganz verschiedene Systeme passen sollen (v. Schlippe & Schweitzer, 2016). Im systemischen Arbeiten, Handeln oder Denken werden Beschreibungen und Erklärungen verwendet, die sich aus der Systemtheorie ableiten lassen. Es unterscheidet sich dabei oft vom „westlichen Alltagsdenken“, zum Beispiel hinsichtlich der Themen Kausalität und Eigenschaften lebender Systeme. Was dies konkret bedeutet, beschreibe ich in den folgenden Abschnitten. 2.2 Unterschiedliche Arten von Systemen
Soziale Systeme als Kommunikationssysteme Im Coaching hat man es hauptsächlich mit Anliegen bzw. Aufträgen zu tun, die sich in sozialen Systemen abspielen, also in Teams, Organisationen und in Familien, soweit die Vorgänge dort berufliche Themen beeinflussen. Die Pioniere*Pionierinnen der systemischen Familientherapie haben früh begonnen, ihre Beobachtungen auf die Kommunikationsmuster im sozialen System ihrer jeweiligen Klient*innen zu fokussieren und weniger – wie damals tiefenpsychologisch1 üblich – auf die innere Psychodynamik einzelner Personen. Sie erkannten, wie aus paradoxen Kommunikationsmustern in sozialen Systemen Regeln und wechselseitige Erwartungen bzw. auch vorweggenommene Erwartungen entstehen (also Erwartungs-Erwartungen, z. B. jemand nimmt an, dass Person X von ihm / ihr Verhalten Y erwartet, und verhält sich entsprechend positiv oder auch negativ dazu) und wie diese die Probleme aufrechterhalten und sogar verstärken können (siehe auch Bateson und seine Theorie zum Double Bind: Bateson et al., 1956). Die frühen Systemiker*innen begannen daher, Mitglieder des sozialen Systems ihrer Klient*innen in ihre Arbeit einzubeziehen, und setzten Impulse zur Entwicklung neuer Kommunikationsmuster. Noch heute zeichnet die Arbeit in Mehrpersonen-Settings die systemische Praxis aus und unterscheidet sie von anderen Methoden. Durch die Verschiebung des Fokus von der Einzelperson auf ihr soziales System und die darin vorherrschenden Kommunikations- und Verhaltensmuster wurde schon früh ein wichtiges Prinzip systemischen Arbeitens sichtbar: „Menschen sind nicht. Menschen verhalten sich“ (Radatz, 2009, S. 5). Je nach Kontext tun sie dies oft sehr unterschiedlich. Beispielsweise verhalten sich Erwachsene in ihrer Ursprungsfamilie wieder wie als Kinder. Oder jemand ist bei einem unangenehmen Bewerbungsgespräch nicht so selbstbewusst wie sonst, sondern unsicher und nicht imstande, alle persönlichen Stärken und Fähigkeiten einzusetzen. Die Theorie zu den Eigenschaften sozialer Systeme wurde, wie oben erwähnt, erst nach und nach entwickelt. Einen wichtigen Beitrag lieferte der deutsche Soziologe Niklas Luhmann (Luhmann, 1987). Er definierte die Kommunikation als den konstituierenden Bestandteil sozialer Systeme; die Psyche einerseits und der Körper (d. h. Leben, biologisches System) andererseits – also alles, was man denkt und fühlt – waren für ihn die Umwelten des sozialen Systems. Damit ist gemeint, dass Teil des sozialen Systems nur das werden kann, was Menschen über die Sprache als Medium kommunizieren. Was auch immer sie von ihren Gedanken und Gefühlen für sich behalten, kann nicht in einem Team, in einer Organisation oder in einem Coaching aufgegriffen und verarbeitet werden. Auch sind Menschen die biologischen Vorgänge Ihres Körpers nur wenig bewusst. Für Coaches bedeutet dies, dass sie keinen direkten Zugang zu den inneren (psychischen und körperlichen) Vorgängen ihrer Klient*innen haben. Sie erhalten nur dann Hinweise darauf, wenn ihr Gegenüber etwas davon versprachlicht. Die drei von Luhmann definierten Systeme (soziales System = Kommunikationssystem, Psyche, Körper) operieren weitestgehend unabhängig voneinander, wenngleich sie miteinander verbunden sind und sich in ihrer Existenz gegenseitig voraussetzen. Beispielsweise scheinen kommunikative Muster oft ein „Eigenleben“ zu haben und völlig anders abzulaufen, als es sich die Beteiligten wünschen. So hört man etwa von Teammitgliedern, dass sie sich trotz aller Bemühungen immer wieder in den gleichen Kommunikationsschleifen wiederfinden – als würde ein Kommunikationssystem eine „eigene Geschichte“ anlegen, über die die Beteiligten nicht beliebig verfügen können (v. Schlippe & Schweitzer, 2016). Die Definition von Psyche und Körper (biologisches System) als Umwelten des sozialen Systems in der Theorie von Niklas Luhmann verstärkte den ohnehin schon ausgeprägten Fokus der Systemiker*innen auf die vorherrschenden Kommunikationsmuster in sozialen Systemen weiter. Gefühle und intrapsychische Prozesse wurden erst viel später in die systemische Arbeit integriert (siehe „Neuere Entwicklungen in der systemischen Theorie“ in Abschnitt 2.5). Lebende versus technische Systeme Eine wichtige Unterscheidung bei der Beobachtung von Systemen ist die zwischen lebenden und technischen Systemen, denn diese gehorchen völlig unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten. Bei technischen Systemen, z. B. einer Zentralheizung, geht man davon aus, dass man sie über externe Impulse wie einen Thermostat eindeutig regeln kann: Stellt man die Temperatur hoch, heizt die Zentralheizung stärker, und umgekehrt. Dagegen muss man sich bei lebenden Systemen auf Überraschungen und Unberechenbarkeiten gefasst machen. Lebende Systeme haben mehr als eine Möglichkeit, externe Impulse aufzunehmen und zu verarbeiten. Für Coaches bedeutet dies, dass sie sich nicht sicher sein können, was ihre Interventionen bewirken, sondern hypothesengetrieben und in Schleifen arbeiten müssen. Sie setzen einen Schritt, beobachten und bewerten die Reaktion und setzen dann den nächsten Schritt. Dieses Vorgehen in der systemischen Familientherapie wurde allerdings erst nach und nach entwickelt, wie der folgende historische Abriss zeigt. Der Begriff „Systemtheorie“ wurde erstmals in der Biologie von Ludwig von Bartalanffy (1901–1976) verwendet (2015). Populär wurde die Systemtheorie allerdings nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Bezeichnung „Kybernetik“, der Steuerungslehre technischer Systeme. Der Begriff stammt von dem US-amerikanischen Mathematiker und Philosophen Norbert Wiener (vgl. Heims, 1991) und bezeichnet die Lehre von der Steuerung komplexer Systeme. Eine Prämisse der Forschungsarbeiten in der Zwischen- und Nachkriegszeit war, dass komplexe Prozesse prinzipiell plan- und steuerbar bzw. die Systeme und ihre Teile objektiv von außen zu beobachten sind (Subjekt-Objekt-Spaltung der Erkenntnis; siehe auch v. Schlippe & Schweitzer, 2016). Auch die frühe systemische Familientherapie arbeitete mit dem ursprünglichen Theorieverständnis der Kybernetik. Sie entwickelte Vorstellungen davon, wie ein „funktionales“ Familiensystem aussehen sollte und wie Therapeut*innen durch – manchmal massive – Eingriffe ein System von einem dysfunktionalen in einen funktionalen Zustand bewegen könnten, beschrieben in den frühen Arbeiten von Salvador Minuchin (Minuchin & Fishman, 1981) und Mara Selvini Palazzoli (Selvini, 2008). Einerseits waren die Therapeut*innen in der Praxis zunehmend davon überrascht, wie unterschiedlich die Familien auf ihre wohlüberlegten Interventionen reagierten. Andererseits ist es aus heutiger Sicht problematisch, wenn eine Gruppe von Psychotherapeut*innen definiert, was eine „funktionale Familie“ ausmacht. Die systemischen Therapie-Pioniere*Pionierinnen arbeiteten jedoch mit den damals allgemein gültigen Vorstellungen, ohne diese zu hinterfragen. Auf...


Dr. Martina Angela Friedl ist systemische Organisationsberaterin, Trainerin, Coach sowie systemische Therapeutin. Seit vielen Jahren bildet sie angehende systemische Coaches aus. Sie ist Mitglied in der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Systemische Therapie und Systemische Studien und lebt in Wien.



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