Gibson Sie kam, sah und liebte/Er liebt mich, er liebt mich nicht
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-641-19443-7
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zwei Romane in einem Band
E-Book, Deutsch, 704 Seiten
ISBN: 978-3-641-19443-7
Verlag: Goldmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
'Sie kam, sah und liebte': Auf den ersten Blick wirkt die zierliche Reporterin Jane Alcott wie ein unscheinbares Mauerblümchen. Nicht gerade der bevorzugte Frauentyp des gefeierten Eishockeystars Luc Martineau. Doch als ausgerechnet Jane über Martineaus Team berichten soll, erkennt Luc, wie trügerisch der erste Eindruck sein kann ...
'Er liebt mich, er liebt mich nicht': Die Fotografin Daisy kehrt in ihre verschlafene Heimatstadt Lovett zurück, um ihrer großen Jugendliebe Jack endlich ein lang gehütetes Geheimnis anzuvertrauen. Doch Jack, notorischer Frauenheld, hat sich geschworen, Daisy nie wieder in sein Leben zu lassen ...
Seit sie sechzehn Jahre alt ist, erfindet Rachel Gibson mit Begeisterung Geschichten. Mittlerweile hat sie nicht nur die Herzen zahlloser Leserinnen erobert, sie wurde auch mit dem Golden Heart Award der Romance Writers of America und dem National Readers Choice Award ausgezeichnet. Rachel Gibson hat drei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Ehemann in Boise, Idaho.
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PROLOG
DAS LEBEN DER HONEY PIE
Von allen verräucherten Bars in Seattle musste er ausgerechnet die Lockere Schraube aufsuchen, die Kaschemme, in der ich fünf Nächte in der Woche arbeite, Bier zapfe und an Rauch ersticke. Eine schwarze Haarlocke fiel ihm lässig in die Stirn, als er ein Päckchen Camels und ein Zippo auf den Tresen legte.
»Ein Henry’s, bitte«, sagte er mit einer Stimme so rau wie Cordsamt, »und leg einen Zahn zu, Baby. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.«
Ich stand schon immer auf dunkle Typen mit schlechten Manieren. Ein Blick und ich wusste, dieser Mann ist so dunkel und so schlimm wie ein Gewittersturm. »Flasche oder vom Fass?«, fragte ich.
Er zündete sich eine Zigarette an und sah mich durch eine Rauchwolke hindurch an. Seine himmelblauen Augen waren randvoll mit Sünde, als er den Blick auf mein Top senkte. Angesichts meiner 75er Körbchengröße zog er wohlgefällig einen Mundwinkel hoch. »Flasche«, antwortete er.
Ich holte ein Henry’s aus dem Kühlschrank, öffnete die Flasche und schob sie über den Tresen. »Drei fünfzig.«
Er ergriff die Flasche mit seiner großen Hand und hob sie an die Lippen, und ohne mich aus den Augen zu lassen, trank er ein paar tiefe Züge. Schaum stieg im Flaschenhals auf, als er sie absetzte, und er leckte einen Tropfen Bier von seiner Unterlippe. Ich spürte es in den Kniekehlen.
»Wie heißt du?«, fragte er, griff in die Gesäßtasche seiner abgetragenen Jeans und zückte seine Brieftasche.
»Honey«, antwortete ich. »Honey Pie.«
Er zog auch den anderen Mundwinkel hoch und reichte mir einen Fünfer. »Bist du Stripperin?«
Das höre ich ziemlich oft. »Kommt darauf an.«
»Worauf?«
Ich händigte ihm das Rückgeld aus und strich dabei mit den Fingern über seine warme Handfläche. Ein Schaudern kitzelte den Puls an meinem Handgelenk, und ich lächelte. Ich ließ den Blick an seinen kräftigen Armen und seiner Brust hinauf zu seinen Schultern wandern. Wer mich kennt, weiß auch, dass ich mich in Bezug auf Männer nur an sehr wenige Regeln halte. Ich mag sie groß und schlecht, und sie müssen saubere Zähne und Hände haben. Das ist schon beinahe alles. Oh, ja, und ich bevorzuge eine schmutzige Fantasie, wenngleich die nicht unbedingt Voraussetzung ist, denn meine eigene reicht für zwei. Immer schon. Selbst als Kind hat sich in meinem Kopf alles um Sex gedreht. Während die Barbie-Puppen der anderen Mädchen Schule spielten, spielte meine Barbie Doktor. Und zwar so, dass Dr. Barbie Kens Gemächt untersuchte, um ihn dann in ein schweißnasses Koma zu versetzen.
Jetzt, im Alter von achtundzwanzig, während andere Frauen Golf spielen oder töpfern, sind Männer mein Hobby, und ich sammle sie wie billige Elvis-Souvenirs. Als ich in die sexy blauen Augen von Mr. Unmanierlich blickte, beschloss ich unter Berücksichtung meines rasenden Pulses und des Pochens zwischen meinen Schenkeln, vielleicht auch ihn in meine Sammlung aufzunehmen. Vielleicht würde ich ihn mit zu mir nach Hause nehmen. Oder ich nahm ihn auf dem Rücksitz meines Wagens oder in einer Kabine der Damentoilette.
»Was du dir so vorstellst«, antwortete ich schließlich, verschränkte die Arme auf dem Tresen und beugte mich vor, um ihm den Anblick meiner perfekten Brüste zu gewähren.
Er hob den Blick aus meinem Dekolleté, und seine Augen waren heiß und hungrig. Dann klappte er seine Brieftasche auf und zeigte mir seine Dienstmarke. »Ich suche Eddie Cordova. Ich habe gehört, dass du ihn kennst.«
Persönliches Pech. Ein Bulle. »Ja, ich kenne Eddie.« Ich war einmal mit ihm ausgegangen, wenn man das, was wir getrieben haben, so umschreiben möchte. Als ich Eddie das letzte Mal sah, lag er in der Toilette bei Jimmy Woo im Koma. Ich musste auf sein Handgelenk treten, damit er endlich meinen Knöchel losließ.
»Weißt du, wo ich ihn finden kann?«
Eddie war ein drittklassiger Dieb, und schlimmer noch, im Bett war er miserabel, und ich hatte nicht die Spur eines schlechten Gewissens, als ich sagte: »Kann sein.« Ja, vielleicht würde ich diesem Typen helfen, und so, wie er mich ansah, war klar, dass er mehr wollte, als …
Das Telefon neben Jane Alcotts Computer klingelte und lenkte ihre Aufmerksamkeit vom Bildschirm und von der neuesten Episode aus dem Leben der Honey Pie ab.
»Verdammt«, fluchte sie. Sie schob die Finger unter ihre Brillengläser und rieb sich die müden Augen. Zwischen den Fingern hindurch spähte sie auf die Nummer auf dem Display und hob ab.
»Jane«, begann der Chefredakteur der Seattle Times, Leonard Callaway, ohne ein Wort der Begrüßung. »Virgil Duffy redet heute Abend mit den Trainern und dem Geschäftsführer. Du hast den Job jetzt offiziell.«
Virgil Duffys Unternehmen war Mitglied der Fortune 500, und ihm gehörte das Hockeyteam der Seattle Chinooks. »Wann fange ich an?«, fragte Jane und erhob sich. Sie griff nach ihrem Kaffee und verschüttete etwas auf ihren alten Flanellpyjama, als sie den Becher an die Lippen hob.
»Am Ersten.«
Am ersten Januar. Dann blieben ihr nur noch zwei Wochen für die Vorbereitung. Vor zwei Tagen war Leonard mit der Frage an sie herangetreten, ob sie Lust hätte, den Sportreporter Chris Evans, der sich der Behandlung eines Non-Hodgkin-Lymphoms unterzog, zu vertreten. Chris’ Prognose war gut, aber für die Zeit seiner Abwesenheit brauchte die Zeitung jemanden, der über das Hockeyteam der Seattle Chinooks berichtete. Jane hatte sich nie träumen lassen, dass sie dieser Jemand sein würde.
Unter anderem schrieb sie Artikel für die Seattle Times und war bekannt für ihre monatliche Kolumne Als Singlefrau in der Stadt. Von Hockey hatte sie nicht die geringste Ahnung.
»Am Zweiten gehst du mit ihnen auf Tour«, fuhr Leonard fort. »Virgil will die Einzelheiten noch mit den Trainern absprechen, und am Montag vor der Abreise stellt er dich dann dem Team vor.«
Als man ihr in der vergangenen Woche den Job angeboten hatte, war sie erschrocken und ziemlich verdutzt gewesen. Mr. Duffy würde doch sicher verlangen, dass ein anderer Sportreporter über die Spiele berichtete. Doch wie sich herausstellte, war das Angebot die Idee des Besitzers selbst gewesen.
»Wie finden die Trainer das denn?« Sie stellte den Becher neben einem mit Post-it-Zetteln in verschiedenen Farben gespickten Terminplaner auf dem Schreibtisch ab.
»Das ist relativ unwichtig. Seit John Kowalsky und Hugh Miner sich zur Ruhe gesetzt haben, hat die Arena kein nennenswertes Publikum mehr gesehen. Duffy muss diesen Spitzentorwart bezahlen, den er letztes Jahr eingekauft hat. Virgil ist ein glühender Hockeyfan, aber in erster Linie ist er Geschäftsmann. Er tut, was er kann, um die Fans auf die Tribüne zu holen. Das ist auch der Hauptgrund dafür, dass er auf dich verfallen ist. Er will mehr Frauen zu den Spielen locken.«
Leonard Callaway sagte jedoch nichts darüber, dass Duffy glaubte, sie würde locker-flockigen Frauenkram schreiben. Was Jane nicht störte; immerhin half dieser Frauenkram ihr, ihre Rechnungen zu bezahlen, und war außerdem hochgradig beliebt bei den Leserinnen der Seattle Times. Aber Frauenkram reichte nicht für sämtliche Rechnungen. Nicht einmal annähernd. Die meisten bezahlte sie mithilfe von Pornos. Und die Pornoserie Das Leben der Honey Pie, die sie für die Zeitschrift Him schrieb, war hochgradig beliebt bei Männern.
Während Leonard über Duffy und sein Hockeyteam berichtete, griff Jane nach einem Kuli und kritzelte auf einen pinkfarbenen Zettel: Bücher über Hockey kaufen. Sie riss das Zettelchen vom Block, schlug eine Seite im Terminplaner um und klebte es unter einigen anderen ein.
»… und du darfst nie vergessen, dass du es mit Hockeyspielern zu tun hast. Weißt du, die sind manchmal furchtbar abergläubisch. Wenn die Chinooks anfangen, Spiele zu verlieren, geben sie dir die Schuld und jagen dich zum Teufel.«
Prima. Ihr Job war abhängig von abergläubischen Machos. Sie riss eine alte Notiz mit der Aufschrift »Termin Honey« aus dem Planer und warf sie in den Papierkorb.
Nach ein paar Gesprächsminuten legte sie den Hörer auf und griff nach ihrem Kaffeebecher. Wie die meisten Einwohner von Seattle kannte auch sie die Namen und sogar ein paar Gesichter von Hockeyspielern. Die Saison war lang, und beinahe jeden Abend wurde Hockey in den King-5-Nachrichten erwähnt, aber wirklich kennen gelernt hatte sie bisher nur einen von den Chinooks, den Torhüter, den Leonard erwähnt hatte, Luc Martineau.
Sie war dem Mann mit dem Dreiunddreißig-Millionen-Dollar-Vertrag kurz nach seinem Wechsel zu den Chinooks im letzten Sommer auf einer Party des Presseclubs vorgestellt worden. Wie der Inbegriff kraftstrotzender Gesundheit stand er in der Mitte des Raums, ein König, der Hof hielt. Er war kleiner, als Jane ihn sich vorgestellt hatte. Etwa einsachtzig, aber Muskeln pur. Dunkelblondes Haar wuchs ihm über die Ohren und in den Hemdkragen, leicht zerzaust und wie mit den Fingern...