Glauche / Löwe | Tod an der Sparrenburg | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 280 Seiten

Glauche / Löwe Tod an der Sparrenburg


1. Auflage 2011
ISBN: 978-3-86532-267-8
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 280 Seiten

ISBN: 978-3-86532-267-8
Verlag: Pendragon
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Bröker ist Privatier und führt in einer der besten Wohngegenden Bielefelds ein beschauliches Leben. Ohne Stress und mit viel gutem Essen. Ein Todesfall in der Nachbarschaft reißt ihn aus seinem Trott und weckt seinen detektivischen Spürsinn. Bröker wittert Mord. Unerwar tete Unterstützung erhält er von dem jugendlichen Hacker Gregor, der am Sparrenberg seine Sozialstunden ableisten muss. Als er endlich die Polizei davon überzeugen kann, dass das Opfer nicht an einer natürlichen Todesursache starb, ist der ansonsten eher gemütliche Bröker schon mitten in einem spannenden Fall.
Das Autorenduo Löwe & Glauche legt mit seinem Debüt einen spannendenKrimi vor, der durch seinen Humor, seine liebevoll beschriebenen Charaktere und vor allem durch viel Lokalkolorit zu einem lesenswerten Ereignis wird. "Tod an der Sparrenburg" ist der erste Band einer neuen Krimireihe.

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Kapitel 1
Tod in der Tomatensuppe
Ein Mensch kann sich daran gewöhnen, am Morgen allerlei Seltsames in seiner Zeitung zu finden, ohne dass ihn dies aus seiner gewohnten Ruhe brächte. Er kann von einer Schuhverkäuferin lesen, die tagtäglich ihrer Arbeit nachgeht, um sich nach einem durchwachsenen Wetterbericht im Radio mit ihren beiden Kindern vom Balkon zu stürzen. Er kann im gleichen Blatt fünf Tage später von einem 28-Jährigen erfahren, der in seiner Wohnung fünfzehn Hunden Asyl gewährt, dann aber, als ihm der sechzehnte Hund gebracht wird, Amok läuft und dabei drei Menschen schwer verletzt. Oder er kann sich in einem populärwissenschaftlichen Artikel bestätigen lassen, dass Versuchspersonen bereit sind, anderen Menschen Stromstöße von mehr als 220 Volt zu versetzen, wenn man ihnen einredet, diese lernten dadurch schneller. Ein Mensch kann sich daran gewöhnen, all das allmorgendlich zu lesen, und trotzdem schmeckt das Salamibrötchen und der Orangensaft zum Frühstück kein bisschen schlechter. Man fühlt sich ein wenig nachdenklich, sinniert, wie die Welt beschaffen und zu erklären sei, und schenkt sich Kaffee nach. Bröker wollte sich nicht gewöhnen. Er liebte es aber zu frühstücken. Jeden Morgen um halb elf, direkt nach dem Aufstehen. Er genoss sein Brötchen mit altem Gouda, am besten solchen, der ganz krümelig war, wenn man ihm vom Laib schnitt, und sein weiteres Brötchen mit Lachs und vor allem mochte er seine Rühreier mit Schinken. Und er liebte es, dazu Miles Davis’ Version von Porgy and Bess zu hören oder, wenn er melancholisch war, Louis Armstrong oder Stan Getz. Was blieb ihm also anderes übrig, als die großen überregionalen Tageszeitungen abzubestellen. Doch das war bei einem so ausgedehnten Frühstück, wie Bröker es mochte, nicht lange gut gegangen. Die Zeit war ihm lang geworden, die Mahlzeit ein wenig freudloser und Bröker hatte sich dabei ertappt, wie er begann, seine Lieblingssalami hastig in sich hineinzustopfen. So hatte er schließlich einen Kompromiss gefunden und die beiden Bielefelder Lokalblätter, die Neue Westfälische und das Westfalen-Blatt abonniert. Natürlich berichteten auch diese über die Amokläufe dieser Welt. Doch ihr Budget gab nicht viel mehr her, als die üblichen Agenturmeldungen zu drucken, die man schnell überblättern konnte, und so blieben die einzigen wirklichen Hiobsbotschaften die Berichte über die Abstiege des heimischen Fußballclubs, der Arminia, aus der ersten Liga, die zwar seltener als Weihnachten, aber häufiger als die Schaltjahre waren. Dafür konnte man über die neuen Blitzgeräte am Ostwestfalendamm lesen, die Bröker als Nicht-Autofahrer beifällig nickend zur Kenntnis nahm, über archäologische Funde an der Sparrenburg, die das Gerücht von einem Fluchttunnel, der einst von der Burg bis zum Bunker Ulmenwall geführt haben sollte, neu belebten, oder von Bielefelds stadtbekanntem Flitzer, der sich, inzwischen mehr als 60-jährig, dieses Mal auf dem Zehnmeterturm des Wiesenbades entkleidet hatte, von dort jedoch entkommen war, bevor die Bademeister ihn hatten einfangen können. Solche Nachrichten versetzten Bröker in die richtige Stimmung für ein ausgedehntes Frühstück, das er, sobald die Jahreszeit es zuließ, auch gerne im Freien zu sich nahm. Freilich, der Garten des gelben Stadthauses, das an einer Kreuzung am Sparrenberg lag, hatte seit dem Tod seiner Mutter vor ein paar Monaten seine wiedergewonnene Freiheit weidlich genutzt: Es waren nicht nur mehr Pflanzen als zuvor vorhanden, sondern vor allem auch solche, die niemand gepflanzt hatte, schon gar nicht Bröker. Zudem schienen sie besonders gut in den schmalen Fugen zwischen den Platten der Gehwege oder unter der Pergola zu gedeihen. Auch hatte das Gras trotz Brökers Bemühungen, es zumindest alle drei Wochen zu mähen, um weiterhin zu seinem angestammten Frühstücksplatz vordringen zu können, eine stattliche Höhe erreicht. Bröker nahm all dies mit einer Mischung aus Interesse und Bedauern wahr. Auch wusste er, dass er selbst an den veränderten Zuständen, die seine Mutter nicht ganz zu Unrecht nicht nur im Garten als Auswüchse bezeichnet hätte, nicht unschuldig war. Es hatte keine vier Wochen gedauert, da hatte er sich sowohl mit der Haushälterin als auch mit dem Gärtner so überworfen, dass beide von sich aus gekündigt hatten. Während die Haushälterin die lästige Angewohnheit hatte, schon morgens um neun an Brökers Zimmertür zu klopfen (die der Mutter gab es ja nun nicht mehr), um nachzusehen, ob der Herr des Hauses bereit war, dem Tageslicht mit männlichem Mut entgegenzutreten, fand er den Gärtner, der tagelang Unkraut zupfen konnte, während Bröker in der Sonne saß, einfach nur beunruhigend und ein wenig spießig. Er brauchte kein Hauspersonal, hatte er für sich beschlossen, und sich so gar nicht erst nach neuem um gesehen. Uli, Brökers rot gestreifter Kater, schien die üppige Vegetation auch besser zu gefallen. Er rollte sich meist während Brökers Frühstück hinter einem Strauch oder einem besonders prächtig sprießenden Grasbüschel zusammen und wartete, ob die Laune seines Herrchens so gut werden würde, dass für ihm ein Streifen Lachs abfiel. Uli war nach der ehemaligen Bielefelder Torwartlegende Uli Stein benannt. Doch Ulis Körper war nicht ganz so athletisch wie der seines Namensvetters zu guten Zeiten. Ja, wenn man ehrlich war, musste man Uli als fettleibig bezeichnen. Das taten auch alle, die Uli sahen, nur Bröker hielt sich eingedenk dessen, was ihm der Spiegel über seinen eigenen Körper wahrsagte, vornehm zurück. Diese Zurückhaltung war eher ungewöhnlich für Bröker: Obwohl er selbst bei einer mittleren Körpergröße zwei Zentner Lebendgewicht mit sich herumtrug, manchmal auch ein wenig mehr, kommentierte er gern und ausgiebig, wenn ihm selbst jemand ein wenig unförmig vorkam. An diesem Morgen im Frühsommer aber wartete Uli vergebens. Wie immer saß Bröker – bereits mittelstark schwitzend – in den Strahlen der schon sehr kräftigen Vormittagssonne und las beim Frühstück in seiner Morgenzeitung. Die Arminia hatte am gestrigen Abend ihr Freundschaftsspiel bei den drittklassigen Stuttgarter Kickers verloren und Bröker verfolgte kopfschüttelnd den Spielbericht und die Einzelkritiken. Zwei Elfmeter und eine rote Karte hatten die Arminen gegen sich bekommen, das konnte doch nicht wahr sein! Er gestikulierte so heftig, dass Uli erschrocken aus seinem Versteck hervorgesprungen wäre, hätte ihn nicht seine eigene Körpermasse davon abgehalten. So sehr er sich auch an die Verhaltensweisen seines Herrchens angepasst hatte, an dessen Reaktionen auf Spielergebnisse der Arminia würde er sich nie gewöhnen können. Während Uli noch seinen Fluchtinstinkt niederrang, hatte sich Bröker schon wieder in die Zeitung vertieft. Die Meldung auf der nächsten Seite nahm seine Aufmerksamkeit so sehr in Anspruch, dass er nicht nur die Niederlage der Arminia, sondern auch sein Salamibrötchen für einen Moment vergaß: „Tod in der Tomatensuppe“ verkündete eine für die Neue Westfälische ungewohnt fette Schlagzeile. Der folgende Text, immerhin eine der wichtigsten Lokalnachrichten nach der Niederlage der Arminia, berichtete, dass der Bielefelder Bankier Wilfried Schwackmeier vorgestern Abend 67-jährig in seiner Villa am Bielefelder Sparrenberg gestorben war. Seine Putzfrau hatte ihn am gestrigen Mittwochmorgen tot aufgefunden, als sie wie üblich um neun Uhr gekommen war, um das Haus zu reinigen. Dabei hatte Schwackmeier dem Zeitungsbericht zufolge an einem feierlich gedeckten Tisch gesessen. Ein Glas Sancerre – dass es sich um diesen Tropfen handelte, war an der daneben stehenden Flasche erkennbar – hatte er anscheinend im Todeskampf umgeworfen, es hatte sich über das Tischtuch ergossen. Doch alles Aufbäumen hatte Schwackmeier nichts genützt – man fand ihn mit dem Gesicht in einem Teller Tomatensuppe liegend tot auf. Die von der Putzfrau herbeigerufene Polizei und Doktor Geringhoff, der Hausarzt des Toten, gingen von einem tödlichen Herzinfarkt aus. Dann folgte ein Absatz, der Schwackmeiers Wirken als Direktor einer Bielefelder Privatbank sowie in zahlreichen Organisationen der Bielefelder Oberschicht würdigte. Bröker schlug die Zeitung zu und widmete sich der Lektüre des Westfalen-Blatts. Hier war der Tod Schwackmeiers gar auf Seite eins der Lokalnachrichten gelandet, auch wenn den Redakteuren nur der vergleichsweise seriöse Titel „Tod eines Bankers“ eingefallen war. Auf das pikante Detail, dass man Schwackmeier mit dem Gesicht in einer Tomatensuppe gefunden hatte, mochte man aber auch hier nicht verzichten. Ich hab ja geahnt, dass dieses vegetarische Zeug nicht gesund ist, dachte Bröker. Hoffentlich war sie wenigstens anständig gewürzt. Als sich auch das Westfalen-Blatt in einem Lobgesang auf Schwackmeiers Verdienste erging, der in der Zeile „Bielefeld hat einen seiner bedeutendsten Mitbürger verloren“ gipfelte, beschloss Bröker, die Zeitungslektüre für den heutigen Tag zu beenden. „Uli, komm einmal her!“, rief er seinen Kater und machte lockende Geräusche. Der Kater mauzte, aber bewegte sich keinen Zentimeter. Genießerisch blinzelte er in die Sonne, als wolle er sein Herrchen auffordern, doch selbst herzukommen. „Uli, Schwackmeier ist tot!“, sagte Bröker. Dann noch einmal, wie zu sich selbst: „Schwackmeier.“ Natürlich kannte Bröker Schwackmeier. Nicht nur, dass dessen Villa sich kaum zweihundert Meter Luftlinie von seinem eigenen Haus entfernt befand, nein, vor vielen Jahren, Bröker war damals gerade einmal 15 Jahre alt gewesen, hatten er und Schwackmeier auch im selben Schachverein gespielt. Bröker, das potenzielle Jungtalent, Schwackmeier, knapp mehr...


Matthias Löwe wurde 1964 in Löhne (Westfalen) geboren. Er studierte in Bielefeld und wohnte in der Teuto-Stadt – mit Unterbrechungen – von 1985 bis 1998. Nach einigen Lehrtätigkeiten in der Bundesrepublik und den Niederlanden ist er seit 2003 Professor für Mathematik in Münster.



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