E-Book, Deutsch, Band 1759, 160 Seiten
Reihe: Romana
Grace Insel, aus Träumen geboren
1. Auflage 2008
ISBN: 978-3-86349-351-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1759, 160 Seiten
Reihe: Romana
ISBN: 978-3-86349-351-6
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Carol Grace wurde mit Fernweh im Blut geboren. Sie wuchs in Illinois auf, sehnte sich aber sehr bald danach, die weite Welt zu erkunden. Während des Studiums erfüllte sie sich diesen Traum erstmals mit einem Auslandssemester an der Sorbonne in Paris. Ihren Abschluss machte sie an der Universität von Los Angeles, bevor sie nach San Francisco ging, um beim öffentlichen Fernsehen zu arbeiten, wo sie auch ihren zukünftigen Ehemann kennen lernte. Sie verließ das Fernsehen, um an Bord des Krankenhausschiffes Hope Reisen nach Guinea, Nicaragua und Tunesien zu unternehmen. Dann endlich, nach ihrer Heirat, bereisten sie und ihr Ehemann Algerien und den Iran, um zu arbeiten. Sie liebten die Reize des exotischen Lebens im Ausland, aber kamen letztendlich zurück nach Kalifornien um ihre zwei Kinder in ihrem Haus auf den Berggipfeln mit Aussicht auf den Pazifik groß zu ziehen. Carol sagt heute, dass das Schreiben für sie ein alternativer Weg sei, das Leben aufregend zu gestalten.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
2. KAPITEL Die Bediensteten des „Argos“ taten ihr Bestes, um das Archäologenteam und die anderen Überlebenden des Fährunglücks aufzunehmen. Helen Marinokou, die langjährige Besitzerin des kleinen, oberhalb des Hafens gelegenen Hotels, empfing alle mit herzlichen Worten der Anteilnahme. Olivia hatte für den Charme des holzgetäfelten Speiseraums, in den sie wenig später geführt wurden, und die Platten mit den leckeren Nudelgerichten, die aufgetragen wurden, keinen Blick. Zusammen mit den anderen Mitgliedern ihrer Gruppe saß sie an einem langen Tisch und ließ die Tür nicht aus den Augen. Ihr war die Kehle wie zugeschnürt. Nicht einmal von dem traditionellen mezedes, einer Vorspeise, die aus einem Salat aus Calamares und grünen Paprikaschoten bestand, brachte sie einen Bissen hinunter. Alle Passagiere waren einige Stunden zuvor von der Besatzung eines Fischerbootes an Bord genommen worden, alle, außer Jack. Fred Staples, ein junger Student von Jacks Universität, schenkte jetzt den Geretteten Retsina ein, den geharzten griechischen Wein. Als Olivia nicht mit ihnen anstieß, blickte er sie verwundert an. „Machen Sie sich etwa Sorgen um Dr. Oakley?“, fragte er. „Das sollten Sie nicht. Bestimmt kommt er mit dem nächsten Rettungsboot. Ich habe schon mehrmals bei Ausgrabungen mit ihm zusammengearbeitet. Er hat nie einen Tag Arbeit versäumt, egal, ob wir eine mörderische Hitze oder einen Hagelsturm hatten. Er ist unglaublich.“ Olivia rang sich ein Lächeln ab. Ja, das war er. Zumindest in den Augen seiner Studenten, die ihn anbeteten. Aber auch Jack hatte nur ein Leben. Zwar hatte er immer behauptet, neun zu haben, doch inzwischen dürfte er eigentlich über keins mehr verfügen, denn es war nicht das erste Mal, dass er bei einer Expedition Kopf und Kragen riskierte. „Ja, er wird sicher noch kommen“, erwiderte sie leise. Doch so richtig überzeugt war sie davon nicht. Sie wusste zwar, dass er hart im Nehmen war und kämpfen konnte, aber auch er war nur ein Mensch. Nachdem sie von dem Fischerboot aufgenommen worden waren, hatte Olivia den Kapitän angefleht, zu der Stelle zurückzukehren, wo die Fähre gesunken war, und nach Jack Ausschau zu halten. Doch er hatte das mit der Begründung abgelehnt, dass sie schon überladen wären und andere Schiffe bereits nach ihm suchen würden. Sie solle sich keine Sorgen um ihren Mann machen. Er hatte leicht reden. Dabei war sie es eigentlich leid, sich ständig Gedanken um Jack zu machen und zuzusehen, wie er sein Leben aufs Spiel setzte. Plötzlich konnte Olivia keinen Moment länger am Tisch sitzen bleiben, mit dem Bild vor Augen, wie Jack auf dem Meeresgrund lag oder mit den Haien kämpfte. Signalisierten die Blicke der anderen ihr nicht auch, dass sie draußen an der Pier sein und auf das nächste Boot warten sollte? Sie konnte es auch nicht mehr ertragen, wie alle lachten und plauderten und aßen und tranken, als wäre nichts passiert. Abrupt stand sie auf und bahnte sich einen Weg durch den überfüllten Speiseraum. Sie hatte schon fast die Tür erreicht, als Jack hereinkam. Er trug ein weißes T-Shirt und einen schmutzigen Overall, die ihm beide nicht gehörten, und sein Gesicht war rußgeschwärzt; trotzdem lächelte er selbstbewusst. Im ersten Moment atmete sie erleichtert auf, doch dann packte sie ihn an seinem Arbeitsanzug. „Wo bist du gewesen?“, fragte sie aufgebracht. „Nur ein wenig schwimmen“, erklärte er. „Hast du mich etwa vermisst?“ „Nein.“ Sie ließ die Hände wieder sinken. „Ja, zum Teufel!“ „Tut mir leid, dass ich mich verspätet habe.“ Er tat so, als wäre er gerade auf einer Cocktailparty seiner Fakultät aufgetaucht. „Habt ihr mir etwas zu essen aufgehoben?“ Nur mit Mühe konnte Olivia die Tränen zurückhalten und musste sich sehr beherrschen, um ihn nicht mit Vorwürfen zu überschütten. „Warum bist du nicht mit uns gekommen?“, stieß sie erregt hervor. „Was ist los mit dir? Musstest du unbedingt so lange warten, bis auch der letzte Passagier die Fähre verlassen hatte? Anscheinend ist dir nicht bewusst, dass die ganze Expedition von dir abhängt!“ „Von mir? Nun mach mal einen Punkt. Dr. Robbins ist der Leiter dieser Ausgrabung, nicht ich.“ Olivia blickte zu dem älteren Professor hinüber, der an einem Tisch in der Ecke saß und sich seinen Wein schmecken ließ, als ginge ihn das Ganze um ihn her nichts an. „Dr. Robbins mag eine Kapazität auf seinem Gebiet sein, aber Krisensituationen scheint er nicht im Griff zu haben. Unser Team wäre verloren ohne …“ Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. „Ach, vergiss es.“ Welchen Sinn hatte es auch, sich aufzuregen? Jack würde ohnehin tun, was er für richtig hielt. „Beruhige dich“, sagte er und nahm ihre Hände. „Beruhigen?“, fuhr sie auf. „Du hast Nerven! Wir hatten keine Ahnung, wo du warst. Du hättest auch ertrunken sein können. Ich wollte, du würdest auch einmal an andere denken, nicht immer nur an dich.“ „Das habe ich doch getan. Ich habe unaufhörlich an dich gedacht. Wenn ich es nicht geschafft hätte, hätte ich dir die Chance überlassen, allein das antike Grab mit all seinen Schätzen zu entdecken, darüber Berichte zu schreiben und dafür den Ruhm zu ernten, mit der Folge, dass dein Name im National Geographic erscheinen und du Vorträge bei Tagungen halten würdest. Denkst du, das hätte ich zugelassen?“ Er schenkte ihr ein ironisches Lächeln. „Ganz bestimmt nicht. Deshalb habe ich mich lieber von einem Fischer auflesen lassen, von dem auch die trockenen Sachen stammen, die ich jetzt anhabe. Ich befürchtete schon, ich müsste an Land schwimmen. Jedes Mal, wenn mir eine Welle ins Gesicht schlug, stellte ich mir vor, wie du die Grabkammer mit all den Funden ohne mich entdecken würdest. Das hat mich immer wieder angetrieben.“ Olivia schluckte und entzog ihm ihre Hände. Er hatte also an sie gedacht, wo sie das Schlimmste befürchtet hatte, und nun machte er sich nur lustig darüber. Nur gut, dass er nicht wusste, welche Angst sie um ihn ausgestanden hatte oder was für ein furchtbarer Schlag es für sie gewesen wäre, wenn er es nicht geschafft hätte. „Das hätte ich eigentlich wissen müssen, denn du setzt ja immer deinen Ehrgeiz darein, jeden Wettkampf zu gewinnen. Du allein gegen die Elemente, gegen den Sandsturm, die Flut, den Regen, was auch immer. Bisher hast du immer gewonnen. Doch eines Tages, Jack …“ Sie schluckte. Irgendwann würde er den Kampf gegen Gott und die Welt verlieren. Dann würde sie allerdings nicht mehr in seiner Nähe sein. „Aber reden wir nicht mehr von mir, Olivia“, sagte er. „Wie ist es dir ergangen?“, fragte er besorgt. „Ich habe schon angenommen, dass du es schaffen würdest; ganz sicher war ich mir jedoch nicht.“ Ihre Blicke begegneten sich, und für einen Augenblick hatte sie den Eindruck, er würde genauso wie sie spüren, dass sie noch immer etwas miteinander verband. Jack wandte den Blick ab und schaute sich um, und in diesem Moment löste sich das Gefühl auf. „Alle anderen sind gut hier angekommen?“ „Ja, alles ist in Ordnung. Nur du bist vermisst worden. Die Leute haben sich Sorgen um dich gemacht, denn du bist ihnen nicht gleichgültig.“ Doch die meisten Gedanken hatte sie sich um ihn gemacht, denn sie war noch immer seine Frau. „Das ist gut zu wissen. Doch du kennst mich ja und weißt, dass ich niemals zu spät zum Essen komme, und schon gar nicht, wenn es souvlaki und moussaka gibt. Ich bin am Verhungern. Wo sitzt du?“ Olivia deutete zu ihrem Platz. Inzwischen hatte die Neuigkeit die Runde gemacht, dass Jack eingetroffen war. Bevor er den Tisch erreichte, wurde er von allen Seiten begrüßt, umarmt, und viele klopften ihm auf den Rücken und gratulierten ihm, dass er der brennenden Fähre entkommen war. Dann wurde er eine Weile von Dr. Robbins, der einen unendlich erleichterten Eindruck machte, mit Beschlag belegt, während eine Bouzouki-Band zum Tanz aufzuspielen begann. Olivia hatte sich inzwischen so weit entspannt, dass sie eine mit Spinat gefüllte spanakopita essen und sich mit ihren Tischnachbarn unterhalten konnte. Und kurz darauf beobachtete sie, dass Jack sein Gespräch mit dem Expeditionsleiter beendet hatte und zu jedem Gruppenmitglied ging, um mit ihm einige Worte auszutauschen. Die Energie, die er dabei ausstrahlte, und die selbstsichere Art, mit der er sich in der Menge bewegte, erstaunten Olivia. Wenig später zogen sich Dr. Robbins und einige ältere Teammitglieder in ihre Bungalows zurück, die hinter den Pinien und Olivenbäumen lagen. Völlig erschöpft stahl Olivia sich kurz nach ihnen ebenfalls davon und erkundigte sich an der Rezeption nach ihrer Bleibe. „Ah, Mrs. Oakley“, begrüßte Elena, die junge Frau am Tresen, sie. „Wir haben für Sie und Ihren Mann Zimmer 203 im ersten Stock vorgesehen.“ „Ein Doppelzimmer? Nein, so geht das nicht, ich möchte einen Raum für mich allein“, erklärte Olivia entschieden. Die junge Frau schaute sie verwundert an, was Olivia ihr nicht übel nehmen konnte. Schließlich hatten Jack und sie denselben Namen und waren immer noch miteinander verheiratet. Wozu sollte sie jedoch große Erklärungen abgeben, weshalb sie nicht mehr zusammen waren? So etwas passierte überall auf der Welt, selbst in Griechenland. „Es tut mir leid, aber jemand in Ihrer Gruppe erwähnte, dass Sie ein Ehepaar sind“, sagte Elena. „Ich würde gern Ihrem Wunsch nachkommen, doch heute Nacht sind wir aufgrund des...