E-Book, Deutsch, 150 Seiten
Reihe: BALANCE Beruf
Grampp Lernort: Werkstatt
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-86739-298-3
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Grundlagen, Strukturen, Instrumente, Praxis
E-Book, Deutsch, 150 Seiten
Reihe: BALANCE Beruf
ISBN: 978-3-86739-298-3
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Berufliche Bildung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Die Fachkräfte stehen täglich vor der Herausforderung, die Vorgaben der Leistungsträger und des Gesetzgebers angemessen und bedarfsgerecht umzusetzen und ihrem Förderauftrag im Werkstattalltag zu entsprechen.
Dieses Buch führt in die Rahmenbedingungen geregelten Lernens in Werkstätten und die unterschiedlichen Formen des Lernens ein und nimmt auch die praktische Umsetzung in den Blick: Erstellung von Lerneinheiten, Entwicklung einer Lernplattform, berufliche Bildung auf Außenarbeitsplätzen und Dokumentation von Bildungsprozessen. Zahlreiche Downloadmaterialien unterstützen den Praxistransfer und ermutigen Mitarbeitende, ihren Bildungsauftrag zeitgemäß umzusetzen und weiterzuentwickeln.
Zielgruppe
Zielgruppen: Fach- und Führungskräfte in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), Berufsanfänger im Arbeitsfeld WfbM und Berufliche Bildung, Unabhängige Teilhabe-Beratungen (EUTB), Reha-Beratungsstellen, Elternverbände Inklusion
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Pädagogik Berufliche Bildung Wirtschaftspädagogik, Berufspädagogik
- Sozialwissenschaften Pädagogik Pädagogik Inklusive Pädagogik, Inklusion
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Psychiatrie, Sozialpsychiatrie, Suchttherapie
Weitere Infos & Material
Vorwort – Berufliche Bildung ist kein Selbstzweck 11
Irmgard Plößl
Lernen kompakt – Die Inhalte des Buches in Kürze 14
Gerd Grampp
Lernen geregelt – Vorschriften und Vorgaben 18
Gerd Grampp
Verharren statt Verändern – Entwicklung der Rahmenbedingungen 18
Instrumente zur Bedarfsermittlung in der Werkstatt 25
Lernen arbeitslebensbegleitend – Lernarten und Lernformen 29
Gerd Grampp
Lernen vor der Arbeit 30
Lernen neben der Arbeit 34
Lernen in der Arbeit 37
Lernen kompetenzorientiert – Kompetenzmodelle und Lernziele 42
Gerd Grampp
Fachkonzept der Bundesagentur für Arbeit 42
Bundesinstitut für berufliche Bildung 43
Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen 44
Der Kompetenz-hybrid-Ansatz (K-hyb) – Person und Umwelt 46
Lernen strukturiert – Rahmenpläne und Bausteine 53
Gerd Grampp
Strukturierung der Lerninhalte in der Berufsausbildung 54
Strukturierung der Lerninhalte in der angemessenen beruflichen Bildung 57
Lernen praktisch – Arbeitspädagogische Instrumente zur Gestaltung von Bildung und Arbeit 64
Gerd Grampp
Arbeitspädagogik als Grundlage des Lernens 64
Arbeitspädagogik und das Lernen vor und neben der Arbeit 66
Arbeitspädagogik und das Lernen in der Arbeit 71
Lernen extern – am Beispiel des Frankfurter Vereins 81
Dieter Debus, Marie-Theres Wuth
Prämissen beruflicher Bildung 81
Berufliche Qualifizierung 85
Praxisbeispiel Herr Finke 88
Lernen systematisiert – Lerneinheiten von allen für alle erstellen 94
Susanne Anker
Die Schulungen – Mitarbeitende qualifizieren 95
Die Lerneinheiten – standardisierte Erstellung 96
Die Datenbank – Lerneinheiten gezielt auswählen und einsetzen 100
Die Digitalisierung als Auftrag für die Zukunft 102
Lernen unterstützt – Selbstbestimmung fördern für die Praxis 104
Paul Birsens
Selbstbestimmung ermöglichen 105
Methodik und Didaktik – Begriffsklärung 106
Die Themenzentrierte Interaktion 107
Entwicklung und Erhaltung der beruflichen Handlungskompetenz 110
Persönlichkeitsentwicklung durch teilautonome Gruppenarbeit 112
Berufliche Bildung als gemeinsame Aufgabe 113
Lernen digitalisiert – Die Lernwelt didab 118
Bastian Thiedau und Dörte Ulka Engelkes
Digitale Bildung für Menschen mit Behinderung 118
Die E-Learning-Plattform didab 122
didab in der beruflichen Qualifizierung und Persönlichkeitsentwicklung 125
Berufliche Bildung wird zunehmend digital 129
Lernen dokumentiert – Lernprozesse digital verwalten 131
Ulrich Schlösser und Dieter Weber
Anforderung an EDV-gestützte Dokumentation von Lernprozessen 132
Dokumentieren mit dem TeilhabeManagementSystem 135
Lernen bilanziert – Die Entwicklung der Werkstatt als Lernort 144
Gerd Grampp
Literatur 146
Lernen geregelt – Vorschriften und Vorgaben
Gerd Grampp In diesem Kapitel geht es um Vorschriften und Vorgaben als Rahmenbedingungen für die Werkstatt als Lernort. Diese haben eine Geschichte, die bis 1974 zurückreicht. Nachfolgend werden das Gesetz zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung – Bundesteilhabegesetz (BTHG), das in seinem ersten Teil das neu gefasste SGB IX enthält, die Werkstättenverordnung (WVO) mit genaueren Vorgaben zum Lernen im Berufsbildungsbereich und Arbeitsbereich und das HEGA-Fachkonzept (BA 2010) für den Berufsbildungsbereich, die Bedarfsermittlungsinstrumente sowie die Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung (AZAV) vorgestellt. Verharren statt Verändern – Entwicklung der Rahmenbedingungen
Im Schwerbehindertengesetz (SchwbG) von 1974 wird der »Werkstatt für Behinderte« in § 52 die Aufgabe zugewiesen, »Behinderten einen Arbeitsplatz oder eine Gelegenheit zur Ausübung einer geeigneten Tätigkeit« zu bieten. Darüber hinaus muss sie es ihnen »ermöglichen, ihre Leistungsfähigkeit zu entwickeln und ein dem Arbeitsvermögen angemessenes Entgelt zu erreichen« und sie »soll über ein möglichst breites Angebot an Arbeitstrainings- und Arbeitsplätzen sowie eine Ausstattung mit begleitenden Diensten verfügen«. Für das Arbeitstraining werden diese Vorgaben in § 4 Arbeitstrainingsbereich der Werkstättenverordnung (SchwWV) vom 13.08.1980 präzisiert. Danach sollen »berufsfördernde Bildungsmaßnahmen zur Verbesserung der Eingliederungsmöglichkeiten in das Arbeitsleben unter Einschluss angemessener Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit« durchgeführt werden. Es handelt sich dabei um Einzelmaßnahmen und um Lehrgänge in Form von Grund- und Aufbaukurs im Umfang von je zwölf Monaten. Bildung als Erwerb von Kenntnissen und Entwicklung von Einstellungen und Training als Aneignung von Fertigkeiten scheinen sich zu widersprechen. Das gilt ganz besonders für berufsfördernde Bildungsmaßnahmen als Inhalt des Arbeitstrainings. Im Rahmenprogramm für berufsfördernde Bildungsmaßnahmen im Arbeitstrainingsbereich der Werkstätten für Behinderte (Bundesanstalt für Arbeit RdErl 42/96) wird in Abschnitt 3.4.1 dazu angeführt: »Durch planmäßige standardisierte und individualisierte Fördermaßnahmen sind die beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten zur Arbeitsausführung zu entwickeln und zu erhalten.« Für das Lernen im Arbeitstrainingsbereich sollen »arbeits- und sonderpädagogisch bewahrte Lernmodelle und -methoden angewandt [werden], die auch die Persönlichkeitsförderung des behinderten Menschen umfassen« (Bundesanstalt für Arbeit 1996). Eine verbreitete Methode, die diesen Anforderungen entspricht, ist die Vier-Stufen-Methode, die sich zwar für die Vermittlung berufsmotorischer Tätigkeiten eignet, nicht aber für den geforderten Erwerb von Kenntnissen und die Entwicklung von Einstellungen. Eine scheinbare Veränderung der Grundlagen für das Lernen in der Werkstatt ergibt sich mit dem SGB IX von 2001, in dem nun in § 136 »Begriff und Aufgaben der Werkstatt für behinderte Menschen« beschrieben werden. So soll statt des Arbeitstrainings »eine angemessene berufliche Bildung« angeboten werden. Allerdings finden sich in der WVO von 2002 für die berufliche Bildung die gleichen Vorgaben wie für das Arbeitstraining. Weiterhin sollen Einzelmaßnahmen und Lehrgänge mit Grund- und Aufbaukurs durchgeführt werden. Im Rahmenprogramm für das Eingangsverfahren und den Berufsbildungsbereich in Werkstätten für behinderte Menschen (BA 2002), das zwischen der BA und der BAG WfbM vereinbart wurde, findet sich in Abschnitt 4.3 die Anforderung: »Für die Berufsbildungsmaßnahmen werden arbeits- und sonderpädagogisch bewährte Lernmodelle und -methoden angewandt, die auch die Persönlichkeitsförderung der Teilnehmer umfassen.« 2010 ersetzt das Fachkonzept (BA 2010) das Rahmenprogramm von 2002. Es sieht zwar eine Orientierung des Lernens an der Berufsbildung vor, bleibt allerdings bei der gesetzlichen Vorgabe einer angemessenen Bildung. So kann zwar unter Umständen eine berufsbildorientierte Qualifikation erreicht werden, aber der Lernort Werkstatt bleibt, wie bisher, kein Ort der Berufsausbildung. Auch das SGB IX als Teil des BTHG von 2016 orientiert sich an der »Fortschreibung« der bisherigen Vorgaben. So wird der Text von § 136 aus 2001 fast wörtlich übernommen und bei der WVO gibt es keine Veränderung. Das Bundesteilhabegesetz enthält in Artikel 1 das neu gefasste Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch (SGB IX). § 1 führt die Förderung von Selbstbestimmung und voller, wirksamer und gleichberechtigter Teilhabe als Zweck der zu erbringenden Leistungen aus. Die Teilhabe am Arbeitsleben ist dabei eine der in § 5 aufgeführten Leistungsgruppen. In § 49 werden die Leistungen dieser Gruppe allgemein beschrieben und nach § 219 ist die Werkstatt »eine Einrichtung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben« für »diejenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden können«. Teilhabe bedeutet »Einbezogensein in eine Lebenssituation« (WHO 2005, S. 19). Einbezogensein darf jedoch nicht als passiver Zustand verstanden werden, sondern ist als aktive Beteiligung an den Arbeitsprozessen zu sehen. Die Beteiligung am Arbeitsprozess wird nach § 219 durch eine Beschäftigung verwirklicht, die »zu einem der Leistung angemessenen Arbeitsentgelt aus dem Arbeitsergebnis« führt. Einbezogensein als Beteiligung ist dann verwirklicht, wenn die Umwelt die Gelegenheit dafür bietet, dass »die Person die Aktivitäten ausführen kann, die sie ausführen will und die sie ausführen muss« (Grampp 2019, S. 24). Damit eine Person aktiv werden kann, braucht sie die erforderlichen Qualifikationen, und es ist Aufgabe der Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM), die Bedingungen für deren Erwerb im Prozess der Qualifizierung bereitzustellen. Diese, in § 219 als »angemessene berufliche Bildung« beschriebene Qualifizierung soll es »ermöglichen, die Leistungs- oder Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen und dabei die Persönlichkeit weiterzuentwickeln«. Die in § 219 eher allgemein gefassten Aufgaben der Werkstatt werden in § 57 und § 58 durch spezifische Vorgaben ergänzt. In § 219 wird festgelegt, dass die Werkstatt eine Einrichtung zur Eingliederung in das Arbeitsleben ist. Die konkrete Eignung einer Person ist im Eingangsverfahren nach § 57 zu klären. Danach wird festgelegt, welche Leistungen im Berufsbildungsbereich zu erbringen sind. Diese werden regelmäßig in einem Eingliederungsplan dokumentiert. Nach § 58 schließen sich die Leistungen im Arbeitsbereich an den Berufsbildungsbereich an. Sie umfassen die Beschäftigung auf einem individuell angepassten Arbeitsplatz, das Angebot von arbeitsbegleitenden Maßnahmen und von Maßnahmen zur Vorbereitung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. In der Werkstättenverordnung werden die Aufgaben sowie die Organisation von Werkstätten für Menschen mit Behinderung beschrieben. Dabei enthält § 3 die Bestimmungen für das Eingangsverfahren, § 4 für den Berufsbildungsbereich und § 5 für den Arbeitsbereich. Die Leistungen im Berufsbildungsbereich können als Lehrgänge und Einzelmaßnahmen erbracht werden. Die Lehrgänge gliedern sich in einen Grund- und einen Aufbaukurs von jeweils einem Jahr, um Ausdauer und Belastbarkeit zu entwickeln und die Teilnehmenden der Maßnahme auf die unterschiedlichen Beschäftigungen im Arbeitsbereich vorzubereiten. Zusätzlich geht es um die Förderung des Selbstwertgefühls, des Sozial- und Arbeitsverhaltens sowie die Feststellung der Schwerpunkte von Eignung und Neigung. Im Arbeitsbereich soll ein breites Angebot an Arbeitsplätzen vorgehalten werden, die in ihrer Ausstattung möglichst denen des allgemeinen Arbeitsmarkts entsprechen und die Erbringung wirtschaftlich verwertbarer Leistungen ermöglichen. Zudem sind nach § 4 der Werkstättenverordnung geeignete arbeitsbegleitende Maßnahmen »zur Erhaltung und Erhöhung der im Berufsbildungsbereich erworbenen Leistungsfähigkeit und zur Weiterentwicklung der Persönlichkeit durchzuführen«. Auch Maßnahmen zur Förderung des Übergangs auf den allgemeinen Arbeitsmarkt sind Teil der zu erbringenden Leistung im Arbeitsbereich. Weitere für die Leistungserbringung wichtige Hinweise finden sich im § 9. Dabei geht es um die Qualifizierung der Fachkräfte. Um »ihre Aufgaben entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen (…) unter Berücksichtigung der Notwendigkeit einer individuellen Förderung (…) erfüllen zu können«, müssen Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung »pädagogisch geeignet sein und über eine sonderpädagogische Zusatzqualifikation verfügen«. Den Standard dafür setzt die Fortbildungsprüfungsverordnung für die Fachkräfte zur Arbeits- und Berufsförderung in der Werkstatt (GFABPrV). Die Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung regelt die Zertifizierung von Bildungsträgern und Weiterbildungsmaßnahmen, mit dem Ziel der Qualitätssicherung von Leistungen der beruflichen Weiterbildung: »Die Regelungen verfolgen das Ziel, die Qualität arbeitsmarktlicher Dienstleistungen und damit die Leistungsfähigkeit und Effizienz des arbeitsmarktpolitischen Fördersystems nachhaltig zu verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen, können...