E-Book, Deutsch, 848 Seiten
Grehl / Reinhardt Checkliste Neurologie
7. überarbeitete Auflage 2021
ISBN: 978-3-13-243810-1
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 848 Seiten
ISBN: 978-3-13-243810-1
Verlag: Thieme
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zielgruppe
Ärzte
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1 Klinisch-neurologische Untersuchung
H. Grehl 1.1 Grundlagen - Übersicht
1.1.1 Notwendige Hilfsmittel
Reflexhammer, Taschenlampe, Watte oder Papiertuch (feine Berührung, Kornealreflex), Zahnstocher (Schmerzempfinden), Mundspatel (Würgreflex), neurologische Stimmgabel (Vibrationsempfinden), 2 identische und verschließbare Reagenzgläser für heißes und kaltes Wasser (Warm-/Kaltreiz), Augenspiegel, Frenzel-Brille, Stethoskop, Blutdruckmessgerät. Hinweis: Gegenstände zur Untersuchung der Spitz-Stumpf-Unterscheidung und Schmerzempfindung bzw. solche mit Kontakt zu Schleimhäuten müssen nach jeder Untersuchung vernichtet oder sterilisiert werden. Hilfsmittel wie Nadelrad, Metallnadeln etc. sind verzichtbar und aus hygienischen Gründen obsolet, sofern sie nicht sterilisiert werden. 1.1.2 Untersuchungsschema
Anamnese, Fremdanamnese: Sie steht immer vor der neurologischen Untersuchung. Eine verkürzt erhobene Notfall-Anamnese muss sobald wie möglich komplettiert werden. Bereits während der Anamnese auf äußerlich erkennbare Besonderheiten und psychische Auffälligkeiten achten. Praktikabler Gesamtstatus: Ein vollständiger neurologischer Gesamtstatus ist unverzichtbar. Er muss wesentliche Funktionen prüfen, aber vom Umfang her praktikabel sein (am besten nach einem gleichbleibenden Schema, um Vollständigkeit zu sichern), s. ? Tab. 1.1 . Die erhobenen Befunde müssen vollständig dokumentiert werden. Symptom-orientierte Untersuchungen: Bei lokalisierten Läsionen als Ergänzung zum Gesamtstatus sinnvol (Cave: Nie als Ersatz!). Tab. 1.1 Schema zur orientierenden klinisch-neurologischen Untersuchung Durchführung Kopf und HWS: Passive Beweglichkeit der HWS (Meningismus?), Kalottenklopfschmerz? Hirnnerven: I: Geruchs-/ Geschmacksvermögen (ggf. erfragen) II: Fingersehen, vorlesen lassen (ggf. erfragen), fingerperimetrische Gesichtsfeldbestimmung III, IV, VI: Lichtreaktion der Pupillen. Spontane Bulbusstellung, Nystagmus, Folgebewegungen (Sakkadierung?), Abweichen oder Zurückbleiben eines Auges, Doppelbilder? V: Sensibilität für Berührung und Schmerz im Gesicht im Seitenvergleich (Stirn, Wange, Kinn), Kornealreflex. Zähne zusammenbeißen lassen, dabei M. masseter im Seitenvergleich tasten, Kraft prüfen VII: Stirnrunzeln, Naserümpfen, Zähnezeigen, Pfeifen. Beim Sprechen auf seitendifferente Mimik achten (= mimische Asymmetrie als minimale Parese), ggf. Weber-/Rinne-Test VIII: Fingerreiben bds. im Seitenvergleich, (vestibuläre Funktion später bei Koordinationsprüfung) IX, X: Stellung des Gaumensegels in Ruhe, Abweichung beim Würgreflex? XI: Drehen des Kopfes und Heben der Schultern gegen Widerstand XII: Zungensymmetrie (Atrophie?) in Ruhe, Abweichen beim Herausstrecken, Fibrillation Motorik: Obere Extremitäten (Patient sitzt an der Bettkante): Armvorhalteversuch (AVV): Absinken eines Armes oder Pronation einer Hand? Pareseprüfung: Zumindest Schulterhebung in 90°-Stellung, Armbeugung und -streckung, Hand- und Fingerbeugung/-streckung/-spreizung. Angabe in Kraftgraden (s. ? Tab. 1.3 ), Seitendifferenzen, Atrophien? Muskeltonus (passiv unregelmäßig Arm beugen) Muskeleigenreflexe: BSR, TSR, RPR, Trömner-Zeichen Rumpf (Patient liegt): Aufsetzen ohne Hilfe der Hände, Bauchhautreflexe Untere Extremitäten (Patient in Rückenlage): Beinvorhalteversuch (BVV) Lasègue Pareseprüfung: Zumindest Hüftbeugung, -streckung, -adduktion, Kniebeugung und -streckung, Fuß- und Zehenhebung/-senkung Muskeltonus (passiv unregelmäßig Bein beugen) Muskeleigenreflexe: PSR, ASR, ADR Pyramidenbahnzeichen (Zeichen der Babinski-Gruppe) Sensibilität: Berührung, Schmerz, Vibration (Großzehen-/Daumengrundgelenk) und Lage (Großzehe, Daumen) Koordination: Finger-Nase-Versuch (FNV); Knie-Hacke-Versuch (KHV), Diadochokinese, Patient steht: Romberg- und Unterberger-Versuch 1.1.3 Fünf Schritte vom klinischen Befund zur Diagnose
Pathologische Befunde auflisten: Eine sichere Differenzierung zwischen pathologischen und normalen Einzelbefunden ist notwendig. Dabei sollte man sich nicht scheuen, eine (z. B. Reflex-) Untersuchung mehrfach durchzuführen. Gelingt die Zuordnung trotzdem nicht, müssen fragliche Befunde als unsicher und nie als leichtgradig gekennzeichnet werden. Pathologische Befunde als Syndrom zusammenfassen (z. B. inkomplette sensomotorische Halbseitensymptomatik links). Syndrome topisch zuordnen (z. B. V.a. kortikale Läsion rechts). Hinweise: Diese Abfolge sollte grundsätzlich eingehalten werden. Am Anfang kann es sogar durchaus sinnvoll sein, die Schritte 1–3 getrennt nacheinander schriftlich zu fixieren. Am Anfang ist es oft besser, die pathologischen Befunde ohne Beisein des Patienten zusammenzufassen, einem Syndrom zuzuordnen und bei verschiedenen Möglichkeiten der Zuordnung weiterführende klinische Untersuchungen schriftlich aufzulisten und dann am Patienten durchzuführen. Überlegungen zur Ätiologie und Differenzialdiagnose, z. B. „V. a. Hirninfarkt rechts“. Ziele weiterführender Zusatzdiagnostik: Weitere syndromatische Einordnung: Neurophysiologische Zusatzuntersuchungen (meist keine ätiologische Zuordnung möglich). Weitere ätiologische Einordnung (Beispiele): Lumbalpunktion, Laboruntersuchungen, Biopsie, bildgebende Verfahren. Cave: Stimmt die syndromatisch-topische Zuordnung nicht, werden auch diese Zusatzuntersuchungen bestenfalls sinnlos und unwirtschaftlich, eventuell sogar unnötig gefährdend für den Patienten sein oder verwirrende Zufallsbefunde...