E-Book, Deutsch, Band 1678, 160 Seiten
Reihe: Bianca
Hannay Tränen der Trauer - Tränen des Glücks
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-86295-357-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1678, 160 Seiten
Reihe: Bianca
ISBN: 978-3-86295-357-8
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Verzweiflung, Trauer, Schmerz ... Nells große Liebe zu Jacob stand bisher unter keinem guten Stern. Zwanzig Jahre liegt ihre Trennung zurück, und sie haben sich nie wiedergesehen, da bringt ausgerechnet ein Unglück sie erneut zusammen. Gemeinsam wollen sie für das Baby ihrer tragisch früh verstorbenen Tochter sorgen. Fragend begegnen sich ihre Blicke über dem Bettchen des kleinen Sam, und plötzlich weint Nell Tränen des Glücks: vor Freude über das Kind und voller Hoffnung auf eine zweite Chance für ihre Liebe. Hat das Schicksal doch noch ein Happy End für sie vorgesehen?
Die Kreativität war immer schon ein Teil von Barbara Hannays Leben: Als Kind erzählte sie ihren jüngeren Schwestern Geschichten und dachte sich Filmhandlungen aus, als Teenager verfasste sie Gedichte und Kurzgeschichten. Auch für ihre vier Kinder schrieb sie und ermutigte sie stets dazu, ihren kreativen Neigungen nachzugehen. Doch erst als sich die beruflichen Träume ihre Kinder erfüllt hatten, dachte Barbara Hannay ernsthaft darüber nach, ihre eigenen künstlerischen Ambitionen zu verfolgen. Zu diesem Zeitpunkt unterrichtete sie eine elfte Klasse in zeitgenössischer Literatur und entdeckte dabei eher zufällig das Genre Liebesgeschichten. Romances begeisterten sie - sie las sie leidenschaftlich gern, und wenig später begann sie mit ihrem ersten Manuskript. Um hauptberuflich als Autorin zu arbeiten, brach sie sogar ihr weiterführendes Studium an der University of Queensland ab. Der bevorzugte Schauplatz für ihre Romances ist das australische Outback. Wie schön diese Landschaft ist, hat sie bei verschiedenen Campingurlauben und Kanutouren erlebt. Barbaras Ehemann, der früher Journalist und Herausgeber einer Zeitschrift war, hat sie immer sehr unterstützt. Inzwischen wohnen sie auf Magnetic Island, einer paradiesischen Insel, die zum Great Barrier Reef gehört und ein geschütztes Landschaftsdenkmal ist. Für Barbara ist es einer der schönsten, unberührtesten Plätze der Welt und zudem nur 20 Minuten mit der Fähre vom lebhaften Townsville entfernt.
Autoren/Hrsg.
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1. KAPITEL Der Gottesdienst war vorüber. Nell wusste, dass sie aufstehen und hinausgehen musste, aber sie war sich nicht sicher, ob ihre Beine sie tragen würden. Sie hatte sich noch nie so leer gefühlt und wusste nicht, wie sie mit diesem Verlust fertig werden sollte. Heute war es viel schlimmer als an jenem schrecklichen Tag vor zwanzig Jahren, als man ihr Tegan weggenommen hatte. Damals war sie im Krankenhaus gewesen und hatte unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden, sodass sie gar nicht richtig begriffen hatte, was geschah. Doch in dieser Woche hatte ein Autounfall ihr die Tochter endgültig entrissen. Es gab nichts, was Nells Schmerz lindern könnte. Ihr blieben nur die wenigen Erinnerungen an Tegan. Das neugeborene Baby hatte in ihren Armen gelegen, und die kräftigen Beinchen hatten das Tuch weggestoßen. Schon im Bauch hatte die Kleine kräftig nach ihr getreten. Nell erinnerte sich an das Gesichtchen mit den dunklen Augen, den weichen Flaum dunklen Haars und den winzigen roten Mund. Und an den unverwechselbaren, einzigartigen Babygeruch. Die Erinnerungen quälten Nell bereits genug. Glücklicherweise blieb ihr das Mitgefühl der Leute erspart, das sich ganz auf Jean und Bill Browne konzentrierte. Sie hatten Tegan adoptiert. Nell wusste, dass sie zu ihnen gehen und mit ihnen sprechen musste, sobald sie ihre Fassung wiedergewonnen hatte. „Nell?“ Steif drehte Nell sich um. Jean näherte sich der Kirchenbank, in der Nell saß. Ihre Hände spielten nervös mit einem nassen Taschentuch, und ihre Augen wirkten wie erloschen. „Jean.“ Nell stand mühsam auf. „Es tut mir leid, dass ich noch nicht mit Ihnen gesprochen habe.“ Die beiden Frauen – Adoptivmutter und leibliche Mutter – standen einander gegenüber und sahen sich an. Jean Browne wirkte erschöpft. Ihre hellen Augen waren blutunterlaufen, und das kurze, graue Haar hing schlaff und kraftlos herab. „Bitte …“ Die Frauen waren sich bereits am Tag nach dem Unfall begegnet, aber jetzt fand keine von beiden die richtigen Worte. Nell nahm Zuflucht zu den Regeln der Höflichkeit. „Ich möchte Ihnen mein aufrichtiges Beileid aussprechen.“ Jeans Augen schwammen in Tränen. „Für Sie muss es auch schwer sein.“ „Ja.“ Nell versuchte, den pochenden Kopfschmerz zu ignorieren, nahm ihre Handtasche und schob sich unsicher durch die schmale Bankreihe. „Ich bin Ihnen und Bill sehr dankbar. Sie haben Tegan ein glückliches Zuhause gegeben und – die Liebe, die sie brauchte.“ Jean nickte und schenkte Nell ein trauriges Lächeln, das allerdings gleich wieder erlosch. „Sie waren mir neulich eine große Hilfe. Ich hatte gehofft, wir könnten uns mal unterhalten. Über das Baby.“ Nell presste ihre bebenden Finger vor den Mund. Während der Trauerrede war sie fast zusammengebrochen, als der Pfarrer Tegans Sohn erwähnte, der erst vor wenigen Wochen geboren worden war. „Ich habe Sam heute bei der Babysitterin gelassen“, sagte Jean. „Aber ich weiß, dass Sie ihn gerne sehen würden. Mr. Tucker ist übrigens ebenfalls hier.“ „Mr. Tucker?“ Nell zuckte zusammen. „Tegans Vater.“ Hätte Nell sich nicht an der Lehne der Kirchenbank in ihrem Rücken festklammern können, wäre sie wahrscheinlich ohnmächtig geworden. Jacob Tucker ist hier? Hatte er an der Trauerfeier teilgenommen? Ein erstickendes Gefühl der Panik erfasste sie, als Jean einen raschen Blick das Kirchenschiff hinaufwarf. Abrupt fuhr Nell herum. Im hinteren Teil der Kirche, in der Nähe der Tür, stand Jacob. Schlank und aufrecht, mit ernster Miene. Sein Gesicht lag teilweise im Schatten, trotzdem erkannte sie die kräftigen Brauen, die markante Nase und die kleine Furche in seinem Kinn. Selbst nach zwanzig Jahren war all das Nell noch schmerzlich vertraut. Obwohl er einen schwarzen Anzug trug, war unschwer zu erkennen, dass er auf dem Land lebte. Die sonnengebräunte Haut, der kräftige Körperbau und die feinen Fältchen um seine Augen verrieten es, ebenso die Art, wie er dastand. Ihn umgab eine Aura von Ungezähmtheit, die Nell beunruhigte und verstörte. Noch immer konnte sie sich ganz genau an jenen Moment erinnern, als sie ihn zum ersten Mal im Stall ihres Vaters gesehen hatte. Sie wusste noch sehr gut, wie sehr seine Anziehungskraft sie verwirrt und schließlich in den Bann gezogen hatte. Und sie erinnerte sich an den furchtbaren Morgen am Ufer des Flusses. Damals hatte sie ihn zum letzten Mal gesehen. Gelegentlich entdeckte sie sein Foto in den Zeitschriften für Viehzüchter, die sie auf der Suche nach Nachrichten über Jacob Tucker regelmäßig durchblätterte. Er war ein sehr erfolgreicher Züchter geworden. Doch da sie seit zwanzig Jahren keinen Kontakt mehr zueinander hatten, wusste sie nichts über sein Privatleben. „Ich habe bereits mit Mr. Tucker gesprochen“, sagte Jean. Wie aufs Stichwort grüßte Jacob sie mit einer kaum wahrnehmbaren Kopfbewegung und ohne zu lächeln. Nells Herz pochte. Jetzt konnte sie den Ausdruck auf seinem Gesicht erkennen. Er betrachtete sie mit einer Mischung aus Schmerz und Groll. Nell umklammerte die Lehne der Kirchenbank noch fester. Nach einem letzten verzweifelten Blick auf Jacob wandte sie sich wieder an Jean. „Verzeihung. Was haben Sie gerade gesagt?“ „Ich dachte, dass Mr. Tucker Sam vielleicht auch sehen möchte. Falls möglich, würde ich gerne mit Ihnen beiden reden. Ich habe da nämlich ein Problem.“ Nervös schaute sie in Richtung Tür. „Allerdings bleibt mir jetzt keine Zeit mehr. Ich muss Bill nach Hause bringen und Sam abholen. Vielleicht können wir also unsere Unterhaltung verschieben …“ „Kein Problem.“ Jean putzte sich die Nase und schaute noch einmal in Jacobs Richtung. Als hätte er genau auf dieses Signal gewartet, kam er mit großen Schritten auf die beiden Frauen zu. Nell stockte der Atem. Sie hatte ganz vergessen, wie groß und breitschultrig er war. Seine Miene jedoch versetzte ihr einen Dämpfer. Jacobs Blick wirkte angespannt und kühl, und zu beiden Seiten seines Mundes hatten sich tiefe Furchen gebildet. „Hallo, Nell.“ „Jacob“, brachte sie gepresst hervor. Ihre Lippen begannen zu zittern. Sie war erschöpft und durcheinander. Ihn zu sehen war fast zu viel für sie. „Mrs. Browne hat mich freundlicherweise eingeladen, unseren Enkel kennenzulernen“, sagte er. Unseren Enkel. Nell war nicht sicher, welches Wort sie mehr schockierte. Unser bedeutete, dass sie beide in gewisser Weise immer noch miteinander verbunden waren. Das Wort Enkel legte den Schluss nahe, sie stünden in vertrauter Beziehung zueinander. Aber das stimmte nicht. Im Grunde waren sie sich fremd. Und sie waren noch keine vierzig Jahre alt. Eigentlich zu jung für Enkelkinder … „Ich … ich muss jetzt gehen.“ Jean blickte von einem zum anderen. Sie schien die Spannung zu spüren. „Vergessen Sie bitte nicht, wir müssen dringend reden.“ „Ja, natürlich.“ Nell ergriff die Hände der Frau. „Und ich würde Sam sehr gerne noch einmal sehen. Das ist sehr freundlich von Ihnen. Wir …“ Sie räusperte sich. „Möchten Sie vielleicht lieber getrennt kommen?“, schlug Jean vor und bedachte die beiden mit einem neugierigen Blick. Nell spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. „Ich denke, wir sollten zusammen kommen“, sagte Jacob direkt an Jean gewandt, als sei Nell gar nicht anwesend. „Dann haben Sie nicht so viel Mühe.“ „Es wäre auf jeden Fall einfacher, wenn ich die Sache mit Ihnen beiden gemeinsam besprechen könnte.“ Nell wünschte, Jean würde es nicht nur bei Andeutungen belassen. Aber sie hatte offensichtlich keine Zeit, um genauer zu erklären, worauf sie hinauswollte. „Würde es Ihnen morgen früh passen?“, fragte Jean. „So gegen elf?“ „Sehr gut sogar“, erwiderte Jacob. „Mir auch“, stimmte Nell zu. Jean steckte das nass geweinte Taschentuch in die Handtasche und schloss diese energisch. „Dann also bis morgen.“ Damit drehte sie sich um und eilte aus der Kirche. Jacob stand am Ende der Kirchenbank und versperrte Nell den Weg. Sie machte zwei Schritte auf ihn zu, als erwartete sie, dass er ihr höflich Platz machen würde. Doch er dachte gar nicht daran. Er war gerade durch die Hölle gegangen und hatte sich von einer Tochter verabschiedet, von deren Existenz er nichts gewusst hatte. Nie hatte er sie im Arm gehalten und sie nicht ein einziges Mal berührt. Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie sehr man einen Menschen lieben und vermissen kann, auch ohne ihn zu kennen. Diese Frau, Nell, die er in jenem kurzen Sommer geliebt und verloren hatte, hatte ihre gemeinsame Tochter weggegeben. Warum war sie hierhergekommen und tat jetzt so, als würde Tegans Tod ihr etwas ausmachen? „Ich hatte dich nicht hier erwartet“, brachte er gepresst hervor. Nell schüttelte den Kopf. Sie war ihm so nahe, dass er ihr Parfüm riechen konnte, leicht würzig und unglaublich vertraut. „Warum hätte ich nicht kommen sollen?“ Ihre Stimme klang erstickt, sodass er sie kaum verstand. „Das ist die Beerdigung unserer Tochter, Jacob.“ „Aber du hast Tegan weggegeben.“ „Nein.“ Nein? Wie kann sie es wagen, zu lügen? Jacob wollte sie zur Rede stellen. Sie musste ihre Lüge zurücknehmen. Andererseits sah sie so...