Hardt / Negri | Common Wealth | Buch | 978-3-593-39169-4 | sack.de

Buch, Deutsch, 437 Seiten, Format (B × H): 169 mm x 235 mm, Gewicht: 816 g

Hardt / Negri

Common Wealth

Das Ende des Eigentums
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-593-39169-4
Verlag: Campus Verlag GmbH

Das Ende des Eigentums

Buch, Deutsch, 437 Seiten, Format (B × H): 169 mm x 235 mm, Gewicht: 816 g

ISBN: 978-3-593-39169-4
Verlag: Campus Verlag GmbH


In der momentanen Krise wächst das gesellschaftliche Unbehagen am Kapitalismus. Viele Menschen fragen jetzt nach einer menschlicheren Alternative des Zusammenlebens. Eine Gesellschaft jenseits von Maximen wie Profit, Konkurrenz und Besitzdenken – ist das möglich? Michael Hardt und Antonio Negri, Autoren des Bestsellers 'Empire', entwickeln in ihrem neuen großen Werk einen provozierend optimistischen Gesellschaftsentwurf. Dieser beruht nicht mehr auf dem neoliberalen Gegensatz von Privatbesitz und öffentlichem Eigentum, sondern auf der Idee des Gemeinsamen ('common'). Ressourcen wie Wasser, Luft und Pflanzen und immaterielle Güter wie Wissen und Information gehören uns allen. Wenn wir sie teilen, wird der Weg frei für eine gerechtere Gesellschaft, an der alle partizipieren können. Im Streit um das politische Profil des 21. Jahrhunderts bieten die Autoren ein zentrales Gegengewicht zu all jenen, die uns weismachen wollen, dass die derzeitige Politik- und Wirtschaftsform die einzig mögliche sei.
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Inhalt

Vorwort: Die Menge wird zum Fürsten

Teil I: Republik (und die Multitude der Armen)

1. Die Republik des Eigentums
Von einem neuerdings erhobenen apokalyptischen Ton in der Politik o Republikanisches Recht auf Eigentum o Sapere aude!
2. Produktive Körper
Von der Marx'schen Kritik des Eigentums … o … zur Phänomenologie der Körper o Das Verschwinden der Körper im Fundamentalismus
3. Die Multitude der Armen
Die Menge oder die Multitude: Die Bezeichnung der Armen o Wer hasst die Armen? o Armut und Macht

De corpore 1: Biopolitik als Ereignis

Teil II: Moderne (und die Landschaften einer anderen Moderne)

1. Die Gegenmoderne als Widerstand
Macht und Widerstand in der Moderne o Sklaverei in der modernen Republik o Die Kolonialität der Biomacht
2. Ambivalenzen der Moderne
Marxismus und Moderne o Sozialistische Entwicklung o Calibans Bruch mit der Dialektik
3. Altermodernität
Über die Gegenmoderne hinaus o Die Multitude in Cochabamba o Bruch und Konstitution

De homine 1: Biopolitische Vernunft

Teil III: Kapital (und die Kämpfe um das Gemeinsame)

1. Metamorphosen der Kapitalzusammensetzung
Die technische Zusammensetzung der biopolitischen Arbeit o Biopolitische Ausbeutung o Die Krise der biopolitischen Produktion und Kontrolle
2. Klassenkampf - von der Krise zum Exodus
Das offene gesellschaftliche Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital o Gespenster des Kommunen o Korruption und Exodus
3. Vom kairós der Multitude
Was eine Multitude vermag o Der gemeinsame Charakter der Multitude o Vom Sein zum Schaffen der Multitude

De singularitate 1: Von Liebe besessen

Intermezzo

Eine Macht, das Böse zu bekämpfen

Teil IV: Das Empire kehrt zurück

1. Kurze Geschichte eines gescheiterten Staatsstreichs
Lasst die Toten die Toten begraben o Die Erschöpfung der amerikanischen Hegemonie o Was ist ein Dollar wert?
2. Nach der US-Hegemonie
Interregnum o Imperiale Governance o Ein neuer Wettlauf um Afrika
3. Genealogie der Rebellion
Die Revolte haucht der Geschichte Leben ein o Anthropologie des Widerstands o Geografien der Rebellion

De corpore 2: Metropole

Teil V: Jenseits des Kapitals?

1. Bedingungen des wirtschaftlichen Übergangs
Neoliberale Zombies o Sozialistische Illusionen o Die globale Aristokratie und die imperiale Governance
2. Was vom Kapitalismus übrig bleibt
Der biopolitische Zyklus des Gemeinsamen o Das Tableau économique des Gemeinsamen o Eins teilt sich in zwei
3. Vorbeben an den Bruchlinien
Die Prognose für das Kapital o Exodus aus der Republik o Seismische Nachrüstung: Ein Reformprogramm für das Kapital

De homine 2: Überschreitet die Schwelle!

Teil VI: Revolution

1. Revolutionäre Parallelität
Identitätspolitik im Fegefeuer o Revolution ist etwas Monströses o Revolutionäre Assemblagen
2. Aufrührerische Intersektionen
Reaktionäre Intersektionen: Krisen und Thermidore o Demokratische Entscheidungsfindung? o Insurrektion und Institution
3. Die Revolution steuern
Das Problem des Übergangs o Revolutionäre Gewalt o Konstituierende Governance

De singularitate 2: Das Glück instituieren

Anmerkungen
Danksagung
Personenregister


Vorwort: Die Menge wird zum Fürsten

Die Nationen haben immer nur den Grad der Freiheit inne,
den ihr Mut ihrer Angst abringt.
Stendhal, Napoléon Bonaparte

Power to the peaceful. (Alle Macht den Friedfertigen.)
Michael Franti, "Bomb the World"

Krieg, Leid, Elend und Ausbeutung bestimmen mehr und mehr unsere globalisierte Welt. Es gibt heute viele Gründe, sich "herausziehen" und an einen Ort flüchten zu wollen, den die Disziplin und die Kontrolle des entstehenden Empire nicht erreichen, oder sich gar ein paar transzendente oder transzendentale Prinzipien und Werte zu suchen, die dem Leben als Orientierung und dem politischen Handeln als Begründung dienen können. Eines der wesentlichen Ergebnisse der Globalisierung ist allerdings, eine gemeinsame Welt geschaffen zu haben, eine Welt, die wir wohl oder übel teilen, eine Welt ohne "Außen". Egal, wie brillant und pointiert wir sie auch kritisieren mögen, uns bleibt - das müssen wir mit ein wenig Nihilismus anerkennen - keine Wahl, als in dieser Welt zu leben, ihren Herrschaftsstrukturen unterworfen und zudem angesteckt von ihrer Korruption. Vergessen wir all die Träume von politischer Reinheit und "höheren Werten", die es uns erlauben würden, Beobachter zu bleiben! Das nihilistische Einverständnis soll freilich nur ein Werkzeug sein, ein Durchgangspunkt auf dem Weg zu einem Gegenprojekt, zu einer Alternative. In diesem Buch werden wir ein solches ethisches Projekt entwerfen, eine Ethik der demokratischen politischen Aktion im und gegen das Empire. Wir untersuchen, was die Bewegungen und die Verhaltensweisen der Menge, der Multitude, waren und was sie werden können, um die gesellschaftlichen Verhältnisse und institutionellen Formen einer möglichen globalen Demokratie zu entdecken. "Zum Fürsten zu werden" heißt dabei der Prozess, in dem die Multitude die Kunst erlernt, sich selbst zu regieren und nachhaltige demokratische Formen gesellschaftlicher Organisation zu schaffen.

Eine Demokratie der Multitude ist nur vorstellbar und überhaupt nur möglich, weil wir alle am Gemeinsamen teilhaben. Das Gemeinsame, das Kommune, ist zunächst einmal der Name für den gemeinsamen Reichtum der materiellen Welt - die Luft, das Wasser, die Früchte der Erde und die Schätze der Natur -, also für etwas, von dem in klassischen politischen Texten der europäischen Tradition häufig gesagt wird, es gehöre zum Erbe der gesamten Menschheit, auf dass alle an ihm teilhaben. Das Gemeinsame bezeichnet nach unserem Verständnis darüber hinaus und wichtiger noch all jene Ergebnisse gesellschaftlicher Produktion, die für die soziale Interaktion ebenso wie für die weitergehende (Re-)Produktion erforderlich sind, also Wissensformen, Sprachen, Codes, Information, Affekte und so weiter. Ein solcher Begriff des Gemeinsamen trennt die Menschheit nicht von der Natur, stellt sie ihr weder als Ausbeuterin noch als Hüterin gegenüber, sondern konzentriert sich vor allem auf die Verhaltensweisen der Interaktion, der Sorge und des Zusammenlebens in einer gemeinsamen Welt sowie darauf, die vorteilhaften Formen des Gemeinsamen zu fördern und die abträglichen zu begrenzen. Im Zeitalter der Globalisierung rücken Fragen der Erhaltung, der Produktion und Distribution des Gemeinsamen in beiden Ausprägungen und sowohl unter ökologischen als auch unter sozioökonomischen Aspekten zunehmend in den Mittelpunkt.

Die Scheuklappen der herrschenden Ideologie erschweren es heute, das Gemeinsame zu sehen und zu erkennen, auch wenn es uns allgegenwärtig umgibt. Die weltweit herrschende neoliberale staatliche Politik war in den vergangenen Jahrzehnten darum bemüht, das Gemeinsame zu privatisieren und gesellschaftliche oder kulturelle Erzeugnisse - also beispielsweise Wissen, Ideen, aber auch bestimme Tier- oder Pflanzenarten - in Privateigentum zu verwandeln. Wir sagen - und sind uns dabei mit vielen anderen einig -, dass man solchen Privatisierungen Widerstand entgegensetzen muss. Nach landläufiger Meinung allerdings wäre die einzige Alternative zum Privaten das Öffentliche, das heißt alles, was durch den Staat oder die so genannte öffentliche Hand verwaltet und geregelt wird, während das Gemeinsame als irrelevant oder vor langer Zeit ausgestorben gilt. Nun ist selbstverständlich richtig, dass ein lang anhaltender historischer Prozess von Einhegung und Aneignung dazu geführt hat, dass beinahe alles auf der Welt entweder öffentlich-staatliches oder privates Eigentum ist, sodass beispielsweise Formen des gemeinsamen Landes, wie sie die indigenen Gesellschaften auf dem amerikanischen Doppelkontinent oder die mittelalterlichen Gesellschaften in Europa kannten, zerstört wurden. Dennoch gibt es auch in unserer Welt vieles Gemeinsame, das durch aktive Beteiligung geschaffen wurde, zu dem alle offen und frei Zugang haben. Sprache etwa und ebenso Affekte oder Gesten sind in den allermeisten Fällen etwas Gemeinsames, und tatsächlich würde jede Sprache Ausdruckskraft, Kreativität und Kommunikationsqualitäten verlieren, wollte man sie privatisieren oder zu öffentlichem Eigentum erklären, also etwa Teile des Wortschatzes, Sätze oder Redeweisen dem Privateigentum oder aber öffentlicher Aufsicht unterstellen. Ein solches Beispiel soll nicht der Beruhigung der Leserschaft dienen, als wollten wir sagen, die Krisen, für die private und öffentliche Kontrolle verantwortlich sind, seien gar nicht so schlimm; das Beispiel soll vielmehr den Blick schärfen helfen, um das vorhandene Gemeinsame - und wozu es in der Lage ist - letztlich zu erkennen. Das ist der erste Schritt des Projekts, das darauf zielt, das Gemeinsame und seine Potenziale zurückzugewinnen und sogar auszuweiten.

Die scheinbar exklusive Alternative zwischen dem Privaten und dem Öffentlich-Staatlichen findet eine Entsprechung in der gleichermaßen irreführenden politischen Alternative zwischen Kapitalismus und Sozialismus. Häufig ist zu hören, die einzigen Heilmittel gegen die Krankheiten der kapitalistischen Gesellschaften seien eine Verwaltung durch die öffentliche Hand sowie eine keynesianische und/oder sozialistische Lenkung der Wirtschaft; und umgekehrt gilt es als ausgemacht, dass die Leiden des Sozialismus nur durch Privateigentum und kapitalistische Kontrolle zu behandeln seien. Sozialismus und Kapitalismus nun bildeten historisch bisweilen Mischformen und trugen zu anderen Zeiten erbitterte Konflikte aus, doch sind beide Eigentumsregime, die das Gemeinsame ausschließen. Das politische Projekt der Instituierung des Gemeinsamen, das wir in diesem Buch entwickeln werden, stellt sich quer zu diesen falschen Alternativen - dem Projekt geht es weder um privat noch um öffentlich, weder um kapitalistisch noch um sozialistisch, sondern darum, dem politischen Handeln einen neuen Raum zu eröffnen.


Antonio Negri war nach seiner Flucht 1983 aus Italien Professor für Philosophie an der Sorbonne. 1997 kehrte er nach Italien zurück und wurde erneut inhaftiert. Im Herbst 2003 wurde er freigelassen und lebt heute als freier Autor in Rom.
Michael Hardt ist Professor für Literaturwissenschaft an der Duke University Durham, N. C., in den USA. Mit ihrem Bestseller 'Empire' (auf Deutsch bei Campus 2002 erschienen) wurden sie weltweit bekannt.



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