E-Book, Deutsch, 292 Seiten
Hartmann Die kürzeste Stunde
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7481-8606-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Tödliche Entscheidungen
E-Book, Deutsch, 292 Seiten
ISBN: 978-3-7481-8606-9
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Matthias an seinem letzten Arbeitstag das Büro verlässt, stellt er fest, das alle Menschen auf einmal verschwunden sind. Während er sich in der Zeit der Einsamkeit mit sich selbst konfrontiert sieht, ereilt auch anderen dasselbe Schicksal. Zusammen mit dem ehemaligem Kommissar, Erik Decker, macht die Gruppe sich auf, um das Geheimnis der verschwundenen Menschen zu ergründen. Doch während manche aus der Gruppe durch harmlose Entscheidungen in die Einsamkeit gelangten, sind andere durch ihre dunklen Geheimnisse in diese Situation geraten. Daniel Hartmann mischt in diesem Werk Gesellschaftskritik mit Krimi, Drama und blutigem Horror.
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Die letzte Spätschicht
„Es regnet wie im Tropenwald.“ murmelte Peter, der am Fenster stand. Sein Hemd war nassgeschwitzt. Er kam, aufgrund seiner fülligen Statue, von allen Kollegen am wenigsten mit der langanhaltenden Hitze zurecht. „Sei doch froh, dass es eine kleine Abkühlung gibt.“ kommentierte Matthias, der ebenfalls die Arbeit zur Nebensache machte und sein Butterbrot aß. „Das Problem ist, dass die Luftfeuchtigkeit dann noch schlimmer ist. Wir hatten jetzt 5 Tage am Stück zwischen 35 und 40 Grad und jetzt der Regen...ich kriege da Atemnot.“ erklärte Peter. Im Hintergrund kündigte sich durch ein bedrohliches grummeln ein Gewitter an. „Das wird schwül ohne Ende.“ fügte er hinzu. Matthias zuckte nur mit den Achseln. Er war froh, dass es nun mehrere Tage am Stück warm war, denn er hasste den Winter und liebte den Sommer umso mehr. Ihn beschäftigte mehr, dass es die letzte Spätschicht sein würde, die sie nun gemeinsam im Büro verbrachten. Es war vor 5 Monaten, als sie zusammengerufen wurden und erfuhren, dass die Firma bald mangels Auftragslage schließen würde. 5 Jahre hatte er für die Delta GmbH und Co KG gearbeitet, und noch nie hatte er sich irgendwo in einem Betrieb so Wohl gefühlt wie dort. Die meisten seiner Kollegen hatten bereits das sinkende Schiff verlassen und sich schnell um eine neue Firma bemüht oder aus Trotz die Arbeitslosigkeit in Kauf genommen indem Sie einfach nicht mehr erschienen. Doch er und Peter gehörten zu denen, die bis zum bitteren Ende bleiben würden, auch wenn es bedeutete, dass man von den 280 Kollegen, die sich bis zur Verkündung noch ein Großraumbüro teilten, nun zu den letzten 12 gehörten. Aus einem sinnlosem Ehrgeiz heraus hatte Matthias sich vorgenommen, der Letzte zu sein, der das Büro verlässt und sich absichtlich für die Spätschicht bis 23 Uhr eintragen lassen. Peter würde eine Stunde vor ihm gehen. Sabrina und Thomas waren um 19 Uhr gegangen und hatten sich unter Tränen mit einer Umarmung verabschiedet. „Weisst du denn mittlerweile, was du ab nächsten Monat machen wirst?“ fragte Matthias. „Ich habe schon eine Jobzusage für den Apple Kundensupport. Nächste Woche werde ich dort eingearbeitet.“ antwortete Peter. „Du verzichtest freiwillig auf einen Monat Freistellung? Bezahlt werden für einen Monat Nichtstun?“ runzelte Matthias die Stirn. „Apple ist genau mein Ding.“ grinste Peter. „Ich freu mich schon drauf...weiß eh nicht was ich so lange zuhause soll.“ „Ich weiß da schon was.“ Er lehnte sich zurück und verschränkte die Arme hinter seinem Nacken, um Gemütlichkeit zu symbolisieren. „Ich werde mir aus dem Internet sämtliche Wrestlingkämpfe der 90er runterladen und einfach mal nichtstun bis ich Blutblasen am Arsch habe.“ „Nee Ey, Wrestling ist voll nicht mein Ding.“ lachte Peter. „Ja..was da heute läuft ist Mist, aber in den 90ern war das cool.“ kommentierte Matthias. „Bei mir läuft der Rechner zuhause schon. Wenn ich zuhause bin ist die Festplatte vollgerotzt mit Wrestling.“ „Also nutzt du die Freistellung. Hast du denn schon was neues für danach?“ fragte Peter. Matthias überlegte kurz. „Ich habe 2 Jobangebote bekommen. Das eine ist so was wie hier, allerdings wesentlich schlechter bezahlt und das andere ist die Skyline Corporation.“ „Was ist dat denn?“ fragte Peter neugierig und holte einen Apfel aus seiner Lunchbox, die er sich für den Rest der Schicht aufbewahrt hatte. „Die bauen Windkanäle,um die Aerodynamik von Autos zu entwickeln, aber ich müsste dafür nach Stuttgart ziehen.“ erklärte Matthias. „Oh, das ist aber ein ganz anderes Level als das hier.“ stellte Peter fest. „Und sowas traust du dir zu?“ „Ich weiss nicht.“ zuckte Matthias mit den Achseln „Ich habe zwar Physik studiert, allerdings habe ich nichts daraus gemacht und lieber dann was einfaches gemacht wie sowas hier.“ er deutete mit dem Kinn auf den Monitor, womit er die letzten 5 Jahre Kundendatensätze bearbeitet hatte. „Klingt ja nicht uninteressant, muss ich ja sagen.“ gab Peter zu und lief mit trägen Schritten wieder zurück an seinen Arbeitsplatz, wo der Monitor bereits im Standbymodus gewechselt war. „Dann werde ich jetzt mal wieder so tun als ob ich arbeite.“ „Ich denke, ich werde weiter Kundendatensätze bearbeiten...keine Lust so weit wegzuziehen.“ murmelte Matthias, ohne auf Peter einzugehen. Es war eher ein Selbstgespräch. „Wissen musst du das. Kann Vor und Nachteile haben.“ biß Peter in seinen Apfel. Matthias wechselte in sein E-mail Postfach, um für Skyline seine Absage zu verfassen. Durch die Fenster blitzte es, da das Gewitter im vollem Gange war. Dicke Regentropfen prasselten gegen die Fensterscheiben. „Mir wird der Laden hier trotzdem fehlen.“ unterbrach Peter nach wenigen Minuten die Stille, nachdem er gegen die Fenster stierte und nachdachte. „Ja, mir auch.“ bestätigte Matthias „Mir kann beim bestem Willen keiner erzählen, dass man den Standort nicht retten konnte.“ sagte Peter nach weiteren 2 Minuten überlegen. „Der Witz ist ja, das Delta GmbH gar keinen Auftragsmangel hat, sondern lediglich keinen Großkunden für diesen Standort hier finden konnten.“ „Genau.“ nickte Matthias. „ Ich habe mal recherchiert und herausgefunden, dass die Standorte Potsdam und Dresden alleine 3 Großkunden bekommen haben. Wenn man uns nur 15% des Volumens übertragen hätte, hätte der Standort gerettet werden können.“ „Aber das wollen die ja nicht.“ wurde Peter ungewollt lauter „Die wollen ja nicht den Standort retten und Arbeitsplätze sichern, die wollten schon länger die Bude dicht machten. Das hätte uns schon klar sein müssen als die bei der vorletzten Betriebsversammlung sagten, dass der Standort 47.000 Euro Verlust im Monat gemacht hat.“ „Tja, aber was will man machen..is halt so, ne?“ zuckte Matthias erneut mit den Achseln und warf die leere Lunchbox, die mittlerweile an manchen Stellen abgebrochen war, in den Papierkorb. Er griff zum Telefon und wählte eine Nummer. „Am letzten Arbeitstag arbeitest du noch ganz normal?“ fragte Peter erstaunt. „Quatsch!“ winkte Matthias ab „Ich rufe meine Frau an.“ „Aso.“ nickte Peter und begann selber im Internet zu surfen. Schon seit mehreren Tagen suchte er bei Ebay ein bestimmtes Spiel für seine Konsole. „Schatz?...Ja ich bin es.“sprach Matthias in den Hörer. „ Ja hier ist alles ruhig.Aber hatte ich am letzten Tag auch nicht anders erwartet......Sind die Kinder etwa noch wach?.....Ach so, hat sie wieder Fieber....Okay, nicht schön.....Ich wollte uns nach Feierabend Pizza mitbringen, brauchst also nichts zu kochen.....Okay, dann fahre ich zur Notapotheke und bringe Fiebersaft mit....Ja ich dachte auch wir hätten noch welches, aber ist ja kein Problem.....ja so um halb 12 werde ich zuhause sein..Ja..ich dich auch. Bis nachher.“ „Deine Tochter wieder krank?“ rief Peter aus dem Hintergrund, nachdem Matthias aufgelegt hatte. „Ja, mal wieder. Letzte Woche war es Malte, und jetzt Jennifer wieder. Seit sie in den Kindergarten gehen sind sie ständig krank.“ seufzte Matthias. „Liegt daran, weil Kindergärten generell Bazillenschiffe sind. Ein Blach ist ja immer krank und steckt dann die anderen an.“ meinte Peter. Matthias war froh, dass seine Frau nicht im Raum war, denn sie mochte es nicht, wenn jemand Kinder als „Blagen“ bezeichnete. Andererseits war es Peter auch nicht krumm zu nehmen, denn er war nun seit 9 Jahren eingefleischter Junggeselle und hat seine Interessen irgendwann auf Computerspiele und I-Phones verlagert. „Ja, ist schon was dran.“ räusperte Matthias sich. „Noch 10 Minuten, dann verlasse ich dieses Gebäude hier zum letzten Mal.“ sagte Peter trüb mit Blick auf die Uhr. Genau 21.50 Uhr. Matthias hatte nun noch 1 Stunde und 10 Minuten vor sich, die ebenfalls schnell umgehen würden. Draußen grummelte und blitzte das Gewitter weiter vor sich hin. „Jetzt muss ich auch noch gleich durch dieses Scheisswetter.“ „Wenn du die Stunde noch wartest, kann ich dich auch am Bahnhof absetzen.“ bot Matthias an, denn er wusste das Peter auf Bus und Bahn angewiesen war und zur Bushaltestelle ungefähr 15 Minuten Fußweg vor sich hatte. „Nein nein, ist gut gemeint von dir, aber ich möchte einfach nur nach Hause und dann bin ich noch länger unterwegs.“ lehnte Peter dankend ab. „Okay...musst du wissen.“ zuckte Matthias erneut mit den Schultern. Es war ihm auch ganz Recht, denn auch er wollte schleunigst nach Hause und er musste noch zur Pizzeria und zur Notapotheke, den Fiebersaft für seine Tochter holen. „Nein nein...Danke trotzdem.“ bekräftigte Peter. Zum...