Hausammann Wege und Irrwege zur kirchlichen Einheit im Licht der orthodoxen Tradition
1. Auflage 2005
ISBN: 978-3-86234-022-4
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection
. E-BOOK
E-Book, Deutsch, 209 Seiten, Format (B × H): 165 mm x 240 mm
ISBN: 978-3-86234-022-4
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
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Dr. Susanne Hausammann ist emeritierte Professorin für Kirchengeschichte an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Christentum, Christliche Theologie Christliche Kirchen, Konfessionen, Denominationen Östliche & Orientalische Orthodoxe Kirchen
- Geisteswissenschaften Geschichtswissenschaft Weltgeschichte & Geschichte einzelner Länder und Gebietsräume Weltgeschichte
- Geisteswissenschaften Christentum, Christliche Theologie Christentum/Christliche Theologie Allgemein Ökumenik, Konfessionskunde
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;9
2;Vorwort;11
3;Wege oder Irrwege zur Einheit der Kirchen?;13
3.1;I. Orthodoxe Erfahrungen mit Unionen unter äußerem Druck;13
3.2;II. Ist wahre Einheit durch Kompromisse erreichbar?;17
3.3;III. Gibt es einen Weg zur wahren Einheit?;18
4;Humanismus in Byzanz Warum der Humanismus im orthodoxen Osten nicht auf Dauer Fuß fassen konnte;25
4.1;I. Die Bedeutung der Griechisch- und Lateinlehrer des 14. Jahrhunderts für den Humanismus in West und Ost;25
4.2;II. Theodoros Metochites und seine Schüler;29
4.3;III. Georgios Gemistos Plethon;37
4.4;IV. Georgios-Gennadios Scholarios;40
4.5;V. Warum sich der Humanismus nicht durchzusetzen vermochte;43
5;Der humanistische Skeptizismus und seine Überwindung durch den Hesychasmus;49
5.1;I. Der Skeptizismus;49
5.2;II. Der Humanismus in West und Ost;50
5.3;III. Der Hesychasmus im östlichen Mönchtum;55
5.4;IV. Die Überwindung des Skeptizismus durch den Hesychasmus;63
6;Zur hesychastischen Gebetspraxis in den Orthodoxen Kirchen seit der Mitte des 14. Jahrhunderts;69
6.1;I. Der Hesychasmus nur für Mönche oder auch für Laien?;69
6.2;II. Wesen und Ziel des Hesychasmus;73
6.3;III. Der Hesychasmus vom 14.–17. Jahrhundert;83
6.4;IV. Die Erneuerung des Hesychasmus im 18./19. Jahrhundert;94
6.5;V. Zu Nachwirkungen des hesychastischen Aufbruchs im 20./21. Jahrhundert;124
7;Maria-Gottesgebärerin: Die Mariologie bei den griechischen Vätern und ihre Bedeutung für die orthodoxe Marienverehrung heute;135
7.1;I. Zur Fragestellung;135
7.2;II. Maria-Gottesgebärerin bei den altkirchlichen Vätern bis zum Ende des Bilderstreites;136
7.3;III. Die Auslegung von Lk 1,26–38 bei den griechischen Theologen vom 9.–14. Jahrhundert;152
7.4;IV. Traditionsgebundenheit und Situationsbezogenheit bezüglich der orthodoxen Sicht der Gottesgebärerin;166
7.5;V. Der Ertrag der Mariologie der griechischen Väter für das orthodoxe Gottes- und Menschenbild;172
8;Sinn und Gefahr »Feministischer Theologie«;175
8.1;I. Das Anliegen des Feminismus;175
8.2;II. Einige Bemerkungen zum Feminismus in den Kirchen;176
8.3;III. Sinn und Fragwürdigkeit »Feministischer Theologie«;180
9;Tradition und Traditionen, Kirche und Kirchen;185
9.1;I. Tradition und Traditionalismus;185
9.2;II. Die Tradition und die Traditionen;187
9.3;III. Schrift und Tradition;189
9.4;IV. Die Kirche und die Kirchen;194
10;Die Grenzen der Kirche;201
10.1;I. Zur Wahrnehmung der Grenzen der Kirche;201
10.2;II. Zum Umgang der Gläubigen mit den Grenzen der Kirche;207
" (S. 133-134)
I. Zur Fragestellung
Die Mariologie (das Reden von Maria) wird hierzulande weithin der Feministischen Theologie überlassen oder sie erscheint als ein oft mit Schweigen übergangener Bestandteil konservativ-katholischer Lehre von der Kirche. Gemäß ihrem Ursprung und ihrer Geschichte ist sie jedoch ein wesentlicher Teil der Christologie und muss nach orthodoxem Verständnis auch so verstanden werden. Dieser Tradition möchten wir im Folgenden nachgehen. Denn sie führt uns zu einem Gottes- und Menschenbild, das zwar in einigen Punkten unserem heutigen westlichen Denken fremd und ungewohnt erscheint, uns aber dennoch – wie ich meine – mit den ihm eigentümlichen Vorzügen und Gefahren anzusprechen und herauszufordern vermag.
Denn auch die westliche Theologie und Frömmigkeit begegnet hier ihren Wurzeln und auch die westlichen Theologen standen noch bis ins 13. Jahrhundert in wesentlicher Hinsicht unter deren Einfluss. In Ost und West ist allerdings durch Nachlässigkeit der Theologen und Seelsorger in der Vermittlung einer gesunden Frömmigkeit sowie durch ein bequemes Dulden von unreflektiertem, ungefiltertem Eindringen einer oft aus Geltungssucht überzogenen Volksfrömmigkeit in den christlichen Glauben und einer unkontrollierten Befriedigung des Bedüfnisses nach mütterlichem Trost eine Marienfrömmigkeit entstanden, die das erste Gebot, dass allein Gott als höchstes Gut zu lieben und allein Er anzubeten sei, verletzt.
Dieser Missstand lässt sich nach orthodoxer Überzeugung nicht dadurch beheben, dass man die Mariologie einfach ausklammert und dem Vergessen preiszugeben sucht. Es gilt vielmehr aus der genuin christlichen Tradition die Momente aufzufinden und wieder ins Bewusstsein zu erheben, die dem Marienlob und der Marienverehrung den Platz zukommen lassen, der diesen im Blick auf die Erlösung der gefallenen Menschheit durch Christi Menschwerdung gebührt. Denn Mariologie ist Teil der Christologie oder sie ist häretisch.
Christologie aber ist noch nicht in der Tiefe verstanden, wo die Mariologie ausgeklammert bleibt. II. Maria-Gottesgebärerin bei den altkirchlichen Vätern bis zum Ende des Bilderstreites 1. Die Geburt des Erlösers aus Maria, der Jungfrau-Mutter Die ersten Zeugnisse eines über die biblischen Aussagen hinausgehenden, vertieften Nachdenkens über die Stellung Mariens im göttlichen Heilsgeschehen finden sich bereits zu Beginn des 2. Jahrhunderts bei Ignatius von Antiochien (gest. um 110), der in seinem Brief an die Epheser den berühmten Satz schrieb: »Und es blieb dem Fürsten dieser Welt die Jungfrauschaft Mariens und ihre Niederkunft (to toketos autes) verborgen, ebenso auch der Tod des Herrn – drei laut schreiende Geheimnisse (mysteria krauges), die in Gottes Stille (en hesychia Theou) vollbracht wurden«1.
Der um 165 in Rom als Märtyrer hingerichtete christliche Philosoph Justin aus Nablus zeigt in seinem Dialog mit dem Juden Tryphon die Wurzeln des christlichen Glaubens an die jungfräuliche Geburt Christi – wie diese bereits bei Mt 1,18–25 bezeugt wird – auf, indem er die Septuagintaübersetzung von Jes 7,14 verteidigt2, die ums Jahr 128 durch die wortgetreue Übersetzung aus dem Hebräischen durch Aquila aus Pontus, einen Schüler Rabbi Akibas, zu Handen der jüdischen Gemeinde korrigiert worden war. So warf er den Juden vor: »Ihr aber wagt es, auch in diesen Punkten die von euren Ältesten beim Ägypterkönig Ptolemäus angefertigte Übersetzung (die LXX = Septuaginta) abzuändern und behauptet, die Schrift laute nicht so, wie jene es übersetzt haben, sondern: ›Siehe‹, spricht er, ›die junge Frau wird empfangen‹, gerade als ob es ein besonderes Ereignis wäre, wenn eine Frau infolge geschlechtlichen Verkehres gebiert."