E-Book, Deutsch, 160 Seiten
Helten Ich zähle jetzt bis Ommm
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7453-2112-8
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mit Yoga, Achtsamkeit und Selbstfürsorge entspannt durch den Familienalltag. Über 65 Übungen und Rituale für Groß und Klein
E-Book, Deutsch, 160 Seiten
ISBN: 978-3-7453-2112-8
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Yoga für eure chaotische, wunderbare und einzigartige Familie
Gefüllt mit Arbeit, Schule, Kita, Freizeitaktivitäten und jeder Menge unterschiedlicher Charaktere ist das Leben einer Familie bunt und abwechslungsreich, kann aber auch ganz schön stressig sein. Wenn auch du oft nicht weißt, wo dir der Kopf steht, und das Gefühl hast, dass immer irgendwas oder irgendjemand zu kurz kommt, kannst du jetzt aufatmen: Yoga ist der perfekte Ausgleich für Groß und Klein. Von der entspannenden Wirkung profitieren nicht nur von Homeoffice, Haushalt und Alltagsorga geplagte Eltern. Die Asanas entlasten auch Kinder bei schulischem Leistungsdruck oder unterstützen Teenager im Hormonchaos.
Kinderyogaexpertin und Family-Coach Andrea Helten zeigt über 65 entschleunigende Übungen und Rituale:
· Mut-Mudra für Referate in der Schule
· Krokodil für einen entspannten Start in den Feierabend
· Lustige Familienübungen für die Us-Time am Wochenende
· Und viele mehr
Von morgens bis abends ist für jede Alltagssituation etwas Passendes dabei. Lebensnah und mit einem Augenzwinkern erklärt Andrea Helten, wie deine Familie den verschiedenen Bedürfnissen all ihrer Mitglieder gerecht werden und gemeinsam relaxen kann. Ob Patchwork, Großfamilie oder alleinerziehend – so gelingt euch ein achtsames, harmonisches Zusammenleben!
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
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System moderne Familie – der ganz alltägliche Wahnsinn
Familie im Wandel
Du merkst es ja selbst: Familien verändern sich. Nicht nur dadurch, dass die Kinder größer werden und andere Impulse setzen. Eben noch wollten sie beispielsweise stundenlang mit dir spielen – und plötzlich heißt es ständig »Tür zu!«. Es gibt so viele Beispiele dafür, dass innerhalb dieses verrückten, wunderbaren Konstrukts »Familie« die Dinge beständig in Bewegung sind. Hier soll jetzt kurz die Rede vom grundsätzlichen Gefüge sein. Denn auch das, was wir als »Familie« bezeichnen, unterliegt dem Wandel. Vielleicht ist die traditionelle Konstellation mit Vater-Mutter-Kind nach wie vor am weitesten verbreitet. Doch Familie ist so viel mehr! Menschen leben in Ein-Eltern-Familien, Adoptivfamilien, Kleinfamilien, Patchworkfamilien, Regenbogenfamilien und Co-Elternschaften zusammen. So wie die Zusammensetzung von Familie Veränderungen unterliegt, verändert sich auch die begriffliche Definition, wenn auch etwas träger: 2007 vermerkte der gute alte Duden unter dem Begriff »Familie« »eine Gemeinschaft aus einem Elternpaar und mindestens einem Kind«. Immerhin heißt es hier heutzutage, eine »aus einem Elternpaar oder einem Elternteil und mindestens einem Kind bestehende [Lebens-] Gemeinschaft«.2 Ganz egal ob klassische Konstellation oder Adoptivfamilie: Das gemeinschaftliche Zusammenleben mit verschiedenen Altersgruppen muss ganz schön vielen Ansprüchen gerecht werden. Jeder hat seine eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen, bringt gelernte Muster und Rollenverständnisse aus anderen Familien mit. Dazu gesellen sich Erwartungen und Pflichten, die von außen an jedes einzelne Familienmitglied herangetragen werden. Diese Aufgaben und Pflichten potenzieren sich mit jedem Familienmitglied. Somit kann das alltägliche Familienleben schnell zur Dauerbelastung werden. Für die Regenbogenfamilie ebenso wie für die Kleinfamilie gilt: Um den Familienalltag zu »wuppen«, ist viel Organisation gefragt. Jedes Mitglied muss seinen Beitrag leisten, damit die Gemeinschaft funktioniert. Jedes? Oh ja, auch die Kleinsten halten sich schon an Regeln – so gut es eben für sie machbar ist (okay, nicht immer). Tausend Termine und nur wenig Zeit Die vielleicht allerbeste Nachricht ist – und ich höre dich schon jetzt aufatmen: Es ist nicht deine Schuld, dass du dich (und deine Familie) so durch den Alltag hetzt. Es ist leider nur die »natürliche« Reaktion auf das Tempo unserer Gesellschaft, das gefühlt jedes Jahr anzieht. Egal, ob du etwas kochst, wegen Schmerzen zum Arzt gehst, Abitur machst, eine Diät anfängst oder einen Ratgeber wie diesen liest – alles soll bitte möglichst immer schnell die gewünschten Ergebnisse erzielen. Zum Raketentempo der modernen Gesellschaft kommen dann noch die vielfältigen Aufgaben, Rollen, Ansprüche eines jeden. Und ja, auch wenn wir das Muttersein, das Vatersein unserer Großeltern nicht mehr leben, spuken traditionelle Rollenbilder und Klischees oftmals noch in unseren Köpfen herum. Sie lösen sich zwar langsam auf, aber auch Transformationen vollziehen sich eben oftmals erst dann, wenn der Druck von außen gewaltig wird. Frauen zwischen Perfektionismus und Selbstverwirklichung – das Narrativ der Working Mom Vor 15 Jahren lief im Fernsehen eine Staubsaugerwerbung, die mir im Gedächtnis geblieben ist. Eine Frau wird bei einem Vorstellungsgespräch von einem männlichen Chef (logo!) gefragt, was sie beruflich macht oder ob sie nur … Hier bricht er ab, aber dem Zuschauer ist sofort klar, wie der Satz weitergeht: »Oder sind Sie nur Hausfrau?« Tatsächlich ist sie »nur« Hausfrau – und dennoch pariert die smarte Frau auf diese despektierliche und sexistische Frage so, wie es einem Manager zu Ruhm verholfen hätte. Sie sei im Organisationsmanagement (dabei sehen wir, wie sie einen schicken Thermomix-Kochtopf bedient), kümmere sich aber auch um die Nachwuchsförderung (an dieser Stelle sehen wir sie mit ihren Kindern). Und überhaupt, fügt die Frau selbstbewusst hinzu, leite sie ein »erfolgreiches kleines Familienunternehmen«. Die zwei Messages dieser Werbung lauten: Wording ist alles! Und: Hausfrau zu sein, ist auch jede Menge Arbeit, die endlich gesellschaftlich anerkannt werden muss. Der Satz aus dieser Werbung »Ich leite ein erfolgreiches kleines Familienunternehmen« wurde übrigens in den folgenden Jahren zum oft zitierten Slogan. Die Message des Staubsauger-Herstellers war in gutes Marketing verpackt – und dennoch wichtig. Mit dieser Werbung wollte die Firma auf die Ergebnisse ihrer 2006 selbst in Auftrag gegebenen Studie aufmerksam machen. Demnach fühlte sich schon damals der Großteil der deutschen Frauen für ihre geleistete Arbeit von der Gesellschaft nicht genügend respektiert. Jede dritte Frau wünschte sich eine stärkere Beteiligung ihres Partners an der Arbeit im Haushalt.3 Heute, 16 Jahre später, hat diese Thematik nichts von ihrer Aktualität eingebüßt, das Kind einen Namen bekommen. Es ist die »Care-Arbeit« – und die wird auch über ein Jahrzehnt später meist von Frauen geleistet.4 Immer noch erhalten Frauen von der Gesellschaft vornehmlich erst Respekt, wenn sie neben der Care-Arbeit noch einen weiteren, »richtigen« Job ausüben. Und noch immer ist die Vereinbarkeit von Familie und Karriere schwierig. Wir kennen es alle, das Narrativ der Working Mom: das der berufstätigen, fleißigen und erfolgreichen Mutter. Wonder Woman? Kann weg! Vor wenigen Jahren fand es eine Wiederbelebung – und zwar ausgerechnet durch die Frauen selbst. In Magazinen und in den sozialen Medien war plötzlich ständig die Rede von der »Powerfrau«, der »Wonder Woman«, der »Mompreneur«. Auch ich trug eine Zeit lang T-Shirts mit »Wonder Woman«-Aufdruck. Wer will sich schließlich nicht selbst mit einer 1000-Volt-Frau assoziieren? Es war ein typischer Fall von »gut gemeint, aber nicht gut gemacht«. Denn mit diesen kraftstrotzenden Begriffen taten wir Ladys uns selbst keinen Gefallen. Im Gegenteil: Wir bedienten uns einmal mehr eines Klischees, ohne zu differenzieren. Wir suggerierten, dass nur solche Frauen, die Multitasking leben und arbeiten, die an den Rand ihrer eigenen Kräfte (und oftmals darüber hinaus) gehen, richtig, richtig cool sind. Gleichzeitig wurden diejenigen ausgegrenzt, die nicht alles auf einmal gebacken bekamen. Und überhaupt: Sind nicht alle Mütter per se schon Working Moms?5 Wir dürfen also getrost das »Wonder Woman«-Shirt in den Altkleidersack geben. Und uns dennoch täglich mindestens 100-mal auf die Schulter klopfen – egal, ob wir jenseits vom Mamasein noch einer Tätigkeit nachgehen oder nicht. Wir sind nicht nur Mutter, sondern auch Partnerin, Schwägerin, Tochter, Arbeitnehmerin oder Freischaffende, Klassensprecherin oder Ehrenamtliche. Wir arbeiten und stemmen den Einkauf, wir kutschieren die Kinder und trösten sie, wenn sie sich wehgetan haben. Wir planen Einschulungsfeiern und den Sommerurlaub. Allein vom Lesen wird uns hier schwindelig und es prangt ein Wort sichtbar über all unseren Köpfen: Rollenüberforderung. Jede Mutter, die frühmorgens ihren Kids die Brotdosen füllt, sie nachmittags von Kindergarten und Schule einsammelt und zwischendurch womöglich dann noch ihre Gehirnleistung für andere, kinderfreie Arbeiten einsetzt, weiß, wovon ich spreche. Und doch fühlen sich viele Mamas schuldig. Neudeutsch heißt das »mom guilt«. Obwohl so viele Bälle im Spiel gehalten werden müssen und wir das Tag für Tag auch erfolgreich tun, sehen wir nur den Mangel: »Die Wohnung könnte aufgeräumter sein.« »Ich war wieder nicht beim Sport.« »Ich habe keinen ›richtigen‹ Beruf, betreue ›nur‹ die Kinder.« »Ich habe einen Vollzeit-Beruf und nicht genug Zeit für die Kinder.« Hast auch du unrealistisch hohe Erwartungen an dich? Ich kenne verdammt viele Frauen, die mit einem wahnsinnig hohen Maß an Ansprüchen an sich selbst ausgestattet sind. Frauen, die wirklich alles gewuppt bekommen wollen, die sich regelrecht angetrieben fühlen von Social Media und dem, was ich gern »Erwartungserwartungen« nenne. Die angenommene Vorstellung von dem, was von uns erwartet wird. »Was erwarte ich, was die anderen von mir erwarten?« Diese vermeintlichen Wahrheiten (in Wahrheit sind es doppelte Annahmen) treiben viele – gerade auch sehr sensible – Frauen um. Frauen, die als Unternehmerin selbstständig sind und vier Kinder haben. Frauen, die am Abend und am Wochenende noch für Ausbildungen oder Studium büffeln. Dass wir nicht auf Dauer allem und jedem gerecht werden können, erscheint logisch. Früher oder später kommen wir an einen Punkt, an dem die (selbst auferlegten) To-dos zu mächtig werden. Dann fühlen wir uns ausgebrannt, reagieren mit Ängsten oder Depressionen. Wir haben das Gefühl, nicht mehr selbstbestimmt zu sein. Ich weiß, wovon ich spreche, denn auch ich war so eine Mama, die atemlos Projekt um Projekt annahm – und sich dabei irgendwann selbst verlor. Negative Nachrichten heizen unserem inneren Druck, unserer Ohnmacht, noch weiter ein. Klimawandel, Kriege, Inflation, Angst vor Altersarmut, immer größer werdende soziale Ungerechtigkeiten – all das steigert unser Gefühl der Machtlosigkeit. Viele von uns Eltern plagt dazu die quälende Frage, welch kaputte Welt wir unseren Kids hinterlassen. Selbstfürsorge ist unerlässlich. Kein Wunder, dass die Autorin Svenja Gräfen uns entgegenschleudert, was so manche Yogini schon...