Buch, Deutsch, Band 939, 277 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 216 mm, Gewicht: 396 g
Reihe: Campus Forschung
Eine Bestandsaufnahme am Beispiel Samoas
Buch, Deutsch, Band 939, 277 Seiten, Format (B × H): 142 mm x 216 mm, Gewicht: 396 g
Reihe: Campus Forschung
ISBN: 978-3-593-38877-9
Verlag: Campus
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Wirtschaftswissenschaften Volkswirtschaftslehre Internationale Wirtschaft Entwicklungsökonomie & Emerging Markets
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Internationale Beziehungen Entwicklungspolitik, Nord-Süd Beziehungen
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Globalisierung, Transformationsprozesse
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politikwissenschaft Allgemein Politische Globalisierung
Weitere Infos & Material
Inhalt
Einleitung
1 Regionalanalyse
1.1 Warum Samoa?
1.2 Naturraum
1.3 Geschichte
1.4 Bevölkerung und Siedlung
1.5 Gesellschaft
2 Geschichte und Probleme des Entwicklungsbegriffs
2.1 Vom "Scheitern der Theorien" und vom "Ende" des Begriffs Entwicklung
2.2 Wirklich gescheitert?
2.3 Was kann, was soll Entwicklungstheorie leisten?
2.4 Benötigen wir neue Entwicklungstheorien?
2.5 Vergleichende Entwicklungsforschung?
2.6 Fünf Jahrzehnte Entwicklungsforschung - fünf Theorien über Entwicklung
3 Methodologische Voraussetzungen
3.1 Untersuchungsgegenstand und Begriff
3.2 Funktion von Begriffen
3.3 Definition von Begriffen
3.4 Operationalisierung von Begriffen
3.5 Aufbereitung und Analyse der Daten
4 Marktwirtschaftliche Perspektive und Modernisierungstheorien
4.1 Begrifflich-theoretische Definition
4.2 Operationelle Definition und Auswahl der Indikatoren
4.3 Strukturen in Samoa in marktwirtschaftlicher Perspektive
4.4 Entwicklungen in Samoa in marktwirtschaftlicher Perspektive
4.5 Marktwirtschaftliche Strukturen anderer pazifischer Staaten
4.6 Clusteranalyse, Korrelationsanalyse und Faktorenanalyse
4.7 Marktwirtschaftliche Entwicklungen anderer pazifischer Staaten
4.8 Von der Empirie zur Theorie: Modernisierungstheorien
4.9 Von der Theorie zur Anwendung: marktwirtschaftliche Entwicklungspolitik in Samoa
5 Marxistische Perspektive und Dependenztheorien
5.1 Begrifflich-theoretische Definition
5.2 Operationelle Definition und Indikatorenauswahl
5.3 Strukturen in Samoa in der Dependenzperspektive
5.4 Entwicklungen in Samoa in der Dependenzperspektive
5.5 Strukturen anderer pazifischer Staaten aus der Dependenzperspektive
5.6 Clusteranalyse, Korrelationsanalyse und Faktorenanalyse
5.7 Entwicklungen anderer pazifischer Staaten aus der Dependenzperspektive
5.8 Von der Empirie zur Theorie: Dependenzansätze
5.9 Von der Theorie zur Anwendung: dependenzperspektivische Entwicklungspolitik
6 Von der Makro- zur Mikroperspektive: der Bielefelder Verflechtungsansatz
6.1 Begrifflich-theoretische Definition
6.2 Operationelle Definition
6.3 Indikatorenauswahl und sektorale Kategorisierung
6.4 Sektorale Strukturen und Produktionsformen in Samoa
6.5 Entwicklung der sektoralen Tätigkeiten in Samoa
6.6 Von der Empirie zur Theorie: der Bielefelder Verflechtungsansatz
6.7 Von der Theorie zur Entwicklungspolitik: Plädoyer für die Subsistenzperspektive
7 Ökologische Perspektive und der Ansatz der Nachhaltigkeit
7.1 Begrifflich-theoretische Definition
7.2 Operationelle Definition und Auswahl der Indikatoren
7.3 Strukturen und Entwicklungen in Samoa in der Perspektive von Nachhaltigkeit
7.4 Strukturen und Entwicklungen anderer pazifischer Staaten
7.5 Clusterbildung und Korrelationsanalyse
7.6 Nauru: ein Beispiel für den vollständigen Ruin
7.7 Das Bikini-Atoll als Beispiel nuklearer Zerstörung
7.8 Analyse: Von natürlichen zu künstlichen Produktionskreisläufen
7.9 Von der Empirie zur Theorie: Nachhaltige Entwicklung
7.10 Von der Theorie zur Anwendung: Nachhaltige Entwicklungspolitik
8 Die Perspektive der Globalisierung und die Theorie der Fragmentierenden Entwicklung
8.1 Begrifflich-theoretische Definition
8.2 Operationelle Definition und Auswahl der Indikatoren
8.3 Strukturen und Entwicklungen in Samoa und anderen pazifischen Staaten in der Perspektive von Globalisierung
8.4 Clusteranalyse, Korrelationsanalyse und Faktorenanalyse
8.5 Von der Empirie zur Theorie: Fragmentierende Entwicklung
8.6 Von der Theorie zur Anwendung: Globalisierung und Entwicklungspolitik
9 Vergleichende Entwicklungsforschung
9.1 Theorievergleich
9.2 Ländervergleich
9.3 "Laborfall Samoa"?
Literatur
Einleitung
Die Entwicklungsforschung ist in der Krise, heißt es vielfach: die "großen Theorien" seien "gescheitert", der theoretische Begriff sei "ausgehöhlt bis auf ein leeres Plus, […] zu einem qualligen, amöben-gleichen Wort" verkommen, der Entwicklungssoziologie sozusagen der Gegenstand selbst abhandengekommen. Ein Ende von Entwicklung, passend und im Trend liegend zu anderen Endstationen: Ende der Aufklärung, Ende der Moderne, Ende des Nationalstaats, Ende der Geschichte, Ende der Geographie, Ende der Arbeit. Diesen Verkündungen der Endzeitstimmungen steht allerdings gegenüber, dass sich die weltweite Armut keineswegs verringert, dass Entwicklungsunterschiede keineswegs verschwunden sind und dass die Mehrheit der Menschheit ganz selbstverständlich erwartet, dass ihre Lebensverhältnisse durch Entwicklung verbessert werden.
Die vorliegende Studie unternimmt daher den Versuch, fünfzig Jahre Entwicklungstheorie anhand von fünf etablierten Entwicklungstheorien empirisch aufzuarbeiten, um vergleichend und empirisch gestützt auf 25 Jahre Feldforschung nach den "offenkundigen Wahrheiten" von Entwicklungstheorien zu suchen. Diese Feldforschung kann als "Laborfall" angesehen werden, weil das empirische Feld so klein ist, dass es experimentell im Sinne von Laborbedingungen erscheint: übersichtlich und transparent im Geflecht von lokalen, nationalen und internationalen Beziehungen und Netzwerken. Besonders geeignet sind hierfür kleine pazifische Inselstaaten von einer Größe, die häufig nicht von der einer deutschen Kommune oder einem deutschen Bundesstaat abweichen, wie zum Beispiel Palau, Tonga oder Samoa.
Warum eignen sich also Samoa und die pazifischen Inseln als regionaler Bezug in einer Untersuchung, die nach wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen im Kontext von sich modernisierenden Ländern fragt? Zum einen ist da natürlich der alte Mythos eines Paradieses auf Erden, das von der Natur reich ausgestattet worden ist und wo die Menschen scheinbar im Überfluss leben, in der gesellschaftlichen Entwicklung der Natur nahe und mit sich identisch geblieben sind, die "guten Wilden" in der Terminologie der Aufklärung. Auch heute noch wird in wissenschaftlichen Untersuchungen auf die nur geringe Überformung vieler pazifischer Inseln durch die Moderne hingewiesen; Samoa zum Beispiel gilt als ausgesprochen "akkulturationswiderständig". Deshalb scheinen Samoa und die pazifischen Inseln gut geeignet, um die Transformation von vor kurzem noch vormodernen Gesellschaften in moderne empirisch zu erfassen.
Zum zweiten ist da die Tatsache, dass diese pazifischen Staaten in den einschlägigen Datensammlungen zu ökonomischen und sozialen Leitindikatoren weitgehend fehlen. Dies liegt daran, dass zum Beispiel in den jährlichen Weltentwicklungsberichten der Weltbank nur die Länder aufgenommen worden sind, in denen mindestens eine Million Einwohner leben. Unter allen pazifischen Inselstaaten gibt es nur ein Land, das diese Voraussetzung erfüllt: Papua-Neuguinea. Alle anderen fallen durch das Netz und werden nicht erfasst: "quantité négligeable". Auch auf vielen Weltkarten sowie in den großen Weltentwicklungsberichten und statistischen Datensammlungen gibt es Samoa und die meisten pazifischen Inseln entweder gar nicht oder eben nur am Rande. Die vorliegende Studie füllt also eine Lücke. Mit statistischem Quellenmaterial, das zum großen Teil vor Ort gesammelt worden ist, eröffnen sich Einblicke auf Länder und Gesellschaften, die in Entwicklungsberichten nicht auftauchen.
Drittens schließlich gibt es ein Merkmal Samoas und der pazifischen Inseln, das für empirische Untersuchungen zur Entwicklung geradezu ideal erscheint. Die Kleinheit der Inselstaaten macht sie zwar in globaler Hinsicht und aus europäischer Perspektive zu einer leicht zu übersehenden Nebensache, methodisch kann dieser "Nachteil" aber auch in einen besonderen Vorzug umgemünzt, aus der Not eine Tugend gemacht werden.
Wenn fünf konkurrierende Entwicklungstheorien anhand empirischer Daten miteinander verglichen werden, dann muss der Untersuchungsraum konstant gehalten werden. Es gilt, eine Region auszuwählen, die empirische Daten hinreichend bereithält, und zwar nicht nur Makrodaten aus der top-down-Sicht, sondern auch die für die bottom-up-Sicht notwendigen Mikrodaten. Dies ist nur möglich bei Untersuchungseinheiten, die räumlich begrenzt sind.
Der kleine pazifische Inselstaat Samoa in Polynesien ist so ein Fall, der fast Laborbedingungen bietet, zwar nicht im naturwissenschaftlichen Sinne der experimentellen Erprobung, wohl aber wegen des Nebeneinanders von anhaltender Akkulturationsresistenz bei gleichzeitiger Modernisierungsbereitschaft. Vor allem aber werden in dem ebenso überschaubaren wie nahen und dichten Geflecht von lokalen, nationalen und internationalen Strukturen und Beziehungen, einzelne Variablen des sozio-ökonomischen Netzwerks sichtbar und isolierbar und in ihren Zusammenhängen auf der Makro- wie auf der Mikroebene erkennbar und transparent.
In Samoa habe ich seit nunmehr 25 Jahren Feldforschung absolviert, Makro- wie Mikrodaten gesammelt, die bis Mitte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts zurückreichen. Die Mikrodaten wurden immer an den gleichen Orten in teilnehmender Beobachtung gesammelt, die einerseits die sozialen Disparitäten erfassen und andererseits auch das zentral-periphere Gefälle abbilden.
Ergänzend soll, soweit die Datenlage es zulässt, die Entwicklung einiger anderer pazifischer Staaten dargestellt werden, zum Vergleich und um zu sehen, inwieweit das samoanische Entwicklungsbeispiel singulär oder ähnlich zu den Nachbarregionen verläuft.
Nach einer einführenden Regionalanalyse zum Naturraum Samoas und der pazifischen Inseln, der Geschichte sowie der Bevölkerungs- und Gesellschaftsstrukturen, widmet sich die Studie in den darauf folgenden Kapiteln der Geschichte und den Problemen des Entwicklungsbegriffs sowie den methodologischen Voraussetzungen empirischer Entwicklungsforschung. Anschließend untersuche ich die fünf großen entwicklungstheoretischen Ansätze der Modernisierung, der Dependenz, der Verflechtung und Subsistenzorientierung, der Nachhaltigkeit sowie der Globalisierung, respektive Fragmentierung hinsichtlich ihrer Effekte auf die Entwicklungen im pazifischen Raum, um dann abschließend Theorien und Länder empirisch abgesichert miteinander zu vergleichen.
Zusätzlich zu den in diesem Buch gedruckten Quellen gibt es für alle diejenigen, die über die Zitate hinaus Einblick in die herangezogenen Texte nehmen wollen, auf der Webseite des Campusverlages eine Wiedergabe der vollständigen Quellentexte zu allen fünf abgehandelten Entwicklungstheorien. Ebenfalls auf der Webseite befinden sich die Tabellen, die aus Platzgründen nicht abgedruckt werden konnten.