E-Book, Deutsch, 155 Seiten
Heywinkel Digitale Formate entwickeln
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7398-0619-8
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie Redaktionen neue Ideen umsetzen
E-Book, Deutsch, 155 Seiten
ISBN: 978-3-7398-0619-8
Verlag: UVK Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
So erhält eine Idee ein klares Format Ihre Redaktion möchte einen Podcast, Newsletter oder Social-Media-Kanal starten - doch Sie wissen nicht, wie das Projekt angestoßen und langfristig umgesetzt werden kann. Dieses Buch hilft Ihnen dabei, digitale Produkte zu entwickeln. Praxisnah erklärt Mark Heywinkel die Grundlagen der Formatentwicklung. Er zeigt, in welchen Phasen Redaktionen ihr Publikum analysieren, Produktideen erdenken, Prototypen bauen und geordnet Formate erstellen können. Ein Buch für alle in Zeitungs-, TV- und Radioredaktionen, die ihre Marke im Digitalen erfolgreich positionieren möchten.
Mark Heywinkel ist Leiter Formatentwicklung bei ZEIT ONLINE in Berlin. Er verantwortet unter anderem die Weiterentwicklung von Social-Media-Kanälen sowie die Umsetzung neuer Newsletter und Videoprojekte. Zuvor war er stellvertretender Redaktionsleiter und Head of Development des Onlinemagazins ze.tt, bei dem er unter anderem für die Entwicklung der App und den Relaunch der Website zuständig war.
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Sprechen Sie über das Team, das Equipment, das Budget und den Zeitplan für die Formatentwicklung.
Im Pingpong mit der Chefredaktion konkretisiert sich die Idee. Durch die Diskussion über Visionen und Strategien wissen Sie allmählich den Projektwert für das Unternehmen besser einzuschätzen. Zudem können Sie auch die Projektgröße realistischer umreißen. Wenn ein Reportagepodcast entstehen soll, für den Sie durch Deutschland reisen müssen, können Sie absehen: Die Absprache mit Protagonist:innen, um Aufnahmetermine auszumachen, wird zeitintensiv. Es werden Fahrtkosten für die Redakteur:innen anfallen. Es wird viel Rohmaterial entstehen, das im Schnitt schwerer zu bearbeiten sein wird als eine zuvor getextete Moderation. Auf Basis dieses neuen Inputs können Sie nun ausführlicher über den Rahmen der Formatentwicklung sprechen – über Personal, Equipment, Budget sowie über den Zeitraum, in dem Sie die Entwicklung des potenziellen Produkts bestreiten sollen. Auch hier gilt: Bei dieser Diskussion über Ressourcen geht es noch nicht darum, eine langfristige Produktion des Produkts abzusichern. Noch haben Sie ja keine konkreten Produktideen gesammelt. Sie wissen zwar: Reporter:innen begleiten Politiker:innen. Aber wie ist eine Episode aufgebaut? Gibt es eine Moderation? Oder führen die Politiker:innen selbst durch die Folgen, als würden sie ein Audio-Tagebuch führen? Gibt es Musik? Kommen auch andere Menschen zu Wort, Wähler:innen, Expert:innen? All das wissen Sie noch nicht und entsprechend auch nicht, wie viele Menschen Sie im zu gründenden Team brauchen. Sie wollen also zunächst gemeinsam mit der Chefredaktion eine erste Ahnung davon gewinnen, wie aufwändig die Entwicklung und Produktion der rohen Idee sein wird. Und im zweiten Schritt wollen Sie klären, ob die Idee dann immer noch umsetzbar ist. Im Idealfall war Ihre Recherche so ergiebig, dass Sie die spontanen Überlegungen der Chefredaktion einordnen und den Aufwand rasch ermessen können. Im Fall des Reportagepodcasts müssen Sie nun unbedingt hartnäckig erklären, dass die Entwicklung eine Menge Arbeit sein wird. Um den Podcast substanziell redaktionell zu betreuen, werden mehrere Politikredakteur:innen beschäftigt werden müssen. Die Aufnahmen, wenn sie gut klingen sollen, müssen von Profis durchgeführt werden. Ebenso der Schnitt. Um den Podcast schließlich groß zu spielen, muss das Social-Media-Team involviert werden. Die Aufbereitung des Transkripts sollte in die Hände des Politikressorts gelegt werden. Der Einsatz der unterschiedlichen Gewerke will gut geplant und koordiniert werden. Der Chefredaktion sollte durch das Gespräch bewusst werden, dass diese Idee umzusetzen kein netter Zeitvertreib ist. Es geht hier nicht darum, dass Redakteur:innen sich austoben können. Formatentwicklung ist viel Arbeit und das Produkt langfristig umzusetzen ebenso. Wie kann das Team zusammengesetzt sein? Machen Sie klar, dass Sie die Formatentwicklung mit dem gleichen Team bestreiten wollen, welches das Produkt später langfristig umsetzt. Das ist wichtig, damit die Personen von Beginn an eine hohe Identifikation mit dem zu entwickelnden Produkt aufbauen und langfristig für dessen Umsetzung verpflichtet werden können. In der Recherchephase haben Sie durch die Analyse ähnlicher Produkte ein Gefühl dafür bekommen, wie viele Menschen in die Produktion involviert sind. Davon ausgehend können Sie jetzt gemeinsam mit Ihrer Chefredaktion eine grobe Teamliste erstellen. Notieren Sie jeweils die Rolle und Aufgaben. Beispiel | Teamliste Für den oben erwähnten Reportagepodcast könnte diese Liste so aussehen: 2x Redakteur:innen: Recherchieren zu den Politiker:innen und bereiten Aufnahmen inhaltlich vor und schreiben Skripte für die Cutter:innen 2x Reporter:innen: Begleitet Politiker:innen zu ausgewählten Ereignissen während des Wahlkampfs 2x Tonmenschen: Begleiten Reporter:innen bei Aufnahmen 2x Fotografen: Sind zu ausgewählten Ereignissen dabei 2x Cutter:innen: Schneiden Episoden nach Skripten der Redakteur:innen 1x Designerin: Gestaltet aus Fotos Grafiken für Podcast- und Social-?Plattformen sowie die Website 2x Social-Media-Redakteur:innen: Posten Beiträge zum Podcast 1x Communityredakteur: Sammelt Hörer:innen-Zuschriften und reicht das Feedback an Redakteur:innen weiter Bestimmen Sie die Größe Ihres Kernteams, indem Sie alle Personen einklammern, die nur vorübergehend oder gelegentlich an der Produktion beteiligt sein müssen. Im Fall der Reportagepodcast-?Liste können wir zum Beispiel die Designerin einklammern: Das Design wird zu Beginn erstellt, auch die Werbemittel können zwischendurch auf Zuruf gebaut werden; die Designerin ist nicht als permanentes Mitglied im Team vonnöten. Auch die Cutter:innen ließen sich einklammern und aus dem Kernteam aussparen, da sie auf Anweisung der Redakteur:innen schneiden und keine inhaltliche Mitsprache am Produkt haben. Entsprechendes gilt für die Fotograf:innen und die für den Ton zuständigen Personen. Im obigen Fall kommen wir zu dem Ergebnis, dass Ihr Kernteam aus vier Personen besteht. Die Redakteur:innen, die Reporter:innen sowie die Kolleg:innen aus dem Social-Media- und Communityteam sind inhaltlich am Produkt beteiligt und bilden somit das Kernteam, mit dem Sie die Formatentwicklung bestreiten wollen. Und sie sind es auch, die langfristig die Produktion des Podcasts bestreiten sollen. Die für den Ton zuständige Personen, Cutter:innen, die Designerin und die Fotografen können gegebenenfalls als Freelancer:innen engagiert werden und häufiger wechseln; sie kommen beim Gespräch über Budgets wieder zur Sprache. Wenn möglich, sprechen Sie mit der Chefredaktion bereits über konkrete Kolleg:innen aus Ihrer Redaktion, welche die genannten Rollen besetzen könnten. Womöglich hat die Chefredaktion eigene Ideen, wen sie in Ihrem Team dabei haben möchte – zum Beispiel weil Ihre Vorgesetzten in jungen Kolleg:innen Potenzial sehen und es abschöpfen wollen. Oder aber auch, weil sie untergetauchte Kolleg:innen aus der Schlafstarre reißen wollen. Bedenken Sie stets: All diese Menschen arbeiten bereits in Ihrer Redaktion, sie haben Aufgaben und sehr sicher Stress. Wenn Ihre Formatentwicklung ausschließlich auf den Schultern eines Teams lastet, das eigentlich keine Zeit für andere Aufgaben hat, sollten Sie unbedingt protestieren. Die Formatentwicklung wird enorm von der Motivation Ihres Teams abhängig sein – und ein Haufen von destruktiven Redakteur:innen, die nur auf Ansage der Chefredaktion teilnehmen, werden das Risiko des Scheiterns erhöhen. Arbeiten Sie im Gespräch darauf hin, dass Sie Ihr Team – natürlich immer in Rücksprache mit der Chefredaktion und den Ressortleiter:innen – selbst zusammenstellen können. In dem Fall können Sie in Einzelgesprächen den Workload Ihrer potenziellen Kandidat:innen eruieren und besser abwägen, wer welche Aufgaben in welchem Rahmen übernehmen kann. Kann das Team die Hardware, Software und Räumlichkeiten bekommen, die es zur Umsetzung und Produktion einer Idee braucht? Es ist toll, wenn Ihre Chefredaktion Ihnen für eine Videoserie eine Motion-?Grafikerin zur Verfügung stellt – sie wird Ihnen allerdings wenig bringen, wenn sie keinen Zugriff auf einen Rechner mit After Effects hat oder der Rechner wie eine Schnecke kriecht. Ebenso dürfte sich Ihr Podcast-?Host nicht sonderlich freuen, wenn er seine Moderation in seinem stickigen Kleiderschrank aufnehmen muss, weil sich in keinem Redaktionsraum eine vernünftige Aufnahmesituation herstellen lässt. Das bedeutet aber nicht, dass Sie bei diesem Gesprächsteil garantierte Zusagen für High-End-Computer oder Studioausbauten einholen müssen. Erneut geht es darum, der Chefredaktion ein realistisches Bild zu vermitteln, was voraussichtlich für Entwicklung und Produktion einer Idee benötigt wird. Gibt es ausreichend Budget für die Entwicklung und langfristige Umsetzung des Produkts? Umreißen Sie gemeinsam, wie viele Tage Sie möglicherweise Freelancer:innen buchen müssen, wie viele Bahnfahrten Ihr Team unternehmen muss, wie viel Equipment geliehen oder gekauft werden muss. Schätzen Sie Ihr Projekt gemeinsam mit der Chefredaktion realistisch ein. Und wieder gilt: Die Chefredaktion muss Ihnen keine Summe x zusichern. Es ist zunächst grundsätzlich zu klären, ob ein Topf für Freelancer:innen, für Bahnfahrten, für Equipment da ist. Falls die Antwort vage ausfällt, beharren Sie darauf, dass eine Formatentwicklung nicht möglich sein wird. Falls ja, prima – und weiter zum nächsten Gesprächsthema. Steht ausreichend Zeit für das Projekt zur Verfügung? Ihre Formatentwicklung mag nur ein kleines Facebook-?Format betreffen – doch auch das kann durch Urlaube und Krankheitsfälle in Verzug geraten. Stimmen Sie daher bei jedem Projekt einen möglichst großzügigen Zeitplan mit der Chefredaktion ab. Umreißen Sie, wie lang welche Phase der Formatentwicklung voraussichtlich dauern wird. Und legen Sie Meilensteine fest, zu denen Sie der Chefredaktion ein Update geben....