Huber | Bibel und Big Bang | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

Huber Bibel und Big Bang

Naturwissenschaft, Religion und die größten Rätsel unserer Welt
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-451-82873-7
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Naturwissenschaft, Religion und die größten Rätsel unserer Welt

E-Book, Deutsch, 224 Seiten

ISBN: 978-3-451-82873-7
Verlag: Verlag Herder
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



»Glauben Sie an die Bibel oder an den Urknall?« Christen können ein Lied von solchen oder ähnlichen Fragen singen. Seit Galileo Galilei und besonders seit Charles Darwins Evolutionstheorie scheint es für viele nur entweder Naturwissenschaft oder Schöpfungsglauben zu geben. Zudem arbeitet ein immer aggressiver auftretender missionarischer Atheismus unermüdlich daran, die Schöpfungsgeschichte als Mythos und die Christen als unverbesserliche und wissenschaftsfeindliche Naivlinge darzustellen. Zu zeigen, wie inspirierend biblische Texte für Menschen des 21. Jahrhunderts sein können, die ihr naturwissenschaftliches Denken mit einer religiösen Perspektive verbinden wollen, wie sie auch für den heutigen Dialog zwischen Naturwissenschaften und Religion fruchtbar gemacht werden können, ist Ziel dieses Buches.

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2. Ijobs Krokodil und Schrödingers Katze: Was Bibellektüre mit Quantenphysik gemeinsam hat
Viele Texte in der Bibel geben den Exegeten bislang ungelöste Rätsel auf. Oft sind uneindeutige, nicht klar übersetzbare Begriffe Anlass für vielfältige Spekulationen. Hin und wieder haben sich in die Textüberlieferung Schreibfehler eingeschlichen, die die Exegese vor die Herausforderung stellen, die ursprüngliche Wortbedeutung herauszufinden. Manchmal weiß man aufgrund der Bedeutungsunschärfe von Begriffen schlicht nicht, wen oder was der Verfasser meint. Ein berühmtes Beispiel ist die Ankündigung des Propheten Jesaja an den König Ahas, dass Gott ein Zeichen geben werde: „Seht, die alma hat ein Kind empfangen.“ Das Neue Testament greift die griechische Übersetzung von alma mit parthenos, Jungfrau, auf und sieht diese Ankündigung in der Geburt Jesu von der Jungfrau Maria erfüllt. Die Frage, ob mit dem Begriff tatsächlich die Jungfrau gemeint ist oder schlicht eine junge Frau (was alma auch bedeuten kann), sorgt nach wie vor für Diskussionsstoff. Eine Uneindeutigkeit, über die sich Zoologen mit Orientalisten die Köpfe heiß diskutieren können, findet sich im Buch Ijob. Die Geschichte des Buches kurz zusammengefasst: Ijob ist ein gerechter Mann, der sich zeit seines Lebens an die Gebote Gottes gehalten hat. Trotzdem sucht ihn ein Schicksalsschlag nach dem anderen heim; er verliert Haus, Hof und seine Kinder. Ihn selbst befällt eine pestartige Krankheit, sodass er, um sich Linderung zu verschaffen, mit Scherben seine Haut schaben muss. Sein bisheriges Weltbild, demgemäß ein gerechtes Leben und ein wohlgesonnenes Schicksal Hand in Hand gehen, bricht in sich zusammen. Die Freunde Ijobs reden auf ihn ein und versuchen, um dieses Weltbild doch noch aufrechtzuerhalten, dem Geplagten mit gutgemeinten Rat-schlägen (wobei hier der Schwerpunkt auf dem zweiten Wortteil liegt) irgendeine von ihm begangene Schuld nachzuweisen. Doch Ijob ist sich seiner Gerechtigkeit so sicher, dass er sich Gott persönlich herbeiwünscht, um ihn auf die Anklagebank zu setzen und zum Rechtsstreit herauszufordern. Am Ende des Buches kommt Gott diesem Wunsch durch sein persönliches Erscheinen nach und führt Ijob ein ganzes Naturpanorama vor Augen. Zu den vorgeführten Wesen zählen Behemot und Leviatan. Aufgrund ihrer Beschreibungen werden sie normalerweise mit Nilpferd und Krokodil übersetzt: Ersteres ist groß, lebt am Fluss und frisst Gras, Letzteres besitzt einen Schuppenpanzer und furchteinflößende Zähne. Man würde allerdings im Urtext für die beiden Tierarten eindeutigere Begriffe erwarten. Behemot heißt wörtlich eigentlich nur „großes Tier“ und Leviatan wörtlich „etwas, das sich windet“. Spätestens dann, wenn davon die Rede ist, dass der Leviatan Feuer speit und das Behemot das größte und furchteinflößendste aller Tiere sein soll, hat man die zoologische Eindeutigkeit von Nilpferd und Krokodil hinter sich gelassen, und man meint, es bei dem bis dahin zoologisch gut informierten Verfasser mit einem Erfinder von Fabelwesen zu tun zu haben (aus verschiedenen Gründen wird auch angenommen, dass die Beschreibung der beiden Wesen nachträglich in den Text eingefügt wurde). Wir kommen später noch einmal auf die genannten Wesen zurück. Ein weiteres Beispiel von unklarer Identität ist der Gottesknecht, der im Jesajabuch (genau genommen beim sogenannten Deuterojesaja, d. h. dem „zweiten Jesaja“) besungen wird. Diese Gottesknechtslieder sind in das sogenannte Trostbuch Israels integriert: Dem Volk Israel, das in babylonischer Gefangenschaft harrt, wird durch den Perserkönig Kyros, der als eine Art Werkzeug Gottes angesehen wird und das Volk befreien soll, Rettung zugesagt. Von Kyros unterschieden jedoch ist ein mysteriöser Knecht JHWHs.2 Die Lieder, die ihn beschreiben, sind in das Trostbuch eingestreut. Das vierte dieser sogenannten Gottesknechtslieder ist besonders mysteriös. Dem Knecht wird ein sehr leidvolles Schicksal zugeschrieben: 53,3 Er wurde verachtet und von Menschen verlassen, ein Mann von Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Und wie wenn man vor ihm das Gesicht verhüllt, war er verachtet, so schätzten wir ihn nicht. 4 Jedoch, unsere Krankheiten hat er getragen und unsere Schmerzen hat er sich selbst aufgeladen. Wir aber hielten ihn für getroffen, für geschlagen von Gott und gebeugt. 5 Er aber war durchbohrt von unseren Vergehen, zerschlagen von unseren Verschuldungen. Zu unserem Heil lag Züchtigung auf ihm, durch seine Wunde haben wir Heilung gefunden. 6 Wir alle irrten wie Schafe umher, jeder wandte sich seinem Weg zu. Doch JHWH ließ auf ihn treffen die Schuld von uns allen. Er wurde gequält und er beugte sich, ohne dass er seinen Mund auftat. Wie ein Lamm, das zum Schlachten geführt wird, und wie ein Mutterschaf vor seinen Scherern verstummt, so tat auch er seinen Mund nicht auf. Weil der leidende Knecht aber für sein Volk einsteht, steht ihm nach aller Erniedrigung in Aussicht, von Gott erhöht und reich beschenkt zu werden: 11 Ohne die Mühsal seines Lebens wird er Licht schauen, wird sich an seiner Erkenntnis sättigen. Als Gerechter macht mein Knecht die Vielen gerecht; indem er sich ihre Verschuldungen selbst auflädt. 12 Deshalb werde ich ihm Anteil geben unter den Großen und mit Mächtigen wird er die Beute teilen, dafür, dass er sein Leben dem Tod preisgab und sich zu den Abtrünnigen zählen ließ […]. Vielen katholischen und evangelischen Christen ist dieses Lied vom Gottesknecht aus der Karfreitagsliturgie bekannt. Manchen dürfte die Antwort auf die Frage nach der Identität des Knechts ohnehin kinderleicht vorkommen: Sie haben nämlich wie die Schulkinder im Religionsunterricht herausgefunden, dass man bei den meisten Fragen mit der Antwort „Jesus“ zumindest „irgendwie richtig“ liegt. Und tatsächlich sieht der christliche Glaube vieles, was bei den Propheten niedergeschrieben ist, besonders auch in den Gottesknechtsliedern, die etwa 550 Jahre vor der Geburt Jesu entstanden, in Jesus Christus erfüllt. Das Buch Jesaja wird daher auch gern als fünftes Evangelium bezeichnet. Trotzdem würde man die Texte mit einer allzu eindeutigen Interpretation in ihrer Bedeutungsvielfalt und ihrer Sinnoffenheit beschneiden. Auch auf das Gottesknechtslied kommen wir später zurück. Zuvor mag ein Exkurs in die moderne Physik in der Frage weiterhelfen, wie mit solchen Bedeutungsunschärfen umzugehen ist. Ein Gebiet nämlich, in dem es von Unschärfe und Überlagerungen von Bedeutungen nur so wimmelt, ist die Quantenphysik. In der klassischen Physik war man es lange Zeit, nämlich seit den Anfängen der modernen Naturwissenschaften, gewohnt, physikalische Prozesse anhand von gesetzmäßigen Beziehungen zwischen Massen, Kräften und Bewegungen zu erklären: Körper mit einer bestimmten Masse oder einer elektrischen Ladung sind bestimmten Kräften ausgesetzt, die zu beobachtbaren Bewegungen der Körper führen. Die Bewegung einer Kugel auf einer schiefen Ebene lässt sich beispielsweise mit den Gesetzen der Newton’schen Mechanik exakt vorhersagen, ebenso wie Bahnen von geworfenen Bällen, abgeschossenen Raketen oder von um die Sonne kreisenden Planeten. Die physikalischen Zusammenhänge von Ursache (Kräfte) und Wirkungen (Bewegungen) sind in der klassischen Mechanik sehr anschaulich nachvollziehbar. Das ändert sich, wenn man in die Welt der atomaren und subatomaren Teilchen eintaucht. In jeder Vorlesung zur Quantenphysik oder in Tutorials zur Quantentheorie wird mit der Erklärung des berühmten Doppelspaltexperiments ein Gefühl für den ganz anderen Charakter der Quantenwelt vermittelt. Beschießt man zwei nebeneinander befindliche schmale, parallele Spalte mit Teilchen, etwa Elektronen, und lokalisiert auf einem Schirm das Auftreffen der einzelnen Elektronen hinter dem Doppelspalt, macht man folgende Beobachtung: Das Auftreffen eines einzelnen Elektrons auf dem Schirm lässt sich ebenso lokalisieren wie das eines Fußballs an einer Hauswand, nachdem dieser durch eine Torwand mit einem Loch geschossen wurde. Ein erstaunlicher Effekt tritt jedoch ein, wenn man eine große Zahl von Elektronen durch den Doppelspalt schießt, denn dabei tritt ein wesentlicher Unterschied im Vergleich mit dem Fußballexperiment zutage: Würde man nämlich eine Vielzahl von Bällen in Farbe tauchen und durch zwei Löcher in der Torwand schießen, würde man hinter jedem Loch an der Hauswand eine Häufung von Farbflecken feststellen, die nach innen hin dichter und nach außen hin dünner wird. Im Fall der Elektronen jedoch ergibt sich auf dem Schirm ein Interferenzmuster, wie man es in der makroskopischen Welt von sich überkreuzenden Wasserwellen kennt. Es ist charakterisiert durch einen Wechsel von Bereichen mit hoher und geringer Häufigkeit von Auftreffpunkten, sodass insgesamt ein Streifenmuster zum Vorschein kommt. Misst man jedoch bei jedem Elektron nach, durch welchen Spalt es geflogen ist, verschwindet das Interferenzmuster und es bleibt eine Häufigkeitsverteilung,...


Matthias Huber, geb. 1977, studierte 1997–2003 Physik (Diplomabschluss) an der Universität Konstanz mit Auslandsemester in Shanghai, China. 2004–2005 war er als Forschungsstipendiat in Konstanz und Vancouver. Es folgte 2006–2011 ein Theologiestudium in Freiburg i.Br. und Salamanca, Spanien. 2013 wurde er zum Priester geweiht. 2013–2015 war er Cooperator in der Konstanzer Altstadt, 2015–2020 Hochschulpfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde in Konstanz, daneben erfolgte die Promotion im Fach Altes Testament / Dogmatik. Seit 2020 ist Matthias Huber Hochschulpfarrer der Katholischen Hochschulgemeinde Edith Stein in Freiburg i.Br.



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