E-Book, Deutsch, 176 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 215 mm
Hummel Mein wunderbares schüchternes Kind
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-8426-1649-3
Verlag: Schlütersche
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mut machen, Selbstvertrauen stärken, liebevoll begleiten. Die besten Strategien für alle typischen Situationen. Spiegel-Bestsellerautorin
E-Book, Deutsch, 176 Seiten, Format (B × H): 145 mm x 215 mm
ISBN: 978-3-8426-1649-3
Verlag: Schlütersche
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Mama, das traue ich mich nicht!“ – „Ich mag nicht fragen, Papa. Kannst du?“ – Viele Eltern kennen solche Sätze und fragen sich, ob es in Ordnung ist, dass ihr Kind oft ängstlich ist, alleine spielt oder im Unterricht keinen Ton herausbringt. Wie viel Schüchternheit ist normal? Wann muss man sich Sorgen machen? In ihrem neuen Ratgeber zeigt Inke Hummel, ab wann Schüchternheit und Ängstlichkeit zum Problem werden, wie Eltern ihr Kind stärken können, damit es selbstständig wird, und in welchen Momenten sie mit Gelassenheit reagieren sollten. Zudem gibt sie viele Tipps für die Entwicklungsphasen und typischen Alltagssituationen: von ersten Spielplatzbesuchen über Trennungsängste oder Einschulung bis hin zum Umgang mit Verwandten, Fremden und Gleichaltrige
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SCHÜCHTERN – WAS HEISST DAS?
Schüchternheit beschreibt zunächst einmal eine sehr zurückhaltende Reaktion auf etwas Neues. Anstatt neugierig auf Fremdes und andere Menschen zuzugehen, zögern schüchterne Kinder. Oft spielt Ängstlichkeit dabei eine weitere Rolle: Das Neue „gruselt“. Diese Art, durchs Leben zu gehen, ist, ganz wertfrei, ein Gegensatz zu besonderer Offenheit und gelebtem Mut. Keiner der beiden Wege ist schlechter als der andere. Aber Schüchternheit gibt es in verschiedenen Formen, die du unterscheiden können solltest. Denn manchmal brauchen schüchterne Kinder vermehrt elterliche Unterstützung. Schüchternheit ist also an und für sich nichts Negatives. Sie ist eine Eigenschaft, wie es viele gibt: rothaarig, stämmig, optimistisch, laut, sensibel. Ein schüchterner Mensch geht langsamer in ungewohnte Situationen. Aber Schüchternheit ist vielgestaltig, weil sie mit anderen Merkmalen zusammen vorkommt, die stark oder schwach ausgeprägt sein können. Zum Beispiel leichtes Erschrecken, erhöhte Sensibilität, außergewöhnliches Vorausplanen, teilweise auch sprachliches Geschick und gutes Einfühlungsvermögen – Schüchternheit ist bunt. Auch Ängstlichkeit, die manchmal hinzukommt, ist einfach eine Eigenschaft; sie kann aber noch einschränkender sein. Denn Angst spürt man heftig, manchmal sogar mit dem ganzen Körper. Sie kann nervös machen und Zwänge auslösen. Kinder können unter ihr leiden. Sowohl Schüchternheit als auch Ängstlichkeit sind mit innerer Anspannung beim Erkunden der Welt verbunden. Diese kann unproblematisch und erträglich, aber je nach Ausprägung auch kaum auszuhalten sein. Schließlich können im extremsten Fall Angst und Anspannung dazu führen, dass sich ein Kind minderwertig fühlt und so eingeschränkt, dass es nicht mehr vollwertig am Leben teilhaben kann. Irgendwo zwischen diesen Polen wird dein Kind vermutlich stehen. KÖRPERLICHE URSACHEN AUSSCHLIESSEN Auffällige Gehemmtheit kann auch daher kommen, dass bei einem Kind Seh- oder Hörvermögen, Motorik oder Wahrnehmung eingeschränkt sind. Der Kinder- und Jugendmediziner Dr. med. Gerald Hofner (derkinderarztblog.com) beruhigt aber: „Alle diese Bereiche sind in den Standardvorsorgeuntersuchungen enthalten. Da sollte nichts übersehen werden können.“ Wenn du dennoch das Gefühl hast, der/die Kinderärzt*in hat etwas nicht genau untersucht, bitte sicherheitshalber eine/n Fachärzt*in um eine Zweitmeinung. In welcher Form und zu welchen Gelegenheiten begegnen uns Schüchternheit und Ängstlichkeit? • Außenwirkung: Viele Menschen sind eher zurückhaltend in ihrem Auftreten, ohne dass dem ein schüchternes Temperament zugrunde liegt. Oft hat das kulturelle Gründe und gilt als Zeichen von Höflichkeit. Die Zurückhaltung ist ihnen möglich durch gute Selbstkontrolle und abwartendes Beobachten ihrer Umgebung. Dadurch können sie schüchtern und ängstlich wirken, sind es aber nicht. • Babyalter: Manche Menschen sind nur als Babys auffallend scheu, vorsichtig und ängstlich, dann verliert sich diese Eigenschaft. • Phasen: Viele Kinder zeigen sich nur phasenweise schüchtern, oft im Zuge eines Entwicklungsschubs. Haben sie eine neue Fähigkeit erworben, ist die Zurückhaltung wie weggeblasen. • Auslöser: Andere zeigen Ängste immer mal wieder, aber nicht in jeder Begegnung mit Unvertrautem (beispielsweise nur in Bezug auf Essen, auf große Menschenmengen oder wenn sie frei sprechen sollen). Sie sind im Grunde nicht mal schüchterne Menschen, sondern können durchaus als sehr selbstbewusst und mutig wahrgenommen werden. Ihre Angst ist nur eine situationsbedingte. • Empathie: Wieder andere erscheinen uns scheu, sind aber eigentlich einfach besonders empathisch mit extrem gutem Taktgefühl. Sie bremsen sich gegenüber bestimmten Menschen stark aus. • Erfahrung: Einige nehmen sich erst später im Leben zurück, als Reaktion auf bestimmte Erfahrungen (wie zum Beispiel die Trennung der Eltern, Leben mit Handicap oder Hochbegabung, Traumatisierung durch eine Grenzerfahrung wie einen Unfall oder auch einfach nur als Folge des Erziehungsstils ihrer Eltern). • Temperament: Und wieder andere Menschen tragen diesen Grundzug deutlich in sich, ohne dass er sich stark verändert (verbunden mit verschiedenen weiteren, recht typischen Eigenschaften) – ihr Leben lang. Besonders um solche Kinder geht es in diesem Buch: schüchtern, still, vorsichtig, ängstlich, zurückhaltend, grüblerisch, ruhig. So ist ihr Temperament. Wie sie damit umzugehen lernen, ist entscheidend! Voller Selbstvertrauen und irgendwann gut ohne elterlichen Beistand – oder kraftlos, träge und leidend? ERZIEHUNG IN GUTER BINDUNG Sowohl überbehütende als auch autoritäre, stark regulierende und ebenso zurückweisende, kühle Erziehung kann vermehrt schüchternes Verhalten in einem Kind auslösen; unabhängig von seinem ursprünglichen Temperament. Das Kind wählt diese Strategie (unbewusst) als Reaktion auf die Übervorsicht, die bedrohliche Willkür oder auch die Ablehnung im Elternhaus. Eine andere Strategie wäre beispielsweise Aggression. Bei Eltern, die Wert auf Bindung und Beziehung legen und ihr Kind sehen und begleiten, wird das eher nicht passieren. Sie treffen aber vielleicht auf ein schon grundlegend, also genetisch so ausgestattetes, schüchternes Wesen – dem sie jedoch mit solch einem zugewandten Erziehungsstil am besten begegnen können. Schüchternheit als Chance
Vor allem diejenigen, die vom Wesen her schüchtern sind, erhalten oft eine Art Stempel: Die Eigenschaft gilt als negativ und besorgniserregend. Du als Elternteil sorgst dich vielleicht aus einem der folgenden Gründe: Dein Kind … • findet kaum Freund*innen. • hängt häufig an dir und ist immer ein bisschen „besonders“. • geht immer wieder zwischen anderen unter. • braucht dich ständig als Rückendeckung („Mamas Rockzipfel“), weshalb das Bindungsband zwischen euch gar nicht länger werden will. Die Verwandtschaft … • bemängelt die Unselbstständigkeit deines Kindes. • regt sich über fehlende Höflichkeitsfloskeln auf. • vermutet, dein Kind werde noch mit 15 bei dir im Bett schlafen und mit 32 noch zu Hause wohnen. Der Kindergarten und die Schule … • sprechen von Defiziten. • sind irritiert, weil dein Kind vorwiegend allein sein möchte und wenig spricht. • kritisieren fehlende Führungswünsche in Gruppen. • raten vielleicht zu Gesprächen mit dem/der Kinderärzt*in und einem/r Kinderpsycholog*in. Ja, es ist normal, dass wir Menschen miteinander agieren wollen. Dass wir sozial sein wollen. Wir brauchen das Miteinander. Wenn jemand das augenscheinlich nicht möchte, machen wir uns Sorgen. Doch Interaktion kann nun mal unterschiedlich aussehen: Das eine Kind spielt mit der halben Kitatruppe, ein anderes sitzt nur daneben, hört zu, schaut verstohlen hinüber und wirkt unbeteiligt. Doch zu Hause spielt es vielleicht alles Gehörte mit seinen Plüschtieren nach. Beides ist sozial – nur anders! Schüchterne brauchen einfach länger, bis sie an einem Gespräch oder einer gemeinschaftlichen Aktivität so teilnehmen können wie andere. Geben wir ihnen Zeit, stellen wir später oft keinen Unterschied mehr zu ihren Mitmenschen fest. Wir brauchen nicht nur Anführer*innen, Selbstdarsteller*innen und Rampensäue! Bunt ist gut. Vielfalt ist ein Gewinn. Der negative Blick auf das Scheue ist typisch für unseren Kulturbereich – in Asien beispielsweise sieht das ganz anders aus: Da wird „schüchtern“ mit „intellektuell“ und „begabt“ assoziiert; unabhängig vom Geschlecht. Ganz zutreffend ist die Verknüpfung so natürlich nicht, aber der Gedanke kann dabei helfen, den Blick mehr auf das Positive an einem wunderbaren schüchternen Kind zu lenken. Denn das ist da! Oft sind scheue Menschen sehr anpassungsfähig, handeln geplant und ehrgeizig. Häufig können sie sich unheimlich gut in eine Sache vertiefen, von der andere längst die Finger gelassen hätten. Wir müssen genauer hinsehen, um ein schüchternes Kind ganz wahrzunehmen und das Positive zu sehen. Hast du schon genau hingeschaut? ZÖGERN IST LEBENSWICHTIG Interview mit Dipl.-Psych. Christian...