E-Book, Deutsch, 152 Seiten
Jarisch Spermidin - stark gegen Demenz
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-432-11456-9
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das Anti-Aging-Wunder aus der Natur: geistig fit bis ins hohe Alter
E-Book, Deutsch, 152 Seiten
ISBN: 978-3-432-11456-9
Verlag: Enke
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Zielgruppe
Gesundheitsinteressierte
Autoren/Hrsg.
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Spermidin: ein Naturstoff mit viel Potenzial
Reinhart Jarisch Was meinen wir eigentlich, wenn wir von »Anti-Aging« sprechen? Es geht im Grunde um Altersverhinderung. Das »Anti-Aging« ist also eine Bezeichnung für alle Maßnahmen und Behandlungen, die geeignet sind, das biologische Altern des Menschen zu verzögern, im Idealfall sogar zu verhindern, und die Lebensqualität im Alter möglichst lange hoch zu halten. In den vergangenen Jahren sind zu diesem Thema ein deutlich gesteigertes Forschungsinteresse und verstärkte Untersuchungstätigkeiten zu beobachten. Als Folge ergeben sich immer wieder neue Substanzen, bei denen man diverse Anti-Aging-Wirkungen vermutet und die zum Gegenstand einer eingehenderen Untersuchung werden. In diesem Buch geht es in erster Linie um den Anti-Aging-Stoff Spermidin, den wir Ihnen gleich näher vorstellen, aber Sie lernen auch andere viel versprechende Substanzen, wie Resveratrol, kennen, und natürlich geben wir Ihnen auch weitere Hinweise zum Lebensstil an die Hand, deren Wirksamkeit jüngst durch Studien belegt wurde. Was ist Spermidin?
Spermidin gehört zu den biogenen Aminen; das sind kleine Moleküle mit mindestens einer Stickstoffgruppe, die natürlicherweise im menschlichen Körper vorkommen, sich aber auch in vielen Nahrungsmitteln befinden. Biogene Amine werden z.?B. aus Aminosäuren wie Histidin im Falle von Histamin gebildet, das Ihnen sicherlich bekannt ist. Histamin ist u.?a. für allergische Reaktionen verantwortlich, spielt aber auch bei vielen wichtigen Stoffwechselprozessen eine Rolle. Auch der Nervenbotenstoff Serotonin, der oft als Glückshormon bezeichnet wird, gehört zu den biogenen Aminen. Weitere Beispiele sind Tyramin, Phenylethylamin und Putrescin. Biogene Amine, die mehrere Stickstoffgruppe enthalten, werden als Polyamine bezeichnet; dazu gehören Putrescin, Spermin und eben Spermidin. Wie man heute weiß, kommt Spermidin als Botenstoff in jeder Körperzelle vor. Seinen Namen erhielt es allerdings, weil es zunächst in der männlichen Samenflüssigkeit (Sperma) gefunden wurde. Es gibt 3 Zufuhrwege für Spermidin: In unseren Körperzellen entsteht Spermidin durch den Abbau von Putrescin als Zwischenprodukt bei der Bildung von Spermin. Auch unsere Darmbakterien stellen Spermidin her. Wir nehmen es mit spermidinreicher Nahrung auf. Spermidinreiche Nahrungsmittel
Wenn wir uns mit viel Spermidin versorgen wollen, müssen wir dies über eine entsprechende Nahrungsauswahl tun. Spermidin kommt u.?a. in folgenden Nahrungsmitteln in unterschiedlichen Mengen vor: Weizenkeime, Sojabohne, rote Kidneybohnen, Haselnüsse, Erbsen, Pilze, Spinat, Blumenkohl, Brokkoli, Mandel, Pistazien, Edelkastanie, Reis, Weißbrot, Äpfel, Bananen, Avocado, Kiwi, Orangen und Erdbeeren. Fleisch von Rind, Schwein, Huhn, Truthahn, Ente sowie Milch und Ei enthalten auch Spermidin. Die drei biogenen Amine Putrescin, Spermidin und Spermin kommen auch in Rotweinen vor. Die Gabe von künstlich (synthetisch) erzeugtem Spermidin, aber auch Spermidin in Nahrungsmitteln durch polyamin-reiche Diät, Einnahme von Prä- und Probiotika, die die Synthese (Produktion) von Polyaminen im Darm fördern, können den Spermidingehalt des Gehirns erhöhen und additiv zu bisherigen Standardtherapien gegeben werden und somit die Lebensqualität verbessern. Wofür brauchen wir Spermidin?
Von allen Polyaminen ist die Konzentration von Spermidin im Gehirn am größten. Dies kann schon als Hinweis für die Bedeutung von Spermidin gesehen werden! Im Gehirn finden sich auch andere biogene Amine wie z.?B. Histamin, das nicht nur der »böse Bube« bei der Allergie ist, sondern auch wie ein Wachhormon funktioniert. Im Schlaf sinkt der Histaminspiegel dagegen auf null. Das ist eine wichtige Erkenntnis, die man sich z.?B. bei Seekrankheit zunutze machen kann. Denn diese wird durch einen zu hohen Histaminspiegel ausgelöst, der zu Übelkeit führt. Schlafen hilft daher gegen Seekrankheit und andere durch zu viel Histamin ausgelöste Übelkeit. Spermidin wirkt zuerst einmal auf das Gehirn und verbessert die Denk- und Merkfähigkeit. Dazu lernen Sie später die Untersuchungen genauer kennen. Der ursächliche neuroprotektive Mechanismus von Spermidin bei neuronalen Fehlfunktionen ist bisher ungeklärt. Eine der Funktionen von Spermidin im Zellstoffwechsel ist das »Einschalten« (Induktion) zellulärer Reinigungsprozesse (Autophagie). Autophagie – unsere Selbstreinigung
Als Autophagie wird ein Recycling- und Selbstreinigungsprogramm unserer Körperzellen bezeichnet. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der körpereigenen Müllabfuhr, weil durch Autophagie eingedrungene Krankheitserreger, fehlgefaltete Proteine (relevant z.?B. bei neurodegenerativen Prozessen) oder nicht mehr funktionelle Zellbestandteile abgebaut und neu verwertet werden. Denn in der Natur geht nichts verloren. Bei der Autophagie sind mehr als 15 Gene beteiligt. Sie wird durch ein Netzwerk von Signalen und Proteinen gesteuert. Wie funktioniert nun der Prozess der Autophagie in der Zelle? Sehr trickreich. Die Moleküle oder Zellbestandteile, die entsorgt werden sollen, werden zunächst mit einer Membran ummantelt, kommen also in den Müllsack, bevor sie im Müllschlucker landen. In der Zelle sind das die Autophagosomen. Das sind Vesikel mit einer doppelten Membran, die den zellulären Müll mithilfe von Lysosomen zerkleinern. Diese Lysosomen enthalten Verdauungspartikel (saure Hydrolasen), die alles fein zerlegen. Aus den entstandenen Grundbausteinen können dann wieder neue Moleküle oder Organellen entstehen. Aus alt mach neu. In unseren Zellen funktioniert das perfekt. Jedenfalls in jungen Jahren und wenn wir gesund sind. Doch mit zunehmendem Alter und bei verschiedenen Erkrankungen wie Demenz oder Krebs funktioniert dieses Gesunderhaltungsprogramm der Zellen eben nicht mehr ausreichend. Autophagie: die Müllabfuhr des Gehirns
Altersbedingte Neurodegeneration, also die Gewebezerstörung der Nerven, ist toxischem Abfall (Müll) geschuldet, der durch Autophagie entfernt werden kann. Autophagie ist, wie wir gerade gelernt haben, ein proteinabbauendes System, das auf natürliche Weise unbrauchbare Bestandteile zerlegt und recycelt. Es kann auch als Selbstverdauung von Zellen bezeichnet werden, da es ein Erneuerungsprozess ist, der intrazelluläre Proteine (Eiweißstoffe) entfernt. Dadurch wird die normale Hirnfunktion aufrechterhalten. Plakativ ausgedrückt ist Autophagie die Mühlabfuhr des Gehirns. Bei Mäusen konnte ein Zusammenhang zwischen funktionierender Autophagie und Gedächtnisleistung während des Alterns festgestellt werden. Bei älteren Mäusen konnte eine Reduktion der Autophagie im Hippocampus (innerer Hirnbereich) durch Wiederherstellung des Spermidinspiegels beseitigt und Gedächtnisdefizite reduziert werden. Der Gedächtnisverlust wurde zuerst an der Fruchtfliege Drosophila melanogaster untersucht. Nun werden sich viele fragen, wie soll das gehen? Wie kann ich feststellen, ob eine Fliege altersdement wird oder geworden ist? Nun, das Gedächtnis ist eine Hirnleistung. Das Gehirn beschränkt sich aber nicht nur auf das Organ, sondern hat Ausläufer. So sind die Hirnnerven zum Auge Ausläufer des Gehirns. Das gilt auch für das Ohr und eben auch den Geruchsinn, der über Nerven in der Nase vermittelt wird. Nimmt der Geruchssinn ab oder fehlt er ganz, dann ist das Gehirn gestört. Ein Zustand, den jetzt auch an COVID-19 Erkrankte erfahren mussten. Durch den Verlust des Geruchs- und Geschmacksinns kann rückgeschlossen werden, dass das ganze Gehirn vom Virusinfekt mitbetroffen ist. Beim COVID-19-Infekt durch das Virus. Bei Altersdemenz – möglicherweise – durch einen Spermidinmangel! Durch Gabe von Spermidin konnte der Geruchssinn von Fruchtfliegen in Studien auf jeden Fall wiederhergestellt werden. Spermidinmangel bei Altersdemenz
Der positive Einfluss von Spermidin auf die Gehirnfunktion wurde nicht nur bei der Fruchtfliege nachgewiesen, der wir uns ja nicht sehr nah fühlen, sondern konnte mittlerweile in zahlreichen Versuchen an Mäusen und Ratten belegt werden. Aus den Tierversuchen weiß man, dass Spermidin nicht nur eine nötige Müllentsorgung veranlassen kann (Autophagie), sondern dass es auch die Funktion der Mitochondrien stärkt. Das sind die Kraftwerke unserer Zellen, die für die Bereitstellung der nötigen Energie sorgen. Auf diese Weise lässt sich über eine hohe Spermidinzufuhr mit Lebensmitteln ein altersbedingtes Nachlassen der Gehirnleistung verlangsamen. Damit war klar, dass wir nach entsprechenden Vorversuchen am Menschen (Pilotstudien) eine ? groß angelegte Studie in verschiedenen Seniorenheimen planen mussten. In unserer Wiener Demenz-Studie hat sich Spermidin als echtes Anti-Aging-Wunder gezeigt. Allerdings...