E-Book, Deutsch, 254 Seiten
Karp / Hiesserich / Cipierre Von Artificial zu Augmented Intelligence
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-593-45359-0
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Was wir von der Kunst lernen können, um mit Software die Zukunft zu gestalten
E-Book, Deutsch, 254 Seiten
ISBN: 978-3-593-45359-0
Verlag: Campus Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Über kaum etwas wird so inflationär gesprochen wie über die digitale Transformation oder die vermeintlich endlosen Möglichkeiten neuer Technologien - von Blockchain übers Metaversum und Künstliche Intelligenz. Doch während einige Propheten des Silicon Valley bereits das Ende der Menschheit vorhersagen, bleiben die erhofften Ergebnisse der digitalen Transformation in weiten Teilen von Wirtschaft und Gesellschaft hinter den Erwartungen zurück. Auf Basis ihrer langjährigen Erfahrungen und Arbeit bei dem führenden Softwareunternehmen Palantir wagen die Autoren Alex Karp, Jan Hiesserich und Paula Cipierre eine ungewohnte Perspektive auf die Digitalisierung. Anhand des Konzepts der Augmented Intelligence werden nicht nur zahlreiche Denkfehler der augenblicklichen Debatte offenbart. Vielmehr lenken die Autoren den Blick auf die Kunst. Diese schärfe nicht nur unseren Blick dafür, wie die Möglichkeitsräume, die sich mittels Technologie und Software ergeben, gezielt genutzt werden können. Der Blick auf die Kunst rückt auch den Menschen wieder gezielt ins Zentrum der digitalen Transformation und zeigt eindrucksvoll auf: Wir haben es in der Hand, die Zukunft zu gestalten! Inklusive Interviews mit: Chris Boos, Achim Daub, Sebastian Dettmers, Mathias Döpfner, Kai Franz, Timotheus Höttges, Miriam Meckel, Simone Menne, Adina Popescu, Alexander Pretschner, Matthias Röder und Léa Steinacker »Anregend, erleuchtend und stimulierend - den technischen Diskurs über die Herausforderungen der digitalen Transformation unserer Welt um die Erfahrungen aus und mit menschlicher Kreativität und Kunst zu erweitern.« Prof. Dr. Christoph Meinel, Institutsdirektor und CEO, Hasso-Plattner-Institut »Ein wichtiges Buch zur rechten Zeit. Ein Buch, das Mut macht. Wollen wir die Verantwortung für unsere Zukunft nicht allein an die digitalen Technologien abgeben, sollten wir wieder lernen, den Blick zu weiten und jene Schätze in den Blick nehmen, die aller Kultur und Kunst innewohnen: Individualität, Kreativität, Autonomie und Kritikfähigkeit. Es gelingt den Autoren ein ebenso überraschender wie eindrucksvoller Tauchgang in das Meer der verborgenen, menschlichen Seite einer ansonsten auf Oberflächligkeit angelegten Technologiedebatte.« Prof. Dr. Jürgen Wertheimer, Projekt Cassandra, Universität Tübingen
Alexander C. Karp ist Mitgründer und CEO von Palantir Technologies Inc. Er promovierte an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main. In seiner Freizeit betreibt er Langlauf und praktiziert Tai Chi im Chen-Stil.
Autoren/Hrsg.
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VORWORT
Wir befinden uns in einer Zeitenwende. Diese Zeitenwende ist mehr als nur ein Eingeständnis, dass zu lange der bloße Wunsch Vater des Gedankens ewigen Friedens und Wohlstands in Europa war. Es sind nicht die Probleme, sondern vielmehr die Widersprüche zwischen Sein und Sollen, die größer geworden sind. Es ist die Distanz zu lieb gewonnenen, aber vermeintlichen Wahrheiten, der Frieden, unsere Freiheit und unser Wohlstand seien – einmal eingerichtet – sich selbst stabilisierende Errungenschaften. Freiheit aber ist nie für die Ewigkeit angelegt. Sie will restituiert werden. Wir müssen sie immer wieder aufs Neue verteidigen. Wer von Zeitenwende spricht, der nimmt für sich auch in Anspruch, das Neue zu kennen. Der gemeinen Lesart nach markiert der augenblickliche Zustand einen unfreiwilligen Übergang von einem Aggregatzustand zum nächsten. Dem Alten beraubt – entmündigt, entmutigt und verunsichert – sehen wir uns anschließend gezwungen, dem Neuen beim Entstehen zuzuschauen. Eine solche Lesart ist aber nicht nur falsch. Sie trägt vielmehr die Saat des Scheiterns und weiterer Unruhen bereits in sich. Es ist weniger die Welt, die sich durch die Zeitenwende radikal verändert. Es ist unser aller Bild derselben, das sich in aufwühlender Art und Weise gerade zurechtrückt. Das aber ist eine gute Nachricht. Jede Krise stellt uns auf die Probe. Sie weckt Unsicherheiten und nährt damit jene reaktionären Akteure, die aus der tragischen Sehnsucht nach einfachen Antworten politisches wie ökonomisches Kapital zu schlagen wissen. Seien es die Propheten des Silicon Valley, die die Lösungen auf alle Fragen der Menschheit in der allmächtigen Maschine vermuten, oder Populisten und Autokraten, die, geeint im Narrativ, stattdessen den starken Mann in den Mittelpunkt stellen. Die Suche nach einfachen, eindeutigen Antworten hat Hochkonjunktur. Einfache Antworten aber sedieren uns eher, als dass sie uns unsere Sorgen nehmen. Sie vernebeln unseren Verstand. Nun ist jener Wunsch nach einer Vereindeutigung der Welt zwar nachvollziehbar, aber kontraproduktiv. Wenn Komplexität zum Problem wird, sei es in unserem moralischen oder ästhetischen Leben, sollte uns das vorsichtig stimmen. Theodor Adorno blieb zu Recht skeptisch gegenüber jenen, die »intolerant gegen die Mehrdeutigkeit« sind, an der »Denken sich entzündet«. Unser Unternehmen erkennt die Komplexität an. Wir sind offen für die Auseinandersetzung mit dem Anderen. Unser Gegenüber verstehen zu wollen, ist eine Voraussetzung für Reflexion, aus der wiederum kritisches Denken und Kreativität entspringen. Mit Palantir haben wir ein Unternehmen aufgebaut, das auf der Prämisse beruht, dass der Aufbau von etwas Bedeutendem die unerbittliche Auseinandersetzung mit unpopulären und von breit vertretenen Perspektiven abweichenden Meinungen erfordert. Wir begegnen den Risiken, die mit der Entwicklung neuer Technologien verbunden sind dabei mit Bedacht. Eine grundlegende Auseinandersetzung mit jenen Risiken empfinden wir als unerlässlich. Die zunehmende Vereindeutigung der Welt unterdrückt ansonsten den Diskurs und entzieht jeder konstruktiven, jeder kreativen Lösung den Nährboden, derer sie aber bedarf. Vor diesem Hintergrund wollen wir einen Gegenentwurf zum vorherrschenden Zeitgeist leisten. Wir wollen einen Diskurs wiederbeleben, der der vielbeschworenen Alternativlosigkeit Alternativen entgegensetzt. Wir wollen zeigen, dass die größte Chance unserer Zeit nicht in der Vereindeutigung der Welt, sondern gerade in der Uneindeutigkeit, in der Unschärfe, in der Ambiguität liegt. Das Gegenteil von Notwendigkeit ist dabei nicht Chaos, sondern Freiheit. Wir haben lediglich verlernt, mit dieser Freiheit umzugehen. Als Unternehmen schlagen wir einen anderen Weg ein, einen vielleicht irritierenden Weg, wie der Titel dieses Buches bereits suggeriert. Was haben Kunst und Software gemeinsam, ließe sich vielleicht fragen. Mehr als man denkt. Kunst, obwohl in unseren volatilen und krisenanfälligen Zeiten kaum als Schlüssel benannt, weist uns einen von vielen Wegen aus der selbstauferlegten Entmündigung. Kunst bedeutet Ambiguität. Sie konfrontiert uns mit Unschärfen. Kunst befreit das Denken, auch weil sie aus diesem auszubrechen vermag und neue, auch irritierende Gedanken anregt. Kunst ist Antrieb. Kunst ist Freiheit. Und Freiheit, das sind Ideen, Alternativen, Möglichkeiten. Software ist analog zur Kunst das kraftvollste Mittel unserer Zeit, jene Ideen umzusetzen, über das wir je verfügt haben. Weil wir mit Software Informationen in Handlungen übersetzen können auf eine bis dato menschlich unvorstellbare Art und Weise. Weil wir, genau wie mit Kunst, auch mit Software in Krisenzeiten Durchblick verschaffen. Aber auch Software – und hier liegt der entscheidende Einspruch gegenüber all jenen Utilitaristen und Autokraten – bedarf der Freiheit ihrer Entwickler. Software ist ebenso wie alles andere ein Produkt der rechtlichen und moralischen Ordnung, aus der sie stammt und die sie heute hilft zu verteidigen. Es braucht den freien Menschen, der dazu in der Lage ist, die Freiheit gleichermaßen zu nutzen und doch dort Grenzen aufzeigt, wo es ethische und moralische Grundsätze erfordern. Es sind diese Auffassungen über die Geschichte, ihre Dynamik und ihre scheinbaren Widersprüche, die die Art und Weise beeinflusst haben, wie wir bei Palantir Software entwickeln. Dieses Buch ist auch der Versuch einer Standortbestimmung. Wo steht Europa im vermeintlichen Systemwettbewerb zwischen China und den USA? Braucht es einen dritten, einen dezidiert europäischen Weg? Welchen besonderen Beitrag kann Deutschland mit seinem reichen historischen und kulturellen Erbe hier leisten? Wir sind überzeugt: Es braucht einen gemeinsamen transatlantischen Weg. Es ist richtig, dass die Berufung auf die gemeinsamen Werte der USA und Europas manchmal überstrapaziert werden. Amerikaner betonen den Wert der Freiheit. Europäer hingegen betonen die Verantwortung, die aus Freiheit erwächst. Aber sind es nicht gerade diese Unterschiede, die sich ergänzen? Und ist das Zusammenspiel zwischen Freiheit und Verantwortung nicht gerade heute, da wir einige erste Erfahrungen im Einsatz digitaler Technologien gesammelt haben, wichtiger denn je, um nicht nur das Jetzt sondern auch unsere gemeinsame Zukunft in Zeiten von Krieg und Klimawandel positiv zu gestalten? »Die Würde des Menschen ist unantastbar«, wird das deutsche Grundgesetz im Verfassungstext eröffnet – ein starkes humanistisches Plädoyer, das gleichermaßen für die Möglichkeiten als auch die Grenzen der Freiheit einsteht. Zu den »unveräußerlichen Menschenrechten«, die in der US-Amerikanischen Verfassung verankert sind, gehörten hingegen nicht nur Leben und Freiheit, sondern auch »the pursuit of happiness«, das Streben nach Glück. Seit jeher wird diese Passage als Aufruf verstanden, Neues zu schaffen und Unmögliches möglich zu machen. Wie es in der Kunst ebenso angelegt ist. Wir mögen diese Wahrheiten – wie sie die US-amerikanische Verfassung betont – für selbstverständlich erachten. Doch das sind sie nicht, wenn wir uns deren Bedeutung und Notwendigkeit nicht jeden Tag aufs Neue vergegenwärtigen und aus ihrer Gemeinsamkeit lernen. Vor diesem Hintergrund erwächst die wahre Stärke des Westens und seiner Bündnispartner aus einem neuen Miteinander. Die Bestimmtheit, mit welcher der Staat unsere Freiheit und unseren Frieden bewahrt, schafft den Raum für das Unbestimmte, in dem sich die unbändige Kraft der Zusammenkunft von Unternehmergeist, Innovation, Kunst und Kreativität entfalten kann. Es ist ein Geben und Nehmen. Seit unserer Gründung verstehen wir es als unsere Mission, Software zu entwickeln, um das Überleben unserer wichtigsten Institutionen zu sichern. Aber wir wissen auch, dass wir nur dann erfolgreich sein können, wenn diese Institutionen es auch sind. Diese Symbiose aus privatwirtschaftlichen und staatlichen Akteuren, aus Unternehmern und aus Künstlern, sichert Resilienz und nachhaltige Widerstandskraft im 21. Jahrhundert. Sie schafft den Rahmen, innerhalb dessen wir – auch mittels Kunst und Software – Neues erdenken und erschaffen können. Und sie steht in scharfem Kontrast zu jener Rigidität, die aus dem Dogmatismus und der Starrheit autoritärer Regime erwächst. Nun, da uns...