E-Book, Deutsch, 208 Seiten
Kerschbaumer / @hicallmehannah Und ob das geht!
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98922-095-9
Verlag: mvg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die 10 besten Strategien aus der Psychologie, wie du alles schaffen kannst. So zeigst du ewigen Nein-Sagern den Mittelfinger | Träume leben, SPIEGEL-Bestseller
E-Book, Deutsch, 208 Seiten
ISBN: 978-3-98922-095-9
Verlag: mvg
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Hannah Kerschbaumer ist Wirtschaftspsychologin, systemischer Coach, Zahnmedizinstudentin, Unternehmerin, Influencerin und Mama. Ein schwerer Unfall im frühen Kindesalter, der eine Fußamputation nach sich zog, sollte den Grundstein für das legen, was sie heute in Fachvorträgen, Artikeln und in den sozialen Netzwerken an Wissen weitergibt und womit sie Tausende Menschen dazu inspiriert, den Mut aufzubringen, ihre Träume zu verfolgen. Ganz nach dem Motto, aus einem »Nein, das geht nicht« ein »Und ob das geht!« zu machen.
Autoren/Hrsg.
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2. Kapitel
Der erste Schritt ist schwerer als der zweite
Ich glaube, jeder Mensch auf diesem Planeten kennt genau diesen einen Moment: Man würde richtig gerne etwas Bestimmtes tun, wie zum Beispiel eine attraktive Frau oder einen attraktiven Mann ansprechen, den Job kündigen und dann mit einem Van quer durch die USA touren oder dem Chef sagen, dass man weiß, dass der Kollege, der genau die gleiche Arbeit macht wie man selbst, 30 000 Euro mehr im Jahr verdient. Doch kurz bevor man die Gedanken in die Tat umsetzt, stoppt man. Man hält inne. Gedanken kreisen: Was würde passieren, wenn die Frau oder der Mann mir vor allen meinen Freunden einen Korb gäbe? Wenn ich nach der Amerika-Tour nie wieder einen Job bekäme, weil ich dann eine Lücke im Lebenslauf hätte, oder der Chef mir darlegen würde, dass die Ursache des Gehaltsunterschieds meine mangelhaften Leistungen wären? Oft verebbt unser Tatendrang schon nach wenigen Sekunden und verschließt sich hinter einem Vorhang aus »Vielleicht ist wirklich alles gut, so wie es ist«. Die Frage, die man sich genau hier stellen kann, ist: Warum ist der erste Schritt so verdammt schwer? Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, nehme ich dich wieder kurz mit in meine Vergangenheit.
»Mama wir müssen da hin!«
»Johanna, das ist am anderen Ende der Stadt. Im Osten. Da brauchen wir mit der Bahn über 60 Minuten hin. Gibt es kein Geschäft hier in der Nähe? Schau doch mal, am Ku’damm eröffnen doch dauernd neue Läden.«
»Mama, du verstehst das nicht. Das ist nicht irgendein Laden, das ist der Shit Shop!«
Meine Mutter zog irritiert ihre Brauen hoch und betonte jedes Wort besonders pointiert: »Shit Shop? Warte noch mal: SHIT. SHOP. Nein Johanna, das ist doch nicht dein Ernst?«
»Mama, das ist nicht, wie du denkst. Das ist im Englischen ›der Shit‹, also quasi ›der Hammer‹, verstehst du?«
»Nein«, antwortete meine Mutter nüchtern. »Aber ich begleite dich trotzdem, nicht dass du mir noch verloren gehst!«
Zu diesem Zeitpunkt in meinem Leben war ich ungefähr 20 Jahre alt und lebte in Chemnitz, um meinem ersten Studium der »Medienkommunikation« nachzugehen. Kurz nachdem ich mein Abitur in Berlin bestanden hatte, musste ich akzeptieren, dass ich mit einer Abiturnote von 2,2 zu der Zeit keine Chance auf meinen Traumstudienplatz in Human- oder Zahnmedizin in Deutschland hatte. Also beschloss ich, dem nachzugehen, was mir meine Lehrerin in der Oberstufe geraten hatte: »Johanna, du kannst so gut reden. Mach doch was mit Medien. Einen Job im Radio oder im Fernsehen könnte ich mir bei dir richtig gut vorstellen!« Leider gab es zum damaligen Zeitpunkt für mich wenig Anhaltspunkte, wie ich an einen Job im Fernsehen oder auch im Radio gelangen konnte, daher machte ich das Nächstbeste: Ich studierte »irgendwas mit Medien«.
Nachdem ich drei Semester in Chemnitz verbrachte hatte, besuchte ich in meinen Semesterferien gemeinsam mit meinen Eltern meine Großeltern in Berlin. Der Shit Shop war bereits wenige Wochen nach seiner Eröffnung der gehypteste Laden in Berlin und zog in den sozialen Medien unfassbar viel Aufmerksamkeit auf sich. Nicht nur wegen seines Namens, sondern vor allem wegen einer der beiden Inhaberinnen: ein bekanntes Model, mit knallorangen Haaren, die man zu der damaligen Zeit wohl als It-Girl bezeichnet hätte. Sie war eine Ikone bei Facebook, beliebt in deutschen Klatsch- und Tratsch-Medien, sowohl im Fernsehen als auch in den Printmedien, war liiert mit dem Sohn eines berühmten deutschen Schauspielers und hatte auf Instagram bereits 60 000 Follower. Sie war einfach alles, wovon ein Mädchen in jungen Jahren träumte. An dieser Stelle muss man erwähnen, dass zu dieser Zeit Facebook wesentlich relevanter war als Instagram und man mit einer Followerzahl von 60 000 zur obersten Liga gehörte. Ich wusste: »Ich muss da hin!«
Nachdem meine Mutter und ich die ewig lange Strecke mit der Bahn erfolgreich gemeistert hatten, stiegen wir in Berlin an der U-Bahn-Station Rosa-Luxemburg-Platz aus, um die letzten Meter zu Fuß zu gehen. Nach wenigen Minuten Fußmarsch erreichten wir die kleine Seitenstraße und sahen ein kleines Lädchen, das durch eine schwarze Fahne mit den Worten »Shit Shop« den Eingang kennzeichnete. Wir waren da. Endlich konnte ich mit eigenen Augen sehen, worüber die angesagten Menschen in meiner Generation sprachen. Ich öffnete die Tür und hörte beim Eintreten Berlin-gemäß laute elektronische Musik. Die Wände des Shops waren schwarz-glitzerig angestrichen, direkt am Eingang war eine bekleidete, mit bunten Haaren versehene Schaufensterpuppe und rechts erstreckte sich ein etwa 30 Quadratmeter großer Verkaufsbereich, der mit Vintagekleidungsstücken, Designer-Brands und den hauseigenen Kleidungsstücken der Brand »The Shit« aufwartete. Es war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte, und ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, nicht aufgeregt gewesen zu sein.
Ich löste mich einige Meter von meiner Mutter und hangelte mich von Kleiderstange zu Kleiderstange. Ich sah eine Vintage-Lederjacke, die meine Aufmerksamkeit erregte. Ich nahm sie mir von der Stange und bewegte mich auf den großen Spiegel des Ladens zu, um sie anzuprobieren. Die Mitarbeiterin des Shops kam hinter mir her und fragte mich, ob sie mir helfen könne. Nach einigen freundlichen Sätzen über die Jacke entschied ich mich dazu, sie zu kaufen. Ich schaute mich mit meiner neuen Jacke im Spiegel an und dachte mir: »Dieser Laden ist so cool, ich wünschte, ich könnte hier arbeiten. Vielleicht sogar die Inhaberin kennenlernen, aber wie stell ich das an?« Meine Gedanken kreisten. »Es gibt nur eine Möglichkeit: Ich muss die Verkäuferin ansprechen und fragen, ob die hier vielleicht sowas wie unbezahlte Praktika vergeben«, dachte ich mir. Wer kann schon eine kostenlose Arbeitskraft ablehnen?
Da ich ohnehin ein 6-monatiges Praktikum für mein Studium absolvieren wollte, sah ich eine Chance, genau das zu verbinden. Doch mir fehlte schlichtweg der Mut, die nette Verkäuferin anzusprechen. Es war mir unangenehm, nach einem Job zu fragen, denn was wäre, wenn sie mich auslachen würde? Oder ich einfach nicht cool genug für so einen angesagten Laden bin? Um an dieser Stelle ehrlich mit euch zu sein: Mit 20 Jahren war mein Selbstvertrauen so groß wie eine verschrumpelte Dattel und ich nutzte jede Gelegenheit, etwas Negatives an mir zu finden. Ich stellte mich gemeinsam mit meiner Mutter, die sich nach wie vor sichtlich fehl am Platz fühlte, an die Kasse, um die Jacke zu bezahlen. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und wusste, dass jetzt genau der richtige Zeitpunkt war, um die Frage zu stellen, die eventuell einen essenziellen Teil meiner Zukunft ausmachen konnte. Ich musste mich nur trauen! Ich formulierte immer wieder die Fragen in meinem Kopf, tauschte Wörter aus, probierte in meinem Kopf diverse Tonlagen, um so cool rüberzukommen, dass die Verkäuferin keine andere Wahl hätte, als mir den Kontakt zur Geschäftsleitung zu geben, um meinen Plan in die Tat umzusetzen. Ich wippte mit dem Fuß auf und ab. Gleich war es so weit. »Es ist nur eine Frage, Johanna, du schaffst das!«, motivierte ich mich selbst. Als die Verkäuferin den Kleiderbügel entfernte und die Jacke zusammenfaltete, sah ich meine Chance. Ich stellte mich aufrecht hin, nahm meine Schultern zurück, räusperte mich kurz und sagte: »Wenn es Ihnen möglich wäre, würde ich gerne mit Karte bezahlen!« – Was habe ich da gerade gesagt? Ich traute mich nicht, meine erprobten Sätze auszusprechen. Die Verkäuferin nickte freundlich, nahm meine EC-Karte entgegen und packte die Jacke in eine große weiße Tüte, die das Logo des Shops trug. Mann, fühlte ich mich jetzt elend.
Mit meiner Mutter im Schlepptau stapfte ich in Richtung Ausgang, um den Heimweg anzutreten. Nachdem wir einige große Straßen überquert hatten, sagte meine Mutter: »Also das, was draußen dran steht, ist ja auch drinnen«, murrte sie. »Erinnerte mich ’n bisschen an so’n Laden in der Nähe der Uhlandstraße. Hieß Market früher, da gab es richtig irre Teile. Nur konnte man die Mode auch sehen. Wer entscheidet sich denn freiwillig dazu, die Wände schwarz zu streichen? Ich glaube, ich werde langsam zu alt für so was.«
»Mann, Mama, das macht man heutzutage so«, ranzte ich sie aufgrund meiner aktuellen frustrierten Verfassung an. Ich trat genervt beim Vorwärtsgehen gegen die Tüte des Shit Shops. Ich konnte kaum glauben, dass ich es nicht geschafft hatte zu fragen. Aber warum denn nur nicht? Ich könnte mir wirklich vorstellen, da zu arbeiten, etwas über die sozialen Netzwerke zu erfahren und vielleicht sogar Einblicke in die Medienwelt zu bekommen. Wenn nicht so, wie denn sonst? Welche Chance habe ich denn alternativ?
»Mama. Kannst du hier kurz warten? Ich muss noch mal zurück zum Shop gehen, ich habe was vergessen!«
Bevor sie darauf antworten konnte, hatte ich bereits eine Kehrtwende eingelegt. Ich konnte es einfach nicht auf sich beruhen lassen. Ich nahm meine Füße in die Hand (eine Wortwahl, die ich in meiner Historie sehr gern verwende) und eilte zurück zum Shop. Ich öffnete die Tür und sah die nette Verkäuferin, die noch an derselben Stelle stand wie wenige Minuten zuvor. Ohne dieses Mal groß nachzudenken, tat ich genau das, was ich mich eigentlich trauen wollte. Frei heraus sagte ich: »Hi, ähhm, ich war ja gerade eben bereits bei Ihnen, habe die Lederjacke gekauft ... und ähhhm ... und wollte nur schnell was fragen. Ich bin auf der Suche nach einem unbezahlten Praktikum, habe...