Kienzle / Huppert Schizophrenie
1. Auflage 2010
ISBN: 978-3-8409-2051-6
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 191 Seiten
Reihe: Leitfaden Kinder- und Jugendpsychotherapie
ISBN: 978-3-8409-2051-6
Verlag: Hogrefe Publishing
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Schizophrene Psychosen gehören trotz zahlreicher Behandlungs- und Betreuungsverbesserungen unverändert zu den schwersten psychischen Erkrankungen. Da sie häufig im Jugendalter oder im jungen Heranwachsendenalter beginnen, greifen sie tief in die Entwicklung und Biografie des Betroffenen und in sein soziales Umfeld ein. Die Heterogenität der Erscheinungsformen und das breite Spektrum an Verlaufsformen erfordern eine sorgfältige Diagnosestellung und eine differenzielle Behandlungsindikation, um frühzeitig therapeutisch intervenieren zu können.
Das Buch bietet einen Überblick über das Spektrum der Symptome, die Diagnostik und Klassifikation von schizophrenen Störungen. Ein besonderer Akzent liegt auf den früh beginnenden Störungsformen. Der Band stellt den derzeitigen Forschungsstand über ätiologische Modelle, Verlauf, Prognose, Epidemiologie und Therapieformen dar. Multifaktorielle Entstehungsmodelle haben zur Etablierung multimodaler Behandlungsansätze geführt und werden so dem die gesamte Person erfassenden Störungsbild gerecht.
Anhand von Leitlinien zu Diagnostik, Verlaufskontrolle und Therapie wird der multimodale diagnostische und therapeutische Umgang mit diesen Erkrankungen beschrieben. Informationen zu diagnostischen Verfahren, Materialien sowie Fallbeispiele erleichtern zudem die Umsetzung der Leitlinien in der klinischen Praxis.
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1;Einleitung: Grundlagen und Aufbau des Buches;6
1.1;Übersicht über die Leitlinien zur Diagnostik, Verlaufskontrolle und zur Therapie der Schizophrenie im Kindes- und Jugendalter;7
2;Inhaltsverzeichnis;8
3;1 Einführung;12
3.1;1.1 Definition und historische Entwicklung der diagnostischen Kategorie;12
3.2;1.2 Besonderheiten schizophrener Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter;13
4;2 Stand der Forschung;15
4.1;2.1 Symptomatik;15
4.1.1;Psychopathologische Symptome;17
4.2;2.2 Klassifikation, Diagnose und Differenzial- diagnose;25
4.2.1;2.2.1 Allgemeine diagnostische Kriterien;26
4.2.2;2.2.2 Unterformen;27
4.2.3;2.2.3 Differenzialdiagnose;30
4.3;2.3 Ätiologie und Pathogenese;31
4.3.1;2.3.1 Genetische Befunde;33
4.3.2;2.3.2 Endophänotypen;35
4.3.3;2.3.3 Neuroanatomische Auffälligkeiten;35
4.3.4;2.3.4 Biochemische Befunde;36
4.3.5;2.3.5 Neuropsychologische Befunde;37
4.3.6;2.3.6 Psychodynamische und psychosoziale Faktoren;38
4.3.7;2.3.7 Vulnerabilitäts-Stress-Konzept;39
4.4;2.4 Epidemiologie;40
4.5;2.5 Verlauf und Prognose;42
4.5.1;2.5.1 Verlaufscharakteristika;42
4.5.2;2.5.2 Erkrankungsbeginn und Früherkennung;43
4.5.3;2.5.3 Verlaufstypologien;45
4.5.4;2.5.4 Verläufe früh beginnender Schizophrenien;46
4.5.5;2.5.5 Prognose;47
4.5.6;2.5.6 Suizid als Krankheitsausgang;49
4.5.7;2.5.7 Komorbide Störungen;50
4.6;2.6 Aktuelle Therapiestrategien;50
4.6.1;2.6.1 Pharmakotherapie;52
4.6.2;2.6.2 Psychotherapeutische Behandlungsstrategien;56
4.6.3;2.6.3 Soziotherapeutische Interventionsformen;61
5;3 Leitlinien;63
5.1;3.1 Leitlinien zu Diagnostik und Verlaufskontrolle;63
5.1.1;3.1.1 Exploration des Patienten;64
5.1.2;3.1.2 Anamnese;76
5.1.3;3.1.3 Psychopathologischer Befund und Verhaltensanalyse;82
5.1.4;3.1.4 Somatisch-neurologische Diagnostik;89
5.1.5;3.1.5 Testpsychologische Untersuchungen;91
5.1.6;3.1.6 Diagnosestellung;94
5.1.7;3.1.7 Früherkennung;99
5.1.8;3.1.8 Verlaufskontrolle;103
5.2;3.2 Leitlinien zur Therapie;106
5.2.1;3.2.1 Allgemeine Behandlungsprinzipien;106
5.2.2;3.2.2 Pharmakotherapie;112
5.2.3;3.2.3 Psychotherapeutische Strategien;121
5.2.4;3.2.4 Angehörigen- und Elternarbeit;146
5.2.5;3.2.5 Langzeittherapie und Langzeitverlauf;151
6;4 Verfahren zur Diagnostik und Therapie;155
6.1;4.1 Verfahren zur Diagnostik;156
6.1.1;4.1.1 Manual zur Dokumentation psychiatrischer Befunde der Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie (AMDP);156
6.1.2;4.1.2 Psychopathologisches Befundsystem für Kinder und Jugendliche (CASCAP-D);157
6.1.3;4.1.3 Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS);158
6.1.4;4.1.4 Schedules for Clinical Assessment in Neuropsychiatry, Deutsche Ausgabe (SCAN);159
6.1.5;4.1.5 Kiddie Schedule for Affective Disorders and Schizophrenia Present/Life Time (K-SADS-PL);160
6.1.6;4.1.6 Eppendorfer Schizophrenie Inventar (ESI);161
6.1.7;4.1.7 Frankfurter Beschwerde-Fragebogen (FBF);161
6.1.8;4.1.8 Symptomliste zur Früherkennung (ERIraos – Early Recognition Inventory);162
6.1.9;4.1.9 Internationale Diagnosencheckliste für ICD-10 (IDCL): Schizophrenie;162
6.2;4.2 Verfahren zur Therapie;163
6.2.1;4.2.1 Integriertes Psychologisches Therapieprogramm bei schizophrenen Erkrankungen (IPT);163
6.2.2;4.2.2 Therapiemanual Psychoedukation und Krankheitsbewältigung (PKB) und Therapieprogramm Wohnen, Arbeit, Freizeit (WAF);163
6.2.3;4.2.3 Kognitiv-verhaltenstherapeutisches Behandlungsmanual zur Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Störungen;164
6.2.4;4.2.4 Familienbetreuung schizophrener Patienten;164
7;5 Materialien;166
8;6 Falldarstellung;176
8.1;6.1 Stationäre Behandlungsphase;176
8.1.1;Anlass und Umstände der stationären Aufnahme;176
8.1.2;Anamnese;176
8.1.3;Befunde;178
8.1.4;Verdachtsdiagnose;178
8.1.5;Therapie und Verlauf;179
8.1.6;Befunde zum Entlassungszeitpunkt;180
8.1.7;Abschließende diagnostische Beurteilung;181
8.2;6.2 Nachstationärer Behandlungsabschnitt;182
9;Literatur;184
"2 Stand der Forschung (S. 4-5)
2.1 Symptomatik
Die deskriptive Erfassung charakteristischer klinischer psychopathologischer Syndrome stellt weiterhin den zentralen Baustein der Schizophreniediagnostik dar. Nachdem alle psychischen Funktionen betroffen sein können, bietet die Symptomatologie ein unter den psychiatrischen Erkrankungen ungewöhnlich vielfältiges Spektrum individueller psycho- pathologischer Erscheinungsbilder und Ausprägungsformen nicht nur interindividuell, sondern imVerlauf der Erkrankung auch intraindividuell.
Neben der identifizierbaren Beeinträchtigung aller grundlegenden psychischen Funktionen leiden viele Patienten darüber hinaus an einerVielzahl auf die Psychose und deren Auswirkungen zurückzuführenden Erlebens- und Befindensveränderungen, die mitunter schlecht verbalisierbar sind, häufig unspezifisch und vage und dennoch auf besonders charakteristischeWeise zur „schizophrenen“ Erschütterung von Selbst- undWelterleben beitragen, beispielsweise das Zeiterleben, die Raumempfindung und die Identifizierung von Kausalitäten betreffen.
Um diese symptomatologische Vielfalt zu ordnen, sind Beiträge verschiedener Autoren und Schulen in die aktuellen Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV-R eingegangen. Bereits Eugen Bleuler (1911) unterschied zwischen den seiner Auffassung nach pathognomonischen Grundsymptomen Autismus, Ambivalenz, Parathymie, Denkzerfahrenheit, sowie den sehr charakteristischen Formen gestörten Ich-Erlebens, der schizo - phrenen Depersonalisation und trennte sie von den akzessorischen Symptomen wie Wahn, Sinnestäuschungen, katatonen Symptomen sowie Auf fäl lig keiten von Schrift und Sprachausdruck.
Kurt Schneider (1950) beschrieb neun Erstrangsymptome aus den Bereichen Störung der Sinneswahrnehmung, Ich-Erleben, inhaltliches Denken, denen seiner Auffassung nach bei der Diagnosestellung besondere Dignität zukommt. Diesen ordnete Schneider Symptome zweiten Ranges nach, die erst im klinischen Gesamtzusammenhang die schizophrene Diagnose begründen könnten. Insbesondere im Hinblick auf ätiologische Modellvorstellungen gewann die Unterteilung schizophrener Symptome in sogenannte Positiv- bzw. Plussymptome und Negativ- bzw. Minussymptome an Bedeutung (Andreasen, 1982), an die sich eine von Crow (1985) formulierte Differenzierung in eine Typ I und Typ II genannte Verlaufsform anschloss.
Als Positiv- bzw. Plussymptome werden Phänomene bezeichnet, die nicht zum Erscheinungsbild normaler psychischer Funktionen zu zählen sind (Zubin, 1985). Zu den Positiv-/Plussymptomen zählen nach dieser Auffassung Wahn, Halluzinationen, Inkohärenz und Zerfahrenheit"