E-Book, Deutsch, 248 Seiten
Klappenbach-Lentz Facilitation-Tools
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7495-0567-8
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Mit Mediativer Kommunikation und Mediation Prozesse in Gruppen ermöglichen
E-Book, Deutsch, 248 Seiten
ISBN: 978-3-7495-0567-8
Verlag: Junfermannsche Verlagsbuchhandlung
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Prozesse in Gruppen ermöglichen
Facilitation bedeutet, in der Arbeit mit Gruppen Prozesse zu ermöglichen und zu begleiten. Anlässe zum Einsatz dieses Formats können Konfliktklärungen oder -lösungen sein. Auch in der Gestaltung von Change-Prozessen haben sich Facilitation-Workshops bewährt, ebenso für das Teambuilding, z. B., wenn es darum geht, dass sich eine für eine Projektarbeit international zusammengestellte Gruppe schnell zu einem arbeitsfähigen Team entwickelt.
Die Autorin gibt einen Überblick über verschiedene Facilitation-Anlässe. Sie erläutert, wie Kompetenzen und Elemente aus Mediation und Mediativer Kommunikation sowie weitere Tools dabei zum Einsatz kommen.
Beispiele aus der Praxis fassen die Buchinhalte anwendungsbezogen zusammen und runden sie ab.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Psychologie Allgemeine Psychologie Sozialpsychologie
- Rechtswissenschaften Allgemeines Verfahrens-, Zivilprozess- und Insolvenzrecht Zivilprozessrecht Streitschlichtung, Mediation
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychologie / Allgemeines & Theorie Psychologie: Allgemeines
- Wirtschaftswissenschaften Wirtschaftswissenschaften Wirtschaft: Sachbuch, Ratgeber
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychologie / Allgemeines & Theorie Psychologie: Sachbuch, Ratgeber
Weitere Infos & Material
1. Facilitation als Anwendungsfeld für mediative Kompetenz
Das englische Wort „Facilitation“ bedeutet, wortwörtlich übersetzt, im Deutschen „Ermöglichen“. Bei diesem Format professioneller Kommunikation geht es um das ressourcenorientierte Initiieren, Gestalten und Begleiten von Prozessen in Gruppen. Zur Einführung in dieses komplexe Thema wird es im Folgenden zunächst um grundlegende Fragen nach dem „Was?“ und „Wie?“, aber auch nach dem „Mit wem?“, „Wozu?“ und „Wodurch?“ gehen. Facilitation hat sich in den letzten 15 Jahren als ein Anwendungsrahmen für Kompetenzen5 und Methoden entwickelt, die im Rahmen der Ausbildung und Anwendungspraxis professioneller Kommunikation und Prozessbegleitung wie Mediation, Coaching, Training, Moderation oder Supervision eine Rolle spielen. Obwohl „Facilitation“ schon lange als Begriff in der Prozessbegleitung verwendet wird, findet er erst in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit.6 Es entstehen Bücher, Materialien, Angebote und Fachinitiativen mit dieser Überschrift – vor allem aus dem thematischen Kontext des Design Thinking, agiler Arbeitsweisen und dem von Organisationen7. Das ist passend und nicht verwunderlich, es bildet allerdings nicht die ganze Bandbreite für Facilitation ab. Möglicherweise können sich thematisch Interessierte in den nächsten Jahren über eine bunte Vielfalt an Praxisberichten und Materialien freuen.8 In diesem Buch werden Mediation und Mediative Kommunikation fokussiert, um Gruppenprozesse „ermöglichend“ zu gestalten und zu begleiten.9 Kernkompetenzen zum Ermöglichen und Begleiten von Prozessen Im Weiteren werden wir noch ausführlich Systemische und Dialogische Kompetenz sowie Strukturierungs- und Methodenkompetenz als Kompetenzbereiche für Facilitation einzeln und in ihrer Zusammengehörigkeit betrachten. An dieser Stelle lässt sich als grundlegend festhalten: Wer Prozesse derart offen und flexibel begleitet, braucht Klarheit in Bezug auf seine Intention, eine Gruppe tatsächlich auf ihrem Weg zu begleiten. Zudem braucht er die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten, dieses Vorhaben in der Praxis umzusetzen. Bei beidem unterstützt eine professionelle Selbstreflektiertheit in Bezug auf die eigene Rolle: ein ethisches Selbst-Verständnis personenzentrierten Herangehens mit Wertschätzung, Empathie, Authentizität und Transparenz im Sinne des Prozesses, wie es in Kapitel 5.2.2 beschrieben wird. Zudem ist es ebenso hilfreich wie naheliegend, in anderen Zusammenhängen erworbene Kompetenzen einzubringen. Dazu zählen Mediationskompetenzen, etwa wenn es gleichstellungsorientiert um den Umgang mit Konflikten und Konfliktpotenzialen geht. Schon die sogenannte Mediationsformel „Konflikt = Sache + Gefühl“ bietet für die Arbeit mit einer Gruppe an, den Fokus auf Aspekte der Sach- und Gefühlsebene auszurichten. Dies ermöglicht es allen Beteiligten, einmal losgelöst von der eigenen Positionierung zu einem Thema oder Konflikt auf das zu schauen, was im Gesamten noch eine Rolle spielt. Verhandlungskompetenz und Diversity-Kompetenz helfen, den Ich-Perspektiven in der Gruppe in ihren Unterschieden und Gemeinsamkeiten dialogermöglichend zu begegnen (Kapitel 2.1 und 5.2). Mediative Kommunikation fördert dabei den allparteilichen Blick auf die Ichs und das Wir, zum Beispiel im Umgang mit subjektiver Wahrnehmung von Realität oder Unconscious Biases, also mit den im Miteinander beteiligten unbewussten Wahrnehmungsverzerrungen und Voreinstellungen.10 Moderationskompetenzen unterstützten bei der Gestaltung und Strukturierung der Kommunikation in der Gruppe, Visualisierungskompetenzen bei der Gestaltung und Dokumentation des Prozesses und seiner Ergebnisse. Wenn es gelingt, schwierige Situationen „einzufangen“ und sie klar und einfach zu präsentieren, ist es auch möglich, in der Gruppendynamik die Konzentration auf ein Thema beizubehalten. Coachingkompetenzen unterstützen bei der Klärung und Aktualisierung von Zielstellungen, Anliegen und Visionen der Einzelnen und der Gruppe. Und sie unterstützen im ressourcenorientierten Umgang mit umsetzungsförderlichen Motoren wie intrinsischer und extrinsischer Motivation (Kapitel 6.2). Gruppendynamische Prozesse sind komplex: Vieles passiert auf unterschiedlichen Ebenen in kurzer Zeit. Supervisionskompetenzen ermöglichen hier, die Metaperspektive als eine „dritte Wahrnehmungsposition“11 einzunehmen. Und auch der Einsatz von Metakommunikation12 erweist sich als ein Kompetenzelement, um der Gruppe – in all der Fülle und manchmal auch Unübersichtlichkeit mit der beschriebenen Intention und im Vertrauen auf den Prozess – begleitend begegnen zu können. Trainingskompetenzen helfen, entwicklungs- und prozessorientierter Arbeit in Gruppen zu gestalten, etwa in Form von Think Tanks13 oder Bootcamps14 zum Ermöglichen von „Befruchtungsmomenten“15 oder von Workshops im Sinne von „Trainings from the back of the room“16. Ein zentrales Anliegen dieses Buchs ist es, an Vorhandenes anzuknüpfen – sowohl zu diesen Facetten mediativer Kompetenz als auch an das, was zu facilitativer Kompetenz bisher beschrieben ist. Diesem Anliegen entspringt das nachfolgend (Abbildung 13) skizzierte Kompetenzmodell für Facilitation. Es dient als ein zentrales Strukturierungselement in diesem Buch. Im beschriebenen Sinne von Metakommunikation soll es ein Angebot sein, einen Diskurs über das zu führen, was für Facilitation als ein Format professioneller Kommunikation kennzeichnend sein kann und soll.17 Mediative Kompetenz Mediative Herangehensweisen fokussieren die Vermittlung zwischen18 dem, was da ist: den Menschen, Themen, Wünschen oder Strategien und den dahinterliegenden Bedürfnissen. In der Mediation selbst helfen das ethische Selbstverständnis19, die Grundprinzipien zur Durchführung eines Mediationsverfahrens20 und das Phasenverlaufsmodell (Abbildungen 2 und 51). Mediativ Kommunizierende nutzen eine bewusst eingenommene gleichstellungsorientierte, wertschätzende, allparteiliche, win-win-orientierte Haltung. Zur Gestaltung der Kommunikation ziehen sie eine Kombination aus Methoden heran, die alle Beteiligten darin unterstützt, in einen Dialog zu gehen21. Zum Ermöglichen und Begleiten von Prozessen ist dies immer dann besonders hilfreich, wenn es darum geht, Kooperationsmöglichkeiten oder Lösungen für Konflikt- und Problemstellungen zu finden. In diesem Buch wähle ich den dialogorientierten Ansatz der Mediativen Kommunikation, um den in Kapitel 2 („The A.R.T. of Facilitation“) ausgeführten professionellen Ansprüchen an die Aufgabe des „Ermöglichens“ zu begegnen: für einen Dialog, der in dem Auftrag (A) stattfindet, die Rahmenbedingungen (R) für Teilhabe (T) von allen im Prozess zu ermöglichen und zu begleiten. Ein Beispiel: Um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern, müssen Organisationen auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagieren, und deshalb stehen Veränderungen an. Für Facilitation besteht in dieser Situation ein Auftrag darin, alle zu Beteiligenden in einem Rahmen zu versammeln, in dem man im Dialog von allen mit allen herausfinden kann, was zu berücksichtigen ist, um eine entsprechende Veränderung mit Blick auf Zukunftsfähigkeit, Umsetzbarkeit und Nachhaltigkeit im System und unter aktiver Teilhabe aller Entscheidungs- und Umsetzungstragenden zu ermöglichen. Es erscheint naheliegend, das Konzept Mediativer Kommunikation22 zur Ermöglichung von Dialog im System heranzuziehen, denn es wurde auf Grundlage der Ergebnisse einer Studie23 entwickelt, in der untersucht wurde, was in Mediation und weiteren Beratungsformaten Ausgebildete in ihrem beruflichen Alltag als hilfreich erachten und anwenden. Zu den genannten Faktoren zählen innere Sicherheit und Handlungsmöglichkeiten, um im jeweiligen Kontext mit Blick auf alle Beteiligten vorgehen zu können. Zielstellung Mediativer Kommunikation war und ist, worauf „facilis“ als lateinische Sprachwurzel von „Facilitation“ in seinen Übersetzungen „leicht“, „einfach“, „mühelos (zu tun, zu erlangen, machbar)“, „geeignet“, „gewandt“, „geschickt“, „geläufig“ oder auch „bereit“24 verweist: Es fasst als Unterstützung für den beruflichen und privaten Alltag zusammen, was hilft und was nötig ist, die als erleichternd und ermöglichend erlebten Elemente aus dem Ausbildungs- und Verfahrenskontext – insbesondere der Mediation – auch losgelöst von spezifischen Rahmenbedingungen nachhaltig und sicher anzuwenden. Zum Umgang mit Diversität, Konflikten und Konfliktpotenzial, mit Widerständen und Herausforderungen im weiten Sinne interkultureller Kommunikation wird eine Offenheit ermöglichende Grundeinstellung fokussiert: die Mediative Haltung als Basis zur Anwendung des vielfältigen Angebots an Leitfäden und Modellen zur Gesprächsgestaltung – wie der Vier-Schritte-Bitte aus der Gewaltfreien Kommunikation oder dem M.O.O.N.-Guide aus dem Harvard-Konzept25. Mediative Kommunikation unterstützt eine flexible, situationsgerechte, personzentrierte Herangehensweise mithilfe eines breit aufgestellten Methodenkoffers zum Ermöglichen, Gestalten und Begleiten eines Prozesses. Wenn hier im Weiteren von Mediation die Rede ist, dann geht es um Mediation als Methode und nicht als rechtlich...