Lademann Intensivstation zu Hause
1. Auflage 2007
ISBN: 978-3-456-94488-3
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Pflegende Angehörige in High-Tech Home Care
E-Book, Deutsch, 252 Seiten
ISBN: 978-3-456-94488-3
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Auch in Deutschland werden Pflegebedürftige, die z.B. beatmungspflichtig sind oder einer künstlichen Ernährung bedürfen, in ihrem Zuhause betreut. Pflegende Angehörige nehmen dabei eine Schlüsselposition ein, da ohne deren Mitwirkung die Realisierung einer äIntensivstation zu Hauseô kaum möglich ist.Die diesem Buch zugrunde liegende Studie widmet sich daher den pflegenden Angehörigen, die sowohl versorgungsbezogene Leistungen erbringen als auch das Gesundheitssystem zur eigenen Entlastung bzw. anwaltschaftlich für die Pflegebedürftigen nutzen. Darüber hinaus werden das breite Spektrum der ambulanten Schwerstkrankenpflege aufgezeigt sowie Schlussfolgerungen für das Versorgungssystem und insbesondere für die professionelle Pflege präsentiert.
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1;Inhalt und Vorwort;6
2;1. Einleitung;12
3;2. Problemhintergrund und Ziel der Untersuchung;16
3.1;2.1 Versorgung Pflegebedürftiger: Ambulant vor Stationär;18
3.1.1;2.1.1 Pflegebedürftigkeit in Deutschland;19
3.1.2;2.1.2 High-Tech Home Care: Häusliche Schwerstkrankenpflege;23
3.2;2.2 Häusliche Pflegearbeit ist familiäre Frauenarbeit;25
3.3;2.3 NutzerInnenorientierung und Empowerment im Gesundheitswesen;28
3.4;2.4 Fragestellung und Ziel der Untersuchung;31
4;3. Theoretischer Rahmen und Forschungsstand;34
4.1;3.1 Verortung in der Versorgungsforschung;35
4.1.1;3.1.1 Versorgungsforschung in den Gesundheitswissenschaften;36
4.1.2;3.1.2 Pflegende Angehörige im Rahmen von Versorgungsforschung;38
4.2;3.2 Stellung von pflegenden Angehörigen im Versorgungssystem;40
4.2.1;3.2.1 Pflegende Angehörige als NutzerInnen und LeistungserbringerInnen;40
4.2.2;3.2.2 Partizipative Rollen pflegender Angehöriger;43
4.3;3.3 Pflegende Angehörige in High-Tech Home Care: Forschungsstand;50
4.3.1;3.3.1 Engagement und Kompetenz;52
4.3.2;3.3.2 Belastungen und Versorgungsprobleme;54
4.4;3.4 Präzisierung der Fragestellung;64
5;4. Methodisches Vorgehen;66
5.1;4.1 Qualitative Forschung in den Gesundheits- und Pflegewissenschaften;66
5.2;4.2 Grounded Theory als Forschungsstrategie;68
5.2.1;4.2.1 Wissenschaftstheoretische Verankerung;69
5.2.2;4.2.2 Forschungsprozess;69
5.3;4.3 Qualitätskriterien und ethische Aspekte;72
5.4;4.4 Strategien der Datenerhebung und Auswertung;74
5.4.1;4.4.1 ExpertInneninterviews mit Pflegedienstleitungen;75
5.4.2;4.4.2 Leitfadengestützte Interviews mit pflegenden Angehörigen;78
5.5;4.5 Methodenreflexion;82
6;5. Ergebnisse Teil I: Praxisfeld High- Tech Home Care aus Sicht ambulanter Pflegedienste;86
6.1;5.1 Beschreibung der Stichprobe: Die Pflegedienste und Pflegedienstleitungen;86
6.2;5.2 Umsetzung von High-Tech Home Care;89
6.2.1;5.2.1 PatientInnengruppen und eingesetzte Technik;90
6.2.2;5.2.2 Die Versorgung der Schwerstpflegebedürftigen;94
6.2.3;5.2.3 Pflegende Angehörige aus Sicht der Pflegedienste;96
6.3;5.3 Bedeutung von HTHC;101
6.3.1;5.3.1 Schwerstpflegebedürftige als Ausnahmefälle;102
6.3.2;5.3.2 Chancen und Risiken;105
6.3.3;5.3.3 Erwartete Entwicklung;108
7;6. Ergebnisse Teil II: High- Tech Home Care aus Sicht pflegender Angehöriger;110
7.1;6.1 Beschreibung der Stichprobe: Die pflegenden Angehörigen und Versorgungssituationen;111
7.2;6.2 Häusliche Versorgung Schwerstkranker als Option;116
7.2.1;6.2.1 Empfehlung Professioneller;117
7.2.2;6.2.2 Bedeutungen der häuslichen Versorgungsoption;121
7.3;6.3 Informationsgeschehen;129
7.3.1;6.3.1 Informationsbeschaffung;129
7.3.2;6.3.2 Art und Weise der Informationsvermittlung;133
7.4;6.4 Schnittstelle zwischen stationärer und häuslicher Versorgung;136
7.5;6.5 Schulung, Anleitung und Begleitung;140
7.5.1;6.5.1 Erlernen von Versorgungstätigkeiten;140
7.5.2;6.5.2 Umgang mit der Technik: Geräteeinweisung und Gebrauchsanweisungen;151
7.5.3;6.5.3 Begleitung der häuslichen Versorgung;154
7.6;6.6 Pflegende Angehörige als ExpertInnen in der häuslichen Versorgung;158
7.6.1;6.6.1 Selbsteinschätzung;159
7.6.2;6.6.2 PatientInnenorientierung als spezielle Expertise;160
7.6.3;6.6.3 Technik- und Hilfsmittelexpertise;164
7.6.4;6.6.4 Kreativität und Intuition;170
7.6.5;6.6.5 Verhältnis zwischen Laien- und Professionellenexpertise;175
7.7;6.7 Anpassungsleistungen;181
7.7.1;6.7.1 Wohnraumanpassung und Arrangement mit High- Tech Home Care;181
7.7.2;6.7.2 Rollenanpassungen: Pflegende sein – Angehörige sein;194
7.8;6.8 Soziales Netz und Selbsthilfe;198
8;7. Diskussion der Ergebnisse und Schlussfolgerungen für das Versorgungssystem;206
8.1;7.1 Unzureichende Rahmenbedingungen;207
8.1.1;7.1.1 High-Tech Home Care als Ausnahmefall;207
8.1.2;7.1.2 Mangel an alternativen Versorgungsmöglichkeiten;210
8.2;7.2 NutzerInnenorientierung und Empowerment;211
8.2.1;7.2.1 Pflegende Angehörige als NutzerInnen und LeistungserbringerInnen wahrnehmen und unterstützen;211
8.2.2;7.2.2 Voraussetzungen und Möglichkeiten zur Partizipation in Entscheidungsprozessen in der häuslichen Versorgung;214
8.2.3;7.2.3 Information, Anleitung und Schulung: Zu entwickelnde Empowerment- Instrumente;217
8.2.4;7.2.4 Grenzverschiebungen zwischen Professionellen- und Laiensystem;221
8.3;7.3 Koordinierte, vernetzte und lebensweltorientierte Versorgung;223
8.3.1;7.3.1 Koordination und Integration als strukturelle Voraussetzungen;224
8.3.2;7.3.2 Lebensweltorientierte Versorgung;228
8.4;7.4 Schlussfolgerungen für das Versorgungssystem;231
8.4.1;7.4.1 Strukturelle Anpassungen;231
8.4.2;7.4.2 Maßnahmen für gezielte Qualitätsverbesserungen;233
8.4.3;7.4.3 Systematische Umsetzung von NutzerInnenorientierung;236
8.5;7.5 Geltungsbereich der Studie und Ausblick;240
9;Anhang;252
4. Methodisches Vorgehen (S. 65-66)
Im Vordergrund dieser Studie steht die Untersuchung der Perspektiven pflegender Angehöriger. Diese nehmen eine entscheidende Rolle in der häuslichen Versorgung Schwerstkranker ein, weshalb ihre Sichtweise auf das Versorgungssystem erhoben werden soll. Entsprechend diesem Forschungsgegenstand ist ein explorativqualitatives Vorgehen methodisch angemessen. Da die technikintensive ambulante Schwerstkrankenpflege in Deutschland bislang kaum beforscht ist, dient der explorative Zugang einer ersten wissenschaftlichen Erschließung dieses Feldes. Darüber hinaus dient der methodisch qualitative Zugriff der Erfassung der Betroffenenperspektive, die im Zentrum des Interesses steht.
Im Folgenden wird zunächst die Bedeutung der qualitativen Forschung innerhalb der Gesundheits- und Pflegewissenschaften aufgezeigt, sowie auf Gütekriterien dieser Methodik eingegangen. Die Wahl der hier verwendeten Grounded Theory als Forschungsstrategie und dem daraus abgeleiteten Vorgehen in Datenerhebung und Auswertung wird zunächst aus methodologischer Perspektive und dann konkret bezogen auf das Vorgehen im Rahmen dieser Studie vorgestellt. Eine kritische Reflexion bezüglich Methodenwahl und methodischer Realisierung runden schließlich die folgende Darstellung ab.
4.1 Qualitative Forschung in den Gesundheits- und Pflegewissenschaften
Traditionell wird im Bereich Public Health mit quantitativen Methoden gearbeitet, da oftmals epidemiologische Fragestellungen im Vordergrund stehen. Mit der Etablierung der Gesundheitswissenschaften als wissenschaftlicher Disziplin in Deutschland wurden in den einschlägigen Lehr- und Handbüchern in erster Linie quantitative Methoden behandelt (exemplarisch Hurrelmann & Laaser 1993). Dennoch gibt es durchaus schon eine längere Tradition, die Thematik um Gesundheit und Krankheit mittels qualitativer Methoden zu beforschen, besonders in den Sozialwissenschaften.
Die Bedeutung von Gesundheit und Krankheit sowie deren Herstellung bzw. Bewältigung im Rahmen gesundheitlicher Versorgung kann nur vor einem gesellschaftlichen und damit sozialen Hintergrund verstanden werden. Dies wird innerhalb der gesundheitswissenschaftlichen Forschung seit Ende der 1990er Jahre zunehmend aufgegriffen. So werden in dem von Hurrelmann und Laaser 1998 neu herausgegebenen und überarbeiteten „Handbuch Gesundheitswissenschaften" sowie in dem von Schwartz et al. (2003) herausgegebenen „Public Health Buch" die qualitativen Methoden unter dem Stichwort der sozialwissen schaftlichen Verfahren in den Gesundheitswissenschaften behandelt.1 Auch in der neueren Methodenliteratur wird die Verwendung qualitativer Methoden „in den eher angewandten Fächern wie Sozialarbeit, Pflegewissenschaften oder Public Health" (Flick, Kardoff & Steinke 2000, S. 13) empfohlen.
Zur Bearbeitung pflegewissenschaftlicher Fragestellungen haben qualitative Methoden eine breite Anwendung gefunden, nicht nur, weil sich Pflege in einem sozialen Kontext abspielt, in dem individuelles Erleben und subjektive Bedeutungen eine entscheidende Rolle spielen, sondern auch weil Pflege ein bislang wenig wissenschaftlich beforschtes Gebiet darstellt, dem sich in vielerlei Hinsicht zunächst explorativ zu nähern ist.
Im angloamerikanischen Raum hat die qualitative Pflegeforschung bereits eine längere Tradition: So ist der Anteil wissenschaftlicher Publikationen in vier einschlägigen amerikanischen Pflegefachzeitschriften zwischen 1988 und 1992 um mehr als das Dreifache gestiegen (Liehr &Taft Marcus 1996). In Deutschland wird die qualitative Pflegeforschung dagegen erst seit etwa Mitte der 1990er Jahre aufgenommen und zwar in Form von (aus dem angloamerikanischen) übersetzten Lehrbüchern sowie eigenen Bearbeitungen (Schaeffer & Müller-Mundt 2002, Haller 2000, Morse & Field 1998, Holloway & Wheeler 1998, LoBiondo-Wood & Haber 1996).