E-Book, Deutsch, 360 Seiten
Reihe: Steampunk
Lange Die ægyptische Maschine
1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-86762-336-0
Verlag: Uhrwerk-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Roman aus der Welt von Eis & Dampf
E-Book, Deutsch, 360 Seiten
Reihe: Steampunk
ISBN: 978-3-86762-336-0
Verlag: Uhrwerk-Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als die ænglische Wissenschaftlerin Eve Bailiff London verlässt und zu einer geheimen Mission nach Paris aufbricht, ahnt sie noch nicht, dass es sie und ihren geheimnisvollen Schatten bald in den Orient verschlagen wird.
Osiris, der Vizekönig Ægyptens, der sich schon auf einer Stufe mit den alten Pharaonen des Landes sah, wurde ermordet. Doch sein Geist scheint noch nicht entschwunden zu sein. Mit Hilfe einer antiken Maschine soll Eve Osiris aus der Unterwelt zurückholen. Doch der Dschungel aus Intrigen und Machtspielen am ægyptischen Hof macht es Eve fast unmöglich zu bestimmen, wer Freund und wer Feind ist ...
Während Eve mit Hilfe einer kleinen Gruppe Verbündeter versucht, Osiris zu retten, wird jener Mann aktiv, vor dem sie aus London floh. Jener Mann, der ebenfalls an dem Geheimnis der ægyptischen Maschine interessiert ist – Professor Clockworth-Merenge.
Ein neues Steampunk-Abenteuer aus der Welt von Eis und Dampf!
Autoren/Hrsg.
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Kapitel 5
Er hasste Paris. Es war so groß, so laut, so … so viel. Überall liefen Menschen herum, Pferdefuhrwerke klapperten über das Pflaster, Karbiddroschken verpesteten die Luft. Wer kam nur auf die Idee, dass es gut sei, so viele Menschen an einem Ort anzusiedeln? Selbst London war ihm oft schon zu viel gewesen. Na gut. Paris hatte trotz der Droschken bessere Luft als London. Aber das war nichts im Vergleich zu … Hauke blieb stehen. Im Vergleich zu was? Er war doch noch nie aus London weg gewesen. Oder doch? Da war so ein Erinnerungsfetzen. Sand, Meer, ein weiter Blick. Vielleicht die Kanalküste? Ein Urlaub mit den Eltern? Der Friese schaute sich um. Wo war sie hin? Er sprang auf das Fundament einer Straßenlaterne, zog sich mit links hoch. Aufmerksam musterte er die Menschenmenge vor sich. Alles strömte irgendwohin. Mochte der Düwel wissen, wohin. Da. Dort ging jemand gegen den Strom. Hauke erkannte den Hut. Er sprang auf den Boden, bahnte sich seinen Weg durch die Menge. Als er drei Armeslängen hinter ihr war, passte er sich ihrem Tempo an. Sie schien etwas zu suchen, schaute immer wieder auf einen Zettel. Sie fragte sogar einige Passanten, hielt den Leuten den Zettel hin. Doch die schauten nicht einmal darauf, winkten nur unwirsch ab. Er hatte gute Lust, den unfreundlichen Franzosen Höflichkeit einzubläuen, doch er durfte keine Aufmerksamkeit erregen. Also stieß er nur einen fetten Pariser zur Seite. Natürlich begann sich der Kerl, auf die unnachahmliche Art der Franzosen aufzuregen. Doch es reichte, dass Hauke sich zu ihm umdrehte und ihn wortlos betrachtete. Der fette Kerl verzog das Gesicht, dann eilte er weiter. Als Hauke sich wieder umwandte, hatte sie offenbar gefunden, was sie suchte: ein Hotel. Der Friese rümpfte die Nase. Das Haus war furchtbar bunt und schrill. Er nickte dem Portier zu, als ob er ihn kennen würde und drückte sich ins Foyer. Hier war es ruhiger, aber nicht minder bunt. Hauke kannte sich mit all dem ægyptischen Kram nicht aus, aber selbst ihm war klar, dass das meiste billige Fälschungen sein mussten. Früher hatte er auch mit diesem Zeug gehandelt. Dieses Gerede vom Fluch des Pharaos hatte immer zu vielen Streitigkeiten geführt. Er kratzte sich am Kopf. Mit wem hatte er sich gestritten? Egal. Er drückte sich in einen Sessel, schnappte sich eine Zeitung und beobachtete sie. Der Mann hinter dem Schalter … wie nannte man den noch gleich? … ließ sie ein Papier unterschreiben, dann gab er ihr einen Schlüssel. Sollte er hinterher? Oder besser den Schaltermann ausquetschen? Bevor Hauke sich entscheiden konnte, sah er, wie sie in den Aufzug stieg. Schafschiete, da konnte er nicht mit rein. Na, dann eben der andere Weg. Doch bevor er es dorthin schaffte, drängelte sich ein altes Weibsstück vor. Hauke war kurz davor, die Alte zur Seite zu stoßen. Doch dann fiel ihm ein, dass das vielleicht doch zu viel Aufmerksamkeit erregen würde. Also platzierte er sich hinter ihr. Ein Zimmer wollte die Deutsche. Der Franzose kramte sein schlechtestes Deutsch hervor und vermietete ihr eines. Immerhin ging das schnell. Als sie fast schon im Gehen war, drehte sie sich noch einmal um. Hauke glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Fragte sie wirklich nach Eve? Zimmer 13? Er wusste nicht, ob er sich über die ihm zugeflogene Information freuen sollte, oder sich wegen der Alten Sorgen machen musste. Eve hatte keine Tante. Moment. Was hatte der Schalterfritze gesagt? „Mein Herr?“ Hauke glotzte der Alten nach. „Was kann ich für dich tun, mein Herren?“, fragte der Angestellte hinter ihm. Der Friese ignorierte die Frage und folgte dem verkleideten Mann. Der nahm die Treppe in die erste Etage, verschwand dort hinter einer Tür mit der Nummer 7. Hauke malte das Zeichen gegen Unglück vor sich in die Luft. Die Sieben bedeutete nichts Gutes. Er konnte sich nicht mehr genau erinnern, aber irgendeine seiner Tanten hatte mal an einem Siebten das gute Geschirr fallen lassen. Teller für vierundzwanzig Personen, ein riesiger Scherbenhaufen. Hauke grinste. Das musste ein Spaß gewesen sein. Wie hatte doch gleich die Tante geheißen? Egal. Er schlich zur Tür mit der messingfarbenen Sieben am Holz. Niemand war auf dem Flur, also drückte er sein Ohr an die Tür. Drinnen fluchte jemand leise. Eine Männerstimme. Hatte der Schalterfritze also Recht gehabt: Die Alte war ein verkleideter Mann und hinter Eve her. Sollte er gleich die Tür eintreten und den Mann aus der Stadt prügeln? Er entschied sich, es nicht zu tun. Stattdessen ging er den Flur entlang, hinter einer Ecke befand sich Zimmer 13. Hier also wohnte Eve. Vorsichtig trat er näher. Nichts war zu hören. War sie noch nicht hier? Schlief sie? Oder war sie bereits wieder gegangen? Hauke blickte sich um. Hier konnte er nicht bleiben. Sie würde ihn sofort entdecken, falls sie jetzt auftauchte. Er hörte Schritte hinter sich. Dem Geklapper nach waren es Frauenschuhe. Schiete. Ohne sich umzuschauen, griff er nach der Klinke der gegenüberliegenden Tür. Ein Stoßgebet, dann drückte er die Klinke herab. Die Tür öffnete sich quietschend. Eilig trat Hauke ein, schloss die Tür schnell. Drinnen war es still. Hauke schloss die Augen und atmete hörbar aus. Koffer oder persönliche Dinge sah er keine. Vielleicht war das Zimmer einfach leer. Er lauschte an der Tür. Die Schritte kamen näher, hielten auf der anderen Seite an. Dann blieb es eine Weile ruhig. Was sollte er tun, wenn jemand hereinkam? Erst zuschlagen und dann Fragen stellen? Oder fliehen? Metall kratzte über Metall, dann wurde ein Schloss geöffnet. Glücklicherweise nicht das zu Haukes Zimmer. Wenn es die Tür gegenüber war, dann kam Eve also tatsächlich gerade an. Hauke atmete auf. Es ging ihr also gut. Er nahm einen Stuhl, stellte ihn vor die Tür, sodass die Klinke durch die Stuhllehne blockiert wurde. Das würde ihm ein wenig Zeit verschaffen, wenn jemand ins Zimmer wollte. Er schaute sich um. Eigentlich hatte er es ja ganz gut getroffen: Es gab schlechtere Plätze, um auf der Lauer zu liegen. Ein Bett, ein Fenster, und auf dem kleinen Tisch vor dem Spiegel stand eine Schüssel und daneben eine Karaffe mit Wasser. Da kein Becher zu finden war, trank Hauke das Wasser direkt aus dem großen Glasgefäß. Wahrscheinlich brachte das Personal die Becher erst, wenn jemand einzog. Der Blick in den Spiegel war nicht so erfrischend wie das Wasser. Er nahm den Hut ab, musterte sich selbst. Seine Haare waren verschwitzt, sein Gesicht war von Bartstoppeln bedeckt. Unter den Augen zeigten sich dicke, dunkle Ringe. Wann hatte er das letzte Mal richtig geschlafen? Hauke seufzte. Er wusste es nicht. Es musste Tage her sein – irgendwann in London vermutlich. *** Ein Schrei weckte ihn. Hauke fuhr hoch. Wo war er? Ein Bett, enge Wände, ein Fenster, durch das flackerndes Licht hereinfiel. Er sprang auf, er war in diesem Hotel, musste eingeschlafen sein. Längst war es dunkel draußen. Gaslaternen flackerten. Hauke lief zur Tür. Hatte er den Schrei nur geträumt, oder kam er von gegenüber aus Eves Zimmer? Er riss den Stuhl zur Seite, den er unter die Klinke geklemmt hatte. Das helle Licht im Flur blendete ihn. Hauke versuchte, seine Augen mit der Hand abzuschirmen. Die Tür auf der anderen Seite des Ganges stand offen. Eve stolperte gerade heraus, der Osmane aus dem Zug sprang hinter ihr her, stieß sie zu Boden. Hauke verstand nicht, was er sagte. Das war aber auch nebensächlich. Brüllend stürmte er los, rammte den Mann zu Boden. Er verpasste dem Mann einen schwungvollen Haken nach dem anderen. Das Gesicht des Osmanen zerbrach. Der Anblick des zerquetschten Schädels ernüchterte Hauke augenblicklich. Still blieb er hocken, starrte auf die Leiche unter sich. Was war geschehen? Eve wimmerte. Irgendwo im Flur wurden Stimmen laut. Hauke blickte auf seine linke Hand. Irgendwas stimmte hier nicht. „Wir müssen hier weg“, flüsterte Eve, griff nach ihrer Tasche, zog Hauke auf die Beine. Verwirrt schaute er sie an. Irgendetwas stimmte hier nicht. Nein, nichts stimmte hier! Er hatte jemandem mit der Faust den Schädel eingeschlagen. Und Eve, die Frau, die er seit einer halben Ewigkeit heimlich verfolgte und schützte, schien gar nicht überrascht, ihn zu sehen. Träumte er noch? Eve kniete neben dem toten Osmanen, wühlte in seinen Taschen. Was sie fand, steckte sie ein. Hauke sah, dass ihr Gesicht leichenblass war. Sie zog ihn aus dem Zimmer, vorbei an fragenden Gesichtern und Stimmen, die sich über den Lärm beschwerten. „Wir müssen verschwinden, bevor die Polizei hier ist“, raunte sie ihm zu. Sie nahmen die Treppe. Im Foyer hakte sie sich bei ihm ein und spürte die Feuchtigkeit auf seinem Mantel. Zum Glück war dieser dunkel, sodass man das Blut nicht sah. Sie schluckte ihren Ekel hinunter und zog ihn schnellen Schrittes zur Tür. Draußen winkte sie eine Karbiddroschke herbei. Als die Droschke losfuhr, schaute sie noch eine Weile nach hinten, bevor sie sich entspannte. Hauke betrachtete sie. Er hatte sie lange nicht mehr aus der Nähe gesehen. Sie war schön. Grüne Augen, rote Lippen, Sommersprossen. Ihre braunen Haare quollen aus dem Haarband...