Lavric / Pisek | Language and Football | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Englisch, Band 589, 382 Seiten

Reihe: Tübinger Beiträge zur Linguistik (TBL)

Lavric / Pisek Language and Football


1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-8233-0522-4
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Englisch, Band 589, 382 Seiten

Reihe: Tübinger Beiträge zur Linguistik (TBL)

ISBN: 978-3-8233-0522-4
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Wie kommen Fußballklubs mit der Sprachenvielfalt in der Mannschaft zurecht? Welche Funktionär:innen und Politiker:innen beschimpfen französische Fans auf ihren Foren? Ticken 'Live-Ticker' in verschiedenen Kulturen gleich oder unterschiedlich? Wenn bei einem Fußball-Videogame der digitale Schiedsrichter Abseits konstatiert, kann man dann auch dagegen sein? Wie kämpfen Fans für die Beibehaltung der traditionellen Stadiennamen? Um welche Mannschaften handelt es sich bei den Rivalen 'Herne-West' und 'Lüdenscheid Nord'? Inwiefern bestimmt die Kultur Ghanas die Bildhaftigkeit seiner Fußballkommentare? Dieses Buch beantwortet nicht nur alle Ihre Fragen über Sprache(n) und Fußball, sondern auch viele weitere, die Sie sich noch nicht gestellt haben. Eine Fülle an linguistischen Disziplinen, zahlreiche Länder und Sprachen auf mehreren Kontinenten: der Fußball bringt sie alle zusammen.

Dr. Eva Lavric war Professorin für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Innsbruck und ist dort im Ruhestand Lehrbeauftragte. Dr. Gerhard Pisek ist Assistenzprofessor am Institut für Anglistik an der Universität Innsbruck.

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4 Sprachliche Merkmale der Positionierungshandlungen
4.1 Nomination: Spieler, Trainer und Fans Ein wichtiger Aspekt und mittlerweile ein Standardinstrument der linguistischen Diskursanalyse ist die Untersuchung der ‚Nomination‘, d. h. der „Art und Weise, wie soziale Akteure als Individuen oder Gruppen benannt bzw. sprachlich konstruiert werden“ (Bendel Larcher 2015: 63). Von Interesse sind dabei nicht nur Eigennamen und generische Bezeichnungen, die soziale Rollen zuweisen, sondern auch Pronomen. Dabei sticht das inklusive bzw. exklusive Wir hervor, mit dem sich im Diskurs bereits eine Perspektivierung verknüpft (vgl. Bendel Larcher 2015: 60). So verfolgt ‚Bild‘ bereits in der Vorberichterstattung zum ersten Gruppenspiel die Strategie der Identifikation mit ihrer Leserschaft, indem sie aus deren Perspektive und rhetorisch mit ihr gemeinsam fordert: „Jogi, wir wollen ein neues Sommermärchen!“ (‚Bild‘-Titelseite, 15.6.21) Diesem exklusiven Wir, das den Trainer Jogi Löw und die Mannschaft nicht einschließt, steht in derselben Ausgabe ein inklusives Wir gegenüber: „Gegen Weltmeister Frankreich brauchen wir als WM-Vorrunden-Versager fast ein Wunder.“ (‚Bild‘, 15.6.21) Das inklusive Wir kommt hier sogar in einem negativen Kontext („Versager“) zum Einsatz, nämlich dem schwachen Abschneiden bei der Weltmeisterschaft 2018, das als gemeinschaftliches Versagen von Mannschaft und Nation dargestellt ist. Ein Beispiel aus ‚Bild‘ zeigt allerdings, wie schwankend der Gebrauch des Wir ist. Vor dem entscheidenden dritten Gruppenspiel lautet die Schlagzeile „Hoffentlich kommen wir ALS ZWEITER WEITER/Dann spielen wir in unseren Lieblings-Stadien Wembley und Rom.“ (‚Bild‘, 22.6.21) Hier kann das ‚Wir‘ (bzw. das Possessivpronomen „unseren“) als inklusiv (= Mannschaft + Fans) verstanden werden. Gleichwohl heißt es im dritten Satz des Fließtextes: „Jogis Jungs vor dem Einzug in die K. o.-Phase – und wir zittern vor dem Fernseher mit.“ (‚Bild‘, 22.6.21) Zwar referiert das ‚Wir‘ diesmal nur auf die Fernsehzuschauer*innen, jedoch ist die Identifikation mit der National­mannschaft (umgangssprachliche Bezeichnung plus Nennung des Trainers beim Vornamen: „Jogis Jungs“) durch das „Mitzittern“ in Form emotionaler Anteilnahme wiedergegeben. Die Anrede des Trainers vermittelt ebenfalls Nähe zu den sportlichen Akteuren und wird von ‚Bild‘ immer wieder eingesetzt. Vor dem ersten Spiel wendet sich unter der Schlagzeile „Jogi, zeig der Welt, dass Du es noch kannst!“ (‚Bild‘, 15.6.21) ein in Briefform gehaltener Artikel mit einer Reihe von taktischen Empfehlungen und Ermunterungen direkt an den Nationaltrainer: Jogi, zeig, dass du pragmatisch aufstellen kannst! […] Jogi, zeig, dass du noch Wunder kannst! […] Jogi, zeig, dass du Tempofußball kannst! […] Jogi, lass uns bei diesem Turnier ein letztes Mal zusammen jubeln! Möglichst im Finale am 11. Juli … Viel Erfolg! Die BILD-Sportredaktion (‚Bild‘, 15.6.21) Zwar ist an diesen Aufforderungen bereits erkennbar, dass es mittlerweile „viele Zweifel“ (‚Bild‘, 15.6.21) am Bundestrainer gibt, doch letztlich drückt auch die Inszenierung von Anweisungen als direkte Kommunikation mit dem Trainer Nähe aus. Im weiteren Turnierverlauf wird diese Strategie zunächst beibehalten. So fordern nach der Niederlage gegen Frankreich und vor dem zweiten Spiel gegen Portugal die ehemaligen Nationalspieler Lothar Matthäus und Mehmet Scholl „mehr Offensive“ unter der Schlagzeile: „BAU UM, JOGI!“ (‚Bild‘, 17.6.21) Nach der Niederlage gegen England im Achtelfinale allerdings kündigt der Aufmacher auf der Titelseite die „BILD-Abrechnung nach dem EM-Aus“ (‚Bild‘, 1.7.21) an. Dem Trainer wird die vertrauliche Anrede mit Vornamen entzogen, er ist nicht mehr „Jogi“, sondern es geht in den Schlagzeilen um „Löws letzte Verlierer-Taktik“ (‚Bild‘, 1.7.21) Nicht nur die Fokussierung auf den Trainer manifestiert sich in solchen Anredeformen, auch die Mannschaft wird gelegentlich adressiert – entweder aufmunternd oder mahnend. Vor dem England-Spiel lautet die Schlagzeile: „Jungs, lasst euch diese Chance nicht entgehen!“ (‚Bild‘, 29.6.21) Nach der ersten Niederlage heißt es im ‚Bild‘-Kommentar hingegen: „AUFWACHEN, HERRSCHAFTEN!“ (‚Bild‘, 17.6.21) ‚Bild‘ konstruiert also eine ambivalente Nähe zu Spielern und/oder Trainer. Nicht nur richten sich vor den Spielen die Hoffnungen auf die sportlichen Akteure, wie im Erfolgsfall die Identifikation sich z. B. durch gemeinsamen Jubel oder „Mitzittern“ manifestiert, sondern auch im Misserfolg adressiert die Zeitung bisweilen noch die Nationalelf – deren Scheitern wird dann zum eigenen. Auf österreichischer Seite gibt es Anreden nur an das Kollektiv („Viel Glück, Burschen!“, „LASST UNS WIEDER JUBELN!“, ‚Krone‘, 17.6.21) oder einzelne Spieler („Marko, du musst es richten“, „RETTE UNS!“, ‚Krone‘, 20.6.21), nicht etwa an den aus Deutschland stammenden Trainer, zu dem die ‚Krone‘, gerade im Vergleich zur rhetorischen Strategie der ‚Bild‘, eher Distanz wahrt. Wenn die ‚Krone‘ zur Anrede an die Spieler greift, positioniert sie diese als nationale Hoffnungsträger. Vor dem Italien-Spiel, in das Österreich als Außenseiter ging, verbinden sich die Imperative mit einer kollektivierenden Nomination der Nation und mit Traum-Metaphern: „Probiert es, traut euch! Ein ganzes Land drückt die Daumen, ein ganzes Land träumt von der großen Sensation.“ (‚Krone‘, 26.6.21) Diese Aufforderung suggeriert, dass die Spieler ängstlich sein könnten – eine Positionierung, die sich wiederholt im Korpus findet: „Keine Angst vor Oranje-Power“ (‚Krone‘, 16.6.21), heißt es etwa vor dem Spiel gegen die Niederlande. Auffällig häufig kommt es zu Ermunterungen, die nahelegen, fehlender Mut könnte den Erfolg der Mannschaft gefährden. So fordert in seiner Rolle als „‚Krone‘-Starkolumnist“ der ehemalige österreichische Nationalspieler und -trainer Herbert Prohaska vor dem Achtelfinale gegen Italien: „Wir brauchen uns nicht zu verstecken! […] Traut euch was!“ (‚Krone‘, 25.6.21) Solche Aufforderungen gibt es in der deutschen Boulevardzeitung nicht. Dagegen ist ein inklusives Wir, das die Mannschaft einschließt und in der ‚Bild‘ oft verwendet wird, in der ‚Krone‘ die Ausnahme. Nach dem ersten Sieg bei einer EM, einem „Sieg für die Geschichte“ (‚Krone‘, 14.6.21) wird kollektive Freude ausgedrückt und gerechtfertigt: „Wir freuen uns – und dürfen uns auch freuen – über einen für Rot-Weiß-Rot historischen Erfolg.“ (‚Krone‘, 14.6.21) Der Sieg wird als „Balsam für die rot-weiß-rote Kicker-Seele“ (‚Krone‘, 14.6.21) bezeichnet, was allerdings auch auf psychische Wunden aus der Vergangenheit hindeutet, die nun überwunden sind: „eine Welle der Begeisterung erfasst das Land, die EURO-Euphorie ist angekommen.“ (‚Krone‘, 14.6.21) Grund für die Euphorie ist eben auch die zuvor niedrige Erwartungshaltung, dennoch: „Dass abgeschriebene kleine Nationen über sich hinauswachsen können, kann man in der [sic!] EM-Geschichtsbüchern nachblättern.“ (‚Krone‘, 14.6.21) Die Selbstpositionierung als – vor Turnierbeginn – „abgeschriebene kleine Nation“, in der nun „EUROphorie“ (‚Krone‘, 15.6.21) herrsche, entspricht einer gängigen nationalen Selbstpositionierung, der zufolge Stimmungsschwankungen als typisch österreichisch gelten: „Himmelhochjauchzend, zu Tode betrübt. Diese emotionale Gemengelage wird dem ‚Homo Austriacus‘ attestiert.“ (‚Krone‘, 15.6.21) Auf deutscher Seite hingegen kommt es nach der Auftaktniederlage zu pauschalen nationalen Stimmungszuschreibungen, die mit vergangenen Misserfolgen begründet werden: „Die Stimmung in Deutschland ist etwas geknickt, die Sorge vorm erneuten Vorrunden-Aus wie 2018 groß.“ (‚Bild‘, 17.6.21) Generell haben derartige kollektivierende Zuschreibungen eher eine kommentierende als eine deskriptive Funktion, zumindest wird damit nicht nur über Stimmung berichtet, sondern im Diskurs auch Stimmung gemacht. Ein Mittel dazu ist die Deagentivierung in der Nomination, so dass nicht klar wird, wessen „Stimmung“ tatsächlich „geknickt“ oder wessen „Sorge“ groß ist – und ein Beleg für solche verallgemeinernden Aussagen (z. B. durch Umfragen) gar nicht gesucht wird. 4.2 Metaphorik Die Metaphernanalyse gehört wie die Nomination längst zum klassischen Repertoire diskurslinguistischer Forschung (Spitzmüller und Warnke 2011: 152f.; Niehr 2014: 93–100). Schon bei der Nomination (etwa bei generischen Bezeichnungen wie „Schlachtenbummler“) strukturieren Metaphern die kognitive Verarbeitung des Fußballs sowie die Konstruktion seines Verhältnisses zu Nation und Gesellschaft. Auch etwa bei Bewertungen (Kap. 4.4) spielen diese immer wieder eine Rolle. Dabei sind für die Analyse der Selbst- und Fremdpositionierung weniger die lexikalisierten oder gar toten Metaphern (vgl. Skirl und Schwarz-Friesel 2013: 28f.) von Bedeutung, die für die bloße Beschreibung eines Fußballspiels unverzichtbar sind (‚Flanke‘, ‚Schluss‘, ‚Tor‘), als diejenigen, mit denen etwa bestimmte Mannschaften oder Spieler näher charakterisiert werden oder sich emotionale oder sonstige wertende Einstellungen verbinden. Vor dem zweiten Gruppenspiel Österreichs wird die Zuschreibung kollektiver...



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