E-Book, Deutsch, Band 3, 448 Seiten
Reihe: Die Maschinen - Universum
Leckie Das Imperium
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-16437-9
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman
E-Book, Deutsch, Band 3, 448 Seiten
Reihe: Die Maschinen - Universum
ISBN: 978-3-641-16437-9
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Das große Finale der atemberaubenden Bestseller-Trilogie
Das Imperium der Radchaai hat sich über die gesamte Galaxis ausgebreitet. Nun droht es allerdings in einem blutigen Bürgerkrieg zu zerbrechen, hat sich doch die auf viele Körper verteilte Person des Imperators in feindliche Fraktionen aufgespalten. Allein die ehemalige Maschinenintelligenz Breq kann den Krieg noch aufhalten - aber sie sitzt in einer abgelegenen Raumstation fest. Der Untergang des Imperiums scheint unvermeidbar ...
Ann Leckie hat bereits mehrere Kurzgeschichten in amerikanischen Fantasy- und Science-Fiction-Magazinen veröffentlicht, bevor sie sich mit Die Maschinen an ihren ersten Roman wagte. Sie wurde für Die Maschinen mit dem Hugo Award ausgezeichnet und von Kritikern und Lesern weltweit gleichermaßen gefeiert. Ann Leckie lebt mit ihrer Familie in St.Louis, Missouri.
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2 Ich traf mich mit Gouverneurin Giarod in ihrem Büro. Die cremefarbenen und grünen Seidenvorhänge verdeckten heute sogar das breite Fenster mit Blick auf die Hauptpromenade der Athoek-Station, wo Bürgerinnen über den abgewetzten weißen Boden liefen, zur Stationsverwaltung gingen oder von dort kamen oder sich vor dem Tempel der Amaat mit den riesigen Reliefs der vier Emanationen unterhielten. Gouverneurin Giarod war groß, breitschultrig, äußerlich gelassen, aber ich wusste aus Erfahrung, dass sie zu Bedenken neigte und gelegentlich auf Grundlage dieser Bedenken im letzten erdenklichen Moment tätig wurde. Sie bot mir einen Platz an, den ich annahm, und Tee, den ich ablehnte. Kalr Fünf, die mich am Dock empfangen hatte, stand leidenschaftslos genau hinter mir. Ich überlegte, ob ich sie zur Tür oder sogar hinaus in den Korridor schicken sollte, doch dann entschied ich, dass ein offenkundiger Hinweis darauf, wer ich war und über welche Ressourcen ich verfügte, durchaus nützlich sein mochte. Gouverneurin Giarod bemerkte natürlich die Soldatin, die kerzengerade und steif hinter mir aufragte, aber sie gab vor, es nicht zu tun. »Sobald die Schwerkraft wieder aktiviert war, Flottenkapitänin, war Stationsverwalterin Celar der Meinung, worin ich ihr zustimmte, dass wir eine gründliche Inspektion des Untergartens durchführen sollten, um uns zu vergewissern, dass er strukturell intakt ist.« Ein paar Tage zuvor waren die öffentlichen Gärten, die genau über dem Teil der Station lagen, der danach benannt war, nach und nach eingestürzt und hätten fast die vier Ebenen darunter überflutet. Die KI der Athoek-Station hatte das unmittelbare Problem dadurch gelöst, dass sie die Gravitation der Station abgeschaltet hatte, während der Untergarten evakuiert wurde. »Haben Sie Dutzende von unbefugten Personen vorgefunden, die sich dort verbargen, wie Sie befürchteten?« Jeder Radchaai wurde bei der Geburt ein Tracker implantiert, damit keine Bürgerin jemals verloren ging oder für eine KI unsichtbar wurde. Insbesondere hier im verhältnismäßig beengten Raum der Athoek-Station war die Vorstellung, jemand könnte sich verstecken oder sich ohne Wissen der Station hier aufhalten, absolut lächerlich. Dennoch war die Überzeugung, dass sich solche Personen in rauen Mengen im Untergarten verbargen – allesamt eine große Gefahr für gesetzestreue Bürgerinnen –, erschreckend weit verbreitet. »Sie halten solche Befürchtungen für absurd«, erwiderte Gouverneurin Giarod. »Dennoch wurde bei unserer Inspektion eine solche Person gefunden, die sich im Zugangstunnel zwischen Ebene drei und vier versteckte.« Ich fragte mit gleichmäßiger Stimme: »Nur eine?« Gouverneurin Giarod gestikulierte Anerkennung meines Einwands; eine Person war nicht annähernd das, was einige Bürgerinnen – einschließlich der Gouverneurin, wie es schien – befürchtet hatten. »Eine Ychana.« Die meisten Bewohnerinnen des Untergartens waren Ychana gewesen. »Niemand will zugeben, irgendetwas über sie gewusst zu haben, obwohl es ziemlich offensichtlich ist, dass einige sie kannten. Sie befindet sich in einer Zelle der Sicherheit. Ich dachte, Sie würden gern davon erfahren, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass die letzte Person, die etwas Ähnliches tat, ein Alien war.« Übersetzerin Dlique, die mehr oder weniger menschliche Repräsentantin der mysteriösen – und Furcht einflößenden – Presger. Die vor dem Waffenstillstandsabkommen mit der Radch – genau genommen mit der gesamten Menschheit, da die Presger keine Unterscheidung zwischen verschiedenen Menschengruppen machten – menschliche Schiffe und Menschen zerfetzt hatten, einfach nur zum Spaß. Die so mächtig waren, dass keine menschliche Streitmacht, nicht einmal die der Radch, sie vernichten oder sich auch nur gegen sie verteidigen konnte. Wie sich herausgestellt hatte, konnte die Presger-Übersetzerin Dlique mit erschreckender Leichtigkeit die Sensoren der Station täuschen. Und sie hatte sich nicht damit begnügen wollen, sicher in der Residenz der Gouverneurin eingesperrt zu sein. Ihre Leiche lag in einer Suspensionskapsel in der Krankenstation und wartete dort auf den hoffentlich sehr fernen Tag, wenn die Presger sich nach ihr erkundigten und wir erklären mussten, dass eine Hilfseinheit der Schwert der Atagaris sie erschossen hatte, weil sie verdächtigt wurde, mutwillig eine Wand im Untergarten beschädigt zu haben. Zumindest sollte die Auffindung nur einer Person die Befürchtung zerstreut haben, dort könnte sich eine Horde mordlustiger Ychana aufhalten. »Haben Sie sich ihre DNS angesehen? Ist sie eng mit anderen Personen aus dem Untergarten verwandt?« »Was für eine seltsame Frage, Flottenkapitänin! Wissen Sie etwas, das Sie mir noch nicht anvertraut haben?« »Vieles«, erwiderte ich, »aber das meiste würde Sie nicht interessieren. Sie ist es nicht, oder?« »Sie ist es nicht«, bestätigte Gouverneurin Giarod. »Und die Medizinerinnen sagten mir, dass sie einige Marker besitzt, die man seit der Annexion von Athoek nicht mehr gesehen hat.« Annexion war eine höfliche Umschreibung der Invasion und Kolonisation ganzer Sternensysteme durch die Radchaai. »Da die Linie, von der sie abzustammen scheint, vor Jahrhunderten ausstarb, gibt es nur eine andere Möglichkeit – im weitesten Sinne dieses Wortes. Demnach müsste sie über sechshundert Jahre alt sein.« Es gab noch eine andere Möglichkeit, aber Gouverneurin Giarod hatte sie bislang übersehen. »Das dürfte der Fall sein. Obwohl sie dann einen erheblichen Teil dieser Zeit in Suspension verbracht haben müsste.« Gouverneurin Giarod runzelte die Stirn. »Sie wissen, wer sie ist?« »Nicht wer«, sagte ich, »nicht spezifisch. Ich habe nur einen Verdacht, was sie sein könnte. Dürfte ich mit ihr sprechen?« »Werden Sie mir Ihren Verdacht anvertrauen?« »Nicht, sofern er sich als unbegründet erweist.« Dass Gouverneurin Giarod ihrer Liste eine weitere Phantomfeindin hinzufügte, war das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte. »Ich würde gern mit ihr sprechen, und ich möchte, dass sie erneut von einer Medizinerin untersucht wird. Einer sensiblen und diskreten Person.« Die Zelle war winzig, zwei mal zwei Meter, mit einem Bodenrost und einem Wasseranschluss in einer Ecke. Die Person, die auf dem abgewetzten Boden hockte und auf eine Schale mit Skel starrte, offensichtlich ihr Abendessen, wirkte auf den ersten Blick unauffällig. Sie trug das grellbunte weite Hemd und die Hose, die von den meisten Ychana im Untergarten bevorzugt wurden, in Gelb, Orange und Grün. Doch diese Person trug auch schlichte graue Handschuhe, die verdächtig neu aussahen. Wahrscheinlich waren sie vor recht kurzer Zeit aus dem Lager der Station geholt worden, weil die Sicherheit darauf bestanden hatte, dass sie sie anzog. Kaum jemand im Untergarten trug Handschuhe, was nur umso mehr ein Grund war, die Menschen, die dort lebten, für unzivilisiert und auf beunruhigende, vielleicht sogar gefährliche Weise fremdartig zu halten. Ganz und gar nicht Radchaai. Es gab keine Möglichkeit, auf irgendeine Weise zu signalisieren, dass ich eintreten wollte; im Gewahrsam der Sicherheit existierte nicht einmal die Illusion einer Privatsphäre. Die Station – die KI, die über die Athoek-Station wachte, die in jeder Hinsicht die Station selbst war – öffnete auf meine Bitte hin die Tür. Die auf dem Boden hockende Person blickte nicht einmal auf. »Darf ich eintreten, Bürgerin?«, fragte ich. Auch wenn Bürgerin hier mit ziemlicher Sicherheit die falsche Anrede war, war sie auf Radchaai nahezu die einzig mögliche. Die Person antwortete nicht. Ich trat ein, wozu nur ein Schritt nötig war, und hockte mich vor sie. Kalr Fünf blieb im Eingang stehen. »Wie ist Ihr Name?«, fragte ich. Gouverneurin Giarod hatte gesagt, dass diese Person sich geweigert hatte zu sprechen, seit dem Moment ihrer Verhaftung. Für den nächsten Morgen war ein Verhör angesetzt. Damit ein Verhör funktionierte, musste man natürlich wissen, welche Fragen man stellen sollte. Doch wahrscheinlich wusste das hier niemand. »Es wird Ihnen nicht gelingen, Ihr Geheimnis zu wahren«, fuhr ich fort, während die Person vor mir weiter auf ihre Schale mit Skel starrte. Man hatte ihr nichts dagelassen, womit sie essen könnte – offenbar befürchtete man, sie könnte sich damit selbst verletzen. Sie müsste die dicken Blätter mit den Händen essen oder das Gesicht in die Schale stecken. Für eine Radchaai wären beide Optionen unangenehm und erniedrigend. »Sie sollen morgen früh verhört werden. Ich bin mir sicher, dass man es so behutsam wie möglich tun wird, aber ich glaube, das ist niemals eine erfreuliche Erfahrung.« Und wie fast alle Völker, die von der Radch annektiert worden waren, glaubten die meisten Ychana, dass ein Verhör nicht von der Umerziehung zu trennen war, der sich eine verurteilte Verbrecherin unterziehen musste, um sicherzustellen, dass sie nicht erneut straffällig wurde. Zweifellos waren die dabei benutzten Drogen dieselben, und durch inkompetente Anwendung konnten der Verhörten große Schäden zugefügt werden. Selbst die enthusiastischsten Radchaai empfanden einen gewissen Schrecken vor Verhören und Umerziehungen und bemühten sich, die...