Lingg | Die Völkerwanderung: Band 1, Teil 3 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 67 Seiten

Lingg Die Völkerwanderung: Band 1, Teil 3


1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7448-4917-3
Verlag: BoD E-Short
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 67 Seiten

ISBN: 978-3-7448-4917-3
Verlag: BoD E-Short
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Die Völkerwanderung von Hermann Lingg ist ein Nachdruck der Originalfassung in 3 Bänden (1866-1868). Die Völkerwanderung: Band 1, Teil 3 umfasst: Achter Gesang. Die rothen Ostern. Neunter Gesang. Eroberung Roms. Zehnter Gesang. Athaulf und Placidia.

Hermann Lingg (1820-1905) gehörte dem Dichterkreis um König Max II. an und war ein berühmter bayerischer Epiker und Lyriker.

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Achter Gesang. Die rothen Ostern.
Es kam die Zeit der ersten Frühlingsfeier, 
Da mit gebroch'nem Eis die Strömung geht, 
Und alles Gold auf ihren holden Freier 
Verschwenderisch die junge Sonne sä't; 
Da Berg und Thäler hüllt ein Nebelschleier 
Tiefblauen Duft's; ihr jubelnd Frühgebet 
Die Lerche singt, ins Grün die Knospen brechen, 
Und »Ostern wird es« – zu einander sprechen.

Um jene Zeit stand in Liguriens Gauen, 
Mit Zweigen aus dem Myrthenhain geschmückt, 
Ein gothisch Lager, – ringsum Blüthen, Auen, 
Paniere von der Blumen Last gedrückt. 
Die Sonne stund allein im Himmelblauen, 
Und wie vom schönsten Friedensfest entzückt, 
War Beten ringsumher und heilig Schweigen; – 
Nur Nachtigallen schlugen in den Zweigen.

Ein alter Tempel stund noch da, die Töne 
Des neuen Glaubens hallten ernst und fromm, 
Da knieten Ulfilas' gelockte Söhne, 
Und Einer sprach zum Andern: »Bruder komm! 
Daß uns das hohe Liebesmahl versöhne, 
Wie segnend dort die Sonne rein erglomm! 
Daß unsrem Arm der Ew'ge Kraft verleihe, 
Und unsre Seelen von der Schuld befreie.«

So feierte der Gothen Volk, – indessen 
Ward vor dem Kaiser Roms und im Senat 
Ein Vorschlag laut, so schmählich als vermessen; 
Mehr als der Muth, wog arge List im Rath: 
»Wenn sorglos, aller Kampfesmüh' vergessen, 
Der Gothe Festtag hält, glückt uns die That! 
Wir fällen dann den Feind beim Mahl der Brode, 
Das werden Ostertage – blutigrothe.«

»Niemals,« rief Stelico, »führt meine Rechte 
Dazu das Schwert!« Da rief ein Mann: »ich thu's!« 
Saul war es, aus alanischem Geschlechte; 
»Hei!« – ruft er, schon im Bügel mit dem Fuß, – 
»Wir sind gewissenlose Söldnerknechte, 
Man grüßt uns nie mit einem andern Gruß. 
Erlieg' ich, spreche Goth' und Römer: Amen! – 
Eßt euer Lamm, ich schlacht' in eurem Namen!«

Er führet nun, ein düst'rer Makkabäer, 
Die Legionen an, und als die Nacht 
Sich neigt, da melden ausgesandte Späher: 
»Im Lager wird der Freude nur gedacht.« 
Lautlos rückt vor das Heer, und immer näher 
Erschallt des Festes Lärm. »Jetzt in die Schlacht!« 
In raschem Lauf, mit wildem Mordgeschreie, 
Erstürmen sie die nächste Lagerreihe.

Die Feuer, die noch kaum um Lustberauschte 
Aufflammten, leuchten jetzt dem Wurfgeschoß, 
Dem Bogen und dem Pfeil, – der Becher tauschte 
Den Wein mit Blut, – und dorthin stampft das Roß, 
Wo kaum vorher des Sängers Harfe rauschte. 
Der Tod bricht Augen, die der Schlummer schloß; 
Manch Haupt sinkt auf die Brust erbleichend nieder, 
Und taumelnd flieht des Lebens Kraft die Glieder.

Bestürzt erblickt der Gothe sich umrungen, 
Voll Zornes ob der Feigen Hinterlist, 
Im Augenblick ist Schild und Speer geschwungen, 
Und donnernd hallt's: »Hilf, auferstandner Christ!« 
Von, höchster Gluth fühlt sich ihr Herz durchdrungen, 
Und Alarich mit kühnem Blick ermißt 
Des Ueberfalls nur schlecht verhüllte Schwäche, 
Und drängt vom Wall die Römer nach der Fläche.

Jetzt sprengt aus seiner Heerschaar der Alane, 
»Ha!« ruft er aus, »es ward von uns gesagt, 
Als hielten wir nicht treu zur Adlerfahne, 
Doch deß hat man uns fälschlich angeklagt! – 
Sieh Rom, daß ich mit meinem Leib dir bahne 
Den Weg zum Sieg!« Nach diesen Worten jagt 
Der Kühne in den Feind, zum Tod entschlossen, 
Und fällt, und wird zerstampft von ihren Rossen.

Verwirrt vom Fall des tapfern Führers, wandte 
Der Reitertrupp, der ihm gefolgt, erschreckt 
Sich in die Flucht. Ihr Fliehen überrannte 
Die Legion, die ihren Angriff deckt. 
Schon wankt und wich auch Die, doch bald ermannte 
Die Krieger hier und dort ein Ruf, und weckt 
Den alten Muth; es wird das Wort vernommen: 
»Steht! Stelico wird uns zu Hülfe kommen!«

Als noch des Chaos letzte Feuer brannten, 
Durch die der letzte Sturm der Urwelt ging, 
Wenn damals auf den Mammuthelephanten 
Die Schlange schoß und ringelnd ihn umfing, 
Wie sich die Flügel auseinander spannten, 
Daran das Gift in schweren Tropfen hing, 
Und sich das Ungethüm zur Wehre setzte, 
Dumpf brüllend, stampfend, und die Hauer wetzte:

So stoßen mit Gestampf der Heere Flanken, 
Und fassen sich an beiden Hörnern an, 
Entrollte Fahnen, Speere sonder Wanken 
Und Schwerter brechen ihre blut'ge Bahn. 
Schon wich die Nacht, und ihre Schatten sanken. 
Die Schlacht, die mit des Morgens erstem Nah'n 
Zu ruhen schien, wird wieder angefeuert, 
Und Angriff und Verteidigung erneuert.

Es werden Waffen, die zu Boden liegen 
Und Waffen Todter wieder aufgerafft; 
Schon sieht man wieder Pfeil auf Pfeile fliegen, 
Zur Kolbe wird des Speers zerbrochner Schaft; 
Die Fahne weht, auf's neu dem Staub entstiegen, 
Und der Verwundete fühlt neue Kraft. 
Die Fliehenden ergänzen ihre Reihe, 
Mit frischem Muth, mit stärk'rem Schlachtgeschreie.

Wo vor ihm her die Adlerbanner fliegen, 
Ist Stelico, er sprach: »Es ist fürwahr 
Auch Rom ein leeres Grab, aus dem gestiegen 
Der Heiland, und es dünkt mir sonderbar: 
Daß ich dabei noch wachen soll und siegen.« 
Doch schon erblitzt sein Schwert, und Schaar an Schaar 
Erblickt er schon im Kampf, und aller Orten 
Ruft ihn die Feldherrnpflicht zu That und Worten.

Da mitten in dem Treffen ziehn die Gothen, 
Und stolz und langsam von des Tages Glück, 
In ihre Lager sich mit ihren Todten, 
Und fort, und bis zur Adria zurück. 
Wie hocherfreut sieht Rom die Siegesboten! 
Honorius selbst, mit freudetrunknem Blick, 
Die Pferde des Triumphs am weißen Zügel, 
Begrüßt mit Stelico die sieben Hügel.

»O Rom!« – war seine Rede – »alle Sorgen, 
Die dich bedrückt, entfernten wir von dir; 
Du bist nun wieder eine Welt; – die Morgen 
Gehören wieder uns, – der Sieg ist hier! 
Nicht mehr die Furcht, die uns so lang verborgen 
Und niederhielt. Nun aber siegten wir: 
Rom wagt es endlich wieder zu genießen, 
Die Thore seiner Burgen aufzuschließen!«

»Heil Retter!« gab zur Antwort in dem Schweigen 
Der Säulen des Triumphs, die Tiberstadt. 
Es sprach's die graue Vorzeit, mit dem Zeigen 
Der abgebrochnen Hand; und jedes Blatt 
Des Lorbeerbaums in den entweihten Zweigen 
Sprach's flüsternd nach, der Schmeichelreden satt, 
Womit man längst nach schmacherkauftem Frieden 
Den Sieger pries, der klug die Schlacht vermieden.

Im Traum von solchem Glück verflossen Tage 
Voll frohem Lärm bei Fest und Fröhlichkeit, 
Die Dämmerung sank über Festgelage, 
Und hüllte den Palast in Dunkelheit. 
Der Themis ehern Bild mit Schwert und Wage, 
Und eines Herkules im Löwenstreit, 
Erhob sich an des Thores hohem Bogen, 
Die Hallen tönten laut von Menschenwogen.

Und in die Gärten brachte man Trophäen, 
Gefangne Gothen führte man durchs Thor; 
Sie schreiten stumm, und ihre Blicke spähen 
Mit finstrem Trotz entlang den Corridor. 
Aus dem Gewühl der gaffenden Pygmäen, 
Wie ragen sie gewaltig hoch empor! 
So schreiten sie vorbei dem Marmorsaale, 
Wo Stelico noch saß beim Siegesmahle.

Allmählig hatten von den Gästen alle, 
Die letzten sich entfernt, ein matter Schein 
Der Candelaber fiel noch in die Halle, 
An seiner Tafel saß der Held allein. 
Da war's, als ob ein Helm, ein Panzer falle 
Aus den Trophä'n, und sieh' da – hochherein 
Ragt jetzt ein Haupt und ragen Schultern, breite 
Von Einem, der aus Banden sich befreite.

Es war von den Gefangnen, von den Riesen 
Ein Gothe, der den Namen Sarus trug; 
Er trat auf einen Schild und sprach: »Von diesen 
Trotzt meinen Hieben keiner stark genug.« 
»Du hast's,« fuhr Stelico empor, »bewiesen. – 
Was willst du?« »Daß uns Römerwaffe schlug,« 
Rief jener, »wähnt die Welt!« »Und Zeugen,« 
Sprach Stelico, »seid ihr, – ihr müßt euch beugen.«

»Hast du,« fuhr der Barbar nun fort, – »vergessen 
Ein Volk, das dich als kleines Kind gehegt? 
Wir haben einst denselben Weg durchmessen, 
Und mit einander manchen Feind erlegt. 
Ich bin an deiner Lagerstatt gesessen, 
Und hab' in deinen Wunden dich gepflegt; 
Nun seh' ich dich im Schmuck der Römerkrieger, 
Im höchsten Glück, als unsres Volks Besieger.«

Und Stelico entgegnet: »Ich verlache 
Wie damals noch des Ruhmes Eitelkeit, 
Doch knüpft' ich mein Geschick an Rom, das schwache, 
Weil Dankbarkeit und Ehrfurcht mir gebeut. 
Dir will ich anvertrauen meine Wache, 
Mich zu beschützen sei dein Arm bereit. 
Bedenke, daß ein Stein, wie jäh er rolle, 
Zuletzt gehemmt sich sieht durch eine Scholle.«

Da schwang aus den Trophä'n ein Schwert der...



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