Buch, Deutsch, 349 Seiten, Format (B × H): 136 mm x 225 mm, Gewicht: 470 g
Das Harvard-Konzept für die fiesen Fälle
Buch, Deutsch, 349 Seiten, Format (B × H): 136 mm x 225 mm, Gewicht: 470 g
ISBN: 978-3-593-39364-3
Verlag: Campus Verlag GmbH
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Einleitung
Teil 1: Die Herausforderung
1. Vorsicht, Falle!
2. Verhandeln oder nicht?
3. Wenn die Moral ins Spiel kommt
Teil 2: Globale Teufel
4. Rudolf Kasztner: Handel mit den Nazis
5. Winston Churchill: Ihre größte Stunde
6. Nelson Mandela: Apartheid in Südafrika
Teil 3: Teufel im Unternehmen
7. Der Softwarekrieg: IBM gegen Fujitsu
8. Misstöne in der Sinfonie
Teil 4: Teufel in der Familie
9. Eine teuflische Scheidung
10. Bruderkriege
Schluss: Was wir aus diesem Buch lernen können
Dank
Anmerkungen
Register
Einleitung
Sollten Sie mit dem Teufel verhandeln?
In unserer von Terrorismus geprägten Zeit müssen sich Politiker diese Frage immer wieder stellen. Sollen sie mit den Taliban verhandeln? Dem Iran? Nordkorea? Oder mit terroristischen Geiselnehmern?
Auch in unseren Verhandlungen in Beruf und Privatleben müssen wir uns diese Frage immer wieder beantworten. Ein Geschäftspartner hat Sie hintergangen und will jetzt bessere Konditionen heraushandeln. Ihre Ehe geht in die Brüche und Ihr Partner oder Ihre Partnerin stellt erpresserische Forderungen. Ein Konkurrent hat Ihr geistiges Eigentum gestohlen. Sie sind wütend. Ihr Bauch rät Ihnen, vor Gericht zu gehen und es dem anderen so richtig zu zeigen. Wenn Sie sich mit diesem Menschen auf Verhandlungen einlassen würden, dann würden Sie ihm doch genau das geben, was er will! Sie würden ihn für seine Frechheit auch noch belohnen! Sie bestehen auf Ihrem Recht, und allein die Vorstellung, dass Sie mit dem anderen auch noch verhandeln sollen, erscheint ihnen vollkommen absurd.
In diesem Buch geht es genau um diese Konflikte und damit um die vielleicht schwierigsten aller Fragen, die sich im Zusammenhang mit Verhandlungen stellen können. Sie müssen eine Entscheidung treffen: Sollen Sie mit dem Teufel verhandeln oder nicht? Unter "verhandeln" verstehe ich, eine Einigung zu suchen und einen Konflikt durch Kompromiss statt durch Konfrontation zu lösen. Und mit dem "Teufel" meine ich einen Kontrahenten, der Ihnen in der Vergangenheit bewusst Schaden zugefügt hat oder dies in Zukunft noch tun könnte. Jemanden, dem Sie nicht vertrauen. Einen Gegner, den Sie womöglich sogar für "böse" halten könnten.
Der Begriff des Bösen ist heutzutage ein wenig aus der Mode gekommen, vor allem unter Konfliktexperten. Das Wort schmeckt nach selbstgerechtem Moralismus, Fundamentalismus und religiösen Vorstellungen wie Sünde. Verhandlungsexperten weisen darauf hin, dass der Begriff nicht eindeutig definiert ist und im Grunde keinerlei Bedeutung hat. Es handelt sich um eine vollkommen subjektive Bewertung: In Konflikten halten viele Menschen ihre Kontrahenten für "böse", doch das ist lediglich eine Wahrnehmung, die unvoreingenommene Beobachter vielleicht gar nicht teilen. Andere würden hinzufügen, dass sich die Vorstellung des Bösen je nach Ort und Epoche erheblich unterscheiden kann. Aber wir wollen an dieser Stelle keine akademische Debatte führen. Unter Verhandlungsexperten ist der Begriff "böse" tabu. Es ist ein unklarer und gefährlicher Begriff, den religiöse und politische Führer allzu gern missbrauchen, um ihre Gegner zu diffamieren und ihre Anhänger zu mobilisieren.
Ich sehe diese Gefahren genauso und teile die Ansicht, dass Verteufelungen den Verstand vernebeln können. Trotzdem glaube ich nicht, dass der Begriff "böse" an sich bedeutungslos ist. Wer anderen Menschen bewusst und grundlos großen Schaden zufügt, handelt meiner Ansicht nach böse. Der Völkermord der Nationalsozialisten an den Juden oder der Hutus an den Tutsi, die Angewohnheit der Taliban, Mädchen, die zur Schule gehen, das Gesicht mit Säure zu entstellen - das sind nur einige Beispiele für Handlungen, die ich als böse bezeichnen würde. Genau wie die Terroranschläge des 11. September 2001, in denen Selbstmordattentäter bewusst und grundlos fast dreitausend unschuldige Menschen töteten.
Die Fragen, die ich in diesem Buch aufwerfe, beginnen mit dem 11. September 2001. Im Herbst dieses Jahres, weniger als einen Monat nach den Anschlägen, hielt das Harvard Negotiation Project, das Verhandlungsprojekt der Universität Harvard, eine öffentliche Diskussion ab, in der es um die Frage ging, ob Präsident George W. Bush Verhandlungen mit den Taliban führen sollte. Nach dieser Diskussion begann ich, mich mit einer weitergehenden Frage zu beschäftigen: Nach welchen Kriterien können wir in einem Konflikt entscheiden, ob eine Verhandlung sinnvoll ist oder nicht?
Damals ging es Schlag auf Schlag. Bush hatte der Taliban-Regierung in Afghanistan s