E-Book, Deutsch, 358 Seiten
Müller-Roterberg Praxishandbuch Geschäftsmodell-Innovationen
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-7519-2871-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Tipps & Tools
E-Book, Deutsch, 358 Seiten
ISBN: 978-3-7519-2871-7
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Neue Geschäftsmodelle sollen Antworten auf nie gestellte Fragen zu Problemen geben, auf deren Lösungen alle warten. Dieses Buch ist für Gründer und Manager, die sich mit Innovationen von Geschäftsmodellen direkt oder auch indirekt auseinandersetzen dürfen. Sie finden unzählige Tipps, Empfehlungen, Checklisten und Methoden in diesem Buch, wie Sie neue Geschäftsmodelle identifizieren, analysieren, entwickeln, verändern und steuern können.
Prof. Dr. Christian Müller-Roterberg hat mehrjährige Erfahrungen bei der Durchführung von Geschäftsmodell-Projekten in Zusammenarbeit mit Unternehmen. Er ist Professor für die Bereiche Technologie- und Innovationsmanagement sowie Entrepreneurship an der Hochschule Ruhr West in Mülheim, wo er Vorlesungen, Übungen und Seminare hält. Außerdem berät er Unternehmen und hält Workshops, wobei er Methoden wie das Design Thinking, den Lean-Startup-Ansatz oder den Business Model Canvas einsetzt. Er hat mehrere Bücher und über 30 deutsch- und englischsprachige Publikationen im Bereich Innovationsmanagement und Entrepreneurship veröffentlicht.
Autoren/Hrsg.
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Einleitung
1 Einleitung
„Wer immer tut, was er schon kann, bleibt immer das, was er schon ist.“
— Henry Ford In den vergangenen Jahren hat sich in Forschung und Praxis zunehmend die Bedeutung von Geschäftsmodell-Innovationen herausgestellt (vgl. u. a. Amit/Zott (2012), Chesbrough 2006, Gassmann et al. (2017), Johnson/Christensen (2008), Massa/Tucci (2014), Schallmo (2013 und 2015a/b). Bevor in den anschließenden Kapiteln mit Tipps & Tools ausführlich die Entwicklung von erfolgreichen Geschäftsmodell-Innovationen erläutert wird, soll im Folgenden kurz darauf eingegangen werden, was man unter Geschäftsmodell-Innovationen versteht, welche Relevanz sie tatsächlich für die unternehmerische Praxis haben und wie in der Gesamtschau ein Innovationsprozess aussehen kann. Letzteres wird schrittweise in den weiteren Kapiteln beschrieben. Unter einem Geschäftsmodell (Business Model) soll die modellhafte Beschreibung der Art und Weise verstanden werden, wie ein Unternehmen für bestimmte Kunden einen Wert schafft, diesen erstellt und liefert sowie davon nachhaltig wachsende Erlöse erwirtschaftet (vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S. 14). Das Geschäftsmodell ist damit die Umsetzung und Konkretisierung einer Strategie und stellt das Bindeglied von Strategie zu den einzelnen Geschäftsprozessen dar (vgl. Osterwalder/Pigneur (2010), S. 2; Bieger/Reinhold (2011), S. 25). In Ergänzung sind auch die Begriffe Geschäftsidee, Geschäftsmodell-Innovationen sowie Geschäftsplan wie folgt im Sinne einer praxisorientierten Definition zu verstehen: Die Geschäftsidee betrifft nur einen Teil des Geschäftsmodells (wie z. B. eine Idee für eine Produkt- oder Dienstleistungsinnovation) und kann zugleich Anstoß für eine Geschäftsmodell-Innovation darstellen (s. u.). Eine Geschäftsmodell-Innovation soll in Abgrenzung zu Produkt-, Dienstleistung-, Verfahren- und sozialen Innovationen (s. u. grauer Kasten) gleichzeitig immer auch eine Änderungen von mehreren Elementen eines Geschäftsmodells umfassen (vgl. Gassmann et al. (2017), S. 7, Labbé/Mazet (2005), S. 897f sowie Lindgardt et al. (2009), S. 2), und dabei stets einen gewissen Neuigkeitsgrad enthalten – entweder in seinen einzelnen Elementen oder als Ganzes gesehen (vgl. Bjôrkdahl/Holmén (2013)). Der Geschäftsplan (Businessplan/ Business Case) schließlich ist das schriftlich dokumentierte Konzept eines Geschäftsmodells und gibt zusätzlich Auskunft über Schritte der Umsetzung und Finanzierung. Was versteht man unter Geschäftsmodell-Innovationen? Innovationen lassen sich nach ihrem Gegenstandsbereich differenzieren. Hier gibt es die folgenden Arten von Innovationen: Produkt-Innovationen sind Innovationen eines physisch greifbaren Produktes. Dienstleistung-Innovationen sind immaterieller Art und stellen Veränderungen in der Dienstleistungsbranche dar. Verfahren-/Prozess-Innovationen sind geplante Veränderungen im Prozess der Faktorenkombination (Herstellung/Leistungserstellung). Sie dienen der Erhöhung der Arbeitsproduktivität (Effizienz) und wirken unmittelbar auf der Angebotsseite. Soziale/organisatorische Innovationen umfassen Veränderungen in der Arbeitsorganisation und in sozialen Bereichen. Diese Art von Innovationen findet man auch unter der Begrifflichkeit „administrative Innovation“. Beispiele für diese Art von Innovationen sind neue Vergütungs- oder Beteiligungssysteme, Erweiterung von Aufgabenbereichen, Prämiensysteme, soziale Leistungen und/oder Weiterbildungsaktivitäten. Geschäftsmodell-Innovationen sind bewusste Veränderungen bestehender oder Schaffung neuer Geschäftsmodelle. Dabei geht es um die Erlangung eines Wettbewerbsvorteils durch die Differenzierung gegenüber Konkurrenten. Ein Geschäftsmodell beschreibt, wie das Unternehmen Nutzen- und Wertsteigerungen beim Kunden erzeugen kann und wo die Erfolgspotenziale einer Geschäftsidee in Umsatz-, Kosten- und Ertragshinsicht sind. Geschäftsmodell-Innovationen sind tiefgreifende, strategische Innovationen, da sie die grundlegende Struktur eines Geschäftes verändern. Da ein Geschäftsmodell per Definition immer ein Unternehmen in seiner Gesamtheit oder zumindest einen ganzen Geschäftsbereich umfasst, wäre die Implementierung mehrerer komplett verschiedener Geschäftsmodelle eine komplizierte und komplexe Aufgabe. Nur ein Geschäftsmodell pro Geschäftsbereich bzw. Unternehmen ist daher zu empfehlen (vgl. Johnson (2010), S. 167). Gleichwohl können in einzelnen Elementen und Gestaltungsoptionen, je nach Gegenstand der Innovation, sowie Kundensegment, unterschiedliche Ausprägungen sinnvoll sein. So können für das gleiche Produkt bei unterschiedlichen Zielgruppen völlig andere Arten der Kundenbeziehung bzw. der Vertriebs- und Kommunikationskanäle notwendig sein. Zudem erfordern radikale und disruptive Innovationen häufig ein neues Geschäftsmodell, d. h., letztlich sind diese (häufig aber nicht immer!) zugleich auch Geschäftsmodell-Innovationen. Die Bedeutung von Geschäftsmodell-Innovationen für die unternehmerische Praxis ist in der Forschung weit anerkannt (vgl. Amit/Zott (2001), Chesbrough (2006)). Erste Studien geben Hinweise, dass es einen positiven Zusammenhang zwischen Geschäftsmodell-Innovationen und Wachstum bzw. Erfolg eines Unternehmens gibt (vgl. Massa/Tucci (2014), Reinhold et al. (2011), Amit/Zott (2012), Stähler (2002)). Die Boston Consulting Group postuliert in einer Studie, dass Innovationen an Geschäftsmodellen fünffach erfolgreicher seien als Produkt-/Dienstleistungsinnovationen (Lindgardt et al. (2009)). Eine Studie von IBM berichtet in ähnlicher Weise von Geschäftsmodell-Innovationen, und veranschaulicht hier ein jährliches Gewinnmargenwachstum von mehr als 5% - ebenfalls das Fünffache der Produkt-/Dienstleistung-Innovationen (IBM 2006). Johnson/Christensen (2008) identifizierten, dass 40% der Unternehmen, die in den letzten 25 Jahren in die Liste der weltweit 500 umsatzstärksten Unternehmen (Fortune Global 500-Unternehmen) aufgenommen wurden, dieses durch Innovation ihres Geschäftsmodells erreicht hätten. Clayton Christensen von der Harvard Business School entwickelte in diesem Zusammenhang die Theorie der disruptiven Innovation, welche erklärt, dass besonders Startup-Unternehmen Geschäftsmodelle mit disruptiven Charakter in eine etablierte Branche einführen (Hintergrundinformationen zur Theorie der disruptiven Innovation siehe nachfolgender grauer Kasten). Theorie der disruptiven Innovation Aus den Erkenntnissen über Muster der Industrieevolution hat der US-amerikanische Wissenschaftler Christensen (1997) erkannt, dass sog. disruptive Innovationen häufig nicht von den etablierten Unternehmen selbst kommen, sondern von neuen „Spielern“ wie z. B. Startup-Unternehmen eingeführt werden. Die etablierten Unternehmen nehmen sich die neue Technologie dabei jedoch viel später an oder sogar zu spät, um selbst noch überleben zu können. Christensen spricht hier von einem Dilemma disruptiver Innovationen für etablierte Unternehmen. Denn es gibt durchaus auch rationale Gründe, die gegen einen schnellen Wechsel zu noch nicht leistungsfähiger Technologie sprechen (Christensen (1997)). Die disruptiven Innovationen erzielen häufig zunehmend Wettbewerbsvorteile durch Einfachheit, Bequemlichkeit, Benutzerfreundlichkeit, Zugänglichkeit und einem günstigen Preis für den Kunden. Christensen beschreibt diesen disruptiven technologischen Wandel in acht Phasen wie folgt (Quelle: Matzler/von den Eichen (2012), S. 55 in Anlehnung an Christensen (1997)): Technologien entwickeln sich schneller als Marktbedürfnisse. Etablierte Unternehmen neigen zum „Overengineering“. Die Enstehung eines Marktvakuums für einfache, billige Produkte, die den Kundennutzen neu definieren, geht vonstatten Disruptive Innovationen sind einfacher, billiger und/oder komfortabler. Sie erfüllen zunächst nicht die Qualitätsanforderungen des Massenmarktes. Sie sind zunächst nur für ein kleines Marktsegment attraktiv. Ihre Weiterentwicklung führt dazu, dass sie bald die Mindestanforderungen im Massenmarkt erfüllen. Etablierte Unternehmen ignorieren sie, bis es zu spät ist. Die Erklärung für die Probleme von etablierten Unternehmen und Marktführern bei disruptiven Innovationen sind vielfältig. Dies kann zum einen an (eher irrationalen) kulturellen/psychologischen Gründen liegen wie z. B an der Arroganz und Gewöhnung des...