E-Book, Deutsch, 240 Seiten
Naters / Lager Liebesdienste
25001. Auflage 2025
ISBN: 978-3-8437-3293-2
Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Geheimnisse einer erfüllten Beziehung | Von den Gründern der School of Love
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-8437-3293-2
Verlag: Ullstein Taschenbuchvlg.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Elke Naters, Jahrgang 1963, machte zunächst eine Schneiderlehre und studierte Kunst und Fotografie in Berlin, ehe sie mit ihrem Debütroman Königinnen (1998) einen großen Erfolg landete . Ihre Romane wurden in mehrere Sprechen übersetzt . Mit ihrem Partner Sven Lager hat sie Romane und Sachbücher geschrieben und auf drei verschiedenen Kontinenten zwei Kinder großgezogen . Zuletzt lebten und schrieben sie in Berlin und haben Paare in ihrer »School of Love Berlin« beraten. Sven Lager ist Mitte April 2021 plötzlich verstorben , seitdem führt Elke Naters die Paarberatungen allein weiter .
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
B
Bedürfnisse
Wir glauben, in der Liebe geht es um den Menschen, in den wir uns verlieben. Tatsächlich geht es um die Gefühle, die er in uns auslöst. Eines der größten und häufigsten Probleme in Beziehungen ist, dass ein Partner nicht in der Lage ist, die Bedürfnisse des anderen zu erfüllen. Solche Probleme lassen sich nicht oder nur bedingt und immer auf Kosten des einen oder anderen lösen. Es ist nicht so einfach, zu unterscheiden, ob sich jemand mehr Mühe geben könnte oder ob er einfach nicht in der Lage ist, das zu tun – und schon gar nicht, wenn der andere ständig an ihm herumerzieht. Jeder kann dazulernen und an Charakter wachsen, dazu sind Beziehungen auch da. Gleichzeitig sucht auch jeder etwas anderes in einer Beziehung, jeder versteht Liebe anders und drückt sie auf seine Weise aus.
Ein Mann sagte zu mir: »Ich habe das Gefühl, dass die Vorwürfe, die ich von meiner Frau zu hören bekomme, oft gar nicht wirklich etwas mit mir zu tun haben, sondern dass ich die ganze Wut abkriege, die sie auf ihren Vater hat. Ich bin es leid, dass sie mich mit ihrem Vater verwechselt und das einfach nicht sehen will.« Ihr Vater, ein Philosophieprofessor, nahm ihren Job als Inneneinrichterin nicht ernst, weil das für ihn kein »richtiger Beruf« war. Egal, wie sehr sie sich anstrengte und ihm beweisen wollte, wie erfolgreich sie war, er reagierte nur mit einer geringschätzigen Bemerkung. Als ihr Mann sie auf dieses Muster ansprach, nahm sie ihren Vater in Schutz und griff stattdessen ihn an. Auch er ist ein Intellektueller, was für sie Grund genug ist, ihm bei jeder Gelegenheit vorzuwerfen, dass er sie ebenso nicht ernst nimmt.
Da ist der Vater, der seine Tochter vergöttert und überzeugt ist, dass kein Mann gut genug für sie sein kann, weil er sie nicht so liebt wie ihr Vater sie. Dann gibt es den Mann, dessen Mutter ihn ohne ersichtlichen Grund mit Schweigen und Liebesentzug bestrafte und der es nun seiner Frau mit allen Mitteln recht machen möchte. Doch je mehr er sich bemüht, desto mehr entzieht sie sich ihm. Was sie anfangs als liebevolle Aufmerksamkeit anziehend fand, verachtet sie jetzt als Unterwürfigkeit. Der Mann versteht den plötzlichen Gesinnungswandel seiner Frau nicht. Je mehr er sich anstrengt, sie zufriedenzustellen, desto mehr verachtet sie ihn. Obwohl sie ihn liebt, kann sie ihm keinen Respekt entgegenbringen und verurteilt sich selbst für diese negativen Gefühle – und ihn umso mehr, weil er sie in ihr auslöst.
Das Beste, was man für seine Beziehungen und die eigene Beziehungsfähigkeit tun kann, ist, sich bewusst zu machen, was man in der Partnerschaft sucht, wie man selbst Liebe erfahren hat und wie stark die Eltern das Rollenverständnis geprägt haben. Frieden mit den Eltern zu schließen ist ein wichtiger Schritt.
Ich habe zum Beispiel sehr spät gemerkt, dass ich in manchen Situationen meinen Mann ähnlich behandle wie meine Mutter meinen Vater. Das war kein Verhalten, das ich bewusst übernehmen wollte, im Gegenteil. Deshalb fiel ich aus allen Wolken, als mein Mann mich darauf hinwies. Zuerst verspürte ich Scham, weil ich unbewusst ein Verhalten, das ich selbst verurteilte, übernommen hatte. Diese Scham führte dazu, die Vorwürfe oder Hinweise sofort von mir zu weisen und sie als Angriff zu verstehen. Gleichzeitig wusste ich aber, dass er recht hatte, und war ihm dankbar, mich auf etwas hingewiesen zu haben, was ich selbst übersehen hatte. In diesem Sinne ist jeder Hinweis, der zu einer solchen Erkenntnis führt, ein Schritt in Richtung Freiheit und Selbstbestimmung. Denn was mir bewusst ist, kann mich nicht mehr unbewusst bestimmen.
Beziehungen sind die besten Gelegenheiten, Konditionierungen zu erkennen und Kindheitswunden zu heilen. Die Vergangenheit kann ich nicht rückgängig machen, aber ich kann anerkennen, dass sie vorbei ist. Trauma ist ein stark strapaziertes Wort. Es beschreibt eine Situation, der wir uns im Moment des Erlebens nicht gewachsen fühlten und eine Überlebensstrategie entwickelten, um uns vor den starken Gefühlen und Ängsten zu beschützen. Menschen bleiben emotional in dem Alter stecken, in dem sie das Trauma erlebt und diese Strategie entwickelt haben. Deshalb reagieren wir in manchen Situationen wie Kinder, wenn wir getriggert werden. Trigger, die starke Emotionen auslösen, sind Hinweise darauf, welche unbewussten Mechanismen noch in uns wirken. Deshalb können Beziehungen heilsam oder destruktiv sein. Sie werden immer darauf hinweisen, wo die unbewussten Programme aktiv sind.
Unsere Vorstellungen, wie ein Partner zu sein hat und was wir von ihm erwarten, hängen viel von unbewussten Prägungen ab, die wir durch unsere Eltern und das familiäre Umfeld erfahren haben. Wie uns Partnerschaft vorgelebt wurde oder wie wir Mutter oder Vater als Stellvertreter für das entsprechende Geschlecht wahrgenommen haben, prägt unser Verhalten. Auch eine bewusste Ablehnung – »Ich will auf keinen Fall wie meine Eltern sein« – beeinflusst uns tief.
Eltern, genau wie Partner, sind komplexe Wesen, die nicht nur positive oder negative Seiten haben. Das Bild, das ich mir von meiner Mutter gemacht habe, ist genauso begrenzt wie das von meinem Mann. Ich glaubte, alles zu kennen und zu wissen, nichts konnte mich mehr wirklich überraschen, aber sobald ich bereit war, mein negatives Bild zur Seite zu legen und mich auf die positiven Eigenschaften zu konzentrieren, entstand ein neues, erweitertes Bild. Ich konnte nicht nur die Schwächen meiner Mutter sehen, sondern auch ihre Stärken. Eigenschaften, die ich auch in mir fand und für die ich dankbar war. Ihre Resilienz, ihre Fähigkeit, schwierige Situationen anzunehmen, und ihre Freude an den kleinen Dingen des Lebens und noch viel mehr.
Wenn also Bedürfnisse nicht erfüllt werden, die Partner immer wieder enttäuschen, ist es hilfreich, sich all diese Zusammenhänge anzusehen und sich der Introspektion zu widmen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Lösung am besten in mir zu finden ist, weil dort der Dreh- und Angelpunkt meiner Wahrnehmung der Welt und meiner Beziehung zu ihr liegt.
Beziehungsintelligenz
Ich habe einen Traum. Menschen werden endlich in Beziehungen investieren, nicht nur in Urlaube, Autos oder Aktien. Sie werden das Handwerkszeug der Liebe lernen – in der Ehe, einer Partnerschaft, in der Familie, unter Freunden und im Leben. Denn »Alles Leben ist Beziehung«, wie schon Martin Buber sagte.
Kinder werden schon in der Schule lernen, wie man gesunde Grenzen zieht, Selbstwert und Empathie für andere empfindet, wie man Freundschaften pflegt und nicht an seinen Erwartungen scheitert. Die Menschheit wird dadurch zwischenmenschliche Konflikte besser lösen, Kriege vermeiden und für das Wohl aller sorgen, während künstliche Intelligenz uns die ganze lästige Arbeit abnimmt – wie Steuererklärungen, Rubik’s Cube, oder das Putzen der Wohnung. Wir werden endlich Zeit und Muße haben, uns dem zu widmen, worauf es wirklich ankommt: der Kunst, dem Visionären, unserer Beziehung zu Natur und Schöpfung, der Liebe und den reichen menschlichen Beziehungen. Spätestens hier zucken einige Paare zusammen. Sich der Beziehung widmen? An der Liebe arbeiten?
»Brauchen wir Therapie, oder kriegen wir unsere Beziehung auch so hin?«, fragen sich viele Paare. Weder noch, finden wir. Was sie und Familien brauchen, ist praktische Hilfe – schnell umsetzbare, kleine Schritte, die die Qualität ihrer Liebe verbessern. Denn darum geht es ja wirklich. Therapie setzt woanders an und hilft bei persönlichen, tieferen Problemen. Wovon wir sprechen, ist das Coaching oder die noch persönlichere Form der Begleitung: das Mentoring.
Neulich verbrachten wir Zeit mit einem Paar, das wir sehr schätzen, das aber keine Liebenswürdigkeiten oder Zärtlichkeiten mehr austauscht und sich jeden Tag in die Haare gerät. Ab und zu platzt es aus einem heraus, der dann schreit und tobt, danach vertragen sie sich wieder, und das Spiel geht von vorne los.
Wir wissen, dass sie sich sehr lieben, und genau diese Liebe gibt ihnen auch die Kraft, als Paar und als Familie mit Kindern das Leben Tag für Tag hinzukriegen. Nur so richtig Freude macht es nicht, und das ist genau der Unterschied. Viele langjährige Paare sind bei einer 2–3 auf einer Skala von 1 bis 10, also bei einem »Na ja, gerade so okay« oder einem »Das muss ja irgendwann irgendwie mal besser werden«. Wird’s aber meistens nicht, so wie schlechte Essgewohnheiten oder eine krumme Haltung nicht von selbst verschwinden.
Liebe erfordert Arbeit, Mühe und die Bereitschaft, zu lernen, aber es ist eine schöne Arbeit, die Freude und Erfüllung bringt, so wie das Wandern, das zwar anstrengend sein kann, aber Freude macht. Doch das ist vielen Paare leider noch nicht bewusst. Einmal wissen viele nicht, wie sie besser lieben können. Und dann haben sie Angst davor, genauer hinzuschauen, weil sie befürchten, dass alles nur noch schlimmer wird. »Wozu in den Schmerz gehen, wenn wir ihn noch meist vermeiden können. Außerdem streiten wir uns doch nur wegen Kleinigkeiten – dem Urlaub, weil er immer am Handy hängt und ich ständig meckere. Eigentlich streiten wir ja nur laut vor den Kindern und haben bisher allerhöchstens zweimal Geschirr an...