Nuissl / Müller-Naevecke | Lernort Tagung | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 141 Seiten, PDF

Reihe: Perspektive Praxis

Nuissl / Müller-Naevecke Lernort Tagung

Konzipieren, Realisieren, Evaluieren

E-Book, Deutsch, 141 Seiten, PDF

Reihe: Perspektive Praxis

ISBN: 978-3-7639-5716-3
Verlag: wbv Media
Format: PDF
Kopierschutz: Wasserzeichen (»Systemvoraussetzungen)



Der Leitfaden präsentiert ein didaktisches Konzept, mit dem Tagungen, Symposien und Kongresse zu Lernorten werden. Ziel der Autoren ist es, einen nachhaltigen Erkenntnisgewinn, den die Teilnehmenden aus einer Tagung mitnehmen, in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen. Hierzu betten Sie das Veranstaltungsprogramm in ein didaktisches Konzept ein, das vom Ergebnis für die Teilnehmenden ausgeht.
Grundlage ist ein didaktisches Verständnis von Tagungen, bei dem die einzelnen Schritte von der Planung bis zur Evaluation immer wieder mit den (Lern-)Zielen abgeglichen werden.
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Weitere Infos & Material


Vorbemerkungen
Einleitung
1. Die Tagung als Sozialform
1.1 Warum eine Tagung? Der Anlass und die Ziele
1.2 Wer macht sie? Die Beteiligten
1.3 Was, wann und wo? Die Planung
1.4 Wie sieht die Tagung nun aus? Das Programm
1.5 Wer erfährt wann und wie davon? Die Ankündigung
1.6 Was kostet die Tagung? Die Finanzierung
2. Die Tagung als Lernort
2.1 Mit Interesse dabei? Dramaturgie der Tagung
2.2 Was passt zu Ziel und Inhalt? Formate einer Tagung
2.3 Wie halten wir's zusammen? Die Rahmungen
2.4 Immer alle zusammen? Die Sozialformen
2.5 Was gibt es zu reden - und wie? Kommunikationsformen
2.6 Reden wir über das Gleiche? Internationalität bei Tagungen
3. Die Tagung als Weg
3.1 Wie kommt man hin, wo is(s)t man? Zu Logistik und Organisation
3.2 Was ist vorher zu tun? Die Teilnehmenden
3.3 Was tun vor Ort? Das Tagungsbüro
3.4 Was legen wir rein? Die Tagungsunterlagen
3.5 Wie fangen wir an? Die Eröffnung
3.6 Und, wie läuft's? Die Arbeitsphasen
3.7 Das "Eigentliche" der Tagung? Die Pausen und Abende
3.8 Wie hören wir auf? Der Abschluss der Tagung
4. War's das? Nach der Tagung
4.1 Was ist noch zu tun? Die Nacharbeit
4.2 Was gibt es über die Tagung zu sagen? Der "Bericht"
4.3 Und, wie war die Veranstaltung? Die Evaluation
4.4 Was machen wir jetzt? Das Follow-up
Glossar
Literatur und Links
Abbildungen
Autorenporträt


2.    Die Tagung als Lernort Tagungen sind multifunktionale Ereignisse. Sie dienen dem Kennenlernen der Menschen, dem sozialen Miteinander, der eigenen Präsentation, als Arbeitsplatzbörse und als Ort für Brainstorming und Ideensammlung. Manchmal sind sie für die Teilnehmenden auch nur Anlass und Legitimation für Reisen und Besichtigungen, verbrämt mit beruflichen Konnotationen. Immer aber sind sie auch ein Lernort. Sie sind ein eher informeller Lernort, ohne Curriculum und Prüfungen, ohne Anwesenheitszwang oder Lernkontrolle, auch wenn es gelegentlich Teilnahmebescheinigungen gibt. Auf Tagungen wird Wissen vermittelt – neues Fachwissen, Wissen über Zusammenhänge und Menschen. Auf Tagungen werden aber auch Kompetenzen entwickelt und eingeübt, etwa Vorträge halten, sich geordnet und zielgerichtet in Debatten einbringen, mit Kolleginnen und Kollegen ernsthaft und zugleich gelassen kommunizieren und Kontakte aufbauen und pflegen. Auf Tagungen entstehen Kooperationen und Netzwerke, Projekt- und Publikationsideen, Konstellationen sozialer und fachlicher Art. Auf Tagungen entwickeln sich persönliche Kompetenzen – das Auftreten vor großen und kritischen Gruppen etwa oder die Aufnahme von sozialen Beziehungen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Reflexion über den eigenen Standort, die vielfach auf Tagungen angeregt und mit Beobachtungen angereichert wird. Der Lernort Tagung ist nicht auf kognitives Lernen beschränkt, nicht selten steht das nicht einmal im Mittelpunkt. Emotionale und soziale Elemente spielen eine große Rolle. Genau genommen sind viele der persönlichen Kompetenzen, die man etwa als Wissenschaftler oder Wissenschaftlerin oder auch als Praxisvertreter erwerben muss, in mancher Hinsicht auf Tagungen angeeignet worden. Hier stellt man auch die eigenen Produkte zur Disposition, nicht ohne Angst und Sorge, und freut sich über gute Rückmeldungen – weit direkter als bei einer guten Rezension eigener Publikationen. Da der Lernort Tagung einen hohen Anteil an sozialen und emotionalen Komponenten hat, ist gerade auch das von Interesse, was im offiziellen Programm nicht gefüllt ist – meist ausgewiesen als „Pause“, „Kaffeepause“, „Teepause“, „Mittagessen“ oder „Abendliches Beisammensein“ usw. (? Checkliste 7). Hier handelt es sich nicht um Leerräume, sondern um solche, die voller Aktivitäten stecken – vielleicht eher Erfahrungsräume. Denken Sie daran, dass die Pausen nicht einfach eine „Auszeit“ sind. Sie werden für wichtige Teile von Tagungen genutzt, für Gespräche, Kontakte, Verabredungen, auch für die Reflexion des offiziellen Teils der Tagung. Aber die inoffiziellen Kontakte und Gespräche haben einen größeren Stellenwert als nur die Nutzung der Pausen. Es gibt erfahrene Tagungsteilnehmende, die an den Angeboten des offiziellen Programms gar nicht oder nur ein wenig teilnehmen und sich hauptsächlich auf die Zwischenräume konzentrieren, um einen bestmöglichen Nutzen aus der Tagung zu ziehen. Auch Zeiten des offiziellen Programms werden gerne genutzt, informelle Treffen zu anderen Arbeitsvorhaben zu organisieren, Gespräche zu führen oder auch „nur“ den Tagungsort und seine Umgebung zu besichtigen. Viele der Kolleginnen und Kollegen trifft man selten, und die fehlende Anwesenheitspflicht ermöglicht solche individuellen Gestaltungen; in diesem Sinne passen Tagungen auch zu den Prinzipien der Weiterbildung, unter denen die Freiwilligkeit grundlegend ist. Denken Sie gerade auch bei internationalen Tagungen daran, dass die Pausen auch eine inhaltliche Bedeutung in der Tagung haben können (und teilweise sollen). Zu diesem Zweck sind Pausen auch zu gestalten, ohne dass der freie und offene Charakter verloren geht. Aktivitäten in den Pausen können Menschen, die sich noch nicht kennen, zusammenbringen, insbesondere auch internationalen Gästen ein „Eintauchen“ in den inhaltlichen und sozialen Kontext erleichtern. Allerdings: Das kann alles nur ein Angebot sein – Pausen bleiben im Prinzip in der Gestaltungsfreiheit der Teilnehmenden. CHECKLISTE 7 Pausen einbauen Anhand der folgenden Aspekte können Sie Pausen planen und gestalten. ?    Planen Sie jede Stunde eine (wenn auch nur kleine) Pause ein. ?    Machen sie lieber zwei zehnminütige Pausen als eine 20-minütige. ?    Planen Sie Pausen (außer der Mittagspause) nicht zu lang, denn Teilnehmende verlieren dann schnell den Faden oder gehen anderen Tätigkeiten nach (maximal 20 Minuten). ?    Planen Sie Pausen auch nicht zu kurz (mindestens fünf Minuten), denn Teilnehmende sollten die Gelegenheit bekommen, sich kurz frisch machen zu können. ?    Eine Ausnahme bildet eine „Eine-Minuten-Stretch-Pause“, in der alle aufstehen und Arme und Beine dehnen, um sich wieder fit zu machen. ?    Ermutigen Sie die Teilnehmenden, selbst eine Pause einzufordern, wenn sie diese benötigen. ?    Öffnen Sie die Fenster und lüften Sie. ?    Ermöglichen Sie, dass Teilnehmende die Pausenzeiten einhalten und rechtzeitig zurückkehren können (wenn der Weg zur Toilette z.B. fünf Minuten dauert oder wegen gemeinsamer Pausen mit einem „Stau“ zu rechnen ist, muss die Pause mindestens 15 Minuten betragen). ?    Nennen Sie die Pausendauer und die Rückkehrzeit, am besten auf einer sichtbaren Uhr im Raum, in dem Sie gemeinsam tagen. ?    Kündigen Sie an, womit es weitergeht.
(Parker & Hoffmann, 2006) Nicht immer sieht der Veranstalter solche individuellen Ausgestaltungen des Zeitraums der Tagung gerne – Teilnehmerschwund im offiziellen Programm reißt oft beträchtliche Lücken in die Reihen und höhlt insbesondere Arbeitsgruppen aus. Nimmt man die zunehmende Menge von Spätkommenden und die traditionell große Menge von früh Abreisenden hinzu, zeigt sich so manche Tagung eher als eine „Durchgangsstation“ für Mobilität. Die übliche Situation in einer zwei- bis dreitägigen Veranstaltung ist ein fast volles Plenum zu Beginn und ein versprengtes Häuflein von Teilnehmenden am Ende. Versuche, dies durch „bindende“ Maßnahmen einzuschränken (z.B. Voranmeldung zu Workshops und Arbeitsgruppen, Aufgaben für das Schlussplenum) bieten hier nur wenig Abhilfe, vor allem dann, wenn es sich um eine zwei- oder mehrtägige Veranstaltung handelt. Setzen Sie lieber Highlights gezielt ein, um die Spannung zu halten (? Kap. 2.1). 2.1    Mit Interesse dabei? Dramaturgie der Tagung Das wesentlichste Element der Tagung als Lernort ist ein Konzept. Dieses Konzept enthält die Formulierung der Ziele, der Inhalte, der Beteiligten und der Rahmenbedingungen. Soweit das Minimum. Letztlich aber folgt jede Tagung einer spezifischen Dramaturgie, der zufolge alle Beteiligten gemeinsam von einem Anfangs- zu einem Endpunkt gehen. Das muss, wie das Wort nahelegen könnte, kein „Drama“ sein. Umgangssprachlich ist ein Drama ein Geschehen mit sehr ernstem und letztlich eher traurigem Gehalt,1 aber es ist eine Handlung, die mehr oder weniger geordnet abläuft und daher zu planen ist. Ob es den Veranstaltern gelingt, Menschen zur Teilnahme an einer Tagung zu gewinnen und sie an den Ablauf zu binden, hängt von einer solchen Dramaturgie ab. Das wichtigste Element eines Dramas ist der Spannungsbogen. Zu Beginn müssen Neugier und Erwartung der Teilnehmenden vorhanden sein oder geweckt werden, am Ende sollten beide befriedigt sein. Natürlich gibt es auch Tagungen, die nicht von Neugier und Erwartungen ausgehen, sondern von einer fachlichen Strukturierung des Gegenstands. Auf solchen Tagungen werden die wichtigsten Aspekte des Stoffs in Zeit und Raum angeordnet und abgearbeitet, die Tagung ist dann wie ein Sachbuch gegliedert und präsentiert, im günstigen Fall, die neuesten und wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse in den einzelnen „Kapiteln“, den einzelnen Tagungssegmenten. In solchen Tagungen ist es legitim und zu erwarten, dass die Teilnehmenden ihre Anwesenheiten und Aktivitäten eher nach persönlichen Interessen und Befindlichkeiten entscheiden als nach dem Programm der Tagung – so, wie man in einem Buch auch ohne Weiteres einzelne Kapitel beim Lesen auslassen kann. Eine Tagung darf keine bloße Ansammlung von Themen sein, keine additive Struktur haben. Dann verfehlt sie ihre Aufgabe, Menschen in sozialer Interaktion auf ein Ziel, ein „Lernziel“, hinzuführen. Ein nur sachbezogener Wissenserwerb lässt sich weniger zeitraubend und aufwendig mit der Lektüre von Texten oder der Recherche im Internet bewältigen. Hat die Tagung einen inhaltlichen Spannungsbogen, dann bindet sie auch das Interesse der Teilnehmenden weit stärker und macht die Teilnahme sinnvoller. Wie gestaltet man einen didaktischen Spannungsbogen? Man kann aus der Dramenlehre lernen, ohne diese zu übernehmen: Ein Spannungsbogen bewegt sich vom zu entwickelnden Problem über Facetten seiner Lösung hin zu einer (Auf-)Lösung, die zumindest für den Fall überzeugt und Bestand hat. Grafisch kann das folgendermaßen dargestellt werden (? Abb. 4). Der Spannungsbogen bedeutet, dass das anfänglich...


Christina Müller-Naevecke (Dipl.-Päd.) ist freiberufliche Moderatorin, Trainerin, Beraterin, Lehrbeauftragte und Innovationsentwicklerin. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen, dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung in Bonn (DIE), der Humboldt-Universität zu Berlin und der Fachhochschule Münster.

Ekkehard Nuissl (Prof. Dr. Dr. h.c.) leitete bis zu seiner Emeritierung 20 Jahre das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung in Bonn (DIE). Aktuell lehrt er Erwachsenenbildung an den Universitäten Kaiserslautern, Florenz, Timisoara und Torun. Seine Arbeitsschwerpunkte sind internationale Erwachsenenbildung, Lehren und Lernen, Evaluation und empirische Bildungsforschung.


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