Olpe / Seifritz Bis er uns umbringt?
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-456-95446-2
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Wie Stress Körper und Gehirn attackiert – und wie wir uns schützen können
E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-456-95446-2
Verlag: Hogrefe AG
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Die neuesten Forschungen in den Bereichen Neurowissenschaften und Medizin zeigen bereinstimmend, dass Stress massive Auswirkungen sowohl auf die psychische als auch auf die somatische Gesundheit der Menschen hat. Stress steht inzwischen im Verdacht, neben psychischen Erkrankungen ebenfalls ursächlich mit vielen Volkskrankheiten in Verbindung zu stehen, etwa Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen, Demenz. Darüber hinaus ist Stress natürlich weiterhin mit verantwortlich für das Entstehen von schweren psychischen Erkrankungen. Der Stress mit seinen mannigfaltigen Ursachen entsteht im Gehirn und strahlt von hier auf den ganzen Körper aus. Der Körper wirkt daraufhin auf das Gehirn zurück und hinterlässt dort seine Spuren. Er verändert unser Gehirn. Dieses Buch stellt die Zusammenhänge dar und berücksichtigt dabei sowohl die Bedeutung der individuellen Lebensgeschichte als auch den Einfluss der Gesellschaft auf unser Gehirn, unsere Psyche und unsere Gesundheit. Es ist ein engagiertes Plädoyer für einen sorgfältigeren Umgang mit unserem Gehirn. Die Autoren sind hervorragende und international anerkannte Experten zum Thema. Als Wissenschaftler wenden sie sich in dieser Publikation bewusst an ein breites Publikum, um die neuesten Erkenntnisse und ihre Implikationen allgemeinverständlich darzulegen.
Zielgruppe
Psychologen, Psychiater, Mediziner, Entscheidungsträger in Politik und Gesundheitswesen, interessierte Laien.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
Weitere Infos & Material
1;Bis er uns umbringt?;1
1.1;Inhalt;6
1.2;Vorwort;8
2;1. Um was und wohin es geht;12
3;2. Gehirne im Stress;24
4;3. Wie das Gehirn unter Stress gerät;36
5;4. Das Gehirn schu?tzt sich (zunächst) selber: Schutz vor akutem Stress;52
6;5. Chronischer Stress verändert das Gehirn;60
7;6. Stress in der Kindheit: Langzeitauswirkungen auf Körper, Gehirn und Seele;66
8;7. Die Gesellschaft ist mit «schuld»;90
9;8. Ein Stressor kommt selten allein;104
10;9. Wird die Last zu groß, trifft es den ganzen Körper;126
11;10. Stressprävention zum Schutz von Körper und Gehirn;144
12;11. Stresspuffer;162
13;12. Hirn-Wellness: Wunschdenken oder Wirklichkeit?;172
14;13. Hirnforschung im Stresstest;206
15;14. Wie geht es weiter?;230
2. Gehirne im Stress (S. 23-24)
Selbsttäuschung
Noch nie standen die Chancen, ein glückliches Leben führen zu können, so gut wie heute. Wenn es uns gesundheitlich einmal nicht so gut geht, dann steht uns eine erfolgreiche Medizin zur Seite, und laufend werden neue medizinische Erkenntnisse gewonnen, die das therapeutische Potenzial sogar noch erweitern. Auch in materieller Hinsicht geht es vielen von uns gut bis sehr gut – wenn auch nicht allen. Unser Lebensstandard ist hoch, und große Teile der Bevölkerung geben in Befragungen an, dass sie mit ihrer Gesundheit und ihrem Befinden zufrieden, wenn nicht gar sehr zufrieden sind. Das ist das Fazit eines kürzlich veröffentlichten Berichts des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums, aus dem hervorgeht, dass sich 74 Prozent der Schweizer Bevölkerung (sehr) häufig voller Kraft, Energie und Optimismus fühlen [1]. Einige, vor allem unser seelisches Befinden betreffende, Fakten stehen allerdings in frappantem Widerspruch zu diesen optimistischen Selbsteinschätzungen. Da sind diverse psychische Störungen wie Depressionen, Angstzustände, Panikattacken, Burnout und Persönlichkeitsstörungen zu nennen, die gesellschaftlich zunehmend wahrgenommen werden.
Eng damit verknüpft ist der belastende und omnipräsente Stress, der kaum jemanden unberührt lässt. Im Gegenteil: Er hält uns tagtäglich auf Trab und ist mitverantwortlich für weit mehr gesundheitliche Probleme und Krankheiten, als gemeinhin bekannt ist. Im Rahmen einer umfassenden Studie zur Stressexposition der Schweizer Bevölkerung bemerkte R. M. Steinmann [2] in seinem Bericht Psychische Gesundheit Schweiz, den er im Auftrag der Stiftung Gesundheitsförderung – Schweiz verfasste, dass verschiedene Altersgruppen besonders exponiert sind: «Bestimmte Bevölkerungsgruppen, insbesondere 15- bis 24-jährige Menschen, 45- bis 54-jährige Frauen sowie Männer über 50, leiden mit steigender Tendenz an mangelnder psychischer Ausgeglichenheit und tiefer Kontrolle über das eigene Leben oder konsumieren regelmäßig Schlaf- und Beruhigungsmittel.» Steinmann kam in diesem 2005 veröffentlichten Bericht zu folgendem Schluss: «Der psychische Gesundheitszustand der Bevölkerung hat sich im Erwerbsalter deutlich verschlechtert. Seit 1986 hat sich die Anzahl der Invaliden-RentnerInnen verdoppelt, und die infolge psychischer Beeinträchtigung ausgesprochenen Renten haben sich fast vervierfacht.»
In einer Medienmitteilung der OECD vom 23. Januar 2014 wird die Schweiz aufgefordert, sich mehr um die psychischen Probleme der arbeitenden Bevölkerung zu kümmern. Diesem Bericht zufolge leidet etwa jeder dritte Bezieher von Arbeitslosengeld, Invalidenversicherungsleistungen oder Sozialhilfe an einer psychischen Störung. Der Bericht schätzt die Gesamtkosten auf 19 Milliarden, was 3,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausmacht. Auch der relativ weit verbreitete, oft die Gesundheit gefährdende Konsum von Alkohol und Tabakwaren lässt Zweifel an der sehr positiven Selbsteinschätzung aufkommen. Alkohol führt zwar kurzfristig zu einer Entspannung, löst jedoch nicht das Problem, das den exzessiven Alkoholkonsum provoziert hat. Auch das Rauchen dient oft der Entstressung. Noch immer raucht gut ein Viertel unserer Bevölkerung. Exzessiver Alkoholkonsum und Rauchen stehen in engem Zusammenhang mit Stress. Neben dem Drogenproblem, das unsere Gesellschaft nach wie vor belastet, machen insbesondere das Rauschtrinken