Buch, Deutsch, 684 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm, Gewicht: 1244 g
Das Verhältnis von Islam und Widerstand am Beispiel von Tschetschenen und Inguschen (1757–1961)
Buch, Deutsch, 684 Seiten, Format (B × H): 170 mm x 240 mm, Gewicht: 1244 g
ISBN: 978-3-95490-397-9
Verlag: Reichert Verlag
Bereits 1757 setzte der erste umfangreiche Feldzug der Russen eine Spirale ausufernder Gewalt in Gang, die in der Folgezeit kontinuierlich akzelerierte und 1785 in eine gewaltige Insurrektion mündete. Dass diese erstmals im Rekurs auf den Islam erfolgte, nämlich als Dschihad zur Vertreibung der Ungläubigen, bestärkte die russischen Entscheidungsträger in ihrem Urteil, die tiefreichende Manifestation des religiösen Fanatismus eines Volkes zu erleben, dessen präzedenzlose Gepflogenheiten der Gesetzlosigkeit und der Barbarei jedwede Koexistenz unmöglich machten. Dieser höchst arrogante Befund war dafür verantwortlich, dass man das Verhalten der Tschetschenen nun in einen religiösen Referenzrahmen setzte und fortan sämtliche Formen von Intransigenz als Beleg für den antirussischen Charakter ihres Islam deutete. Dieses unauslöschliche Stigma haftet den Tschetschenen heute nicht mehr nur im Bewusstsein der russländischen, sondern auch der internationalen Öffentlichkeit an.
Vor diesem Hintergrund geht die vorliegende Studie der Frage nach, inwieweit diese Prämisse tatsächlich zutrifft. Hierzu wird das Verhältnis von Islam und militantem Widerstand gegen den Zentralstaat im Verlauf von 204 Jahren untersucht. Im Ergebnis liegt ein theoretisches Modell vor, welches den Islam als multifunktionalen Stabilitätsregulator des tschetschenischen Sozialgefüges beschreibt. Dabei zeigt sich, dass der Islam zwischen 1757 und 1961 verschiedene sozial wirksame Funktionen aggregierte, die er nach einmal erfolgtem Erwerb nicht mehr einbüßte. Obwohl sich diese Funktionen jeweils in verschiedenen Situationen manifestierten, generierten sie doch stets denselben Effekt: Sie stärkten die Binnenkohäsion des tribalen und zutiefst fragmentierten tschetschenischen Sozialgefüges gegenüber der militärischen Expansion des Zentralstaates sowie dessen Versuchen, die traditionelle Gesellschaft der Tschetschenen durch exogene Gewalteinwirkung zu verändern.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Kultur Politik & Religion, Religionsfreiheit
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politische Ideologien Theokratische und religiöse Ideologien
- Sozialwissenschaften Politikwissenschaft Politikwissenschaft Allgemein Politische Studien zu einzelnen Ländern und Gebieten
- Geisteswissenschaften Religionswissenschaft Religionswissenschaft Allgemein Religion & Politik, Religionsfreiheit