Pfeiffer | Emotionale Erinnerung – Klopfen als Schlüssel für Lösungen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 204 Seiten

Reihe: Reden reicht nicht!?

Pfeiffer Emotionale Erinnerung – Klopfen als Schlüssel für Lösungen

Neurowissenschaftliche Wirkhypothesen der Klopftechniken
2. Auflage 2022
ISBN: 978-3-8497-8401-0
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Neurowissenschaftliche Wirkhypothesen der Klopftechniken

E-Book, Deutsch, 204 Seiten

Reihe: Reden reicht nicht!?

ISBN: 978-3-8497-8401-0
Verlag: Carl Auer Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Klopftechniken wie die amerikanische Methode Emotional Freedom Technique (EFT) oder Psychotherapiemethoden wie die Prozess- und Embodimentfokussierte Psychologie (PEP), die das Klopfen integriert haben, gewinnen zunehmend an Beliebtheit. Zu Recht, denn Studien weisen auf eine schnelle und nachhaltige Wirksamkeit bei Ängsten und Traumafolgestörungen hin. Auch Störungsbilder aus dem psychosomatischen Formenkreis scheinen gut darauf anzusprechen, wenn Psychotherapie den Körper in den Prozess einbezieht.

Antonia Pfeiffer geht in diesem Buch den (neuro)wissenschaftlichen Wirkhypothesen der Klopftechniken nach. Schwerpunkte liegen auf der Polyvagaltheorie nach Steven Porges, der Verbindung von Haut und Emotion und der faszinierenden Frage, ob und wie Klopftechniken einen Prozess anstoßen, der unbewussten, emotionalen Erinnerungen ein dauerhaftes "Update" beschert.

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1 Einführung in die Klopftechniken
1.1 Anwendungsbereiche und Bedeutung der Klopftechniken
Klopftechniken sind eine Gruppe von psychotherapeutischen Zusatztechniken, die Elemente aus der Psychotherapie mit Elementen aus verschiedenen Körpertherapien kombinieren: Menschen klopfen Hautpunkte, die ursprünglich aus der klassischen Akupunktur stammen, und konfrontieren sich dabei in Gedanken mit einem unangenehmen Thema oder einer traumatischen Erinnerung. Hinzukommen können Einheiten, bei denen eine Umwandlung störender Gedanken mittels sprachlicher Interventionen mit einer liebevollen Selbstberührung verbunden wird, sowie Einheiten ausschließlich mit sensomotorischer Stimulation, in denen beispielsweise Augenbewegungen und Klopfen kombiniert werden. Man könnte die Klopftechniken daher durchaus als »therapeutische Hybride« bezeichnen und vielleicht werden sie deshalb in so vielen unterschiedlichen Bereichen eingesetzt: zum einen von Ärzten1, Psychotherapeuten und Heilpraktikern in der Behandlung klassischer psychiatrischer Diagnosen, wie z. B. Angststörungen, posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) und Depressionen. Zum anderen wird das Klopfen auch im Sportler-, Musiker- und Führungskräftecoaching praktiziert. Das Besondere an den Klopftechniken ist jedoch der dritte große Anwendungsbereich, denn Klopftechniken können auch als Methode zur Selbsthilfe angewandt werden: Sie werden von vielen Menschen genutzt, um starke, akute Emotionen2 zu regulieren oder auch um emotionale Reaktionen auf immer wiederkehrende Themen zu verändern. Wie beliebt das Klopfen als Selbsthilfetool ist, zeigen die folgenden Zahlen: Das Buch Bitte klopfen! von Michael Bohne verkaufte sich im deutschsprachigen Raum in wenigen Jahren circa 180 000 Mal. Und allein im Juli 2019 wurden 1 289 7103 EFT-Klopfmeditationen in der Tapping Solution App durchgeführt – einer englischsprachigen App, in der Audio-Dateien zum Mitklopfen erworben werden können. Tatsächlich zählen die Klopftechniken zu den beliebtesten Selbsthilfemethoden der Welt. Wie kam es dazu? 1.2 Die historische Entwicklung der Klopftechniken – wie alles begann
Als die 42-jährige Mary an einem sonnigen Tag zum Pool des renommierten Psychotherapeuten Roger Callahan lief und sich übermütig Wasser ins Gesicht spritzte, traute dieser seinen Augen kaum. Seit eineinhalb Jahren war Mary nun schon aufgrund einer lebenslangen, therapieresistenten Wasserphobie bei ihm in Behandlung. Schon allein der Gedanke an Wasser führte zu Panikattacken. Nachts wurde Mary von Albträumen über Wasser geplagt. Das Baden ihrer drei Kinder und ihres eigenen Körpers waren eine tägliche Qual für sie. Callahan hatte in den eineinhalb Jahren Therapie alles ausprobiert, was er in dreißig Jahren Berufserfahrung als kognitiver Verhaltenstherapeut gelernt hatte: Expositionstherapie, Hypnose, kognitive Umstrukturierung4 – um nur einige therapeutische Methoden zu nennen. Zwar hatte sich dadurch ihr Verhalten in den letzten sechs Monaten langsam verändert, die Therapie hatte erste Früchte gezeigt: Mary begriff nun das irrationale Wesen ihrer Angst und konnte sich inzwischen schon neben den Pool setzen – wenn auch, ohne den Blick auf das Wasser zu richten. Doch ihre Panik und die Magen-Darm-Störungen, die bei der Konfrontation mit Wasser auftraten, blieben unverändert. Was hatte Roger Callahan mit ihr gemacht, dass sie nun freudestrahlend mit dem Wasser im Pool spielte? Vor einigen Tagen war er von einem Seminar über alternative Heilverfahren zurückgekehrt, in dem unter anderem Basiswissen zur Akupunktur vermittelt wurde. Ohne viel darüber nachzudenken, hatte Callahan Mary aufgefordert, einen Akupunkturpunkt unter dem Auge zu klopfen, der in der traditionellen chinesischen Medizin dem Magen-Meridian zugeordnet wird. Erstaunlicherweise war ihre Phobie innerhalb von Minuten verschwunden. Mary zeigte nie wieder körperliche oder emotionale Reaktionen auf Wasser und wurde auch nicht mehr von quälenden Albträumen heimgesucht. Roger Callahan experimentierte daraufhin mit anderen Patienten. Während sie an ihre Phobie, ihre Angst oder ihre emotionale Last dachten, ließ er sie verschiedene Akupunkturpunkte klopfen. Doch nicht jeder schien auf die gleichen Punkte auch gleichermaßen gut zu reagieren. Daher entwickelte Callahan in den 1980er-Jahren ein komplexes System aus spezifischen Punkten – jeweils für bestimmte psychische Symptome –, die in einer festgelegten Reihenfolge geklopft werden sollten. Die TFT, Thought Field Therapy, war geboren. In diese Therapiemethode integrierte Callahan außerdem Elemente der angewandten Kinesiologie, welche in den 1960er-Jahren von dem amerikanischen Chiropraktiker George Joseph Goodheart entwickelt worden war. Ihr entnahm er den sogenannten Muskeltest, der dazu dienen sollte, die »richtigen« Punkte ausfindig zu machen sowie psychologische Lösungsblockaden zu diagnostizieren. Callahan konnte täglich beobachten, dass diese neuartige Therapie verlässlich wirkte: Patienten aktivierten mental das belastende Thema, klopften ihre Punkte und berichteten schon nach kurzer Zeit über ein Abklingen der Symptome. Warum dies so war, konnte er allerdings nicht beantworten. Seine jahrelangen Versuche, in den populären kognitiven Emotionstheorien seiner Zeit Erklärungen dafür zu finden, blieben vergeblich. Und so berief er sich letztlich auf die jahrtausendealte Erklärung der klassischen Akupunktur und schlussfolgerte, das Klopfen wirke (anders als herkömmliche Psychotherapien) über die Beeinflussung des körpereigenen Meridiansystems5 – also den Leitbahnen, auf denen laut der traditionellen chinesischen Medizin das »Qi« (dt.: Lebensenergie) durch den Körper fließt. Callahans Überlegungen gingen sogar noch weiter: Wenn sich Symptome durch Klopfen veränderten, entspräche dann nicht jede psychiatrische Erkrankung, jedes psychische Symptom einem Ungleichgewicht in diesem Energiesystem? – Dann könnten diese mit einer auf die jeweilige Symptomatik abgestimmten Klopfreihenfolge kuriert werden (Callahan 1997). Bevor wir weiter in die historische Entwicklung der Klopftechniken eintauchen, möchte ich Sie bitten, mit mir einen Schritt zurückzutreten, um ganz sachlich und rational diesen Mythos von Mary und Roger Callahan zu analysieren. Denn in ihm steckt sehr viel mehr, als beim ersten Lesen deutlich wird. Ich möchte Sie bitten die Geschichte so zu betrachten, als ob Sie nichts über das Klopfen wissen, nichts über Akupunkturpunkte, nichts über energetische Wirkhypothesen. Wir sehen folgendes Bild: Ein Psychotherapeut, der seit über dreißig Jahren mit Verfahren der Expositionstherapie arbeitet, fordert die Patientin auf, sanft mit der eigenen Hand einen Punkt im Gesicht zu beklopfen, während sie das Thema ihrer Phobie im Geist aktiviert. Nach dieser Intervention ist das emotionale Thema ihrer Phobie nicht mehr reaktivierbar und körperliche Reaktionen sind verschwunden oder zumindest stark verändert. Kurzum – die emotionale Reaktion auf das Thema ist wie ausgewechselt. Ich verspreche Ihnen, dass wir im Verlauf dieses Buches wissenschaftliche Antworten für all diese Phänomene finden werden. Doch zunächst zurück zur rationalen Analyse der Geschichte von Mary. Denn diese liefert uns die entscheidenden Hinweise darüber, worum es sich beim Klopfen handelt, wie es entstand und wovon es beeinflusst wurde. Roger Callahan betrachtete sich in der Zeit vor der erfolgreichen Behandlung von Mary als Pionier der kognitiven Verhaltenstherapie und war einer der ersten Therapeuten, die hierin ausgebildet wurden. Ein Herzstück dieser Methode ist bis heute die Expositionstherapie, deren Grundprinzip – die Konfrontation mit Ängsten und unangenehmen Themen – in allen Klopftechniken praktiziert wird. Besonders die systematische Desensibilisierung, die Ende der 1950er-Jahre von Joseph Wolpe entwickelt wurde, hat die Klopftechniken stark beeinflusst. Sie zählt im Übrigen auch zu den Techniken, mit denen Callahan arbeitete. Bei der systematischen Desensibilisierung werden zu Beginn der Therapie sämtliche Aspekte des Angst erzeugenden Themas eines Patienten ihrer Schwere nach aufgelistet und danach einzeln behandelt. Die Angst oder das negative Gefühl, das der Patient im Moment der Therapiestunde empfindet, wird dabei zunächst auf einer Skala eingestuft, welche das jeweilige Stresslevel misst – die Subjective Unit of Distress/Disturbance – und die von 0 (= keine Belastung) bis 10 (= maximale Belastung) reicht. Dieser SUD-Wert gilt im Verlauf der Therapie als Referenz für deren Erfolg. Nun werden eines oder mehrere Entspannungsverfahren, wie beispielsweise Meditation, Atemübungen oder kognitive Techniken erlernt. In einem nächsten Schritt führt der Patient die Entspannungsübung während der Exposition durch, und zwar so lange, bis das belastende Thema keine Angst mehr auslöst. In anderen Expositionsverfahren setzen sich die Patienten wiederum ganz ohne eingeübtes Entspannungsverfahren einer...


Antonia Pfeiffer, Dr., Studium der Kunstgeschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Studium der Humanmedizin an der medizinischen Hochschule Hannover (MHH); Promotion an der MHH zum Thema 'Emotionsregulation durch Klopftechniken – eine fMRT-Studie'; Aus- und Weiterbildung in Prozess- und Embodimentfokussierter Psychologie (PEP); seit 2021 Ärztin in eigener Praxis und Forschung im Insula-Institut für integrative Therapieforschung mit dem Schwerpunkt bifokale Stimulationstechniken.



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