Quindel Zwischen Empowerment und sozialer Kontrolle
1. Auflage 2004
ISBN: 978-3-88414-769-6
Verlag: Psychiatrie-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Das Selbstverständnis der Professionellen in der Sozialpsychiatrie
E-Book, Deutsch, 264 Seiten
Reihe: Forschung fuer die Praxis - Hochschulschriften
ISBN: 978-3-88414-769-6
Verlag: Psychiatrie-Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Was macht Professionalität in der Sozialpsychiatrie heute aus? Die Irritationen, denen die Identität der MitarbeiterInnen sozialpsychiatrischer Einrichtungen ausgeSetzt sind, gehen nicht nur von den öffentlichen Sparmaßnahmen aus, die die eigene berufliche Existenz gefährden, sie haben auch andere Gründe: Die Konkurrenz zu dem übermächtigen biologisch-medizinischen Paradigma auf der einen und das zunehmende Selbstbewusstsein der Psychiatrie-Erfahrenen auf der anderen Seite. Die Identitätskrise führt zur Suche nach neuen professionellen Handlungskonzepten, besondere Beachtung findet das psychosoziale Konzept des Empowerment. Es steht für eine kritische Haltung gegenüber der Macht der Experten und für die Stärkung des Selbstbewusstseins der Betroffenen. Professionalität im Sinne des Empowerment-Konzeptes ermöglicht es den KlientInnen, ihr Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Ralf Quindel untersucht, inwiefern die Idee des Empowerment in dem Feld der Sozialpsychiatrie zu verwirklichen ist. In Interviews mit SozialpädagogInnen, PsychologInnen und ÄrztInnen, die in Sozialpsychiatrischen Diensten in Berlin und Bayern arbeiten, fragt er nach deren Verständnis von sozialpsychiatrischer Praxis. In einer Vielzahl von Interviewpassagen werden typische sozialpsychiatrische Alltagssituationen wie Erstkontakt, Hausbesuche, Zwangseinweisungen usw. beschrieben. In der Zusammenstellung der Interviewauszüge zeigt sich, wie die InterviewpartnerInnen ihre professionelle Position entwerfen, inwiefern medizinisches oder psychotherapeutisches Fachwissen dabei eine Rolle spielt, welche ethischen oder politischen Utopien sie in ihrem Handeln verfolgen. Der Autor zeigt, auf welche Art und Weise die institutionellen Kontexte und die Beziehungen zu den KlientInnen in den Erzählungen thematisiert werden.
Die Analyse der professionellen Identitätsentwürfe ergibt ein vielfältiges Spektrum, dass sich zwischen den Polen Hilfe (Empowerment) und Kontrolle des störenden Verhaltens der KlientInnen bewegt. Empowerment, so das Ergebnis dieser Untersuchung, lebt von der gesellschaftlichen Anerkennung der Andersartigkeit des Gegenübers. Die Befähigung zu dieser Anerkennung wiederum hängt mit der Vertrautheit mit den fremden Seiten der eigenen Person zusammen. Professionalität in der Sozialpsychiatrie bedarf demnach einer AuseinanderSetzung mit den gesellschaftlichen Normalitätsvorstellungen und der eigenen „Verrücktheit“.
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Pädagogik Teildisziplinen der Pädagogik Sozialpädagogik
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Psychiatrie, Sozialpsychiatrie, Suchttherapie
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Soziale Arbeit/Sozialpädagogik Soziale Dienste, Soziale Organisationen
Weitere Infos & Material
1 Einleitung 9
2 Hilfe und Kontrolle in der Sozialpsychiatrie 14
2.1 Antipsychiatrie, Gemeindepsychiatrie und modernisierte Psychiatrie 14
2.2 Theoretische und praktische Ursprünge der Sozialpsychiatrie 17
2.3 Institutionelle Entwicklungen 20
2.4 Diskurse über soziale Kontrolle 24
2.4.1 Kritik am Konzept der Gemeindepsychiatrie 25
2.4.2 Flexibilisierung und Individualisierung 28
2.5 Gemeindepsychiatrische Perspektiven 30
2.6 Resümee 35
3 Methodik der Untersuchung 37
4 Der Sozialpsychiatrische Dienst (SpDi) 42
4.1 Organisationsformen der SpDi in Berlin und Bayern 42
4.1.1 Sozialpsychiatrische Dienste in Berlin 42
4.1.2 Sozialpsychiatrische Dienste in Bayern 46
4.2 Der SpDi aus der Sicht der Professionellen 50
4.2.1 Auftrag 51
4.2.2 Gemeindepsychiatrischer Verbund 54
4.2.3 Team 61
4.2.4 Institutioneller Zwang versus therapeutische Freiheit? 68
4.3 Psychiatrische Zwangseinweisung 69
4.3.1 Diskussion der ethischen Problematik 71
4.3.2 Funktionen der Einweisung in den Interviews 74
4.3.3 Hoheitliche Aufgaben für alle SpDi? 77
4.4 Resümee 80
5 Der sozialpsychiatrische Diskurs 82
5.1 Die Arbeiten von Michel Foucault 82
5.1.1 Wahnsinn 83
5.1.2 Macht 89
5.1.3 Diskurs 93
5.1.4 Soziale Kontrolle in der Gemeindepsychiatrie 96
5.2 Methodische Überlegungen 99
5.3 Sozialpsychiatrische Diskurse 107
5.3.1 Medizinischer Diskurs 107
5.3.2 Psychotherapeutischer Diskurs 116
5.3.3 Juridischer Diskurs 123
5.3.4 Ökonomischer Diskurs 129
5.3.5 Sozialpsychiatrischer Diskurs 138
5.4 Resümee 148
6 Die sozialpsychiatrische Beziehung 150
6.1 Ethnopsychoanalyse 150
6.1.1 Begegnung mit dem Fremden 152
6.1.2 Bedeutung des Fremden in der Entwicklung des Kindes 153
6.1.3 Das Fremde als Spiegel der Kultur 154
6.1.4 Umgang mit dem Fremden 156
6.2 Psychoanalyse des Individuums in Institutionen 159
6.2.1 Identifikation mit der Rolle 159
6.2.2 Kritik der sozialpsychiatrischen Arbeit 162
6.3 Methodische Überlegungen 166
6.4 Beziehungsdynamik zwischen Helfer/in und Klient/in 169
6.4.1 Lust 171
6.4.2 Angst 178
6.5 Resümee 187
7 Empowerment 189
7.1 Das Empowerment-Konzept 190
7.2 Empowerment in den Interviews 192
7.3 Empowerment und seine Wirksamkeit auf drei Ebenen 202
7.3.1 Institutionelle Reformen 202
7.3.2 Diskursive Vielfalt 205
7.3.3 Beziehung und Anerkennung 209
7.4 Empowerment als Begegnung mit dem Fremden 212
Literatur 216
Anhang 227
Danke 229
Der Autor 230