Raab | Der Metzger gräbt um | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 10, 336 Seiten

Reihe: Der Metzger

Raab Der Metzger gräbt um

Kriminalroman
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7099-8444-4
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Kriminalroman

E-Book, Deutsch, Band 10, 336 Seiten

Reihe: Der Metzger

ISBN: 978-3-7099-8444-4
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Danjela Djurkovic macht den Metzger zum Gärtner

Nachdem des Metzgers Existenz nicht nur sprichwörtlich in Schutt und Asche gelegt wurde, ist es für ihn und seine frisch angetraute Danjela Djurkovic an der Zeit, neu aufzublühen. Und wo könnte man den zweiten Frühling besser erleben als in einer Kleingartensiedlung? Dachte sich zumindest Danjela. Der Metzger, eher Stadtpflanze als Erdwühler, fühlt sich zwischen Beeten und Gartenzwergen zunächst reichlich unwohl. Doch viel Zeit, sich mit der vermeintlichen Idylle anzufreunden, bleibt ihm sowieso nicht.

Zählt das noch als Tiefenentspannung?

Denn anstatt slapstickwürdig über seinen Rechen, stolpert er – na no na ned – selbst im vermeintlichen Paradies übers Verbrechen. Und damit ist nicht etwa die Missachtung des Gebots zur Kompostierung von Pflanzenabfällen gemeint, sondern eher, dass die Witwe Wiskozil angesichts ihres feurigen – besser: unausstehlichen – Temperaments dann doch ein bisserl lang so mucksmäuschenstill im Whirlpool liegt. Was es damit auf sich hat, und wie es kommt, dass die Kleingärtner*innen im Schutze der Thujen offenbar nicht nur Gartengeräte untereinander tauschen – all das erfährt der Metzger schneller, als das Unkraut in seinen Beeten nachwachsen kann.

Liebesgschichten und Gartensachen

Selbst Kleingartengewächs, gibt Thomas Raab Einblick in einen mitunter skurrilen Mikrokosmos, in dem er jeden Grashalm kennt. Schnell lässt er seinen Metzger, Liebhaber von alten Dingen, von gutem Rotwein und seiner Danjela, erkennen, dass in der Kleingartensiedlung ganz eigene Gesetze gelten. Eigentlich ist der Metzger ein umgänglicher Zeitgenosse mit Hang zur Melancholie – der Rotwein! –, jetzt gerät er an seine Grenzen, weil man ihn in unbekanntes Terrain verpflanzt, das ihm dann auch noch um die Ohren fliegt.

"Für mich ist der Metzger immer auf der Suche nach dem Ursprünglichen. Da sind die perfekt getrimmte Rasenkante, drakonische Vereinsregeln im Kleingarten und die Armee aus Gartenzwergen und ihren Haltern nicht gerade das Umfeld, in dem er aufblühen kann. Irrwitzig wie immer, jagt Thomas Raab seinen Metzger durch eine Welt, in der er eigentlich keinen Platz hat. Es gibt keinen Garten ohne Unkraut, doch was für die anderen ausgerissen werden muss, ist für den Metzger eine blühende Wiese. Und gerade das macht mir großen Spaß!" Simon Schwarz

"Thomas Raabs Bücher sind so wundervoll wie eine Sachertorte: dunkel, gehaltvoll, kultig und immer mit einer herrlich bittersüßen Note. Und auf den jeweils neuen Metzger unseres Vertrauens freuen wir uns seit Band eins immer wie ein Wienerschnitzel." Klüpfel & Kobr

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1 Soul Mehr als zwei Wochen werden es wahrscheinlich kaum gewesen sein, die Adolfine Zwaschka durchgehend an der frischen Luft verbracht hat. Eventuell auch drei. So genau weiß das heute keiner mehr, außer vielleicht die Pathologie. Ihre unmittelbare Nachbarin Wilhelmine Wiskozil auf Parzelle 17B zum Beispiel behauptet felsenfest: „Vier läppische Tage waren das. Höchstens fünf. Länger ist die Zwaschka fix nicht in ihrem Liegestuhl g’sessen, bevor ich rüber bin und sie g’funden hab. Zum Riechen war sie mit ihrer süßlichen Weleda-Naturkosmetik ja schon als Lebende die ganze Zeit. Gestunken hat das Zeug, als hätt der Havlicek auf 15B vorm Grillen seine marinierten Hühnerflügerl verlegt und nach dem Grillen drauf vergessen, vor dem Grillen eben seine marinierten Hühnerflügerl verlegt zu haben. Wie bitte soll ein Mensch da auf die Schnelle unterscheiden können, ob sich die Zwaschka noch in Weleda wälzt oder eh schon verwest seit sechs Tag’!“ Maximal eine Woche also aus Wiskozil-Perspektive. Drunten im Beisl des hiesigen Tennisplatzes hingegen sehen die Theorien je nach Alkoholpegel gänzlich anders aus. Denn wenn die Zwaschka von Natur aus auch nur annähernd so haltbar war wie die laut Tennis-Stüberl-Speisekarte hausgemachte, tatsächlich aber aus der Felix-Konservendose stammende Gulaschsuppe, dann ist sie wahrscheinlich an einem lauen Spätsommertag des Vorjahres per Öffis in ihren Garten gefahren, bisserl Sonne tanken, Liegestuhl auf, Zwaschka rein, alles fein, nur halt auf immer und ewig. Es wurde Herbst, es wurde Winter, die erste Schneedecke hat sie verschwinden lassen, die ersten Frühlingsboten wieder aufgetaut und so weiter und so fort. Kurzum: Adolfine Zwaschka war ihren Mitmenschen so dermaßen wurscht, wie die Menschen generell wiederum ihrer Nachbarin, der Wilhelmine Wiskozil, wurscht sind. Und mehr wurscht geht nicht. Was nun an sich generell wieder wurscht wäre, hätte das leer gewordene Zwaschka-Grundstück nicht neue Eigentümer und somit die Wiskozil frische Nachbarn bekommen. Und das wünscht sich keiner. Genau das bekommt Willibald Adrian Metzger nun zu spüren. „Gibt’s das!“, spitzt er die Ohren. Unter ihm genau jener bequeme Liegestuhl, aus dem es Adolfine Zwaschka einst nur noch mit Hilfe der Bestattung Bussi-Baba-mit-Jedlicka herausgeschafft hat. Und weil der Metzger von diesem tragischen Umstand nichts weiß, sitzt er hier auch so gern, je später die Stunde, desto lieber. Rund um ihn die sich in Lärm auflösende Idylle der Nacht. Rechts von ihm die Glut zweier rauchender Gelsenspiralen. Links die stille Gegenwart seiner Danjela. Mit Tablet und Kopfhörern ausgerüstet, ist sie vor sicher schon drei Stunden im Inneren des Gartenhäuschens in ihrem Schaukelstuhl verschwunden, sicherheitshalber mit den Worten: „Hör ich gleich nix mehr, wegen Stöpsel in Ohr und Strömen in Auge!“ In-Ear und Streaming also. Danjelas Deutsch mit dem von Willibald Adrian so geliebten Balkan-Akzent, dafür ohne Anglizismen. „Weil was ist zu viel, ist zu viel, ist zu viel!“ Diese Haltung der Djurkovic findet dann auch in ihrem Schaukelstuhl Umsetzung, denn nach maximal dreißig Minuten entfalten die unendlichen Wahlmöglichkeiten aus Netflix, Amazon Prime, Disney Plus, Sky X ihre sedierende Wirkung und Danjela verabschiedet sich in Richtung Traumwelt. Ein wohlverdienter, seliger Schlaf. Einer, der von innerer Ruhe herrührt, endlich frei von dieser nie enden wollenden Angst, ihre Vergangenheit könnte sie überrollen, verschlingen und verschwinden lassen. Dieses Kapitel ist nun erledigt, der Sulemanjiu-Clan Geschichte1. Willibald und Danjela sind endlich bei sich angekommen, neues Leben, wenn auch mit Vorsicht, zurückgezogen, aber frei – und natürlich trotzdem nicht allein. Leider. „Darf denn das wahr sein!“, verlässt der Metzger mit einem energischen „Frau Wiskozil!“ nun den Zwaschka-Stuhl. Ein wunderschöner englischer Klappsessel aus dunkler französischer Buche mit kräftiger, geschwungener Armlehne und luftiger Binsensitzfläche. Baujahr 1910. Wilhelmine Wiskozil im Garten nebenan hingegen ist 45 Jahre jünger. Baujahr 1955. Geboren am 27. Juni, quasi exakt beim Inkrafttreten des österreichischen Staatsvertrages. Wahrscheinlich dürfte ihr genau deshalb ein bisserl was durcheinandergekommen sein, was sie hat glauben lassen, nicht das Land Österreich wäre nun wieder souverän, unabhängig und demokratisch, sondern die Wiskozil als Österreicherin an sich. Sehr souverän und unabhängig sogar. Dafür hapert es eben mit der Demokratie ziemlich. Aus gutem Grund. Gibt ja sonst niemanden mehr in ihrem Garten. Kinder hat sie keine. Der Rest ist tot, beginnend bei Katze Schnurrli Wiskozil, gefolgt von Wellensittich Burli Wiskozil, Gemahl Georg, sprich Schurli Wiskozil, und schließlich Zwergspitz Karl-Heinz Burschi Wiskozil, benannt nach Karl-Heinz Burschi Dolezal, Kollege des Wiener Kieberers Trautmann, bekannt aus Film und Fernsehen. Wilhelmine also lebt allein in dieser ihrer Welt. Und exakt so verhält sie sich auch. „Die lästige Delirium-Wanzn, die elendigliche!“ Geladen marschiert Willibald Adrian auf seine Thujenhecke zu. Delirium, weil Wilhelmine Wiskozil statt Wasser nur Prosecco trinkt. Lästige Wanzn, weil eben lästig und weil die von Wilhelmine bei emotionaler Berührung ausgestoßene wortreiche Wiskozil-Wolke zum Himmel stinkt. Die einst in kluger Voraussicht von Adolfine Zwaschka gepflanzten, schnell wachsenden Thujen also sind ein blickdichter Glücksfall, ein giftiger Schutzwall. Eine Wohltat der Abgrenzung. Als Schallmauer aber reicht die Hecke trotz über zwei Meter Höhe natürlich nicht. „Frau Wiskozil?“, schickt der Metzger ein erstes Aufbegehren durch das Immergrün. Doch keine Reaktion. Nur dieses penetrante Gurgeln, Brummen, Vibrieren. Er ist mit diesen Dingern ja wirklich nicht firm, der Metzger, aber wenn sich Wellness generell so anhört, dann wär jede Therme leer, wahrscheinlich gäb’s gleich die ganze Wellness-Welle nicht. Wilhelmines aufblasbarer Whirlpool jedenfalls klingt, als würd die Wiskozil hinter ihrer mächtigen Thujenhecke nach Öl bohren wollen. „Wir san’ hier net im Marchfeld!“, platzt dem Metzger jetzt folglich der Kragen. Und er hält wirklich viel aus, ganz ohne Aufschrei. Dem Havlicek seinen hochaktiven Fuhrpark elektrischer Gartengeräte, sogar die Gartenschere ist eine mit Akku von Gardena. Die beiden im Körper zweier Menschenkinder gefangenen, freilaufenden Großmann-Brüllaffen auf Parzelle 21. Dazu auf Parzelle 24 die vermutlich ziemlich schwerhörige Henriette, Gymnasiallehrerin für Deutsch, Geschichte – und leider Hobby-Pianistin. Der Blüthner Flügel in ihrem Gartenhaus ist verstimmt, das Pianissimo nicht annähernd ein Piano, für ihr Forte fehlen dem Metzger die Worte, und für ihre Präludien fehlen den Fenstern die ausreichend dichten Fugen. Selbst Johann Sebastian war selten noch so froh darüber, bereits den Bach runter zu sein. All das erträgt der Metzger halbwegs mit Gleichmut und tief in die Gehörgänge geschobenem Wachspfropfen, dankbar für sein neues Leben. Die Wiskozil aber ist reinste Folter, ihre Vibrationen trotz Ohropax bis in Willibalds Liegestuhl zu spüren. Schlimm genug, wenn sich die Wilhelmine untertags zu jeder Unzeit von den Massagedüsen durcharbeiten lässt, aber um 22 Uhr den Motor anzuwerfen, geht definitiv zu weit. Da kann dann selbst in dem friedlichsten Mensch die Sehnsucht erwachsen, so ein Planschbecken dank der Kunst des Zen-Bogenschießens in eine Gummimatte zu verwandeln. „Frau Wiskozil!“, ruft der Metzger neuerlich, dabei eine ziemlich eindeutige Duftnote in der Nase. „Sag, kiffen Sie jetzt auch noch dort drüben?“ Ein Umstand, der die Sache natürlich nicht besser macht. „Verdammt nochmal, hören Sie mich?“ „Kana do!“, klingt es hinter den Thujen in ungewohnter Gelassenheit zurück. „Na vielleicht hören Sie mich ja trotzdem?“, setzt er also fort, der Metzger, und diesmal kommt die Antwort prompt: „I hör kane Leit, die net griaßen kennan!“ Wie verblüffend. Das aus dem Munde einer Person, die bisher im Vorbeigehen auf jeden Gruß bestenfalls mit einem dahingemurmelten „Da Woamduscher!“ reagiert hat, oder mit „Augschwabta Donaufetzn!“. Wenn ihm zum Lachen wäre, er würde jetzt also losbrüllen, der Metzger. So hingegen verschlägt es ihm die Sprache. Denn Wilhelmine Wiskozil legt noch nach: „Am besten rufen S’ glei die Polizei, Sie Nullerl, die g’freien si’ sicher, wenn s’ im Gegensatz zur Zwaschka diesmal a frische Leich finden!“ Bravo! Das spricht für sich. Null zielführend also jedes weitere Gespräch, weil: Einsilbig lässt ihn diese Drohung werden. Zweifelsohne zu viel für den Willibald. Dreistigkeit, die ihn womöglich auf alle viere zwingt, sollte er weiter reagieren. „Buckel- Fünferln kanns mich, die oide Schreckschraum! A Sechsertragerl hat die wahrscheinlich schon...


Thomas Raab folgt immer seiner eigenen Melodie, egal ob als Schriftsteller oder als Musiker. Von Natur aus vielbegabt - so unterrichtete er auch Mathematik und Sport - konnte er bald nach seinem Romandebüt 2007 große Erfolge feiern, gekrönt vom Österreichischen Krimipreis 2017. Seine Spezialität? Protagonist*innen, bei denen es menschelt, ein kluger Blick auf die Launen des Lebens und ein hervorragendes Händchen für Sozialsatire.



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